Venus mit Spiegel


baer66

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27.03.2012
Kunst

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Venus, strahlende Göttin der Liebe und der Schönheit, Symbol der ewigen weiblichen Anmut spiegelt ihren unsterblichen Körper in einem prächtigen venezianischen Spiegel wider.

Der Spiegel ist ein Zauberspiegel, der die Zukunft enthüllt: eine erkennbar gealterte Venus mit erschlaffter Haut im Gesicht und am Oberarm. Illusion oder tiefgehende Gedanken des Betrachters? Wechselnde Schönheitsideale im Lauf der Jahrhunderte?

"Du, o Venus, bist die Göttin der Liebe, des erotischen Verlangens und der Schönheit.", spricht sie der Spiegel an. "Wie herrlich sind Deine klaren Augen, wie weich Deine geschwungenen Lippen , wie edel Deine gerade Nase! Jeder Mann verzehrt sich nach Deinem makellosen Körper!

Du bist 'das erste Schöne, was sich aus Streit und Empörung der ursprünglichen Wesen gegeneinander entwickelt und gebildet hat.' In Dir 'bildet sich die himmlische Zeugungskraft zu dem vollkommenen Schönen, das alle Wesen beherrscht und welchem von Göttern wie Menschen gehuldigt wird.'"

"Ach Spiegel, Du alter Schmeichler, warum verbirgst Du die Falten auf meinem Gesicht nicht mehr vor meinen Augen, sondern zeigst mir schonungslos das Los des Verwelkens? Und warum verhöhnst Du mich auch noch?"

"Holde Tochter des Jupiter, Dein goldenes Haar glänzt mit den kostbaren Perlen um die Wette, die kunstvoll hinein geflochten sind! Die großen Tropfen an Deinen Ohren sind ein  Abglanz Deiner Tränen! Alle Kunstfertigkeit der Goldschmiede und der wertvollste Besitz von Königen und Mächtigen sind nur da, um Dir zu huldigen. Wie kannst du, Unsterbliche, an den Ablauf der Zeit auch nur denken?"

"Was nützen mir teurer Goldschmuck und seltener Pelz? Kaum bedecken sie meinen Körper. Amor und seine Gefährten schmeicheln mir zwar. Allein ich weiß um die Vergänglichkeit aller Schönheit! 'Sed fugit interea, fugit irreparabile tempus'.  - Aber inzwischen entflieht die Zeit, entflieht unwiederbringlich, wie der Dichter Vergil klagt. Und wo bleiben meine Geliebten? Wo ist Mars, wo Anchises, wo Adonis?

Ach, Adonis, der mich voller Verwunderung ansieht. Ich bin so schön und meine Gestalt strahlt eine unnachahmliche Würde aus, die nur eine Göttin verströmen kann. Die Göttin der Liebe! Er muß nachdenken. Ich umfasse und küsse ihn. Er wehrt mich ab. Ich bin hin und her gerissen zwischen Wut und Trauer. Nie geahnte Verzweiflung steigt in mir hoch. Mit einem kleinen Seufzer sinke ich in eine tiefe Ohnmacht. Nun, da meine Sinne schwinden und ich so vor ihm ausgestreckt daliege, da steigt auch in ihm ein großes Verlangen auf. Verlangen nach diesen süßen Lippen, die ihn noch vor kurzem so fordernd liebkost haben. Verlangen nach der schlanken Taille, die er so gerne umfassen will. 'Göttin ... holde Venus ... Herrin, hört Ihr mich? Bitte öffnet Eure Augen! Tut einen Atemzug! Bitte!' Aber ich rühre mich nicht. Obwohl ich meine Ohnmacht schon längst überwunden habe, halte ich es für schlauer, weiterhin so zu tun, als ob ich nicht wach bin. Ach, wie ich die Liebkosungen des Jünglings genieße!"

"O Göttin auf dem Thron! 'Venus pudica', Du Schamhafte, die Du mit der einen Hand den wogenden Busen, mit der anderen Hand die köstliche Scham zu  bedecken  versuchst.  Du kokettierst mit mir, denn das halb Bedeckte ist zugleich das halb Enthüllte! Der prunkvolle Pelzbesatz Deines Gewandes bedeckt die Scham und bildet dochzugleich das Schamhaar  im Rundbogen anspielungsreich nach. 'Sed modo dilectam scelus est odisse puellam.' -Ein Mädchen aber zu hassen, das man gerade noch geliebt hat, ist ein Verbrechen. Halte es doch lieber mit Ovid! Wie sollen Dich andere lieben, wenn Du es selbst nicht mehr kannst?"

"Ringe, Reifen, schwere Ketten aus Gold, alles eitler Tand! Kein Jahr meiner Jugend, keinen einzigen glücklichen Augenblick vermögen sie mir zurückzurufen! Was nützt mir alle Eitelkeit und der kindische Stolz? Billigen Schönheitszauber wird man nach mir benennen! 'Erwecke die Göttin in Dir!', wird es heißen. Schonungslos zeige mir mein wahres Ich!"

"Das Rot Deines samtenen Mantels ist weltberühmt wie der kostbare Saft der Purpurschnecken! Würdig einer Göttin, der Königin der Liebe und Schönheit! Du bringst Harmonie und inspirierst Künstler, wndervolle Dinge zu erschaffen. Und Deine Seele ist schön, denn Du erkennst Dich selbst!"

"Wie soll ich den Menschen die Liebe und den Traum von der Jugend bringen, wenn ich selbst nicht mehr an ihn glauben kann? Wie soll ich sie zu den Freuden des Beilagers verführen in meiner Hinfälligkeit? Wie ihr Verlangen entfachen? Ich bin nur noch die Göttin der 'gemeinen Sittlichkeit', die Schutzherrin der Tempelprostitution, die Patronin der Hetären und Lustknaben."

"Ist ewige Jugend nicht zugleich ewige Unreife? Willige ein in das Unabänderliche, in das Naturgesetz des Alterns und Sterbens! Denk an die Verirrten! Wie viel blendende Schönheit, maßlose Völlerei, tolle Musik und Sex mit einer Göttin kann ein Mann ertragen? Gewinne dem Leben alle Reize ab, die es in seiner Endlichkeit bereithält! Freue Dich an der schönen, glatten geschmückten Oberfläche! Sieh, Amor hält den Lorbeer für Dich bereit!"

"Es ist ein Blütenkranz, den ich sehe, der verwelkt!"

"O Venus, Du schützt die körperliche Liebe, aber auch die göttlich-spirituelle, emotionale Liebe. Als gemeinsamer Ausdruck beider Arten von Liebe gelten Dir die sexuellen Freuden als heilig. In Deinen Tempeln werden Deinen Priesterinnen sexuelle Praktiken gelehrt und mit ihnen vollzogen als ein Inbegriff der Lebensfreude, wichtig für Dein göttliches Wohlwollen.

Noch in Jahrtausenden werden kommende Generationen Dich bewundern, o ewige Göttin! Deine Statuen werden in modernen Tempeln der Kunst stehen, Dein Bild die Wände schmücken! Die Stadt, die den Namen des Sohns des Priamus tragen wird, soll allzeit Dein sein! Und die Menschen werden die körperliche Liebe mit Dir und Deiner Schönheit in Verbindung bringen, wenn schon lange niemand mehr an die olympischen Götter glaubt."

 

Nach dem Gemälde von Tizian: Venus mit Spiegel (Toilette der Venus)
http://www.gemaelde-webkatalog.de/bilder/venus-mit-spiegel-5650.html

Vorlage: Joachim Kahl, Tizians „Toilette der Venus“ – stoisch-epikureische Selbsterkenntnis vor dem Spiegel, belohnt mit einem Siegeskranz
 


Kommentare

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selena333 schrieb am 04.03.2024 um 22:25 Uhr

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