Das (glücklich entgleiste) Interview
Hallo Frau Gast, schön, dass Sie sich ein paar Minuten Zeit vom roten Teppich für uns genommen haben. Auf der Biennale sehen wir Sie schon seit einigen Jahren, zuerst als junges Talent, dann als Shooting Star und in den letzten beiden Jahren haben Sie sich zur erotischsten Schauspielerin der deutschen Szene hochkatapultiert.
Danke Herr Häusler, hier in Ihrem Übertragungswagen können wir in Ruhe reden. Und wir können auch gerne Du sagen. Ich bin Petra, aber das ist ja nichts Neues;-)
Gerne Petra, dann erklär doch mal dem Michael vor Dir und unseren Lesern, was Dich dazu bewegt hat, diesen Weg einzuschlagen – schließlich werden deine letzten Rollen und Filme kontrovers diskutiert und manche Kommentatoren fragen auch schon, wo will sie eigentlich hin?
Um es kurz zu machen, ich bin in einer seht befreiten Umgebung aufgewachsen und hatte noch nie Probleme mit natürlicher Nacktheit, auch nicht mit meiner eigenen. Im Gegenteil, ich habe die Erfahrung gemacht, dass mit der Grundhaltung, jeder Körper ist individuell und schön, viele Probleme unserer Gesellschaft gar nicht erst aufkommen. Das bedeutet nun nicht im Umkehrschluss, die Textilindustrie abzuschaffen. Der Gedanke jedoch, dass Kleidung ein Versteck für den Körper ist, ist mir persönlich zu weit verbreitet. So kam es auch zu meinen ersten freizügigen Szenen. Die waren zwar vom Regisseur nicht so geplant, allerdings musste ich gar nicht lange am Set diskutieren, denn es war klar, im wahren Leben würde Sonja, meine Rolle in „Der See“, mit ihrem Lover bei der Badeszene in der kleinen Bucht nicht den ganzen Tag angezogen bleiben. Natürlich fallen da irgendwann die Hüllen. Nacktheit unter verliebten ist doch wunderschön und selbstverständlich. In einer solchen Situation will ich doch meinen Partner mit meinem nackten Anblick eine Freude machen und ihn erregen.
Also hast Du selbst auf diese Szenen eingewirkt!
Ja, mir geht es um Ehrlichkeit und Authentizität. Der Mensch ist ein sexuelles Wesen. Im intimen Umfeld wissen und leben wir das alle, doch kaum in der Öffentlichkeit, verhalten wir uns nach einem Kodex, den wir anständig nennen. Als wäre alles andere unanständig. Mit diesem Tabu möchte ich brechen. Das weiß auch meine Agentur und darum bekomme ich häufiger Drehbücher und Angebote für Rollen, in denen Nacktheit dazu gehört. Und die nehme ich gerne an – natürlich muss das Gesamtkonzept des Films stimmen.
Und da scheint es viele zu geben, wie man an Deinen vielen Rollen und Filmen sieht.
Genau. Und daran erkenne ich doch wieder, wie hoch der Bedarf ist. Es ist eben nicht so, dass sich die Mehrzahl der Cineasten und Fernsehzuschauer peinlich berührt abwendet, wenn meine Brüste auf der Leinwand zu sehen sind. Nein, offensichtlich lockt das die Menschen an.
Und diejenigen, die nur deshalb einen Film schauen, die stören Dich nicht?
Nein, keineswegs. Voyeure sind wenigstens ehrlich zu sich selbst. Und sind wir doch auch mal ehrlich: jeder Schauspieler, der seinen Penis oder auch nur einen Teil davon zeigt und jede Schauspielerin, die auch nur noch so wenig Haut entblößt, ist innerhalb kürzester Zeit auf Filmschnipseln oder Screenshots im Internet zu finden. Das ist zwar urheberrechtlich nicht legal, aber Fakt. Jeder weiß, wer nackt im Film ist, ist auch immer für irgendwen – sorry für das Wort – Wichsvorlage. Wer das nicht will, bleibt angezogen. Punkt.
Also ist Dir das egal oder Du nimmst es in Kauf?
Beides. Und noch mehr. Natürlich weiß ich nicht, wer sich wann was von mir ansieht und was er (oder sie) dabei tut. Das ist mir tatsächlich egal. Prinzipiell freut es mich, wenn sich andere freuen, mich nackt zu sehen. Denke an die Aktfotos, die ich für „Carpet“ gemacht habe. Die wurden gedruckt und ich habe viele positive Reaktionen dazu bekommen. Zwei davon hängen sogar bei mir im Wohnzimmer. Alle meine Freunde und Bekannten sehen diese Fotos. Die häufigste Reaktion ist, „schön“. Einfach nur schön. Nicht geil, nicht unanständig, nicht Porno. Und selbst wenn mal jemand eine Beule in die Hose bekommt, ist das nicht auch ein schönes Kompliment? Wenn mich jemand zuhause nach einer HD-Datei fragt, zeige ich ihm den Kontaktabzug vom Shooting und er darf sich welche aussuchen. Und: Bestimmt hat sich dazu schon einmal jemand selbst befriedigt. Das ist jedermanns/jederfraus eigenes Ding. Das ist OK für mich, das nehme ich in Kauf – ohne Argwohn oder Missgunst. Sexuelle Wesen eben.
Wow, … sag mal, wie läufst Du zuhause herum?
Wie Du und die meisten. Ich überheize meine Wohnung nicht und nutze Kleidung als Schutz vor Kälte und aus modischen Gründen. Ich bin keine Nackt-Missionarin, höchstens im Film (jetzt muss sie lachen).
Das ist die perfekte Überleitung zu Deinem – soweit es bisher durchgesickert ist - neuesten Projekt. Vielleicht ist das Tröpfeln von Informationen aber auch Absicht? Magst Du uns was zu dem Stichwort „Die Sexarbeiterin“ sagen?
Das ist der momentane Arbeitstitel und ein Entwicklungsprojekt, das gerade schrittweise entsteht. Wir haben vor einem halben Jahr angefangen und einige Szenen sind schon abgedreht. Das Ende ist noch nicht einmal im Detail fertiggedacht. Und wir sprechen drüber, wenn man uns fragt, aber wir hängen nichts an die große Glocke.
OK, ich hab gefragt, und ich frage nochmal. Worum geht es?
Nun, die – auch öffentliche – Debatte über Sexarbeit läuft viel zu oft in Schubladen und absoluten Meinungen ab. Gut, schlecht, Zwangsprostitution, Gewalt, Ausbeutung usw. Dabei gibt es sehr viele Sexarbeiter und Sexarbeiterinnen, die das, was sie tun, gerne und aus freien Stücken tun. Mich zwingt ja auch niemand dazu, in diesem Film mitzumachen und in der Debatte um das Thema wird mancher Eiferer auch mich als Sexarbeiterin bezeichnen. Also mich, die Petra Gast.
Warum das?
Weil der Unterschied zwischen z.B. einer Stripperin im Stripclub und einer gespielten Stripperin im Stripclub sich optisch wenig unterscheidet. Sie ist nackt. Ich auch. Die echte Stripperin verdient damit Geld. Ich mache das auch nicht für lau. Es ist doch sogar so: Im echten Leben ist sie nur für die echten Besucher zu sehen, da sehen ihr vielleicht zwanzig Augenpaare zwischen die Beine. Im Film habe ich eine viel größere Reichweite. Wie viele Menschen meine Schamlippen sehen werden, keine Ahnung.
Das klingt nach einem sehr expliziten Film. Wird er das?
Ja durchaus. Es wird kein Mainstream, eher für Spartenkinos oder das Nachtprogramm.
Wie hast Du Dich auf die Rolle vorbereitet?
Selbst ich hatte Anfangs mit Schamgefühlen zu tun. Dieser Dreh ist schon etwas anderes als die bisherigen Filme und ich bin diesesmal in einem ganz klar sexuell orientierten Umfeld nackt. Es geht nicht um Liebesszenen. Also habe ich mich in die verschiedenen Situationen eingewöhnt – ein immer noch andauernder Prozess. Ich habe zum Beispiel viel Pole-Dancing geübt. Es ist gar nicht so leicht, nackt an einer Stange laszive Bewegungen zu machen, ohne mit der Haut unschön an der Stange hängen zu bleiben. Es hat aber viel Spaß gemacht und meine Lehrerin war sehr geduldig mit mir. Reale Webcams sind auch gutes Lehrmaterial. Du siehst, auf welche Posen und Bewegungen die Zuschauer mit Tips reagieren. Was dabei sehr auffällt ist, dass die wirklich guten Camgirls nicht nur ihre nackte Haut zeigen, sondern auch Ihre Zuschauer unterhalten. Und viele sind wirklich intelligent und gebildet. Manche haben ein unglaubliches Spektrum und reagieren gekonnt auf die verschiedensten Themen, die die Zuschauer im Chat ansprechen. Diese Mischung aus Haut und Hirn verarbeite ich auch in meiner Rolle.
Magst Du uns ein Beispiel nennen?
Wir haben zwar noch nicht mit dem Dreh dieser Sequenz angefangen, aber es wird vier oder fünf Szenen im Séparée geben, in dem ganz unterschiedliche Kunden auf mich masturbieren. Und meine Figur lässt sich auf deren völlig unterschiedliche Themen, Niveaus und Ansprüche ein.
Auf Dich … was?
Ja, … nein. Sie masturbieren bei meinem Anblick. Ich bleibe schon trocken. (sie lacht wieder und schüttelt sich) Ich tanze für den einen, liege ruhig in einer Pose für den anderen, diskutiere über Politik mit einem weiteren, was sicher die ungewöhnlichste Szene wird. Und mal sehen, was uns noch einfällt. Mal wird das Licht sehr dunkel sein, mal hell. Wir haben noch nicht die Komparsen dafür ausgesucht und wir werden bei der Auswahl auch deren Präferenzen mit unseren Ideen abgleichen. Es macht ja keinen Sinn, wenn sich jemand einen runterholen soll in einer Situation, die für ihn gar nicht passt.
Aber das ist doch nur gespielt, oder?
Also ich kann nicht so tun, als wäre ich nackt. Ich kann nur nackt sein. Und wenn jemand weniger als einen Meter von meiner Scheide entfernt ist, wäre ich beleidigt, wenn ihn das nicht erregt. Wir brauchen Filmmaterial aus zwei Perspektiven, aus meiner, die den Kunden ansieht und aus der des Kunden, der mich ansieht. Mit realistischer Nacktheit, mit Erektion und Ejakulation. Es wäre ein Riesenaufwand, das alles zu faken. Also nein, das wird echt sein: vier oder fünf Komparsen werden sich beim Anblick meines nackten Körpers ganz real einen runterholen.
Hm, das sind klare Worte. Und in der Tat verschwimmt damit den Unterschied zwischen Sexarbeit ausüben und Sexarbeit schauspielern. Hast Du keine Befürchtungen, dass der Film als Porno verrissen wird?
Das ist bei anderen Filmen, die inzwischen als Kunst angesehen werden, schon geschehen und das kann bei unserem Projekt auch passieren. Allerdings legen wir großen Wert auf Ästhetik der Bilder und den Schnitt. Wir nehmen alles mit mehreren stehenden und bewegten Kameras in 4K auf, um genügend Material zum Schnitt mit viel Fläche zum Croppen, Zoomen und Schwenken zu haben.
Das klingt alles sehr aufregend, und diese Komparsenrollen werden wohl die begehrtesten und beneidetsten der Republik sein. Hast Du noch eine letzte Anekdote, die Du uns mitgeben möchtest?
Ja, vielleicht diese: Wir hatten eine Szene, bei der mich ein Kunde, ein junger Mann, für Nacktfotos bucht. Der junge Mann, der meinen Kunden spielt, war dabei so aufgeregt und erregt, dass er kaum die Kamera halten konnte und wollte schon abbrechen. Seine reale Erregung bei meinem nackten Anblick war ihm fürchterlich peinlich. Ich gab der Regie einen Wink, die Kameras laufen zu lassen und sagte ihm, dass das völlig in Ordnung sei, schließlich spreize ich meine Beine vor ihm. Dann ließ ich ihn sich erst einmal hinsetzen, und posierte ein paar Minuten vor ihm, damit er sich an mich und die Situation gewöhnen konnte. Schließlich konnten wir die Szene fortsetzen und er machte viele wirklich heiße Bilder. Beim anschließenden Sichten des Filmmaterials bestätigte sich meine Ahnung, dass diese Momente der Unsicherheit durch ihre Authentizität das Beste war, was wir an diesem Tag gedreht hatten. Diese Nicht-Perfektion des Kunden und die Stärke des Modells, also die Verschiebung der Dominanz auf meine Seite ist dramaturgisch der Part, der diese Szene erst wirklich gut gemacht hat.
Petra, mir kommt gerade die Idee, ihn im Film als Stammkunden aufzubauen und auch noch für eine der Séparée-Szenen zu nehmen. Das hat er sich doch bestimmt verdient.
haha, gute Idee, seine Erregung hat mir sehr geschmeichelt. So wie Deine übrigens, die ist nicht mehr zu ignorieren.
Oh weh, Du hast mich ertappt. Aber wen wundert’s wenn man mit einer so wunderschönen Frau darüber plaudert, was am Set so passiert ist und noch passieren wird. Dein tolles Outfit tut sein Übriges. Kopfkino eben.
Was zeigt denn das Kopfkino?
Ich dachte gerade nur, dieser Ü-Wagen ist auch eine Art Séparée.
(Sie lächelt)
Petra, kann es sein, dass auch bei Dir etwas sichtbar wird?
(Sie schaut an sich herunter) Spitze Nippel, ja. Sieht doch schön aus, oder?
(Sie hebt ihre Arme über den Kopf und betont ihre Brüste, die nur von weißen schmalen Dreiecken umflossen werden. Ihre Brustwarzen formen sich klar unter dem leichten Stoff ab. Die Spaghettiträger aus goldenen Kettchen spannen sich. Ihre Achseln und die Haut zwischen ihren Brüsten schimmern leicht feucht. Es ist warm im fensterlosen Wagen. Sehr warm.)
Ich habe ja eben gesagt, ich habe mich noch nicht in alle Situationen eingewöhnt. Das Séparée ist so eine Situation. Die muss ich noch üben.
(Ihre Hände gleiten in ihren Nacken, die Kettchen bewegen sich, ihre Spannung lässt nach. Dann lösen sie sich von ihrem Hals, gleiten nach unten und ziehen die oberen Spitzen der Dreiecke langsam mit sich herab.)
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