Ein flotter Vierer
Zwei nackte junge Mädchen mit zwei Männern im dunklen Anzug auf einer Waldlichtung. Das Motiv hat vor 150 Jahren in Paris noch wilde Proteste hervorgerufen. Aber heute in unserer toleranten, aufgeschlossenen Zeit?
Mein Freund Willi und ich sind für eine Vorstellung in der Opèra Garnier nach Paris gereist. Einen schönen sonnigen Frühlingssamstag nützen wir zu einem Besuch im Musée d'Orsay. Wir schlendern gemütlich durch St.Germain, nehmen einen Kaffee im Deux Magots und betrachten die jungen Pariserinnen auf der Straße in ihren duftigen leichten bunten Kleidern.
"Die Französinnen haben sich zum Glück nicht verändert. Sie strahlen immer einen Schuß Frivolität aus. Wenn man in der Métro sitzt, kennt man eine Pariserin auf den ersten Blick!", stelle ich fest. "Ja, Du hast recht. Die netten Mädel auf den impressionistischen Gemälden, könnten ohne weiteres heute durch die Straßen bummeln. Kein Mensch würde sich etwas dabei denken", meint Willi. "Na ja, bei der Mode hat sich schon etwas getan", fügt er hinzu. "Aber die nettesten sind ohnehin nackt oder kaum bekleidet wie die beiden auf Manets Déjeuner sur l'herbe."
"Los komm, auf ins Museum", dränge ich. "Schauen wir uns den Vergleich vor Ort an. Je früher wir da sind, desto weniger Leute verstellen den Blick auf die Bilder!"
Knapp nach Öffnung der Sammlungen betreten wir die große Bahnhofshalle, die jetzt als Museum dient. Zum Glück herrscht noch wenig Andrang. Das schöne Wetter lockt wohl eher zu einem Spaziergang im Grünen. Uns zieht es aber ins Dachgeschoß zu den Impressionisten. Durch die großen Glasfenster schweift unser Blick über Paris: der Louvre, Nôtre Dame, die Basilika Sacré Coeur, alles liegt uns zu Füßen, beleuchtet von der hellen Morgensonne.
Beim Frühstück im Freien nimmt Willi unser Gespräch aus dem Deux Magots wieder auf. Er holt das Blatt mit der Bildbeschreibung aus dem Fach an der Seite und zitiert: „Frauen badeten, Manet blickte gebannt auf das Fleisch derjenigen, die aus dem Wasser stiegen. „Es scheint“, sagte er zu mir, „dass ich einen Akt malen muss. Nun, ich werde ihnen einen Akt machen. Man wird mich verreißen. Soll man sagen, was man will!“ "Eigentlich eine wundervolle Vorstellung: zwei junge nackte Mädchen zum Frühstück im Freien!"
"Nur daß das heute kein besonderes Aufsehen mehr erregen würde!", wirft ein junges dunkelhaariges Mädchen ein, das mit seiner Freundin gerade ebenfalls vor dem Bild steht. "Das wage ich zu bezweifeln. Die französische Toleranz in Ehren, aber ein Arrangement wie dieses mitten am Land wäre der Lokalpresse auch heute noch eine Schlagzeile wert!", entgegne ich. "Warum probieren wir's nicht einfach aus? Fahren wir morgen zum Frühstück nach Argenteuil. Sie müssen aber dunkle Anzüge tragen. Dafür bringen wir das Picknick mit!", setzt das Mädchen mit einem schelmischem Lächeln nach. Ich gebe ihr meine Visitenkarte und wir verabreden uns für den nächsten Tag in der Hotelhalle.
Beim Nachhausegehen reservieren wir bei der Avis-Station hinter der Madeleine noch rasch einen Mietwagen für den nächsten Tag. "Glaubst du, die beiden kommen wirklich?", fragt Willi. "Wenn nicht, machen wir den Ausflug eben alleine! Aber ich glaube, die hat das ernst gemeint!", antworte ich.
Am nächsten Tag treffen unsere beiden Museumsbesucherinnen wirklich Punkt 9 Uhr in der Halle ein. Sie tragen leichte Sommerkleidchen und haben tatsächlich einen passenden Picknickkorb dabei. "Wie treffend!", bewundere ich das Outfit der Mädchen. "Zum Glück haben wir wegen der Oper dunkle Anzüge dabei gehabt!" "Ich heiße übrigens Viktoria", stellt sich das dunkelhaarige Mädchen vor und komme aus Landshut und das ist meine Freundin Julia.
"Dann kann's ja losgehen!", meint Willi. "Ihr wißt aber schon, daß Argenteuil heute eine Großstadt in der Banlieue mit über 100.000 Einwohnern ist und wir Manets Idylle dort vergeblich suchen werden. Ich schlage vor, wir fahren ein wenig weiter seineabwärts in Richtung Rouen. Dort gibt es noch ländliche Plätze.", erkläre ich. Nach einer knappen Stunde verlassen wir die Autobahn und biegen auf eine kurvige Landstraße ab. Etwas außerhalb eines kleinen normannischen Dorfs schlängelt sich ein Bach. Der dunkle Eichenwald ist immer wieder von Lichtungen unterbrochen.
"Was meint Ihr? Hier sieht's doch idyllisch aus!", sage ich und lenke unser kleines Cabrio auf den schmalen Feldweg. Die Landschaft am Bach ist tatsächlich wie von Manet gemalt. Die Mädchen springen aus dem Wagen. Im Picknickkorb haben sie tatsächlich Weißbrot und Sardinen sowie Kirschen und Marillen wie auf dem Bild. "Ihr habt Euch aber sehr genau an das Vorbild gehalten.", lobt Willi. "Wir haben an der Kunstakademie auch wochenlang über das Gemälde gesprochen", erklärt Julia. "Und nackt Modell sitzen mußten wir den Kollegen auch", wirft Viktoria schelmisch ein. Und ehe wir's uns versehen ist sie bereits aus dem Kleid geschlüpft. Unterwäsche trägt sie keine.
Ich bewundere das hellhäutige nackte Mädchen im Grünen. Sie hat einen festen runden Busen, straffe Schenkel und ist unten rasiert. Sie wirkt viel lebendiger und sportlicher als das Modell von Manet. Offensichtlich genießt sie die wärmende Frühlingssonne auf ihrer Haut. "Na los, setzt Euch ins Gras. Wir machen ein lebendes Bild!", ruft sie uns zu. Auch Willi scheint nicht entgangen zu sein, daß die Situation Viktoria erregt. Mit Wohlgefallen schaut er auf ihre harten Nippel und die glänzende Feuchtigkeit zwischen ihren Beinen.
Julia hat auch noch eine Künstlerkappe und einen Spazierstock mitgebracht. Keine Ahnung, wo sie das so schnell auftreiben konnte. Sie läuft zum Bach, schürzt ihr weißes Sommerkleid und die Ähnlichkeit ist perfekt.
Da knackt es im Unterholz und ein älterer Franzose stürzt hervor. "Qu'est-ce qui se passe? Was machen Sie da?", fragt er empört. Er zieht eine kleine Digitalkamera hervor und speichert die Szene ab. "Ich rufe die Gendarmerie! Sie können doch nicht einfach auf meiner Wiese alles zertrampeln! Und, mon Dieu, Mademoiselle ist ja komplett nackt!" Als ob der alte Steiger das nicht sofort gesehen hätte.
"Aber Monsieur, Pardon, hier gilt's der Kunst! Wir stellen eines der berühmtesten Gemälde des französischen Impressionismus in der freien Natur dar, Le Déjeuner sur l'herbe von Edouard Manet!", beschwichtige ich den scheinbar empörten Grundbesitzer. "Sie kennen das Bild doch sicher und haben sich auch schon gefragt, was nach der Momentaufnahme mit den Mädchen passiert?"
Das leuchtet dem Mann ein. Ein flotter Vierer auf seiner Wiese könnte ihm schon gefallen. "Machen Sie es sich bequem, Monsieur, essen sie etwas von unserem Obst und warten sie ab!", rät Viktoria. Tatsächlich setzt sich der Franzose ins Gras und ißt ein paar Kirschen. Ich lege meinen Arm um die nackte Viktoria und beginne, langsam ihre Brüste zu liebkosen. Willi kann seine Augen nicht von uns lassen. Er lehnt sich zurück und zeigt mit der ausgestreckten rechten Hand auf den schönen nackten Körper. Der Franzose blickt hin und her zwischen Viktoria und Julia und schnalzt mit der Zunge. "Ich geh nur mal schnell ins Haus und bringe eine Flasche Calvados!", sagt er.
"Wollen wir nicht doch lieber aufbrechen?", meint Julia. So ganz wohl ist mir nicht dabei, wenn ein Fremder an unserem Frühstück teilnimmt. Viktoria nickt. Ich bedaure, daß unser erotisches Picknick so rasch beendet ist. Wir packen zusammen und fahren weiter nach Rouen. Dort nehmen wir uns zwei nette Zimmer im Hôtel de la Cathédrale und sowohl Willi als auch ich kommen in der folgenden Nacht auf unsere Kosten. Doch das ist eine andere Geschichte.
Beim Frühstück am nächsten Morgen staunen wir nicht schlecht als auf der Titelseite des "Paris Normandie" ein gestochen scharfes Foto unseres Déjeuner sur l'herbe prangt. "Touristen stellen Meisterwerk aus dem Musée d'Orsay im Freien nach" lautet die Bildunterschrift. "Sieht eigentlich verdammt gut aus!", lacht Viktoria. "Ist doch nett, daß der Alte nicht nur genießt, sondern auch anderen eine Freude mit seinen Fotos macht!", meint Willi.
http://commons.wikimedia.org/wiki/File:%C3%89douard_Manet_-_Le_D%C3%A9jeuner_sur_l%27herbe.jpg
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