Tesoro


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27.12.2013
An– und Ausgezogen

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Mein Handy zeigt 8:30 Uhr, als ich Linas Nummer wähle. Es ist hell, die weißen Wände reflektieren das Licht, das durch das Fenster scheint. Der Mann neben mir schlummert friedlich. Drei Mal klingelt es, dann hebt sie ab.

 

„Gewonnen! Ein Italiener, dreimal Sex. Schreibtisch, Bett und Wohnungstür. Großer Schwanz, kann gut lecken, Fingern ist ok. Man kann mit ihm alles machen und seine Ausdauer ist beachtlich!“, sage ich betont arrogant. Ich blicke auf das Wesen zu meiner Rechten. Er schläft den Schlaf der Gerechten. Hat er sich verdient. Ich bin nicht einfach zu befriedigen.

 

„Tut mir leid, ich hab dich geschlagen“, bedauert sie. „Ein Spanier, viermal Sex. Auf dem Parkplatz, im Auto, im Treppenhaus und heute Morgen unter der Dusche. Sein Schwanz ist mittelgroß, er sabbert etwas, aber was er mit seinen Fingern anstellt ... Er steht übrigens grade in der Küche und bereitet Frühstück zu. Ich glaube, er ist schon wieder geil! Ich muss auflegen! Wir reden später?“, flötet sie.

 

„Ja, natürlich.“, erwidere ich niedergeschlagen. „Bis bald!“ Dann drücke ich den roten Hörer und lege das Telefon auf den Nachttisch. So ein Mist! Ohne Zweifel, die Nacht war grandios, aber der Gedanke, mit Lina und ihrem besten Freund auf ein Konzert des Radeberger Blockflötenorchesters zu gehen, vertreibt sämtlichen Genuss. Wie konnte ich mich nur darauf einlassen?

 

Es war ein gemütlicher Freitagabend. Lina und ich saßen bei Sekt und Snacks in meinem Wohnzimmer und machten uns für die Erasmusparty schick. Nachdem uns deutsche Typen zu oft das Herz gebrochen hatten und wir nach 3 Monaten ohne gute Dates mal wieder feuchte Höschen statt feuchter Träume haben wollten, versuchten wir es auf einer Feierlichkeit mit vorwiegend ausländischen Studenten. Ich wählte gerade die passende Unterwäsche aus, als mich Lina fragte:

 

„Was hältst du davon“, sie schob sich ein Stück Möhre in den Mund, „wenn wir eine kleine Wette abschließen?“

 

„Eine Wette?“, antwortete ich und legte den roten Blümchen-BH zurück in die Schublade.

 

„Ja, wer den besseren Kerl abschleppt.“, erklärte sie. „Die Verliererin muss der Gewinnerin einen Gefallen tun.“

 

Ich überlegte. Zu verlieren hatten wir nichts. Dass wir nicht mit JEDEM ins Bett wollten, nur, weil er Komplimente säuselte, war klar. Und da auf einer Party ohnehin alle gleich gut aussahen und dasselbe wollten, hatte keine von uns einen Vorteil.

 

„In Ordnung!“, erwiderte ich. „Was ist dein Einsatz?“ Nackt stand ich vor meiner besten Freundin und kramte in der Schublade.

 

„Wenn du verlierst, musst du mit mir zu diesem Blockflöten-Konzert gehen!“, sagte sie angriffslustig.

 

„Wie bitte? Ich soll mir freiwillig Oma-Musik reinziehen?“, rief ich empört und verfluchte IKEA für seine scheiß-geräumigen Möbel.

 

„Ich kann doch nichts dafür! Adrians Mutter spielt in dem Orchester. Denkst du, ihm gefällt es, dass er dorthin muss?“, fragte sie.

 

„Nein. Du hast ja recht ...“, antwortete ich und zog einen BH heraus, der mehr aus Strippen als aus Stoff bestand. „Aber wenn ich gewinne, musst du meinen Cousin daten. Tim schwärmt in den höchsten Tönen von dir, seit er dein Profilbild gesehen hat.“

 

„Und du hast nicht versucht, ihm das auszureden?“, sie sah mich verzweifelt an. Mit dem Selleriestick im Mund sah das sehr lustig aus.

 

„Hast du schon mal versucht, einem jungfräulichen Informatiker was auszureden? Außerdem ist er wirklich nett. Nur ein bisschen verzweifelt.“, lachte ich. Frustriert wuschelte ich durch mein Haar und blickte in den Spiegel. Meine Falten wurden vom vielen Grübeln auch nicht besser.

 

„In Ordnung.“, gab sie schließlich auf. „Damit steht unsere Wette!“

 

Lina goss den Rest der Sektflasche in unsere Gläser und hielt mir eines hin. Ich setzte mich vor sie und sah ihr tief in die Augen.

 

„Auf einen gelungenen Abend!“, prostete ich ihr zu.

 

„Auf einen poppigen Abend!“, korrigierte sie. „Haben wir genug Kondome dabei?“

 

„Ich schon, du auch?“, grinste ich.

 

„Ich hab ja dich!“, ergänzte sie und krabbelte auf den Haufen zu. Zielsicher griff sie hinein und zog zwei schwarze Teile hervor. „Und jetzt nimm den BH mit dem Spitzenbesatz. Du bist zwar kein Gänseblümchen, aber auch keine Nutte!“

 

Ich tat, wie mir geheißen, schlüpfte in das Kleine Schwarze mit der freien Schulter und legte den pinken Neongürtel um. Eine halbe Stunde später war der rote Lippenstift aufgelegt und meine Haare glatt gekämmt, die High-Heels mit Ballen-Pads versehen und die Handtasche gepackt. Lina sah mit ihrem schwarzen Mini, den grünen Pumps und dem pinken Top mit tiefem Rückenausschnitt aus wie meine Schwester – nur eine Spur heißer. Schneeweißchen und Rosenrot reloaded!

 

Am Eingang folgte die erste Ernüchterung: Wir waren nicht die Einzigen, die auf die Idee kamen, eine groß angekündigte Party zu besuchen – die Schlange war riesig. Um uns herum halbwegs süße Typen, die in großen Cliquen eingebunden waren und sich die Zeit mit Quatschen, Rauchen und Schweigen vertrieben. Endlich waren wir an der Reihe und ließen unsere schönen Handgelenke von unansehnlichen Stempeln verzieren, die nur mit reinem Alkohol wieder verschwinden würden.

 

Im Club war es laut. Die Musik dröhnte und ich verfluchte mich, weil ich meine Ohrenstöpsel vergessen hatte. Im Schein der flackernden Lichter war der Weg durch das Getümmel schlimmer als eine Wanderung im Gebirge. Nachdem wir uns zur Bar durchgekämpft hatten, suchten wir die Getränkekarte. Schließlich fanden wir das laminierte Etwas in einer Pfütze undefinierbaren Alkohols auf einem Hocker. Ein kurzes Intermezzo mit in schicken Namen gekleideten Standardcocktails später entschieden wir uns für zwei simple Rum-Cola und überblickten das Geschehen.

 

Neben uns standen ein paar bärtigen Typen, Kategorie „Kuschelbär“, und versuchten der Bedienung zu erklären, dass sie kein Deutsch sprachen. An der Wand eine kleine Gruppe Maschinenbauer mit Brille und Karohemd. Vor uns eine Masse hübscher Mädchen, die auf dem Weg zur Getränkestation noch ein paar Bekannte getroffen hatten. Hinten eine wippende Menge Menschen im Neonlicht. Dunkle Geschöpfe, die mit dem Kopf nickten oder zum Klang elektronischer Ergüsse hin und her torkelten. Dazwischen Schönheiten, die pseudo-sexy ihre Haare schwangen und auf ihren High-Heels nur zu binnenkörperlichen Bewegungen fähig waren.

 

Lina und ich sahen uns an und verließen unsere sicheren Plätze, in der Hoffnung, auf der Tanzfläche zu finden, wonach wir suchten. Minutenlang irrten wir durch trockene und durchgeschwitzte Shirts, vorbei an Kerlen, die unser „Sorry“ verstanden und solche, die uns nicht beachteten. Unauffällig streckte ich meine Hand aus und fühlte Stoffe und Ärsche. Das war zwar wie mittelmäßiger Cyber Sex, aber immerhin etwas. Schließlich kamen wir mit halb leeren Bechern an. Und konnten zumindest atmen. Offensichtlich hatte der Großteil der Gäste bei der Wahl zwischen Pest (schlechter DJ) und Cholera (Gedränge an der Bar) Letzteres gewählt. Auf dem Podest in der Mitte alberten drei Girlies rum, versuchten cool zu tanzen und schossen Bilder für die Facebook-Chronik. Etwas abseits zeigte eine Südländerin, wie man seine Kurven richtig bewegte, und genoss die Aufmerksamkeit. Ein paar Jungs grölten unverständliche Sätze, vermutlich, dass sie endlich alt genug waren, um sich zu betrinken. Hoffentlich fanden sie später den Weg nach Hause. Neben uns tanzten ein paar Typen fröhlich zum Beat. Wenigstens ihnen gefiel die Musik.

 

„Ok, machen wir das Beste draus!“, brüllte mir Lina ins Ohr und packte mich am Handgelenk. Ich erwiderte ihre Geste, indem ich meine Hand um ihre Taille legte und sie an mich zog.

 

„Es ist noch zu früh für Zärtlichkeiten!“, hauchte sie hörbar und blickte auf die Männer hinter mir.

 

„Es ist nie zu früh für zwei heiße Frauen, die sich scharf finden!“, erklärte ich und sah sie an, als würde ich sie verschlingen. Der Schauspielkurs hatte sich gelohnt. Der Gedanke an meinen letzten Freund tat sein Übriges.

 

Dann lösten wir uns voneinander und bewegten uns miteinander, ohneeinander, vor- und hintereinander zur Musik. Die Songs wurden besser, die Stimmung auch, und bald sah ich Lina mit einem Typen aus dem arabischen Raum reden. Sie lächelte und zog den Saum ihres Rockes etwas höher. Er gefiel ihr.

 

„Hello!“, tippte mich jemand von hinten an. Es klang osteuropäisch und wirkt abgehackt.

 

Ich drehte mich um und blickte in zwei braune Augen inmitten eines kahlen Kopfes.

 

„Hi!“, erwiderte ich.

 

„Hw a you?“, rief er durch die Menge. Ich verstand nicht.

 

„What?“

 

„Ho ar you?“, versuchte er es noch mal. Doch die Musik verschluckte seine Worte. Ich malte mit den Lippen Fragezeichen.

 

„How are you?“, fragte er zum dritten Mal und endlich kapierte ich.

 

„I’m fine, thanks! And you?“, ständig so laut zu reden ging mir auf den Keks.

 

„I am from Poland!“, erklärte er.

 

„Ah!“, sagte ich lächelnd.

 

„And you?“, wollte er wissen. Es war wirklich schwer, ihn zu verstehen.

 

„Germany!“, antwortete ich. Trotz des Rums in meinem Getränk stellte ich ernüchternd fest, dass ich mehr Alkohol brauchte. Oder irgendwas, was danach aussah.

 

„Germany is good!“, freute er sich. Ja, Deutschland war geil. Wir konnten uns deprimierende Bild-Schlagzeilen, betrunkene Bischöfinnen und Secondhand-Läden für Designer-Klamotten leisten.

 

„I have to go!“, erklärte ich und deutet auf meinen Becher. Ich wollte Lina Bescheid sagen, aber sie war nicht zu finden. Also flüchtete ich zur Bar und bestellte eine Apfelschorle.

 

„Hey, Belle! Wie geht‘s dir?“, ein Mann mit hellblauem Hemd strahlte mich an. Raiko. Der Typ, mit dem ich mal auf einer Party rumgemacht hatte. Wir hatten ausgiebig geflirtet, aber seine Art, meine Brüste anzufassen, war nicht optimal gewesen. Er hätte sie fast zerquetscht. Ein paar Stunden nach meiner Abfuhr hatte ich ihn mit einer Brünetten rumknutschen sehen. Er war also doch noch zum Schuss gekommen! Ich hatte ihm dieses Erfolgserlebnis gegönnt. Seit diesem Abend begegneten wir uns immer wieder und meistens war er nur schwer erträglich. Sobald Raiko getrunken hatte und/oder sich unsicher fühlte, ließ er den arroganten Lebemann raushängen, und blendete damit alle verzweifelten Mädchen. Ich hatte ihn durchschaut.

 

„Danke, mir geht es gut!“, lächelte ich zurück. „Ich warte auf meine Apfelschorle!“

 

„Yeah, das is total cool! Mein Bier ist auch schon fast alle! Wollen wir danach eine rauchen gehen?“, fragte er fröhlich.

 

Ich rauchte eigentlich nicht, ertrug aber die Leute mit den Tabak-Tanks ganz gut. Und frische Luft war nachts noch besser. Vielleicht konnte ich Raiko davon abhalten, sich nicht völlig abzuschießen.

 

Gemütlich schlenderten wir nach draußen und suchten uns eine ruhige Ecke auf der Wiese.

 

„Du siehst echt gut aus!“, sagte Raiko und betrachtete mich ausgiebig.

 

„Natürlich!“, grinste ich. „Warum geht man denn sonst auf eine Party? Wenn ich die Welt retten will, gehe ich in ein Labor.“

 

„Oder in die Politik.“, korrigierte er und zündete sich seine Zigarette an.

 

„Ich rede von ‚retten‘, nicht ‚zerstören‘!“, erwiderte ich. „Du siehst aber auch nicht schlecht aus“, ich fasste an seinen Kragen und untersuchte ihn, „aber scheinbar hat dich noch keine rangelassen.“

 

„Guter Wein muss reifen, das weißt du doch!“, gab er zurück.

 

„Stimmt, und auch ein Abend muss reifen. Je später, desto besser!“, sagte ich ironisch.

 

„Wenn du als letzte übrig bleibst, könnte das was werden.“, lächelte er. Seine Augen waren nicht schlecht, stellte ich fest, aber seine Hände wollte ich nicht noch mal auf mir haben. Andererseits kannte ich den Rest nicht ...

 

„Danke, aber das Aufräumen überlasse ich den Putzfrauen!“, erklärte ich lässig.

 

„Willst du bei mir putzen?“, fragte er.

 

Ich knuffte ihn in den Bauch, sodass er sich verschluckte. Das war Antwort genug.

 

Im Laufe der folgenden drei Zigaretten unterhielten wir uns über die Uni, meine Arbeit und das Wetter. Raiko war ein gutes Stück an seiner Bachelor-Arbeit vorangekommen und kannte jede Zellkultur beim Namen. Wenn alles gut ging, würde er bald Zellen züchten können, die Insulin produzierten. Meinen Azubis ging es auch gut. Vor ein paar Wochen, als sie in die Firma gekommen waren, hatte es noch viele Schwierigkeiten gegeben, mittlerweile hatten sie sich gut eingelebt und auch ihre Schulnoten waren super. Aus ihnen würden gute Verkäuferinnen werden!

 

Als wir wieder reingingen, fühlte ich mich frischer und bereit, einen zweiten Versuch zu wagen!

 

Ich verabschiedete mich von Raiko und trat auf die Tanzfläche. Während ich mich der Musik hingab, den Rhythmus fühlte und den Inhalt nachtanzte, soweit ich ihn verstehen konnte, hielt ich Ausschau nach geeigneten Kandidaten. Eine Gruppe Spanier weckte mein Interesse. Sie bewegten sich wenig, wirkten aber locker und gelöst. Einer von ihnen hatte ein langes Gesicht und schöne Zähne, ein anderer einen runden Kopf und dunklere Haut, der dritte war der klassische Nerd mit Brille und strubbligen Haaren.

 

„Hello!“, sagte ich freudig.

 

„Hey, how are you?“, fragte der Mann mit dem dunklen Teint. Seine blauen Augen kitzelten mich.

 

„I’m fine thanks. You are from Spain, aren’t you?“, stellte ich fest. Ein verstecktes Kompliment kommt immer gut an!

 

„Yeah! How do you know?”, wollte er wissen.

 

„You look like the typical guys from Spain”, witzelte ich. War das schon Rassismus? Er lächelte zurück.

 

„I am Marco, and these are Juan”, der Typ mit den schönen Zähnen reichte mir die Hand, „and Gustavo”, der Nerd verzichtete auf einen Gruß.

 

„Cool, I’m Belle!“, erklärte ich.

 

„Like Isabelle!“, die drei freuten sich.

 

„Yeah! What are you doing here?“, fragte ich.

 

Sie studierten. Marco und Juan machten ihren Doktor in Biochemie und beschäftigten sich mit der Weitergabe von Stoffen in einer Zelle. Gustavo war in der Informatik tätig und entwickelte ein Programm zur Darstellung bestimmter Moleküle. Klang sehr interessant!

 

Wir plauderten eine Weile angeregt über Deutschland, Spanien und die Unterschiede zwischen Männern und Frauen. Nette Menschen, die irgendwann auf eine andere Gruppe Spanier trafen und nur noch spanisch redeten. Dass ich mich verabschiedete, bemerkten sie nur am Rande. Ich schlenderte durch den Club, vorbei an Sofas, auf denen Pärchen knutschend saßen. Mittlerweile war es leerer geworden. Die Bedienung sah erschöpft aus und bekam sogar ein bisschen Trinkgeld von mir. Meinen Jägermeister in der Hand saß ich da und genoss das Aroma. Egal, wie schlimm das Leben ist, schon ein Tröpfchen Kräuteressenz, verstärkt durch hochprozentigen Alkohol, lässt einen alles vergessen! Ich hätte mich auf die Bar legen, die Lichter an der Decke beobachten und einfach trinken können. Bis zum Morgengrauen. Ging nur nicht.

 

„Eh ... Sorry ... What are you drinking?”, ein Mann mit dunklem Teint sprach mich von der Seite an. Buschige Augenbrauen. Volle Lippen. Große, kurze Locken.

 

„Jägermeister“, antwortete ich. Er sah mich fragend an. Viele Dinge sind auch außerhalb der Republik bekannt. Bier, Weißwurst, Waldsterben. Der Kräuterlikör mit dem Hirsch im Logo leider nicht.

 

„It is ...“, ich überlegte. Warum waren meinen Englisch-Lehrern Zeitformen wichtiger als das Wort für ‚Kräuter‘ gewesen? „Something with herbes. A little bitter, but very tasty!“

 

„Is it good?“, fragte er. Südländischer Akzent.

 

„Yeah!”, erwiderte ich. „Would you like to taste one?”

 

Er nickte und ich bestellte ihm einen Shot. 2,50 EUR für ein deutsches Qualitätsprodukt!

 

Der Mann probierte und war tatsächlich angetan. Aim achieved! Ich lächelte, klopfte ihm auf die Schulter und verabschiedete mich. Ich hatte schon so viel geredet, die Tanzfläche rief!

 

Da nur noch wenige Leute da waren, hatte ich freie Bahn und gab mich komischen Bewegungen, flirrenden Gedanken und wummerndem Dubstep hin. Während ich mit den Armen wedelte, zog die Galerie der Ex-Freunde an mir vorbei und verwandelte sich in einen Strudel der Emotion, der mich mitriss und mir eines offenbarte: Sie hatten mich alle betrogen, schlecht behandelt und waren keine der Tränen wert gewesen, die ich ihnen nachgeweint hatte. Aber sie hatten mich stärker gemacht. Jeder hatte mir etwas beigebracht und ich war vorangeschritten. Ohne sie wäre ich immer noch eine graue Maus und keine Catwoman! Ich war geil. Verdammt geil! Zwischendurch erhielt ich eine SMS von Lina mit einer Adresse, die nicht ihre war. Sie war also erfolgreich gewesen. Ich fehlte noch. Aber das war egal. Tanzen ist besser als Sex!

 

Ich tauschte noch ein paar Worte mit den Übriggebliebenen, ein Potpourri aus Europäern, Chinesen und Amerikanern. Nette Menschen, die viel zu erzählen hatten, aber ein potenzieller Paarungspartner war nicht dabei. Raiko sah ich irgendwann mit einer Blondine nach draußen gehen. Egal. Es war ein guter Abend.

 

Doch alles hat ein Ende. Und so schlossen sich auch für mich die Tore. Ich kippte einen Grapefruit-Saft runter, holte meine Tasche aus der Garderobe und ging nach draußen. Erst jetzt, als mir eine Mischung aus Nacht, Natur und Abgasen entgegenwehte, wurde mir klar, wie stickig es dort unten war.

 

Ich setzte mich auf die Treppe und beobachtete die Sterne. Alle redeten vom Licht-Smog der Großstadt. Wir waren am Rande der Innenstadt und der Himmel war klar. Die Verwaltung wusste, wie man Sehenswürdigkeiten richtig anleuchtete! Ich hatte keine Ahnung von Sternen, aber sie zu betrachten, ihre Helligkeiten zu unterscheiden und einfach das Blau des Himmels zu genießen, war wundervoll! Ich musste aufpassen, dass ich nicht einschlief.

 

 „Excuse me?“, der Akzent von der Bar. „How do I get to ... Hauptbahnhof?“

 

Ich sah nach oben. Sein Gesicht wirkte abgekämpft und etwas schweißig. Seine Augen müde.  Entweder hatte er den Alkohol nicht vertragen oder sich in einer stillen Ecke ausgetobt. Vielleicht erschöpften ihn auch nur die vielen Eindrücke.

 

Der Höflichkeit wegen stellte ich mich hin, und doch war ich nicht auf Augenhöhe – er war etwas kleiner als ich. Eine große Kunst!

 

„Would you go by tram, car or would you walk?“, fragte ich routiniert.

 

„I have a car!”, erwiderte er, immer noch verwirrt.

 

„But you shouldn’t drive.“, ergänzte ich nett.

 

„You’re right.”, sagte er. Die Promillegrenze hatte er schon mal verinnerlicht. Ausländische Studenten kennen unsere Gesetze besser als wir – ich bewundere sie dafür. Sie kämpfen sich, ohne zu murren, durch einen Berg aus Formularen, während wir schon überfordert sind, wenn wir eine Dauerkarte für die Bahn bestellen wollen.

 

„Do you have a ticket?“, wollte ich wissen. Er schüttelte den Kopf:

 

„Not yet. The semester starts in 2 weeks.” Wäre auch ein Wunder gewesen, wenn die Verkehrsbetriebe ein bisschen Entgegenkommen gezeigt hätten!

 

Ich überlegte. Der Bahnhof war nicht weit, und man kam an schönen Gebäuden vorbei. Wenn ich wieder zuhause war, hätte sich der Alkohol so weit verflüchtigt, dass ich ein Glas Wasser trinken und schlafen gehen konnte. Die milde Sommerluft tat ihr Übriges.

 

„Shall I take you there? It’s 20 min walking“, schlug ich vor. Er trug ein weißes Hemd mit blauen Streifen und Flecken unter den Armen.

 

„You don’t have to. Just tell me where to go.“, winkte er ab.

 

„I tell you to come with me!”, witzelte ich und ging eine Stufe nach unten. Er zögerte.

 

„Come on!“, lächelte ich. „I really don’t mind!“

 

Er blickte mich hilflos an, trat dann aber zu mir.

 

„Ok?“, fragte ich noch mal.

 

„Yeah!“, bestätigte er.

 

„Well, we will go straight and straight and when we see the trains, we have to turn right.“

 

Er nickte. Und lief tatsächlich neben mir her. Ich bemühte mich, nicht zu schnell zu laufen, aber er konnte mithalten.

 

„What is your name?“, fragte ich, als wir an einer Ampel warten mussten.

 

„Roberto“, antwortete er.

 

„Oh, that’s cool! There is a German singer with the same name. Horrible music, but quite interesting!“, bemerkte ich freudig. Ein bisschen Spaß muss sein…

 

„Really?“, sein R war rollend, aber nicht spanisch. „I just know Rammstein and The Ärzte“

 

„Everyone knows them”, lachte ich. „But we have much better music. Less hard, more emotional, kind of sad. We like sitting at rocks, self-pitying” Die Ampel wurde grün.

 

„We like amore. Always amore!”, grinste er. Rätsel gelöst.

 

„You’re from Italy, aren’t you?“, stellte ich fest, während wir die Allee am Rande des Stadtparks erreichten.

 

„Yeah, Milano. How do you know?“, er war überrascht.

 

„There’s a German singer, singing Italian. He was quite famous for a little while. His first song was ‘Amore per sempre’ which means ‘Love is everything’. Am I right?”

 

„’Love forever’”, korrigierte er.

 

„Cool. So romantic”, ich konnte mir ein leichtes Kichern nicht verkneifen. Kitsch war peinlich.

 

„Yeah, romantic“, wiederholte er und blickte nach vorn.

 

„What about Milano? I just know, that it is famous for fashion“, erklärte ich.

 

„Milano is a beautiful town. Amazing buildings, awesome churches. But in the last few years, they built a lot of skyscrapers.”, sagte er.

 

„Oh.”, bemerkte ich.

 

„But the Natural History Museum is quite famous. It is the biggest in Italy. There are a lot of bones of dinosaurs!”

 

Ich stellte mir den kleinen Roberto unter dem Riesenskelett eines Tyrannosaurus Rex vor – beängstigend. Man wollte ihm über den Kopf streicheln und wegziehen, sonst hätte ihn dieses Wesen aufgefressen oder einfach plattgetreten.

 

„That sounds really cool!“, sagte ich voller Ehrfurcht.

 

„Yes, it is!“, bestätigte er.

 

„And why did you leave?“, fragte ich.

 

Roberto blieb abrupt stehen, während ich weiterlief. Wir befanden uns am Ende des Parks unter einer Straßenlaterne.

 

„The politics“, sagte er, und seine Augen glühten im Licht der Birne.

 

„Pardon?“, ich war verblüfft.

 

„The economic crisis. Corruption, unemployment. When we finished studying, we will be paid as normal workers. Even if we do PhD. Education doesn’t count. IF we get a job. Germany is a good alternative.“, das Feuer in seinen Augen sagte mehr, als die Worte zu vermitteln wagten.

 

Wir hatten es uns auf unserem Stühlchen wirklich gemütlich gemacht. Mit Schröder waren die ewigen Schlagzeilen über die Arbeitslosigkeit verschwunden, oder wir hatten uns einfach daran gewöhnt. Das Gemeckere über Hartz IV hatte sich von den Titelseiten zuerst ins Privatfernsehen und schließlich in die Haushalte geschlichen, in denen es sein tödliches Unheil verbreitete, ohne Chance auf Heilung. Wie ein Virus, den man nicht wahrnimmt, solange sich keine Symptome zeigen. Was bei uns für’s Mittagsfernsehen taugte, war in anderen Ländern normal – Gewalt gegen andere. Der Sieg des Stärkeren. Gebannt blickten wir auf die Generalstreiks in anderen Ländern und wunderten uns über die Montagsdemonstranten auf der Einkaufsstraße. Es war Zeit, sich an den Errungenschaften der verhassten Regierungen zu erfreuen und mit dem Finger auf die anderen zu zeigen. Wer sein Taschengeld für Heuschrecken ausgibt, ist selber schuld.

 

Mit einem Mal hasste ich mich selbst. Einerseits waren wir die Fieslinge, die die anderen auslachten, ihnen Hilfe versagten. Andererseits waren wir die Heilsbringer, denn bei uns war noch alles in Ordnung. Die EU zeigte, wozu sie fähig war. Und all diese großen Dinge, für die ich nichts konnte, rechnete ich auf mich herunter. Was nützte uns die Schönheit, wenn Menschen ihre Heimat verlassen mussten, in der Hoffnung, woanders ein besseres Leben zu haben?

 

„How long will you stay?“, fragte ich niedergeschlagen.

 

„At least two years. After doing my PhD, I will try to find a job here“, erklärte er.

 

„Ok. Was it hard to leave?”

 

„Of course, it is. But my parents understood. They want me to have a better life. Some of my friends don’t. They call me a coward, because I am leaving the country that raised me. But I will come back someday. It is much easier if you know why you leave.”, sein Blick wurde melancholisch.

 

„I can’t image leaving. I love my family.”, ich beneidete ihn um seinen Mut.

 

„You don’t have to. You live in a beautiful city. You have everything, that is necessary. Don’t worry!”, vorsichtig legte er mir die Hand auf die Schulter und sah mich freudig an. Die Flammen in seinen Augen waren verschwunden, stattdessen strahlten sie warmes Licht aus.

 

„I didn’t know. I’m sorry.“, ich schämte mich und wäre am liebsten im Boden versunken. Wann hörte ich auf so naiv zu sein?

 

„Calm down, girl! I have a great job here, better than the university in Italy could offer. I get to know a lot of people. Like you.“, er lächelte. Seine Zähne waren nicht perfekt, aber sein Lächeln war süß.

 

„We didn’t even talk. You told me and I vomitted question marks.“, sagte ich bitter.

 

„You showed me a park. And you will show me the way to wonderland. Or the train station.”, Roberto grinste und wies nach vorn. „The end of the street, the end of sadness”

 

Ich musste lachen. Woher nahm der Mann diesen Humor? Musste man wirklich so tief sinken, um wieder aufzustehen?

 

„That’s how Italians try to flirt?“, fragte ich und verzog scherzhaft das Gesicht.

 

„No“, gab er zurück. „Normally, we kidnap them, riding a moped, driving through the city, kissing under fountains, swearing everlasting love, fucking them under trees”, seine Stimme war so kalt, dass sie meine Melancholie vollends zum Schmelzen brachte.

 

„But there is no fountain.”, stellte ich fest.

 

„And I have no moped.”, er hob die Hände.

 

„But there are trees”, fiel mir auf.

 

“So…”, er sah mich mit seinen braunen Kulleraugen und den buschigen Augenbrauen an.

 

„Would you like to fuck me under one of these trees?“,  erwiderte ich seinen Blick süffisant und kam seinem Gesicht gefährlich nahe.

 

„May I?“, hauchte er.

 

„No.“, bedauerte ich eiskalt, „These are oaks and maples. No apple tress. Not even a lemon tree!”

 

„Oh, that’s a pitty.”, stimmte er zu.

 

„Yeah. What shall we do instead?“, ich legte meinen Finger an das Kinn und ließ meinen Kopf rauchen.

 

„I have an idea.“, er wirkte, als wollte er mit mir um den Preis eines Pullis feilschen, „I got a bottle of really tasty redwine, some olives and parmigiano. Would you like to come with me to enjoy this real Italian stuff?“

 

Ich tat, als ob ich überlegte, obwohl meine Entscheidung feststand. Ich mochte zwar keine Oliven, aber Käse. Rotwein war zwar nicht so gut wie Jägermeister, ich ertrug ihn aber in der richtigen Gesellschaft. Roberto gehörte dazu.

 

„Well ... you have to promise to marry me.“, erklärte ich nachdenklich und genoss seine großen Augen. „Otherwise I will take the cheese and run away. But I will take care of it! I will call it ‘Yellow’, showing him the town and teaching him math and German!”

 

„Deal!”, er hielt mir seine offene Hand hin.

 

„Deal!“, bescheinigte ich.

 

„So, let’s go! I’m really hungry!“, sagte Roberto und packte sanft mein Handgelenk.

 

„Where do you live?“, wollte ich wissen.

 

„Near the train station. The huge buildings at Friedensstraße!“, erklärte er. Studentenwohnheim. War meistens so verkommen, dass man es einfach lieben musste.

 

„Ok!“, rief ich.

 

Während unseres zehnminütigen Marsches malte mir Roberto eine Karte Mailands auf und ich erklärte ihm, wo man gut feiern konnte. Die ganze Zeit hielt er mein Gelenk locker in seiner Hand.

 

Das Studentenwohnheim war schöner, als ich gedacht hatte – Roberto hatte sich das Einzige ausgesucht, das sich in einem alten Gebäude befand. Der Boden quietschte unter unseren Füßen, als wir durch die Gänge liefen, und von den Wänden bröckelte der Putz, aber es roch nach Museum.

 

An Robertos Tür klebte eine italienische Fahne. Er versuchte, die Tür aufzuschließen, aber sie klemmte. Verlegen lächelte er mich an und ich lächelte zurück. Vorführeffekt. Schließlich stemmte er das Ding auf und flog fast gegen die Wand.

 

„Should I take off my shoes?“, wollte ich wissen und betrachtete die Joggingschuhe auf der Plastik-Ablage.

 

„You can, but then you have go barefoot“, erwiderte er, während er seine Tasche abstellte und geradeaus zum Regal am Fenster ging. Gekonnt griff er nach einem Glas Oliven und der Flasche mit dem Wein, nach dem Parmesan musste er suchen. Der Laib lag vor meiner Nase.

 

„Doesn’t matter. I like walking barefoot“, erklärte ich und reichte ihm den Käse.

 

„I have to go to the kitchen to get a plate.“, sagte Roberto und trat aus der Tür. Ein paar Meter weiter hörte ich ihn kramen. Der Teller klirrte, als er ihn aus dem Schrank nahm. Danach das Scheppern der Gläser. Zum Schluss ein Stöhnen, weil der Käse nicht so einfach zu schneiden war, wie Mann es gerne wollte. Als Frau konnte man erwarten, dass Männer Muskeln in den Armen hatten. Aber gegen ein Stück Käse war selbst der Terminator machtlos.

 

Als Roberto nach ein paar Minuten wieder kam, stand ich immer noch an Ort und Stelle. Ich dringe nicht gern in das Leben fremder Leute ein.

 

„Come on!“, lächelte er und deutete auf einen Stuhl. Ich folgte seinem Finger und ging an der Wand entlang. Rechts eröffnete sich ein weitläufiges Zimmer mit einem Bett und zwei Schränken an der Wand sowie einem Tisch mit zwei Stühlen an der Fensterfront. Weiße Gardinen machten alles heimelig.

 

Roberto stellte den Teller auf den Holztisch und legte ein paar Oliven auf.  Um sie herum drapierte er Würfel aus Käse. Als ich mich setzte, goss er Wein ein. Das Getränk roch aromatisch, erstaunlich fruchtig und erinnerte an die Sonne.

 

„Buon appetito!“, sagte Roberto und reichte mir die Gabel. „Hope you like it.“

 

‚Mögen‘ war angesichts des Parmesan-Wein-Gemischs, das sich kurze Zeit später in meinem Magen tummelte, leicht untertrieben. Der Käse war göttlich. Da er noch nicht so alt war, hatte er neben dem milden Aroma auch etwas Säure – die perfekte Kombination. Ihn mit dem Wein nicht hinunter zu spülen, sondern ihm einen würdevollen Abgang zu ermöglichen, war die Krönung. Essen ist nicht besser als Sex, Essen IST Sex. Ich verlor mich im Rausch der Käsebröckchen und Weintröpfchen, der Alkohol tat sein Übriges. Vor meinen Augen tanzten bordeaux-farbene Flecken mit gelben zu einer Symphonie der Glückseligkeit und ich nahm nichts mehr wahr als den Geschmack des Zweierlei.

 

„Bella? Bella!“, rief er plötzlich. Doch ich nahm seine Worte nur schemenhaft wahr. Erst, als er mir auf die Hand klopfte, blickte ich auf.

 

„Was?“, fragte ich erstaunt.

 

„I have to confess.“, er wirkte etwas betreten. „Ich habe in der Universität Deutsch gelernt. Wir können also auch Deutsch reden.“

 

Mir fiel fast das nächste Käsestückchen aus dem Mund.

 

„Warum reden wir dann Englisch?“, fragte ich angesäuert.

 

„Weil ich mich wohler fühle damit. Im Institut reden alle Englisch, und in Deutsch mache ich zu viele Fehler.“, bemerkte er schuldbewusst.

 

Sofort schaltete ich von Genuss auf Erasmus und das bedeutete: Langsam reden, nicht zu lange Sätze bilden und emotionale Ausbrüche vermeiden.

 

„Das ist in Ordnung. Ginge mir vermutlich genauso, wenn ich an deiner Stelle wäre.“, sagte ich nett.

 

„Du hast mir noch nicht gesagt, was du studierst!“, der Wechsel in meine Muttersprache hatte ein paar Grenzen geöffnet, die Gedanken flossen besser.

 

„Ich arbeite am MPI und forsche an Nanoteilchen“, erklärte Roberto. Das war krass. Das Max-Planck-Institut für Nanotechnologie hatte erst vor 3 Jahren einen schicken Glasbau mit der neusten Technik bekommen. 40 Millionen hatte er gekostet. In der Zeitung waren damals Menschen mit Atemmasken zu sehen, die konzentriert in Petrischalen blickten. Roberto sah nicht aus wie jemand, der eine Atemmaske brauchte.

 

„Das klingt sehr interessant!“, rief ich aus.

 

„Was machst du? Studierst du auch?“, wollte er im Gegenzug wissen.

 

„Nein, ich arbeite in der Personalabteilung eines Energiekonzerns. Ich assistiere der Ausbilderin“, erzählte ich.

 

„Das klingt ebenfalls sehr interessant“, er lächelte.

 

„Ist es auch. Man muss auf viele Menschen aufpassen“, ein Grinsen umspielte meine Lippen. Wie die Frischlinge durch die Gegend tapsten und Fehler machten, war nicht immer schön, aber niedlich. Und wenn sie alle groß geworden waren und die Prüfung bestanden hatten, war man stolz auf sie und auf sich. Ich hatte mich gefunden.

 

„Wie lange bist du schon in Deutschland?“, fragte ich.

 

„Seit 3 Monaten“, antwortete er und nahm einen Käsewürfel. Den letzten Käsewürfel! „Ich war im Bachelor schon für ein halbes Jahr in Hamburg, aber der Master hier ist besser.“

 

Ich griff nach seinem Handgelenk und sah ihm tief in die Augen: „Das sagen viele.“

 

Da er nicht daran dachte, loszulassen, fügte ich hinzu: „Entweder du gibst mir diesen Würfel oder schneidest neuen Käse auf!“

 

Roberto überlegte eine Weile, ohne den Blick abzuwenden. Wurde aus unserem gemütlichen Gespräch ein Psychokrieg?

 

Schließlich sagte er grinsend: „Dann holt ihn dir!“ In diesem Moment ließ er das Stück fallen, hob es mit der anderen Hand auf – und hielt es mir vor die Lippen. Ich sollte ihm aus der Hand fressen?

 

Zögernd starrte ich auf den Würfel. Meine Erregung wuchs. Und mit ihr der Skrupel. Natürlich, ich war hergekommen, um ihn flachzulegen, schließlich lief die Wette mit Lina noch – und ich war im Rückstand. Aber wollte ich so ein nettes Wesen eiskalt ausnutzen? Andererseits waren drei Monate ohne Sex eine lange Zeit, er wollte es auch, und ein Geschmacksorgasmus war eben doch kein richtiger!

 

Ich griff nach seinen Fingern und führte sie zu meinem Mund. Sinnlich leckte ich an seinen Fingerkuppen und arbeitete mich vorsichtig zum Objekt meiner Begierde vor. Ich ließ den Würfel in meinen Mund gleiten und verstaute ihn in einer Backe. Dann setzte ich meine Reise fort. Meine Zunge berührte die Zwischenräume seiner Finger, passierte die Hügel darunter und kreiselte auf seinem Handteller. Er zuckte. War er erregt? Schließlich küsste ich seinen Ballen und strich mit der Spitze über seinen Puls. Gierig sah ich ihn an. Dann löste ich mich von ihm und flüsterte:

 

„Ich teile gern.“

 

„Tust du das?“, grinste er. Das war mein Freifahrtschein.

 

Ich strich ihm über die Wange und küsste ihn leidenschaftlich. Ich versuchte mich auf seine Lippen zu konzentrieren, ihn nicht zu überfordern, Luft zum Atmen und Zeit zum Wegrennen zu lassen, aber drei Monate waren viel. Drei Monate, die ich mit Pornos, Dirty Talks und pornografischen Gratis-E-Books überbrücken musste. Theoretisch hatte ich mir sämtliche Techniken angeeignet, die für ein normales Sexleben nicht notwendig waren, und nebenbei zwei Vibratoren verschlissen. Am Ende hatte ich sogar Erdbeeren geküsst, um nicht völlig aus der Übung zu geraten! Aber irgendwann war Schluss. Auch wenn wir uns für intelligent halten, sind wir letztendlich nur Tiere, die sich fortpflanzen wollen.  Und ich würde nutzen, was mir die Natur gegeben hatte!

 

Andererseits wusste ich nicht, wie groß das Ego meines Italieners war – vielleicht gehörte es zum guten Ton, eine Frau zu verführen, und nicht verführt zu werden? Ehe ich meinen zukünftigen Paarungspartner verschreckte, hielt ich inne und sah ihn mit roten Wangen an:

 

„Tut mir leid, aber ...“, ich lächelte hilflos.

 

„Die Tischplatte ist zu klein.“, erklärte er gespielt tonlos.

 

Dann schob er den Stuhl zurück, stand auf, kickte meinen Stuhl nach hinten und stellte sich hinter mich. Sanft legte er seine Hände auf meine Hüften und zog mich zu sich. Sein Kuss auf meinem Nacken ließ mich schaudern.

 

„Nehmen wir die Kante“, hauchte er.

 

Er drehte mich um und lehnte mich gegen den Tisch. Mit einer Hand schob er die Teller nach hinten, mit der anderen strich er über meine Schulter. Ruhig öffnete er meinen Gürtel und warf ihn auf seinen Stuhl. Dann kniete er sich vor mich und schob mein Kleid nach oben. Roberto ließ seine Nase über meinen Slip gleiten und leckte die nasse Spur mit der Zunge nach. Er zog das Spitzenteilchen nach unten und küsste die Stellen, an die es bedeckt hatte. Schon eine Berührung auf meinem Schamhügel machte mich wahnsinnig. Gegen den Schwall in meiner Vagina war ein Tsunami ein kleines Licht. Als er endlich mein Innerstes erreichte, raunte er:

 

„So erregt?“

 

Ich sparte mir die Hintergründe und antwortete kurz und knapp:

 

„Ja.“

 

Grinsend arbeitete er sich vor und schlürfte salzige Flüssigkeit.

 

„Buono, piccola tedesca!“, lobte er. „Du bist meine kleine süße Göttin.”

 

Ich musste an Poseidon denken. Den Herrn über alle Meere. Nur fehlte mir der Dreizack – den hatte er. Gut verpackt. Noch. Aber schon der Gedanke an das kleine harte Ding ließ eine neue Welle der Erregung über die Ufer treten.

 

Ich wollte meine Hände auf seinen Kopf pressen, seine Haare durchwühlen, während seine Zunge immer tiefer in mich stieß. Aber dann wäre es aus gewesen.  Jede Bewegung könnte mich zum Orgasmus zu bringen. Deswegen keuchte ich:

 

„Zeig’s mir. Zeig mir deinen Schwanz!“

 

Roberto ließ sich Zeit. Anstatt sein Folterwerkzeug sofort aus meiner Höhle zu nehmen, leckte er alles gründlich ab und stand auf. Dann grinste er schelmisch. Er nahm meine Hand, legte sie auf seine Hose und ließ mich fühlen, was er hatte. Er war groß. Gut geformt. Gleichmäßig, ohne Ecken und Kanten. Gleichmäßig war auch sein Atem. Gleichmäßig schnell ließ er Luft aus seinen Lungen, während er sein Becken nach vorne stieß.

 

„Do you like it?“, fragte er und küsste mich.

 

„Dein Gürtel ist wirklich hübsch!“, lenkte ich ab. „Aber er sollte weg!“

 

Ich sah ihn angriffslustig an, löste zuerst die Schnalle und dann den Kopf an seiner Hose. Der Reißverschluss war kürzer als vermutet. Als ich seine Jeans nach unten zog, erblickte ich blau-weiß gestreifte Boxer. Gekonnt öffnete ich die Knöpfe und griff in den Schlitz. Scheiße. Das war heftig. Der Super-GAU. Bevor mir die Kinnlade ganz runterklappte, schob ich das Seidensäckchen nach unten und sah das ganze Ausmaß der Katastrophe. 20 cm Männlichkeit, Durchmesser nicht unter 6 cm, eingerahmt von langen schwarzen Härchen, die sich vom Bauchnabel bis unter die Hoden zogen. Ein wundervolles Beispiel dessen, was Männer heute selten waren: ursprünglich, rein, tierisch, hilflos, ihrer Lust erlegen, aber trotzdem sicher, dass sie das Weibchen erlegen wollten. Ich hatte genug große Schwänze gesehen. Ich kannte Eckige und Runde, Gebogene und Geschwungene, einen kleinen Graden hatte ich auch im Mund gehabt, genauso wie manches hässliche Exemplar bei dem ich froh war, dass ich ein Kondom benutzt hatte. Ich wusste, wie Männer aussahen, denen ihr Aussehen wichtig war. Aber ich hatte nie jemanden getroffen, der so stolz auf das war, was er hatte.

 

„Ist dir nicht gut?“, wollte er wissen.

 

Ich erwachte aus meiner Starre und sah ihn an:

 

„I like it. I just like it.“

 

Ich zog ihn zu mir und küsste ihn, während ich meine Fingerkuppen von seinem Bauchnabel zu seinem Schwanz gleiten ließ. Ihn zu umfassen war so überwältigend, dass ich weinen wollte. Er war fest und fast glatt, er lag sicher in meiner Hand. Niemand könnte diese Säule kaputt machen, und er würde mir auch nicht wehtun. Hoffte ich. Ich wollte ihn in mir haben. Endlich in mir haben! Und wenn er nichts tat, würde ich ihn einfach reinschieben. Wäre nicht gut. Ich wusste nicht, wo die Teststäbchen für den Schwangerschaftstest waren.

 

„Fuck me!“, flehte ich. „Fuck me, fuck me, fuck me!“

 

Roberto löste unseren Kuss und lächelte mich an. Er beugte sich nach unten und kramte in seiner Hose nach einer kleinen Tüte.

 

„Du oder ich?“, fragte er.

 

Ich öffnete die Verpackung und drückte ihm das Latexhütchen in die Hand. Kondome abrollen war nicht meine Stärke. Ich war eine Meisterin im Kaufen, aber bei der Anwendung hatte der Aufklärungsunterricht versagt.

 

Schon, wie er das Teil auf seinen Penis setzte, das Reservoir zudrückte und die Hülle gekonnt abrollte, war ein Bild vollkommener Schönheit. Er hatte das, was mir fehlte – seinen Schwanz in seiner Hand.

 

„Bereit?“, wollte er wissen, während er zum ersten Stoß ansetze.

 

„Ich bin klein, aber ich halte viel aus“, erwiderte ich.

 

„Ich weiß“, hauchte er. „Aber wenn es wehtut, sagst du es!“

 

Anstatt zu antworten legte ich meine Hände auf seinen Hintern und drückte ihn nach vorn.

 

Die ersten Centimeter waren eine Tortur, aber dann ging es. Nachdem sich mein Heiligtum an den Eindringling gewöhnt hatte, freute es sich über jeden Reiz. Jede Reibung an meinen Wänden, jeden Stoß, jede Berührung an meinem Körper, in meinem Schoß, jeden Kuss, jedes Streicheln, jede Liebkosung.  Ich hatte nur zwei Hände, eine für sein Gesicht und eine für den Rest des Körpers, und auch er hatte nur eine Hand frei, um mich in Ektase zu streicheln – mit der anderen stützte er sich auf dem Tisch ab und hielt die Balance.

 

Während unsere Körper immer schweißiger und die Küsse heftiger wurden, steigerten sich seine Stöße, bis ich Angst hatte, dass der Tisch kaputt ginge. Aber das war es wert. Ich presste Roberto enger an mich, umschlag seine Beine mit meinen und murmelte unverständliche Phrasen. Sein Schwanz vibrierte. Wie ein Kolben verdichtete er meine Erregung und lange schwebte ich auf einer Welle kurz vor dem Orgasmus.

 

„I’m coming!“, stöhnte er irgendwann. Er krallte seine Hand in meinen Rücken, biss mir in die Lippe und pumpte seinen salzigen Saft in mich hinein. Das Zusammenspiel brachte das Fass zum Überlaufen.

 

Ich war zu erschöpft, um rumzuschreien, aber mein Jaulen war im ganzen Raum zu hören. Spannung und Erregung lösten sich auf und wurden zu einer rosa Wolke der Glückseligkeit. Es war toll ihn zu fühlen, diesen Moment mit ihm zu teilen. Ihn danach festzuhalten, war noch besser. Wärme und Schweiß, dazu der Duft zweier Körper, Latex und Rotwein, und die Gewissheit, vereint zu sein – so lange hatte ich auf dieses Gefühl gewartet.

 

„Du bist schön, Bella“, flüsterte er nach einer Weile.

 

„Du bist auch schön“, sagte ich.

 

„Möchtest du in mein Bett kommen? Es wird kalt!“, fragte er.

 

Ich küsste ihn sanft.

 

„Ja, möchte ich.“

 

Dann lösten wir uns voneinander. Roberto warf das Kondom in den Mülleimer, während ich nach einem Taschentuch suchte und mich von unseren Säften befreite. Meine Vagina pulsierte immer noch. Dann nahm ich einen Schluck Rotwein und kuschelte mich an ihn.

 

Roberto schaltete den Fernseher ein und sah sich an, was 3 Uhr morgens auf italienischen Sendern lief – Talkshows. Er brauchte mir nicht einmal das Thema erklären, das Hauen, Stechen und Inszenieren gehörte auch bei unseren südlichen Freunden zur beliebtesten Freizeitbeschäftigung. Die Beleidigungen waren etwas härter, die Gesten ausfallender und das Publikum aktiver. Ansonsten war alles gleich. Niveaulosigkeit kannte keine Sprache. Meinem Bettpartner bereitete es große Freude, sich über glatzköpfige Komiker und It-Girls in kurzen Röcken aufzuregen, zu kommentieren und alles als ‚fucking bad‘ zu bezeichnen. Um nicht völlig in der Bedeutungslosigkeit zu versinken, klappte ich irgendwann den Bildschirm zu und legte mich auf ihn.

 

„I’m hungry“, sagte ich und sah ihn traurig an. Ein Hund konnte nicht besser flehen.

 

„I got some cookies in the closet“, antwortete er ernsthaft.

 

„Ich will keine Kekse”, erklärte ich und küsste ihn. Seine Lippen waren etwas trocken, aber voll. „Ich will ...“, weiter kam ich nicht. Die weiche Haut seines Körpers unter mir, seine Wärme überall, sein Schwanz zwischen meinen Beinen, dagegen war selbst Kobe-Rind  eine lausige Wahl.

 

Sein Dreitagebart in Kombination mit den Poren auf seinem Hals war ein Genuss. Ich konnte nicht aufhören, ihn zu lutschen, zu küssen, meine Lippen über die Stoppeln gleiten zu lassen und mit meiner Zunge darüber zu streichen. Auch, weil es ihn erregte. Je lauter sein Brummen war, desto inniger küsste ich, ohne sichtbare Spuren zu hinterlassen. Als mein Geruch stärker war als seiner, wanderte ich nach unten und befühlte seine Schlüsselbeine. Sie waren wirklich schön. Um seinen Oberkörper besser betrachten zu können, setzte ich mich auf und ließ dieses Meisterwerk der Genetik auf mich wirken. Rubens‘ Frauen hatten üppige Rundungen, Robertos Brust hatte Haare in Haufen. Wie Fledermausflügel zogen sie sich von den Brustwarzen in Richtung Achseln, ergänzt durch ein Büschel in der Mitte. Es war lustig, durch sie zu streichen, meine Fingerkuppen auf seinen Warzen kreisen zu lassen, bis sie sich aufrichteten. Ich genoss es, seine Kurven zu streicheln, von den Schultern über die Arme zu den Hüften. Muttermale, Pickelchen und Verletzungen unter meinen Händen zu spüren. Dazwischen weiche Haut. Haare.

 

„Du bist so schön“, hauchte ich, und er lächelte mich an.

 

Ihn mit den Lippen zu befühlen war komisch – nicht so stachlig, wie ich erwartet hatte, sondern eher sanft. Die schwarzen Strähnen kitzelten meine Nase. Es war schön, an ihm zu lutschen. Seine Brustwarzen waren niedlich, die Kerbe in der Mitte ungewöhnlich, aber nicht minder interessant. Robertos Brummen verwandelte sich in ein Keuchen. Ich freute mich über dieses Zeichen der Zustimmung und setzte meinen Weg fort. Sein Bauchnabel war hübsch, aber keinen Kuss wert. Die Härchen darunter schon. Und sein Penis sowieso. Ihn zu fühlen war gut, ihn anzusehen überwältigend. Tausend kleine Haare, so dicht, dass man kaum hindurch sehen konnte, etwas gewellt, aber fest. Eine Masse, die sein Gemächt umrahmte wie ein Soßenspiegel zwei Kugeln Schokoeis mit Riesen-Waffel. Ich nahm sein Geschlecht in die Hand und betrachtete es. Eine große blassbraun-rosa Eichel, geteilt von einem Penisbändchen. Darunter ein Stab aus brauner Haut, etwas faltig, rau, aber gleichmäßig dick. Ich erkundete seinen Schaft mit meinen Lippen, ich massierte ihn, bis ich oben ankam. Mit der Zunge taste ich den Übergang zur Vorhaut ab und pustete nebenbei vorsichtig auf seine Kuppel. Dann verteilte ich die salzige Flüssigkeit, die aus dem kleinen Loch quoll, auf der Oberfläche und lutschte. Er passte perfekt. Für meinen Rachen war er zu groß, meine Mundhöhle füllte er aus. Einen BigMäc im Mund zu haben, war eine Qual, Roberto zu spüren eine Freude. Ich saugte ihn genüsslich und spürte ein Kribbeln in meinem Zentrum. Auch meine Vagina war begeistert. Ich gab nach und ließ meine Fingerspitzen nach unten gleiten. Es brauchte nicht viel, meine Vulva war geschwollen und in Paarungsbereitschaft. Lange hatte sie meinen Erkundungstripp erduldet, aber jetzt bekam sie, was ihr zustand.  Meine Klit zu reiben wäre zu einfach gewesen, deswegen massierte ich die Stelle kurz vor dem Eingang. Ich liebte es meine Feuchtigkeit zu spüren, die Gedanken schweifen zu lassen und mich nur an meinem Körper zu erfreuen. Je heftiger ich ihn nahm, desto größer wurde mein Verlangen, desto schneller meine Bewegungen, und sein Keuchen auch.

 

„Bella,“, presste er hervor. „Your are amazing. Aber“, sanft drückte er meinen Kopf nach unten, „ich will Entertainment. Komm auf mich!“ Ich fühlte, wie er mit sich kämpfte, dem Reiz des Moments nachzugeben und einfach in mich zu spritzen.

 

Ich liebte seinen Schwanz. Und ich hätte gern sein Sperma geschluckt. Aber Orgasmen mit mir hatte ich genug gehabt. Also stand ich auf, kramte ein Kondom aus seiner Hose auf dem Fußboden und riss die Verpackung auf. Dann setzte ich es auf seinen Schwanz und er rollte es ab. Den kleinen Spaß, noch mal an ihm zu lutschen, gönnte ich mir trotz des Silikonöls.

 

Roberto betrachtete mich sehnsüchtig, während ich auf ihn kletterte. Nachdem ich ihn reingeschoben hatte, verweilte ich und genoss seinen erstaunten Blick. Vorsichtig strich er von meinem Hals nach unten und betastete meine Kugeln.

 

„Du hast schöne Brüste“, flüsterte er anerkennend. Er fuhr die unteren Kanten nach und befühlte die kleinen Hügel meiner Warzen. Dann befeuchtete er seine Finger und begann sie zu massieren. Bald wich das Unbehagen der Erregung und ohne, dass ich es wollte, bewegte ich mein Becken. Seine Hände strichen weiter und verweilten schließlich bei meinem Bauch. Ich mochte es. Es hatte etwas Beschützendes, als wenn jemand auf mein wichtigstes Zentrum aufpassen würde. Außerdem mochte ich meinen Bauchnabel. Als seine Kuppen meinen Schamhügel und meine Klit erreichten, grinste er mich an:

 

„Ich hab sie gefunden!“

 

„Ich weiß“, erwiderte ich und nahm seine Finger aus der Gefahrenzone. „Aber du wirst sie in Ruhe lassen. Denn ich komme nicht vor dir.“

 

„Soll ich es versuchen?“, fragte er angriffslustig. Ich lächelte zurück.

 

„Wenn du denkst, dass du es schaffst.“ In diesem Moment steigerte ich das Tempo und ließ mich tiefer fallen. Das würde er nicht lange durchhalten. Eigentlich war es nur eine Frage des Atmens – mit gezielten Zügen könnte ich meinen Höhepunkt hinauszögern. Aber ich ließ ihn im Glauben, die Kontrolle zu haben.

 

Was ich nicht bedacht hatte: Es brauchte keine Finger, seine Haare rieben stärker und wesentlich besser an meiner Klit. Es war keine gleichmäßige Vibration, sondern ein Kratzen, unregelmäßig und mal sanft, mal hart. Ungewissheit war geil.

 

Ich gab auf und mich dem Ding in mir hin. Ich ließ mich von seinem Atem leiten, seiner Reibung, seinen Stößen, die er auf meine erwiderte; ich ritt mich in Ekstase, bis ein Keuchen meiner Kehle entwich. Ich nahm seine Hände wahr, auf meinen Brüsten und meinem Hintern, aber sie waren nur ein Faktor, der alles verstärkte. Was ich fühlte, war der Vulkan in mir, der nichts anderes wollte, als endlich auszubrechen. Ich beugte mich nach vorn, um ihn besser an meinem G-Punkt spüren zu können und ritt ihn wie ein Rennpferd. Mein Keuchen wurde zu einem Stöhnen, einem Jaulen, einem Schrei, als ich endlich kam. Dann pumpte er. Sein Sperma trieb mich voran, verstärkte meinen Höhepunkt, verlängerte den Genuss, ihn in mir zu haben. Dann plumpste ich nach unten.

 

Wir lagen eine Weile so da, bis seine Lust-Säule schrumpfte und nicht mehr zu spüren war. Ich stieg von ihm runter und griff zum Taschentuch. Dann drehte ich mich auf den Rücken und starrte an die Decke. Ich genoss das Pulsieren meines Blutes, das Pochen der Hormone, den Schwebezustand, der noch lange anhalten würde. Und er neben mir.

 

„Ich habe gewonnen, Bella!“, grinste er und drehte den Kopf.

 

„Ich weiß. You are my champion“, lobte ich. Dann griff ich nach seiner Hand und schlief ein.

 

Ich erwachte mit einem Gähnen. Der Himmel war rosa, die Sonne schickte die ersten Strahlen in die Welt und draußen zwitscherten die Vögel. Die Uhr auf dem Nachttisch zeigte 5:21 Uhr. Es war noch viel zu früh. Roberto hatte sich auf die Seite gedreht und die Beine angewinkelt. Wie ein Baby lag er da und träumte. Vorsichtig kuschelte ich mich an ihn. Selbst im Schlaf war er wunderschön und fühlte sich noch besser an. Ich strich über seinen Rücken und fühlte kleine Hügel. Ohne, dass ich es wollte, glitten meine Hände weiter und landeten auf seinem Po. Er war rund und fest. Ich hätte ihn gern geknetet. Ihn so lange angefasst, bis er aufwachen und sich auf mich schieben würde. Bis er ihn schlaftrunken reinsteckte und mich wieder müde rammelte. Aber Roberto war gerade unerreichbar für mich – und das törnte mich an. Bevor ich Dinge tat, die ich später bereute, löste ich mich von ihm und stand auf. Mein ganzer Körper tat weh. Entweder war Robertos Bett ungemütlicher, als ich im Rausch wahrnahm, oder über Nacht waren mindestens drei Laster über mich gerollt. Ich streckte mich in alle Richtungen, massierte, was ich massieren konnte, aber nichts passierte. So ein Mist! Der Tag war gelaufen. Ich sollte in meinem Alter keine Partys feiern, sondern auf gemütliche Kochabende unter Freunden ausweichen.  Das war wie Sex und ich konnte in meinem Bett schlafen. Andererseits:  Das war es wert gewesen. Sex an einer Tischkante hatte nicht jeder und Roberto war ein toller Liebhaber, von seinem Aussehen ganz zu schweigen. Er war nicht der klischeehafte Latin Lover, der seine Frau überall nagelte, wo es ging. Nein, er hatte eine charmante Zurückhaltung gepaart mit Respekt gegenüber seinen Partnerinnen. Ein guter Fang. Ein wirklich guter Fang. Trotzdem spürte ich in mir den Drang, auf die Toilette zu gehen. Also zog ich mein Kleid an und öffnete leise die Tür.

 

Die Klos in einem Studentenwohnheim zu finden verlangt weniger Orientierungssinn als Erfahrung – sie liegen immer in der Mitte oder ganz hinten. Ich entschied mich für ‚hinten‘ und tapste den Gang entlang. Tatsächlich fand ich irgendwann eine Tür mit einer stilisierten Frau. Ich war gut! Weniger gut war die Einrichtung – matt-goldene Türklinken, orangene Fliesen mit vergilbten Fugen und kaputte Waschbecken. An die Wände der Kabinen hatte jemand Comics und Zeitungsartikel geklebt, sodass ich wenigstens etwas zum Lesen hatte. Nachdem ich mein Werk vollendet hatte, genoss ich den Duft der Sanitär-Seife und die dünnen Papierhandtücher, bevor ich dieses Überbleibsel ostdeutscher Architektur vorläufig verließ. Auf dem Rückweg bekam ich Durst und ging in die Küche, um mir Tee zu kochen. Rotwein war gut, aber nicht morgens um 6. Glücklicherweise war der Wasserkocher nicht so dreckig wie die Toilette, sondern relativ neu. Während das Wasser langsam heißer wurde, suchte ich im Hängeschrank nach einer Tasse, die so aussah, als würde sie niemandem gehören. Von den Exemplaren mit dem Goldrand waren viele da, vermutlich hatte sie jemand von einer Hausauflösung mitgebracht. In den Schubladen entdeckte ich außerdem eine Packung Schwarztee, aus der ich mir mit schlechtem Gewissen einen Beutel nahm. Das i-Tüpfelchen war der Honig, der auf der Arbeitsplatte stand. Fünf Minuten später saß ich auf einem roten Klappstuhl, vor mir die Tasse mit dem aromatischen Getränk. Ich liebte es den Dampf zu beobachten, wie er in bizarren Formen nach oben stieg und verschwand. Warme Tassen waren fast so gut wie Männer, aber leider musste man sie immer nachfüllen.

 

Plötzlich hörte ich ein Schlurfen. Es hallte durch den Flur und kam in meine Richtung. Ein Typ mit rotblonden Wuschelhaaren betrat wortlos den Raum, holte sich ein Glas aus dem Schrank und füllte es mit Wasser. Mit rot geräderten Augen sah er mich an und fragte:

 

„Wer bistn du?“

 

„Ich bin Belle“, antwortete ich, „und ich trinke Tee.“

 

„Gut“, murmelte der junge Mann und gähnte. „Weitertrinken.“

 

Dann ging er. Ob er den Ständer in seiner Garfield-Boxer bemerkt hatte?

 

Während ich darüber nachdachte, was dieser Mensch studierte, was er genommen hatte und wie lange er noch studieren würde, wenn er das weiter nähme, trank ich meinen Tee aus. Ich spülte die Tasse aus, stellte sie neben die Spüle und tapste zurück.

 

Ich stieß gegen die Tür und ließ sie aufschwingen. Auf Zehenspitzen trat ich ein und drehte mich, um sie zu schließen. Auf einmal vibrierte der Boden. Roberto stand hinter mir, ich konnte seinen Duft riechen.

 

„Wo warst du?“, fragte er. Seine Stimme klang streng, aber vor allem besorgt und ziemlich müde.

 

„Ich hatte Durst“, antwortete ich unschuldig.

 

„Ich bin aufgewacht und du warst nicht da.“, erklärte er und strich mit der Hand vom Nacken meinen Rücken hinunter, bis er auf meinem Po verweilte. „Ich dachte, du bist gegangen.“

 

Ich wollte mich zu ihm drehen, doch er presste die andere Hand gegen die Tür und hielt mich davon ab.

 

„Tut mir leid.“, sagte ich schuldbewusst, während meine Erregung stieg. „Das wird nicht wieder vorkommen.“

 

„Das denke ich auch.“, hauchte er in meinen Nacken. „Irgendjemand muss sich um meinen cazzo kümmern“, langsam rieb er seinen steifen Schwanz an mir, „und deine figa?“ Wie recht er hatte, merkte ich, als er zwei Finger an meine Spalte hielt und mühelos hineinglitt. So nass, wie ich war, hätte ich in der Straßenbahn nur Flecken hinterlassen.

 

„Und woher weißt du, dass ich dich nicht einfach stehen lasse?“, keuchte ich angriffslustig. Er hatte mein Kleid nach oben geschoben und massierte ruhig meinen Hintern.

 

„Oh, mio piccolo tedesco“, sein Griff wurde stärker, fast schmerzhaft. „Du musst nichts machen, du bist da. Das reicht mir.“

 

Ich lachte. Der Gedanke, von ihm benutzt, durchgefickt zu werden, machte mich an. Dazu kam der Schmerz. Ähnlich wie Streudeko auf einem Cupcake war es das gewisse Etwas, das Banales zu einem unvergesslichen Erlebnis machte. Trotzdem wusste ich, dass es nur ein Spiel war. Der Fiesling in Roberto war so klein wie ein Nanoteilchen.

 

„Wenn du so klein bleibst, muss ich vermutlich doch was tun.“, stachelte ich ihn an, während ich meine Hände an die Tür presste.

 

„Denkst du das?“, fragte er süffisant. Ehe ich nach einer Antwort suchen konnte, hatte er seinen Schwanz in mich gerammt und zweimal zugestoßen. Dann zog er ihn wieder heraus und flüsterte: „Denkst du das wirklich?“

 

Ich war ausgefüllt und plötzlich leer. Wie konnte er mir so was antun?

 

„Hey, warum hast du ihn rausgezogen?“, fragte ich gespielt wütend.

 

„Strafe muss sein“, antwortete er knapp. Dann drückte er mir einen zarten Kuss auf die Wange und flüsterte liebevoll: „Was möchtest du? Figa oder culo? Culo ist vermutlich zu viel für dich.“

 

„Nein, mit Gleitgel ist das kein Problem.“, erwiderte ich. Sein Schwanz in meinem Po, seine Finger in mir – das war wie eine Salamipizza mit Würstchenrand – sehr lecker.

 

„Gut“, sagte er und ließ von mir ab. „Aber nicht wieder weglaufen!“

 

„Wohin sollte ich denn laufen? Du würdest mich sowieso finden – ich tropfe“, erklärte ich frech.

 

„Ich würde dich immer finden, Bella“, lachte er.

 

„Belle“, korrigierte ich. „Ich heiße Belle. Eigentlich Isabelle, aber jeder nennt mich Belle.“

 

„Also, Belle.“, Roberto war hinter mich getreten und hatte seine alte Position wieder eingenommen. Der Geruch des Silikonöls wehte zu mir. Würde ich mich je daran gewöhnen? „Du bist ein schönes Mädchen.“

 

Ich lachte, doch dann fühlte ich das Feuchttuch, mit dem er meinen Po säuberte. Schon diese Berührung war erregend. Dann massierte er mit dem Finger meinen Eingang. Durch das Gleitgel war es etwas kalt, und das Kondom verringerte die Intensität. Trotzdem fühlte ich ihn. Er kreiste mal stärker und mal schwächer, manchmal drang er sogar ein Stück ein. Schließlich ließ er sie in mich gleiten. Es war eine Überwindung, nicht daran zu denken, was man davor und danach mit diesem Loch machte. Seine Schließmuskeln zu entspannen erforderte jedes Mal ein paar Atemzüge. Auch der Druck musste erst nachlassen. Und er wich der Erregung. Die Reibung am Anfang war toll und seine Finger zu spüren ein Erlebnis.

 

„Leidest du schön?“, fragte er grinsend.

 

„Ja, sehr.“, presste ich hervor. Es gab nur wenige Dinge, die mich vom Reden abhielten. Das hier gehörte dazu.

 

„Dann bekommst du jetzt etwas Großes!“, versprach er und zog seine Finger aus mir. Es quietschte, als er das Gleitgel aus der Tube drückte und seinen Schwanz damit einschmierte.

 

Dann hielt er meinen Po fest und rieb seine Eichel an meinem Eingang. Meine Erregung wuchs erneut und ich wusste nicht, wie hoch sie kommen würde. Er könnte einfach so bleiben und mich zum Kommen bringen. Einfach nur hoch und runter reiben, kreiseln...

 

Schließlich stieß er zu. Ein Penis war etwas anderes als zwei Finger – für einen Moment blieb mir die Luft weg. Meine Muskeln verkrampften, versuchten ihn rauszupressen und mein Eingang brannte. Dann konzentrierte ich mich auf meinen Atem und genoss ihn. Ich fühlte, wie meine Vagina zusammen gedrückt wurde und die Vorfreude auf seine Finger steigerte meine Lust. Nachdem wir uns aneinander gewöhnt hatten, bewegte er sich langsam rein und raus. Er war gut. So gut!

 

„Du bist so schön eng!“, stellte Roberto irgendwann fest. Langsam verlor er die Beherrschung.

 

„Und du bist so groß!“, keuchte ich.

 

Er steigerte Tempo und Tiefe und begann leidenschaftlich zu stöhnen. Es war anders als gestern Abend – lauter, intensiver. Es war das Stöhnen eines Mannes, der grade rücksichtslos ein Mädchen durchfickte. Oder es zumindest dachte.

 

Als er merkte, dass es nichtmehr lange dauern würde, steckte er mir zwei Finger in meine Vagina und streichelte meine geschwollene Klit. Ich liebte es von hinten genommen zu werden, egal, welches Loch. Ich liebe die Wärme, die Kontrolle des Mannes, ich liebte es mich hinzugeben, während er meinen Kitzler und meine Schamlippen benutzen konnte. Es machte mich einfach nur geil. Als Dank bewegte ich mein Becken und kam ihm entgegen. Die Empfindung wurde heftiger und bald hatten wir unseren Rhythmus gefunden. Wie zwei Kugeln an einem Pendel prallten wir zusammen und drifteten auseinander. Ich nahm seine Energie auf und schoss sie zurück. Die Welt um mich verschwamm. Mein Gesicht glühte und ich sah Sternchen. Schemenhaft hörte ich unsere Stimmen.

 

Irgendwann zuckte sein Schwanz und erhöhte den Druck auf meine Klit. Als ich kam, explodierte ich nicht, ich schwang einfach weiter. Zuckersüße Schokosoße pulsierte in meinen Adern, alles war ein rosa Wolkenmeer. Das erste, was ich wieder wahrnahm, war mein Schrei. Ich schrie die letzten Tropfen unserer Lust hinaus und sah die Tür. Roberto war noch in mir, eine Hand klitschnass auf meinem Po, die andere neben meiner. Sie duftete nach mir. Er hatte sich an mich geschmiegt und seine Lippen auf meinen Nacken gelegt.

 

„That was awsome!“, bemerkte er.

 

„Ja, war es!“, stimmte ich zu.

 

„Ich glaube, du musst noch etwas länger hier bleiben.“, seine Stimme war schwach, aber noch schelmisch.

 

„Das denke ich auch. Ich habe schon seit Jahren nichtmehr in alten Duschen geduscht.“, sagte ich sarkastisch.

 

„Ich passe auf dich auf!“, erklärte er fest.

 

Dann zog er seinen Penis aus mir und entsorgte das Kondom. Während ich mir mit den Fingern die Haare kämmte, holte er zwei Handtücher aus dem Schrank. Vorsichtig rieb er mir den Schweiß vom Körper und stieß mich aufs Bett. Nachdem auch er wieder trocken war, legte er sich zu mir und zog die Decke über uns. Ich kuschelte mich an ihn und flüsterte:

 

„Danke!“

 

„Grazie, mille grazie“, grinste er und küsste mich. Ein letztes Mal spürte ich seine vollen Lippen, bevor ich einschlief.

 

Es ist 8:45 Uhr, als ich das Telefonat beende und den Hörer auflege. Roberto schläft friedlich neben mir. Manchmal hat er geschnarcht, komische Dinge gemurmelt. Und immer wieder wachte er auf und suchte nach mir. Ich war da. Aber jetzt muss ich aufstehen, die Sonne scheint und ich habe Hunger. Roberto hat Weißbrot und Marmelade. Aber keine Brötchen. Ich will ein Rosinenbrötchen; ich liebe Rosinenbrötchen, und ich habe schon lange keine mehr gegessen.

 

Auf einem der Schränke finde ich Zettel und Stift und schreibe groß drauf: „Bin Brötchen kaufen. At the bakery.“

 

Dann ziehe ich mein Kleid einschließlich Unterwäsche an, schnappe mir meine Tasche und schließe die Tür. Erst auf der Treppe fällt mir auf, dass ich meine Schuhe vergessen habe. Egal. Ich bin die ‚kleine Deutsche‘ mit einer schönen Nacht und einem Heißhunger auf Rosinenbrötchen!


Kommentare

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AnnabellaX schrieb am 28.10.2024 um 14:24 Uhr

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selena222 schrieb am 08.11.2024 um 18:45 Uhr

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