Die Odaliske


baer66

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16.02.2012
Kunst

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Die Odaliske, die weiße nackte Haremssklavin, liegt in verführerischer Pose auf ihrem weichen Seidenbett und erwartet sehnsüchtig den erotischen Besuch ihres Gebieters.

Das turbulente Jahr 1813 neigt sich dem Ende zu.
Der Maler Jean-Auguste steht in der Kirche Sant’Andrea della Valle in Rom vor der Staffelei. "Wie sich die Bilder gleichen", denkt er und betrachtet ein Medaillon mit dem Bild der Königin seines Herzens. Sie hat ihm geschrieben. Caroline bittet ihn, zu ihr nach Neapel zu kommen.

Er denkt an sein großes Vorbild, den größten Maler aller Zeiten. "Raffael war nicht nur der größte unter den Malern: er war die Schönheit selbst, er war gut, er war alles!" (Ingres)

Jean-Auguste ist noch immer aufgewühlt als er sein kleines Studio im Dachgeschoß nahe der Scala di Spagna betritt. er nimmt das verhüllende Tuch von der Staffelei und betrachtet das halbfertige Werk. Da liegt sie in luxuriöser orientalischer Umgebung, seine Caroline.

Sinnliche Anschauung, eine Vorstellung von harmonischen Formen und ein philosophischer Impuls bestimmen das Ideal des Akts.  Er vermag die Furcht vor dem Unbekannten - der Vergänglichkeit und dem Tod - zu nehmen. Seine Erscheinung suggeriert, daß die Götter den Menschen gleich seien und mehr um ihrer lebenspendenden Schönheit als um ihrer tod-drohenden Macht verehrt werden können. (Kenneth Clark)

Die schwüle Atmosphäre eines orientalischen Harems. Die schöne, schlanke weißhäutige Sklavin liegt auf weichen Seidenkissen und zeigt dem Betrachter ihren perfekten Rücken. Einen prächtigen Seidenschal mit goldenen Quasten um den Kopf gebunden und mit juwelenbesetzen Goldketten geschmückt blickt sie den Betrachter ihrer Schönheit bewußt selbstsicher an.

Dieses königliche Selbstbewußtsein gefällt Jean-Auguste an seiner Caroline besonders. In bescheidenen Verhältnissen in Korsika aufgewachsen mischt die Schwester Napoleons inzwischen in der hohen europäischen Politik mit.

Wie er sie begehrt! Seine Augen liebkosen ihren nackten Körper. Er wünscht sich, daß ihre Finger statt des Fächers mit den Pfauenfedern sein hartes Glied umschließen. Er sehnt sich unglaublich nach körperlichem Kontakt. Wäre sie doch seine Haremssklavin. Was würde er alles mit ihr anstellen!

 Es harrt auf weichem Purpursamt
  Die jüngste Sklavin ihres Herrn,
Und unter dunkler Braue flammt
  Ihr Auge, wie ein irrer Stern.
 
(Friedrich Hebbel, Die Odaliske)

Sie sieht wie er den schweren dunkelblauen Vorhang zurückschlägt. Er ist jetzt ihr Herr und Gebieter im Schlafgemach. Fast scheu blickt sie zu ihm auf. Sehnsucht liegt in ihren Augen.

Drum sitzt sie auch nicht seufzend da,
  Nun ihre eigne Stunde naht,
Sie denkt der Rosen, fern und nah,
  Die sie schon selbst gebrochen hat.

Und sieh, der Pascha tritt herein,
  Zwar ernst und düster, doch nicht alt,
Und vor ihm her den Becher Wein
  Trägt eines Mohren Nachtgestalt.
 
(Friedrich Hebbel, Die Odaliske)

Leidenschaft, Verlangen, Gier! Jean-Auguste wird immer erregter. Er legt sich auf das klassizistische Sofa und versucht möglichst viele Einzelheiten ihres wohlgeformten Körpers in sich aufzunehmen.

Er reicht ihr ein Glas Wein, will sie aus ihrer ernsten Stimmung holen, fröhlich und bereit machen.

Wie schön ist ihre erste gemeinsame Nacht. Sie sind gleich auf derselben emotionalen Wellenlänge. Er ist eben Künstler, einfühlsam, weich, zärtlich. Nicht so hart und stolz wie ihr General Murat.

Er führt sie in Versuchung mit dem funkelnden Glas mit seinem verbotenen, weil trunken machenden Inhalt.

Er sieht das Mägdlein lange an,
  Mißt Zug für Zug, und nickt nur still,
Zum goldnen Becher greift er dann
  Und fragt, ob sie nicht trinken will.

Ihr aber schwillt schon jetzt das Blut
  Bis an der Adern letzten Rand,
Drum fürchtet sie des Weines Glut,
  Und stößt ihn weg mit ihrer Hand.

(Friedrich Hebbel, Die Odaliske)

Noch widersteht sie der Versuchung. Zumindest der des Weines. Seinen Körper möchte sie haben. Jetzt!

Nun weist er stumm den Mohren fort,
  Dem wild das Auge glüht vor Lust,
Und setzt sich an den weichsten Ort
  Und küßt ihr langsam Mund und Brust.
 
(Friedrich Hebbel, Die Odaliske)

Sie gibt sich ihm hin, leidenschaftlich, bedingungslos. Er bedeckt ihren süßen Leib über und über mit Küssen, streichelt ihre Brüste, ihre Schenkel, ihre Spalte. Als sie kommt, stirbt sie den kleinen Tod, wie der Orgasmus in Frankreich genannt wird.

Und der kleine Mohr stirbt als Strafe für seine verbotene Lüsternheit.

Und plötzlich dringt ein jäher Schrei
  Von außen ihr ins bange Ohr;
Sie ruft verstört, was das denn sei?
  Und er versetzt: es starb der Mohr!

Er trank den Wein, den ich dir bot,
  Und wird der Sünde nimmer froh,
Denn beigemischt war ihm der Tod! –
  Ich prüfe jede Sklavin so!

(Friedrich Hebbel, Die Odaliske)

Zu dieser Geschichte hat mich das Bild: "Die große Odaliske" von Jean-Auguste-Dominique Ingres (Louvre, Paris) angeregt.
vgl. http://www.mahagoni-magazin.de/Malerei/ingres-die-grosse-odaliske.html


Kommentare

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selena222 schrieb am 08.11.2024 um 19:01 Uhr

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