Der Weiberg der Herren


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27.03.2015
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Kapitel 1,  Dr. Magnus-Pilcher, Ulf und Chrissie

(aus den Erzählungen von Alex Nachtmann, der vom Staatsanwalt auf unser "Swinging Blue" angesetzt wurde, aber dann unser treuer Freund und Kunde wurde)

„Dr. Gerhardt Magnus-Pilcher, Psychiater und Sexualtherapeut“ steht auf einem polierten Messingschild an der Tür. Mein neuer Auftraggeber. Gestern Abend hatte ich seinen Anruf aus dem wunderschönen Städtchen Kasel bei Trier erhalten. Die Empfehlung hatte er angeblich von meinem Freund Ulf, dem Künstler, den ich hin und wieder gerne dort besuche. Wir sind zwei Jahre gemeinsam zur Schule gegangen. Wahrscheinlich hatte Ulf nur einfach mal wieder das Bedürfnis, sich mit mir auszuquatschen und sich meine Storys berichten zu lassen. Mich hat es dennoch gefreut. Besonders freue ich mich auf seinen selbst angebauten und selbst gekelterten Wein. Ein Gedicht!

Aber zurück zu Dr. Magnus-Pilcher: Welches ist sein Problem?

„Ich kann es mir einfach nicht erklären, Nachtmann. Ich bin hier landesweit und -breit der einzige approbierte Sexualpsychiater. Deutschland ist mit Fachleuten meiner Qualität völlig unterversorgt. Bis vor zwei Monaten konnte ich mich vor Terminen und Patienten kaum noch retten. Aber plötzlich kommt so gut wie keiner mehr, obwohl ich Überweisungen und Terminabsprachen zu Dutzenden habe, kommt keiner der Patienten bei mir an. Von meinen Kollegen und den Hausärzten wird mir jedoch bescheinigt, dass die Mehrheit der Patienten von meiner Therapie begeistert sei und sich als geheilt betrachtet. Nur ich kriege keine Unterschriften mehr unter meine Verträge und kann die Behandlung nicht abrechnen. Jemand fängt mir die Leute vor der Tür weg und will mich in den Ruin treiben. Kriegen Sie raus, wer das ist und wie er oder sie das macht. Ich stelle Ihnen ein Zehntel meiner monatlichen Nettoeinnahmen in Aussicht, wenn sie die Sache erfolgreich aufklären.“

Solche Honorarangebote, die vom Erfolg des Auftraggebers abhängig sind, nehme ich aus Prinzip und hinreichend schlechter Erfahrung niemals an. Was ist denn „Netto“? Da ist mir zu viel Schlupf nach unten drin.

„Was wäre das in Euro?“

„Hm, so zwischen 1000 und 5000€, das hängt natürlich auch von Ihrem Erfolg ab, Herr Nachtmann.“

„Ok, sagen wir also 5000€ plus Spesen. Die Hälfte davon sofort in bar, den Rest bei Erfolg.“

„Sie sind ein harter Hund, Nachtmann, was?“

„Sie wollten einen harten Hund, Herr Dr. Magnus-Pilcher, sonst hätten Sie mich ja nicht extra aus Bremen hierher geholt. Ich weiß, was ich wert bin. Da beginne ich doch meine Ermittlungen gleich einmal bei Ihnen: Welche Art von Problemen haben, beziehungsweise, hatten Ihre Patienten und welche Methoden wenden Sie an?“

„Ich unterliege der ärztlichen Schweigepflicht, wie Sie ja wohl wissen. Erwarten Sie von mir also bitte keine Namen und Diagnosen. Ich will es einmal so zusammenfassen:

Es sind meistens Männer, die Probleme mit ihrem Sexleben haben. Angst vor Frauen, einschließlich der eigenen Ehefrau, Versagensängste, Potenzprobleme, die nicht organisch bedingt sind, Komplexe, die ganze Palette. Wie ich vorgehe? Streng wissenschaftlich gesichert und traditionell natürlich, nach der Moeller-Methode. Gesprächstraining, Sexualanamnese, Familienanamnese, aktuelle Beziehungen und aktuelles Sexualleben, prägende Erlebnisse, Hemmungen, und so weiter, die ganze Palette.

Von diesem neumodischen Zeugs, wie Tantra, Nacktgymnastik und dem indischen Schweinskram halte ich überhaupt nichts. Dann sollten sie lieber gleich in den Puff gehen. Aber gerade das trauen sie sich ja nicht, meine Patienten. Es ist ein Teufelskreis, aus dem ich ihnen den Ausgang zeige. Ich bin ein anerkannter Fachmann, der beste weit und breit. Und jetzt macht mir jemand das alles kaputt, Nachtman! Finden Sie es heraus.“

Hm. Noch habe ich gar keinen Plan. Ich frage doch besser noch einmal nach:

„Womit stärken Sie ihren Patienten denn dann ihr Selbstvertrauen, Her Doktor, wo ist denn der Ausgang, den Sie ihnen zeigen?“

„Haben Sie etwa auch Probleme, Nachtmann, weil Sie das so genau wissen wollen?

Na gut. In der Regel muss ich den Männern ihr männliches Selbstbewusstsein stärken, indem ich ihnen von kleinen Männern erzähle, die Großes geleistet haben. Julius Cäsar,…“

„Veni, vidi, vici?“

„Zum Beispiel, Nachtmann, zum Beispiel. Aber auch Napoleon Bonaparte, Friedrich der Große, Wladimir Putin, Attila und andere erfolgreiche Menschen, denen man es vorher nie zugetraut hätte, zeige ich ihnen als Beispiel auf.“

Jetzt weiß ich alles und nichts. Ich verzichte darauf, ihn darauf hinzuweisen, dass Friedrich der Große einen missgestalteten Penis hatte und nichts mit Frauen am Hut, dass Napoleon nur dann besonders geil auf Josefine war, wenn er weit weg von ihr Briefe aus Ägypten schrieb, ansonsten aber beim Anblick von Frauen unsicher und wütend wurde, und auch, dass Attila in der Hochzeitsnacht seinen Geist nebst allem Übrigen aufgegeben hat. Und Putin? Wer weiß das schon…? Ich will ja nicht den Schlaumeier spielen.

Den Fall muss ich jedoch ganz anders anpacken. Bloß wie? Erst einmal zu Ulf. Er hat ein hübsches kleines Häuschen, wie fast alle Weinbauern hier, mitten im geerbten Familien-Weinberg. Hinter dem Haus hat er noch ein großes, bunt verglastes Gartenhaus mit exotischen Pflanzen. Zitrusfrüchte, Palmen in Kübeln, Sogar Lianen und jede Menge Orchideen und andere Baumschmarotzer, die ständig am Blühen sind. Dort treffe ich ihn beim Malen an, aber er ist nicht allein.

„Hallo Ulf, da bin ich. Oh Pardon! Da komme ich wohl ungelegen. Ich kann mich ja mal schnell draußen nach einer Weinstube umsehen…“

„Ach was! Nun rede mal kein Blech, Alexander, wegen Chrissie musst du dich doch nicht genieren. Sie hat es gern, wenn sie jemand ansieht, so wie sie ist. Je mehr, desto besser, stimmts, Chrissie? Darf ich vorstellen: das ist mein alter Schulfreund Alexander, er ist Detektiv. Alexander, das ist Christine, mein Modell. Kannst Chrissie zu ihr sagen, Ok, Chrissie?“

Die junge langhaarige Brünette macht überhaupt keine Anstalten, ihre weit auseinander klaffenden nackten Beine mit rosabraunem Schluchtenblick schamhaft zu schließen. Rot wird sie auch kein Stück. Ich dagegen müsste den Neid jeder Tomate erwecken. Was ihre nackten Brüste betrifft, so hätten diese allenfalls Fehlfarben, wenn es Zitronen wären. Es sind aber keine Riesenzitronen, sondern Chrissies zweitschönste bronzebraune runde Weichteile. Das schönste Teil ist ihr Gesicht. Strahlende blaue Augen, gut gepflegte Augenpartie, leicht gebräunte Haut, und ein Lächeln, das mich Vater, Mutter und die ganze restliche Welt vergessen lässt. Sie hat noch etwas drittschönstes, aber da traue ich mich nicht hinzusehen. Noch nicht.

Während ich mich rundum nach einem diskreten Stuhl umsehe, hat mir Ulf schon einen Hocker in die Kniekehlen gerammt, so dass ich genau vor Chrissies Drittschönstem auf meinen Arsch lande.

„Sie stören mich wirklich nicht, Herr…, darf ich gleich Alexander sagen? Wie finden Sie…, findest du mich? Sehe ich geil aus? Ulf hat schon Bilder von mir in einem Buch veröffentlicht. Aber da hatte ich noch meine schwarzen Schamhaare dran. Nur mit Bikinischnitt, damit die Haare nicht links und rechts so herausgucken. Jetzt habe ich aber alles rasiert und gepeelt. Ich finde, das sieht so besser aus. Richtig geil kommt das erst auf den Fotos von Ulf. Manchmal sind da noch kleine schwarze Stoppeln dran, aber die retuschiert er dann immer gleich weg. Ist nett, der Ulf, nicht? Du schwitzt ja so, Alexander. Ulf, kannst du nicht bitte mal ein Glasfensterfeld hochstellen? Ich freue mich ja schon so auf das nächste Buch von Ulf….“

Sie plappert unbeschwert weiter. Ich kriege langsam Probleme mit meinem Hormonhaushalt und den akuten körperlichen Begleiterscheinungen einer totalen Testosteron-Schwemme.

„Ulf, ich müsste mal so nebenbei auf die..“

Ulf weiß Bescheid.  „Hier durch die Tür, und dann im Haus links, gleich um die Ecke.“

Uff! So sprach der Winnetou. Ich schließe von innen die Türe zu, was ich zu Hause niemals tu.

..., ..................., tief durchatmen, Brust raus, Cooler Blick ein, Sonnenbrille aufsetzen und wieder rein.

„Na, war’s schön?“ Chrissie grinst mir allwissend und frauenstolz nackt entgegen.

„Wie was?“ Aber ich kann auch mit der coolsten Coolness nicht verhindern, dass ich in ihr Lachen mit hinein platze. Danach geht es mir wieder so gut, dass ich die weiblichen Landschaften der wirklich sehr hübschen Frau genießen kann, ohne verlegen zu werden.

„Chrissie, sei doch nicht gleich so unverschämt! Weil Alexander mal auf die Toilette musste, ist das doch noch lange kein Grund, dass du freche Sprüche auf ihn ablässt.“

„Ist doch nicht schlimm, gell, Alexander. Aber das ist doch meistens so. Wenn ihr Männer an Sex denkt, dann geht ihr immer zuerst auf die Toilette. Entweder, weil ihr wirklich pinkeln müsst, oder ihr holt euch Einen runter, stimmts? Ihr werdet es nicht glauben, aber ich hatte die letzten beiden Wochen lang einen Nebenjob, wo ich im Zug vom Trier nach Kasel genau darauf zu achten hatte, welche Männer  sehr oft zur Toilette gehen. Besonders wichtig waren die, die sich vor Kasel zum Aussteigen bereit machten. Denen musste ich dann ein Flugblatt geben, wo eine Adresse darauf stand. Meine WG-Freundin Uschi hatte genau das Gleiche an der Autobahn-Raststätte vor Kasel zu machen. Es wurde gar nicht so schlecht bezahlt…, oh!“

Ihr „Oh!“ klingt irgendwie so, als hätte sie versehentlich ein Geheimnis verraten. Ich bekomme ihre Worte nur am Rande mit, weil Ulf mir gerade ein anderes Problem nahelegen will.

„Weil wir gerade beim Thema sind, Alexander, damit beschäftige ich mich im Moment ganz intensiv:

Die Metaphorik der Vulva. Es hat dich doch auch gleich angezogen, wie ein Magnet, das habe ich beobachtet. Du hast dich gegen den Sog gewehrt, aber du konntest nicht daran vorbei sehen. Dein Gang zur Toilette beweist es. Chrissie hat schon Recht.

Die Vulva ist ein magisches Zentrum, ein metaphorischer Punkt im Universum. Leonardo da Vinci hat die Fluchtpunktperspektive erfunden. Ich bin mir fast sicher, dass er dabei eine nackte Vulva vor seinen Augen hatte. Alle Linien, alle Bahnen des Auges zielen hin auf den einen zentralen Punkt. Verschiebt man den Punkt im Raum, dann richtet sich wieder die gesamte Perspektive nach ihm aus. Nehmen wir doch zum Beispiel mal seine Mona Lisa. Alle rätseln um ihren seltsamen Blick. Pass mal auf, ich zeige dir was.“

Ulf sucht unter einem Stapel von Blättern eine Reproduktion von Leonardos Mona Lisa heraus und hält das Porträt vor Christines Gesicht und Oberkörper. Das Lächeln wirkt jetzt zusammen mit dem offenherzig nackten Unterleib von Chrissie tatsächlich wie ein „Komm, ich erwarte dich, du kannst ja doch nichts dagegen tun!“ Es ist frappierend.

„Ich bin mir fast sicher, dass es zum Bild der Mona Lisa noch ein Unterteil gegeben hat. Vielleicht wird es bald in den Kellern des Vatikans gefunden. Schau dir das an!“

Er zeigt begeistert auf die Körpermitte von Chrissie. „Ist das nicht die Ur-Vulva der Menschheit? Die Mutter allen menschlichen Lebens?“

Chrissie protestiert. „Was habe ich? Eine uralte Möse? Du kriegst gleich einen Tritt in deine uralten Eier, Ulf!“

„So war das doch nicht gemeint. Ich meinte doch nicht deinen profanen Schlitz da, Chrissie, sondern die Urmutter. Denke dir doch einmal die Zeit rückwärts ablaufend. Du gehst zurück in den Bauch deiner Mutter, die wiederum in den deiner Großmutter, und so weiter, und so weiter, bis zum Anfang der Menschheit.

Und was ist mit uns, den Männern? Millionen von Spermien schicken wir in die große Schlacht des Lebens, nur einer davon ist erfolgreich. Die Übrigen sterben in dem großen Mösenmassaker. Der Sieger schreitet durch die Säulenhalle des Lebens, bis er endlich durch die letzten beiden Säulen ans Licht der Sonne tritt….“

Chrissie schmollt „Soll das jetzt heißen, dass ich Beine wie Säulen habe, Ulf?“

„Aber nein, Chrissie, du hast ganz wunderschöne Säu.., äh Beine. Die schönsten, die ich diese Woche gesehen habe. Wirklich.“

Mir geht das alles momentan am A… vorbei. Mir geht der Nebenjob von Chrissie nicht aus dem Kopf. Wie war das mit der Zug- und der Autobahntoilette? Sie hatten nach Männern zu suchen, die immer wieder auf die Toilette gehen?

Ich versuche mich einmal in so einen Patienten hinein zu versetzen:

Er hat Probleme mit seinem kleinen Freund. Er weiß nicht, was ihm bevorsteht. Muss er sich vor dem Arzt gleich ausziehen? Hat der Arzt vielleicht eine weibliche Assistentin dabei? Welche Peinlichkeiten kommen da auf ihn zu und immer näher? Ich kann mich noch entsinnen, wie das bei mir damals war, mit 17, auf dem Weg zu meinem ersten wirklich „harten“ Treffen mit einem Mädchen. Ich hatte keine Ahnung, wie ich das Ding in das kleine Loch reinkriegen sollte und ob das schmerzt, und wie ich steuern kann, dass ich da nicht versehentlich  reinpinkele. Ich weiß noch, dass ich damals auf dem Weg kein Klo ausgelassen hatte und völlig ausgetrocknet bei ihr ankam. Sie hatte angeblich auch keine Ahnung. Es ging alles gründlich schief. Noch Jahre danach hatte ich ein schlechtes Gewissen und mich gefragt, ob ich ihr für alle Zeiten die Lust am Sex versaut hätte. Dann sah ich sie noch einmal, mit zwei Kindern an der Hand. Da war ich richtig froh.

Die Witterung der Spur ist aufgenommen.

Ich frage noch einmal bei Chrissie nach. „Du Chrissie, was stand denn auf den Flyern drauf, die du an die Toilettengänger übergeben solltest?“

 „Das weiß ich nicht. Die waren in Plastik vollkommen eingeschweißt. Außen waren nur drei Worte darauf: „Wir sind umgezogen“. Ich durfte sie auch nur an Männer abgeben, die eine Überweisung zu einem bestimmten Arzt dabei hatten.“

Dann hält sich Chrissie den Mund zu, als hätte sie schon zu viel gesagt. Ich weiß jetzt auch genug fürs Erste. Danke Chrissie, dass du mich zur Toilette geschickt hast.

Ulf schafft Wein heran. Außer dem obligatorischen Mosel Riesling baut er auch Müller-Thurgau an, der bei ihm unter „Silvaner“ lagert. Seine absolute Spezialität ist aber der Mosel-Elbling, aus dem er einen guten Sekt dreht, für den Kenner alle anderen Sekte stehen lassen.

Wir kommen langsam in unsere traditionellen Gespräche über die Welt und das Universum, welches sich wie eine Blase aufbläht, wieder schrumpft und über einen Nicht-Urknall nach der anderen imaginären Weltseite wieder als neues, reales Universum entsteht. Ich setze dagegen, dass Gott ein Chinese ist, der im Universum ein Riesenfeuerwerk abbrennt, wobei wir nichts weiter sind, als kleine Bakterien in einer der vielen aufflammenden Feuerkugeln.

Es ist ein herrlich fröhlicher Männer-Weinstreit. Chrissie hat einen kleinen Schwips und versucht immer wieder, das Gespräch in eine Richtung zu lenken, in der sie und ihre weiblichen Attribute die Hauptrolle spielen, aber Ulf hält nicht viel von flotten Dreiern. „Weib bleibt Weib und Kunst bleibt Kunst.“

Ich meinerseits finde Chrissie zwar wunderschön und absolut sexy, aber ich merke auch schon wieder, dass bei mir das alte Problem hochkommt. Ich muss an meine Tochter Ines denken und dann geht gar nichts mehr. Sie ist zu jung. Zu jung für mich. Ich weiß zwar, dass es in Bezug auf Chrissie absolut blödsinnig ist, aber bei solchen jungen Dingern steht bei mir eine Mauer. Ob ich auch einmal zum Psychiater gehen sollte? Von Chrissie erfahre ich noch, dass es sich bei den erforderlichen Überweisungen tatsächlich um solche handelt, die an Dr. Magnus-Pilcher gerichtet sind. Irgendwie habe ich das Gefühl, dass sie noch viel mehr weiß, aber sie setzt ein Mona-Lisa-Lächeln auf und schweigt wie die Sphinx. Ich werde es schon herauskriegen.

„Ulf, sag doch mal, was hattest du denn mit diesem Dr. Magnus-Pilcher zu tun, dass du mich ihm empfohlen hast? Du hast doch nicht etwa auch Problemchen mit den Frauen? Das kann ich mir bei dir ja überhaupt nicht vorstellen.“

„Nee, nee, Alexander, das war etwas ganz Anderes. Er wollte bei mir Bilder bestellen, für seine Praxis. Er hat mir eine Liste von kleingewachsenen machtgeilen Massenmördern gegeben, die von Vollidioten mit dem Attribut „Der Große“ belegt worden sind, weil sie kraft ihrer ererbten Penunze oder infolge von ideologisch-religiösem Massenwahnsinn Hunderttausende Männer aufeinander und in den Tod gehetzt, riesige Landstriche verwüstet und ganze Völker ins Unglück gestürzt haben. Er wollte von mir Vorher-Nachher-Bilder haben.

Da kam er bei mir aber haargenau an den Richtigen! Ich habe ihm klar gemacht, was ich davon halte. Dann habe ich ihm vorgeschlagen, dass ich von den Kerlen lebensnahe Aktbilder machen könnte, die er sich in seine Psychobude hängen kann. Über Chaos und Anarchie kamen wir dann auf sein Problem zu sprechen, und da bist du mir eingefallen. So war es.“

„Aha. Das liegt ja auf der Hand. Was es doch so für Zufälle im Leben gibt.“

Chrissie schmollt, zieht sich an und geht. Wir saufen weiter Wein und Sekt bis zur Gesichtslähmung. Morgen ist auch noch ein Tag.

Als ich spät am nächsten Morgen die Praxis von Dr. Magnus-Pilcher betreten will, werde ich schon an der Eingangstür daran gehindert.

„Haben Sie einen Termin und eine Überweisung zu uns? Wir nehmen keine Laufkundschaft an!“ raunzt ein großer Zerberus von einer Frau. Sie hat einen schwarzen Zwanziger-Jahre-Bubikopf und so üppige Formen, dass neben ihr kein Durchkommen ist.

„Nein, habe ich nicht, aber…“

Schon will sie die Tür vor meiner Nase zuknallen, da zeigt sich hinter ihrem Walkürengesicht der Doktor. „Ist schon gut, Frau Schmidt, das ist doch der Herr Nachtmann, der kommt nicht als Patient, der kommt zu mir ganz privat oder ganz dienstlich, wie man es nimmt. Ich möchte bitte nicht gestört werden, so lange er hier ist.“

Die Walküre gibt widerstrebend die Tür frei und schreitet dann mit beleidigter Miene in das große Empfangszimmer, wo sie hinter einer Tür mit Fenster verschwindet. Ich stelle mir insgeheim vor, was die Patienten so denken, wenn sie diesen Zerberus erblicken.

Ob der Doktor sie als Domina einsetzt?

Aber nein, er sagte doch, dass er von dem ganzen neumodischen Zeugs nichts hält.

Mich könnte sie kaum beeindrucken. Ich habe solche Damen schon schluchzen gehört, wie eine kaputte Regenrinne im Sturm. Die sind nämlich meistens Innen ganz weich, wenn sie nicht im „Dienst“ sind.

Ich folge dem Doktor in sein Privatbüro. Was war das eben für ein elektronisches Klicken? Es war leise, aber ich habe dafür einen Nerv. Hört Jemand mit?

„Haben Sie schon eine Spur, Nachtmann? Ich will doch hoffen, dass Sie nicht unnötig Zeit verstreichen lassen.“

„Selbstverständlich habe ich die, Herr Magnus-Pilcher. Aber ich brauche von Ihnen noch ein paar Kleinigkeiten. Ich brauche eine Patientenüberweisung.“

„Eine Überweisung? An wen? Welche Spur verfolgen Sie, wer ist es?“

„Eine Überweisung an Sie, Herr Doktor. Wer es ist, das weiß ich noch nicht, aber ich habe schon eine schlüssige Theorie. Meine Spur ist Ermittlungsgeheimnis, genauso, wie Ihre Krankenakten ihr Geheimnis sind. Nur so viel: ich muss selbst zu ihrem Patienten werden.“

Wenn man Klienten zu früh in die Ermittlungen mit einbezieht, dann neigen sie oft zu überstürzten Kurzschlusshandlungen. Da muss man vorsichtig sein. Ich bin vorsichtig.

„Ich verstehe, ich verstehe, Nachtmann. Sie wollen sich also selbst in die Höhle des Löwen begeben, richtig? Das ist gut. Sie scheinen ja wirklich ein Fachmann zu sein. Ich könnte Ihnen zwar so ein Ding ausstellen, aber ich kann da nicht meinen eigenen Stempel darauf setzen. Das müsste ein Kollege von mir tun. Aber in gut 3 Stunden können sie die gerne haben.“

Er drückt die Taste der Sprechanlage. „Frau Schmidt! Drucken Sie bitte eine Überweisung aus für…“

„Nachtmann, Alexander, Bremen.“

„Nachtmann, Alexander, Bremen, wegen…? Ach schreiben Sie einfach „Erektile Dysfunktion“ das ist am häufigsten. Bitte ohne Stempel, Frau Schmidt! Danke.“

In drei Stunden? OK. Ich nutze die Zeit bis dahin, um meine Theorie zu überprüfen. Ich fahre zur Autobahn-Raststätte an der Löbstraße, wo man von der Autobahn abfährt, auf die Ruwerer Straße nach Kasel. Auf der ganzen Fahrtstrecke bis dahin habe ich nicht eine einzige öffentliche Toilette gesehen. Es muss also die Letzte sein. Lange muss ich nicht suchen, um tatsächlich eine junge, sehr offenherzig aufgemachte Frau zu erblicken, die in der Nähe der Herrentoilette hin und her läuft und nach einzelnen Männern Ausschau hält. Es ist nicht Chrissie. Kraftstrotzende Juppies und Männer, welche sie anmachen wollen, oder sofort auf ihre Reize positiv reagieren, lässt sie freundlich abblitzen. An niedergeschlagene, schüchterne oder ältere Typen tritt sie heran und stellt ihnen eine kurze Frage. Leider wird immer verneinend der Kopf geschüttelt. Eine Stunde vergeht.

Da, Volltreffer! Sie hat einen gefunden. Er war aus einem ziemlich teuren Ferrari gestiegen. Des Doktors Patienten scheinen also nicht so ganz arm zu sein. Die Sache nimmt Konturen an. Ein Ferrari als Potenzhilfe scheint auch nicht so das Ultimative zu sein. Dem Mann, der ihr ein Papier gezeigt hat, überreicht sie freundlich einen pinkfarbenen Plastik-Umschlag, auf den in Weiß drei Worte gedruckt sind.

Hurra, ich habe das Ende des Fadens!

Meine Angst, dass er mir mit dem Protzauto davonfahren könnte, erweist sich als unbegründet. Er lässt den Ferrari auf dem bewachten Parkplatz stehen und steigt in ein Mercedes-Taxi, wohin ihn die junge Frau geführt hat. Jetzt muss ich nur noch dem Taxi folgen.

Nach einer Fahrt, die zuerst über die Bundesstraße, dann über gewöhnliche zweispurige Landstraßen und schließlich über die verschlungenen Serpentinen einspuriger Weinbergwege führt, hält das Taxi vor einem kleinen Allerwelts-Mosel-Weinberg bei einem ziemlich unansehnlichen, fast verfallenen Häuschen. Kasel liegt unten im Tal, südwestlich von uns. Ich merke mir die Stelle, so gut es geht, indem ich die Fluchtlinie zweier Kirchturmspitzen als Orientierungshilfe wähle. Ich fahre meinen Wagen rückwärts in einen Ernteweg, laufe näher zum Haus und beobachte vorsichtig. Die junge Frau begleitet ihren Gast bis zu einer schiefen Tür, an welcher ein halb verrostetes, emailliertes Werbeschild, mit einer Weinflasche darauf, hängt. Sie tuscheln und manipulieren mit einer Karte herum

Plötzlich öffnet sich die Tür, der Mann verschwindet darin und das Taxi mit der jungen Frau entfernt sich wieder.

Aha, hier ist also die „Höhle des Löwen“. Unvorstellbar, dass hier drin der Ferrari-Mann verschwunden ist. Ich starte einen Leerversuch. Ich will mich dumm stellen, und einfach ganz blöd nach Rotwein fragen. Rotwein ist fast überall an der Mosel noch ein No-Go. Es gibt rundherum auch nirgendwo blaurote Reben. Auf dem Blechschild steht: „Rieslings Weine von der Mosel – ein Genuss für Kenner!“

Ich klopfe. Keine Antwort, kein Geräusch. Ich klopfe stärker und rufe „Hallo! Ist hier jemand?“

Nichts.

Was haben die beiden hier manipuliert? Ich kann außer diesem Werbeschild absolut nichts erkennen.

Also zurück zum Doktor. Die drei Stunden sind jetzt fast genau um. Ich muss mir die Überweisung holen, um an die geheimen Kennzeichen zu kommen. Die Patientenüberweisung ist da, unterschrieben und abgestempelt.

Da ich mit einem Ferrari nicht dienen kann, und mein VW-Golf  Kombi auch nicht im Entferntesten einem Mercedes ähnelt, will ich die andere Variante wählen. Der Bahnhof ist jedoch wegen Umbau geschlossen. Schienenersatz. Ich nehme den Bus, fahre nach Trier und gleich wieder zurück nach Kasel. Der Busverkehr scheint die Sache zu vereinfachen.

Die junge Frau, die sich schon im Bus immer nach mir umgesehen hatte, weil ich so schön den Ängstlichen mimte, der ganz dringend einmal wohin müsste, fängt mich beim Aussteigen ab, fragt mich nach der bewussten Überweisung und händigt mir danach freundlich lächelnd einen Umschlag aus. Sie fordert mich auf, mit ihr in das bereit stehende Taxi zu steigen.

Geschafft!

„Herzlich Willkommen, Herr Nachtmann. Ich muss mich im Namen des Herrn Doktors für die Unannehmlichkeiten der Anreise und des Umzugs entschuldigen. Wundern Sie sich bitte ab sofort über nichts mehr, so ungewöhnlich es Ihnen auch erscheinen möge. Sie werden am Ende ganz sicher angenehm überrascht sein. Öffnen Sie bitte jetzt den Umschlag und lesen sie sich die Unterlagen gut durch. Momentchen, ich mache Ihnen das Licht im Baldachin an.“

Im Umschlag finde ich eine rote Checkkarte aus Plastik und einen Text, der ungefähr die gleichen Entschuldigungen enthält, wie die, welche mir die junge Frau schon nahegebracht hatte, und danach eine Reihe von Dankschreiben allgemein bekannter Leute aus Politik, Film und Fernsehen, Modezaren, Szene-Fuzzies und sonstigen Jetset-Typen, die angeblich durch die hier angebotene Erlebnistherapie für alle Zeiten von ihren Problemen erlöst worden seien. Am Ende wurde noch erwähnt, dass ich nach der Aufnahme, während der Anamnese meines Leidens, noch die Möglichkeit habe, entweder die Therapie abzubrechen oder noch weitere Optionen nach Vereinbarung annehmen könne.

Über eventuelle Kosten finde ich keinerlei Angaben. Geld spielt keine Rolle? Nachtigall, ick hör dir trapsen!

Wir kommen wieder an der gleichen verfallenen Hütte an, wo ich schon heute am Vormittag gewesen war. Wo auch sonst?

Alles geht sehr schnell und einfach. Die junge Frau sagt: „Stecken Sie bitte ihre Karte in den linken Abstrich des „M“ und nennen Sie das Passwort.“

„Abstrich? Linker Abstrich? Welches „M“?, Welches Passwort?“

Sie zeigt auf das einzige M in dem Satz auf dem Werbeplakat:“ „Rieslings Weine von der Mosel – ein Genuss für Kenner!“ Es ist nur ein M darin.

„Ihr Passwort steht auf der Rückseite der Karte, wenn Sie die Silberschicht abrubbeln. Schreiben Sie bitte ihren vollständigen Namen darunter. Hier ist der Kugelschreiber.“

Da ist ja tatsächlich ein Schlitz! Den hatte ich heute Morgen noch für abgeblätterte Emaille gehalten. Raffiniert! Mein Passwort lautet: “Rotwein“.

Wenn die wüssten, wie nahe ich heute Morgen da schon dran war!

Ich stecke die Karte ein und sage das Passwort. Die Karte verschwindet im Schlitz

Die Tür öffnet sich. Ich blicke in einen langen zweischulterbreiten Gang, der aussieht, wie ein leerer Bergwerksstollen. Die Tür schließt sich pfuffend hinter mir.

Das Licht geht aus. Nur ganz weit vorn, am anderen Ende des Ganges, sehe ich ein schwaches blaues Licht, ansonsten ist es zappenduster, Auch die Eingangstür ist nicht mehr zu erkennen.

„Also los, Alexander Nachtmann, wieder einmal: Rein in den finsteren Bärenarsch!“

So richtig wohl ist mir überhaupt nicht. Ich bin unbewaffnet und habe nicht die geringste Ahnung, was mir hier bevorsteht. Ich taste mich vorsichtig mit nach links und rechts ausgestreckten Armen schrittweise auf das blaue Licht zu. Plötzlich raunt eine ganz tiefe weibliche Bassstimme:

" Komm, Alexander! Du bist auf dem Wege der Neugeburt in ein Leben der Liebe und der Freude. Fürchte dich nicht! Kommmmmm….!“

Im gleichen Moment haucht mich etwas von links an. Ich spüre körperliche Wärme und meine rechte Hand flutscht über die Schulter eines offensichtlich nackten weiblichen Wesens auf deren Brust, Die Brust ist spitz und fest. Ich schätze nach meiner geringen Erfahrung auf magere achtzehn bis zweiundzwanzig. Ich ertaste ihren Kopf, streiche ihr über das Haar und sage:

„Nee, lass mal Mädchen. So leicht ist Alexander Nachtmann nicht zu verführen. Da müssen schon Bäcker kommen und keine Semmeln.“

Ab sofort bin ich auf Ähnliches gefasst und gehe vorsichtig weiter. Diesmal steht etwas vor meinem linken Knie. Es ist ein nackter Frauenhintern. Sie muss gebückt stehen, denn meine Finger ertasten zwischen den Backen nackte haarige Schamlippen. Dem Geruch und der Konsistenz des  Hinterns nach muss es sich um eine Frau um die Vierzig handeln.

„Na, das ist doch mal ne Bäckerin! Heißer Ofen. Kommen Sie mal, Lieblichste, ich muss da irgendwie vorbei. Kannst du mir vielleicht einmal verraten, was der Blödsinn hier soll?“

Mit den Händen kann ich jetzt nachfühlen, dass sie sich aufrichtet und zu mir hin dreht. Ich lasse meine Hände sich über ihren Büsten ausrichten und packe fest zu. Tolle Titten!

„Na, das ist ja prächtig! Ich habe schon befürchtet, ihr hättet hier nur solch junges Gemüse, wo einem vom ständigen albernen Kichern die Ohren klingeln. Geht das jetzt so weiter?“

Sie sagt nichts. Sie verschwindet wieder in einer unsichtbaren Nische oder Tür. Es kommen noch zwei jüngere Dinger und dann eine wirkliche Wonnepackung von runden Kirmesbroten über dem breithüftigen Schmerbauch, an der ich weder links noch rechts vorbei kommen kann. Ich habe gar nicht gewusst, wie sich das im Dunklen anfühlt. Da ist ja richtig Leben drin. Besonders dann, wenn man sich mit ihr im Finsteren einen Ringkampf zu liefern hat.

Genau in dem Moment, wo ich mit ihr in gütliche Verhandlungen eintreten will, höre ich hinter ihr, in den Tiefen des Ganges, Hilfeschreie. Eine in äußerster Angst zu sein scheinende Frau ruft: „Nein! Nein, ich will nicht! Hilfeeee! Warum hilft mir denn Keiner?“ Dann hört es sich so an, als würde ihre Stimme von irgendetwas abgewürgt werden.

Als ich versuche, die Vollschlanke Dame mit aller Macht zur Seite zu schieben, da ist sie auf einmal verschwunden, wie die leichteste Waldfee aus lauer Sommerluft. Ich renne los, auf die würgende Stimme zu und halte die Fäuste nach vorn. Plötzlich geht das Licht an. Der Gang ist leer. Direkt vor mir ist eine angelehnte Tür.

Die weibliche Bassstimme sagt: „Willkommen Alexander. Schreite durch die Tür. Dann beginnen wir mit der Anamnese.“

Ich trete vorsichtig durch die Schiebetür, hinter welcher ich einen Vorhang aus schwarzen, dünnen Lederschnüren beiseiteschieben muss. Dahinter finde ich zwei große gebogene halbmondförmige Wülste, die mir den Weg versperren. Oben zwischen den Wülsten sehe ich so etwas, wie eine rosa Mönchskapuze mit einem runden Doppelglöckchen darin. Am Glöckchen hängt ein silberner Ring. Nichts passiert. „Läute das Glöckchen.“ Kommt wieder die Stimme. Ich läute. „Aaah!“ macht die Stimme. Die Lippenwülste öffnen sich zu einem großen runden Loch und ich komme in einen kurzen Gang, der rundherum mit rosafarbenen Wellenringen aus weichen Lederpolstern verkleidet ist. Die Wellenringe bewegen sich peristaltisch nach innen zu, so als wollten sie mich in sich einsaugen. „Billig“, Denke ich mir so im Stillen, „immer gleich auf die direkte Art.“

(wird evtl. fortgesetzt)


Kommentare

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Beobachter schrieb am 24.10.2018 um 10:19 Uhr

Nur begrenzt erotisch, aber von der Idee her sehr phantasievoll, außerdem kannst Du Dich sehr gut ausdrücken.

selena333 schrieb am 04.03.2024 um 22:25 Uhr

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