Marionette


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17.06.2012
Schamsituation

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"Wie altmodisch", dachte ich, während ich den Zettel entfaltete, den Tim mir auf dem Büroflur im Vorbeigehen zugesteckt hatte. Alle Welt schreibt SMS, Emails, benutzt Whatsapp. Wann hatte ich zuletzt etwas Handschriftliches bekommen? Sicher: Als ich die Sehnsucht entdeckte, hatte ich oft von einem handgeschriebenen Liebesbrief geträumt. Aber meine Wünsche blieben unerfüllt: Datings, aber auch das unvermeidliche Schluss machen wurden auf elektronischem Weg erledigt. Also hatte ich mich dem Zeitgeist angepasst. Und jetzt schrieb mir Tim - sogar mit richtiger Tinte und auf Büttenpapier, wie ich beim Auffalten feststellte! Der Inhalt war in seltsamem Kontrast zur Form längst vergangener Zeiten eher nüchtern:
"Komme bitte heute Abend um 20:00 zum kleinen Theater. Kleidung beliebig."
Das kleine Theater war früher die Studiobühne des Schauspielhauses; kleiner als der große Saal, nur knapp 100 Personen konnte das Gestühl aufnehmen. Hier wurden Ein- Personen- Stücke aufgeführt, auch das Experimentaltheater junger Autoren hatte hier eine Chance. Doch vor 5 Jahren fiel das gemütliche, leicht plüschige Theater dem Spardiktat des Stadtkämmerers zum Opfer. In regelmäßigen Abständen griff die Lokalpresse das Schicksal der Studiobühne auf, spekulierte über neue Nutzungsmöglichkeiten, vom Cabaret bis zum Spielort für Laienschauspieler. Doch keiner der Pläne wurde verwirklicht, da kein kostendeckender Betrieb garantiert werden konnte.
Tim - was um alles in der Welt hatte er vor? Just zu dem Zeitpunkt, als die Studiobühne geschlossen wurde, hatte ich eine kurze, aber heiße Affäre mit ihm. Ich weiß noch, wie überrascht ich war, zu welcher ehrlicher und wilder Leidenschaft dieser Mann imstande war. Tim, der trockene Sachbearbeiter, der sein Brot mit dem Bearbeiten langweiliger Versicherungsakten verdiente und der für seine schlechten Witze berüchtigt war, entpuppte sich als begehrender und perfekter Liebhaber. Er drängte nicht, ließ sich viel Zeit, inszenierte unsere Treffen mit viel Fantasie und stets überraschend. In seinen Armen schmolz ich dahin. Er wusste, wo er mich lustvoll berühren musste, wann eine Verzögerung angebracht war, um den Höhepunkt hinauszuzögern, wann Härte, wann Sanftheit angebracht war. Kurzum, ich war im Himmel mit ihm.
Leider musste ich schon nach einigen Wochen feststellen, dass er seine Liebesgaben diskret, aber verschwenderisch verteilte. Als mir die achte Kollegin - im Vertrauen - von seinen vorzüglichen Liebesdiensten berichtete, hatte ich genug und machte Schluss. Und doch konnte ich nicht ganz von ihm lassen; wenn er - selten, aber regelmäßig - um ein Treffen bat, brachte ich es nicht übers Herz, nein zu sagen. Das Wort Liebe nahmen wir nicht mehr in den Mund, es ging in stillem Einverständnis nur um Sex. Da ich an meiner Karriere arbeitete, wollte ich so bald keine dauerhafte Beziehung mehr eingehen - und so genoss ich die Treffen mit ihm. Hatte er ein paar Wochen nicht angerufen, begann ich mich zu fragen, ob ich ihn vermisste. Bevor die Überlegung abgeschlossen war, war meist das nächste Treffen schon geplant.
Vor sechs Wochen hatten wir uns zum letzten Mal in seiner Wohnung getroffen. Ich musste lächeln, als ich daran dachte, wie er mich damals direkt an der - noch geöffneten - Türe schnell und routiniert auszog, während ich ängstlich über die Schulter lauerte, welche Nachbarn wohl Zeugen dieses Spiels wurden.
Und jetzt die Studiobühne!
Ganz in Gedanken fuhr ich nach Hause und legte mich in die Badewanne. wo ich prompt einschlief und erst vom erkaltenden Wasser wieder geweckt wurde. Ein Blick auf die Uhr und ein lautloser Schrei des Erschreckens: Es war schon halb acht, ich musste mich sputen. Vor dem Kleiderschrank dachte ich an die Nachricht. Kleidung beliebig - das konnte er haben! Ein blütenweißer bequemer, aber unerotischer Slip, ein Sport- BH, ein weißes Unterhemd (es war kalt draußen), Wollsocken, die verschlissenen Jeans, in denen ich letzte Woche die Küche angemalt hatte, ein dicker weiter Pullover, Boots mit langen Schnürsenkeln (sollte er sich doch anstrengen!), und ein dicker Regenanorak. Keine Schminke. Ein letzter prüfender Blick in den Spiegel - da fehlte noch das Tüpfelchen auf dem i. Kurzentschlossen schlang ich mir ein Tuch um den Kopf, das jeder Basarverkäuferin in Istanbul Ehre gemacht hätte. Dann hetzte ich aus der Wohnung und fuhr zum Theater.
Tim musste mich kommen gesehen haben, denn während ich einparke, entsteigt er seinem Wagen und kommt auf mich zu. Ein flüchtiger Kuss auf die Wangen. Während wir zum Eingang der Studiobühne gehen, erklärt er mir das Szenario des Abends.
"Wir machen heute Improvisationstheater."
"Wir?"
"Ja, Du wirst sehen, es wird Dir gefallen. Hübsches Outfit, übrigens.", setzt er mit Lächeln hinzu.
Er schließt die Tür auf - woher hat er nur den Schlüssel? - und zieht mich durch einen engen dunklen Gang. Er bleibt stehen und macht sich an einem Kasten in der Wand zu schaffen. Nach einigen Augenblicken wird es hell. Wir passieren einige Räume, bis wir plötzlich auf der Bühne stehen. Ich blicke hoch und bestaune die oben an Schnüren hängenden Kulissen. Die Bühne ist in schummriges Licht getaucht; schwarze Samtbahnen an den Wänden schlucken fast alle Helligkeit.
"Stelle Dich bitte in die Mitte der Bühne - genau hier hin", zeigt mir Tim. "Und bleibe unbeweglich stehen. Ich muss noch etwas erledigen." Ich folge seinem Wunsch, während er sich durch den Mittelgang zwischen den Zuschauersitzen entfernt. Seine Schritte werden leiser. Mich fröstelt. Plötzlich flammt hinten oben ein großer Scheinwerfer auf, der mich blendet, sodass ich die Hände vor die Augen hebe. Nach einigen Sekunden blinzele ich vorsichtig und versuche, mich an das Licht zu gewöhnen. Ich blicke an mir herunter und überlege, dass der rosafarbene Anorak überhaupt nicht zum grünen Kopftuch passt. Vielleicht hätte ich mich doch etwas mehr mit Bedacht kleiden sollen. Aber schon kommt Tim wieder zurück. Erst als er in den Lichtkegel tritt, sehe ich ihn.
"Was Improvisationstheater ist, weißt Du? Unser Stück heute Abend heißt Marionette. Du bist die Hauptperson, ich der Spieler. Das heißt, Du tust NICHTS. Ich bewege Dich, wie es ein Marionettenspieler mit seiner Puppe tut. Und noch etwas: Es wird kein Wort gesprochen, weder von Dir noch von mir. Ist soweit alles klar?"
Ich nicke. Auf was für Einfälle Tim immer kommt! Es kribbelt.
Er nähert sich mir, stellt sich hinter mich und sagt leise: "3, 2, 1, action!" Er löst den Knoten meines Kopftuchs, faltet es akkurat mehrere Male in Längsrichtung - und verbindet mir die Augen damit. Er zieht fest zu; selbst mit äußerster Anstrengung kann ich kein bisschen meiner Umwelt auch nur erahnen. Ich lausche auf Tims Schritte; der Holzboden der Bühne knarrt unter seinen Bewegungen. Jetzt muss er vor mir stehen. Er nimmt meine Arme, hebt sie und führt sie im Nacken zusammen. Ich bin, wie von ihm gewünscht, komplett passiv.
Der Boden vor mir knarrt, dann fühle ich seine Hände an meinen Fußgelenken. Behutsam drückt er sie zur Seite, bis ich in leichter Grätsche stehe. Seine Schritte entfernen sich und werden leiser. Geht er wieder durch den Mittelgang? Unfähig zu sehen bemerke ich, wie das Gehörte ein Bild des Raumes formt. Er muss im hinteren Teil des Zuschauerraums angekommen sein, denn ein Hall folgt jedem Schritt. Ich erinnere mich: Nahe dem Zuschauereingang sind blanke Steinwände. Es wird ganz leise.
Ich verspüre den Drang, meine juckende Nase zu berühren. Doch ich halte mich an die Absprache und verharre. Noch immer Stille. Von weit weg höre ich ein Geräusch, als würde ein Schlüssel in ein altes Schloss geschoben und gedreht. Ein neuer  metallischer Ton - eine Klinke? Dann das ächzende Knarren einer Tür, die geöffnet wird. Ich höre Tims schwere Schritte, die sich langsam wieder nähern. Er scheint endlos langsam zu gehen. Sind da andere Geräusche? Ein leises Scharren? Tims Fußtritte werden lauter. Jetzt ist er wohl direkt vor der Bühne, wendet sich nach rechts und kommt über die stark knarrende Treppe nach oben. Ich zucke zusammen, als weit hinten Türangeln quietschen und die Tür geräuschvoll ins Schloss fällt. Tims Schritte kommen näher. Er steht vor mir. Seine Hände umfassen meinen Kopf, ich spüre seinen Atem, sehne mich nach einem Kuss. Doch seine Hände gleiten am Hals abwärts, tasten durch die unförmige Kleidung hindurch meine Brüste. Mich schaudert. Die Hände wandern wieder nach oben. Er nestelt am Reißverschluss des Anoraks und zieht ihn mit einem Ruck nach unten. Noch nie habe ich das entstehende Geräusch so intensiv vernommen!
Der Boden vor mir knarrt vernehmlich. Ich spüre, wie Tim am Ledergürtel meiner Jeans nestelt. Es klimpert metallisch; dann spüre ich, wie der Gürtel schnell aus seinen Schlaufen gezogen wird. Ein lauter Aufprall, der mich erschreckt. Er hat den Gürtel auf den Bühnenboden geworfen. Die Schritte gehen im Halbkreis um mich herum. Er tritt von hinten ganz nahe an mich heran. Ich spüre seinen Körper. Seine Hände tasten sich um die Hüften herum nach vorne und versenken sich in den Taschen meiner Jeans. Als ich seine Finger in der Leiste spüre, fühle ich, wie die Feuchtigkeit aus meinem Körper rinnt. Ganz sanft bewegt er die Finger in den Taschen. Es fällt mir schwer, still stehen zu bleiben. Meine noch im Nacken verschränkten Hände zucken. Seine Hände verlassen die Hosentaschen und treffen sich in der Mitte. Was für ein raues Geräusch Jeans erzeugen, wenn Hände über sie streichen. Tim schiebt eine Hand in den Hosenbund, öffnet den oberen Knopf. Ich merke, wie ich schneller atme. Wieder wird ein Reißverschluss geöffnet, die Jeans rutschen ein Stück abwärts. Tims Schritte umrunden mich, es knarrt vorne. Ich fühle seine Hände an meinen Fesseln. Er schiebt die Beine ein Stück zusammen. Die Jeans rutschen bis zu den Knien.
Hätte ich doch nicht diesen unerotischen Slip angezogen! Ich spüre Tims Atem auf meinen Oberschenkeln. Alle Härchen stellen sich auf. Seine Hände gleiten an den Außenseiten der Beine entlang, schlüpfen unter den Stoff des Slips, wandern über meinen Venushügel und gleiten tiefer. Jetzt muss er fühlen, wie nass ich bin! Woher kommen die anderen Geräusche?
Er zieht zwischen den Beinen am Slip; es dauert lange, bis sich der Zug am dehnbaren Material bis zum oberen Rand fortgesetzt hat. Dann folgt der Stoff blitzschnell dem Ziehen. In Oberschenkelmitte bleibt die Hose hängen. Ich stelle mir vor, wie ich jetzt aussehen werde: Augen verbunden, ein dicker alter Pullover, der bis fast zur Hüfte reicht, Jeans auf Halbmast, darüber der hinuntergezogene Slip - und meine Scham im vollen Licht des Scheinwerfers! Tim ist wieder hinter mir, schiebt mich langsam nach vorn. Jeans und Unterhose rutschen tiefer. Jetzt muss ich bald am Bühnenrand angekommen sein. Er wird mich doch nicht hinunterstoßen?
Er lässt mich stehen. Die Hosen sind bis auf die Knöchel gerutscht. Er schiebt meine Füße wieder auseinander. Er steht neben mir. Eine Hand drückt meinen Po nach vorne, die andere meinen Oberkörper zurück. Meine Ohren sind mittlerweile geschärft: An den Geräuschen erkenne ich, dass er zum Bühnenrand geht, die Treppe nimmt und wieder den Zuschauerraum erreicht. Die neuen Geräusche kann ich nicht zuordnen: Ein Rascheln, gefolgt von metallischem Klicken. Er fotografiert mich! Wieder Schritte, erneutes Klicken, und wieder. Er wandert durch den Zuschauerraum, um mich in dieser Pose von allen Seite abzulichten. Mir bricht der Schweiß aus! Bin ich glattrasiert? Ja, heute morgen habe ich jedes Haar von Unterbauch und Beinen entfernt. So wie ich jetzt stehe, dazu noch im Licht des Bühnenscheinwerfers, kann er alles sehen! Ich weiß, dass Tim es liebt, wenn meine Schamlippen bei Erregung anschwellen, wenn die kleinen die großen auseinanderdrücken und lang herunterhängen. Aber ich schäme mich immer ein wenig, wenn ich weiß, dass ein Anderer mich so sieht. Viel lieber hätte ich eine kleine enge Spalte. Und wieder klickt es - von links, von rechts, von nah und weit entfernt. Ich möchte die Beine zusammennehmen, aber das Spiel sieht es anders vor. Gut, dass es nur Tim ist, der mich so sehen kann.
Seine Schritte kommen wieder näher. Ein letztes Klicken der Kamera, die Tritte auf der Treppe, und schon ist er wieder bei mir. Ein Geräusch, als ob etwas im Zuschauerraum umfällt. Seine Kameratasche?
Er steht hinter mir. Seine Arme schieben sich jetzt unter meinen Pullover, ziehen ihn langsam hoch. Er zieht auch das Hemd nach oben und zieht mir beides über den Kopf. Es wird noch dunkler, und er macht keine Anstalten, mir die Kleidungsstücke komplett auszuziehen. Er öffnet den BH- Verschluss und zieht ihn ebenfalls über den Kopf, bis die Schulterträger ein Weiterkommen verhindern.
Seine Arme umschlingen mich, seine Finger spielen mit meinen Nippeln. Eine Hand gleitet langsam in der Mittellinie nach unten, bis ein Finger meine Schamlippen teilt. Ich stöhne auf, als der Finger leicht hin- und hergeschoben wird. Er gibt mich frei, umrundet mich aufs Neue und scheint sich vor mir hinzuknien. Meine Schuhe werden geöffnet und landen mit lautem Knallen auf dem Bühnenboden. Wieder lässt er mich die Füße abwechselnd heben und befreit mich von den Strümpfen. Jeans und Slip verschwinden ebenfalls uns landen geräuschvoll auf dem Boden. Wie laut alles ist, wenn man nicht sieht!
Er drückt meine Füße auseinander, bis ich weit gegrätscht dastehe. Dann entfernen sich die Schritte. Will er wieder Fotos machen? Nein, die Geräusche entfernen sich immer mehr, beginnen zu hallen. Ich bin bemüht, das Gleichgewicht zu halten. Wie nahe ich am Bühnenrand stehe, weiß ich nicht.
Urplötzlich wird es laut, sehr laut! Rockmusik! Die Rock- Opas mit Namen Rolling Stones spielen Satisfaction. Ich missachte zum ersten Mal Tims Wunsch und halte mir die Ohren zu! Meine Ohren sind durch das genaue Hinhören wohl überempfindlich geworden. Die Musik bleibt brüllend laut. Ich bleibe stehen - trotzig, ein wenig weinerlich. Aber das wird Tim nicht sehen, weil meine Augen von Kopftuch, Pullover, Hemd und BH bedeckt sind.
Ich kenne den Song und freue mich auf sein Ende. Noch einmal I can't get no satisfaction - und es wird leise. Nein, nicht ganz leise! Etwas scharrt im Zuschauerraum. Von hinten links höre ich, wie sich zwei Hände langsam zum Klatschen formieren. Tim scheint seinen Spaß zu haben. Von vorne rechts höre ich auch Klatschen. Spinne ich? Es wird immer mehr, immer lauter, immer schneller. Ich halte es nicht mehr aus, ziehe den Pullover herunter und reiße mir die Augenbinde ab. Die Klatschgeräusche werden immer lauter. Was hat Tim da wieder angestellt? Ich versuche, hinter dem Strahl des Bühnenscheinwerfers etwas zu entdecken. Aber es bleibt dort stockdunkel. Ich stehe wirklich direkt vor dem Bühnenrand - ein Schritt nach vorne, und ich würde straucheln. Mein Becken ist ja immer noch nach vorne geschoben!
Ich erkenne etwas! Wo ist Tim? Die Beleuchtung im Zuschauerraum wird langsam hochgedimmt. Und da sitzen 100 Leute, klatschend, jetzt auch mit den Füßen trampelnd! Ich erkenne den lachenden Tim am Eingang - und werde ohnmächtig.


Kommentare

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Sabiene schrieb am 11.08.2023 um 18:13 Uhr

sehr anregende Storry - etwas kurz

selena333 schrieb am 04.03.2024 um 22:20 Uhr

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