Ein kahles Feld


Schambereich

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31.01.2012
BDSM

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Das höchste Gut von allem ist das Wasser.
Lao Tse



Theo schaute der Frau schweigend zu, als sie hastig ihre Kleider ordnete. Ihre Eile ließ ihn lächeln, er ahnte, wie unangenehm für sie die ganze Prozedur sein musste. Sie tat ihm ein bisschen leid, aber er konnte ihr nicht helfen, das Gesetz schrieb nun einmal diese Kontrollen vor, schon seit gut zwei Monaten waren sie obligatorisch.

Dem war früher nicht so. Wenngleich seit über einem Jahr in Kraft, wurde das Gesetz zunächst nicht konsequent angewandt. Man hatte lediglich an die Bevölkerung appelliert, es freiwillig zu befolgen, aber die wenigsten taten, was sie tun sollten, wie so oft, wenn es darum geht, etwas Sinnvolles freiwillig zu tun. Die Polizei, damals nur bei begründetem Verdacht zu Stichproben berechtigt, berichtete von einer beschämenden Erfolgsquote, und DER SPIEGEL, das größte Wandmagazin Deutschlands für die Gebildeten und immer noch berühmt für sein Archiv, verglich sie flugs mit der Quote beim Anlegen von Sicherheitsgurten in den 70-er Jahren des vorigen Jahrhunderts bevor man daran gegangen war, für das Nichtanlegen Bußgelder zu verhängen. Theo, der damals noch als unreifes Ei in Mutters Schoß schlief, glaubte die Geschichte ohne weiteres, er sah ja selbst, wie sich die Menschen unter Strafandrohung jetzt ganz anders verhielten. Dabei war das Bußgeld mit hundert Euro vergleichsweise niedrig, erst bei Wiederholung drohte Zwangsarbeit, mindestens eine Woche, gut, aber auch das war ein Nichts im Vergleich zu anderen, das Wassergesetz betreffenden Strafen.

Er gab der Frau ihren Identitätsstein zurück und wünschte ihr zum Abschied noch einen schönen Abend. Um sich ein wenig die Beine zu vertreten, folgte er ihr aus seinem provisorischen Unterstand hinaus, doch als er merkte, wie ein paar Passanten sofort ihre Richtung änderten, als sie seiner ansichtig wurden, kehrte er missmutig zurück. Sein Unterstand war zwar nur ein zwischen eng beieinanderstehenden Häusern gespanntes Segeltuch, und doch war es darunter heißer und stickiger als draußen.

Mit Wehmut dachte Theo an die Zeit zurück, als er noch ein junger Verkehrspolizist war. Damals, es müsste bald nach der Jahrtausendwende gewesen sein, hatten sie wegen der von Jahr zu Jahr zunehmenden Hitze zum ersten und einzigen Mal Dienstwagen mit Klimaanlagen bekommen, und es war eine Freude, versteckt wie heute, aber im Kühlen sitzend, zuzusehen, wie ein Wagen nach dem anderen in die Radarfalle ging. Ja, sie rasten alle wie im Rausch damals, gib Gas solange du kannst, hieß die Devise, kein Wunder bei einem Preis von fünf Euro für das Liter Benzin und einer Bundesregierung, die, von einem gewissen Josef Wurmbader angeführt, für die nahe Zukunft das Doppelte versprach. Ein Aufschrei ging durch das Land, aber als dann fünf Jahre hintereinander alles Grün auf den Feldern verdörrte und das Geld für die Lebensmittelimporte statt fürs Erdöl ausgegeben werden musste, kostete der Liter schon das Fünffache.

In den folgenden Jahren kletterte der Preis auf schwindelerregende Höhen, außer den Reichen und natürlich den Volksvertretern fuhr niemand mehr Auto, wenn es überhaupt Erdöl zu kaufen gab, dann wurde es nicht verfeuert, sondern zu Dingen verarbeitet, die man früher aus Metall oder Holz gemacht hatte. Diese beiden Rohstoffe waren bald kaum mehr zu bekommen, die Verarbeitung des einen war zu energieintensiv, die Gewinnung des anderen mangels Niederschläge unmöglich. Gewiss, ein paar Jahre hatte man notgedrungen und trotz verheerender Waldbrände in einem Holzüberfluss gelebt, aber es wuchs nichts nach, lediglich die Bayern waren im Besitz von ein paar hundert Hektar Wald in ihren Alpentälern, wo auch das Wasser noch zu finden war. Sie bewachten beides mit einer kleinen Armee und verkauften das Holz wie das Wasser zu Preisen, die Wucher zu nennen zu wenig wäre, und zu denen noch die exorbitanten Transportkosten hinzugerechnet werden mussten, denn die in der Nähe der Siedlungen ihres Asphalts bald beraubten Straßen waren inzwischen größtenteils nur noch für Geländewagen, Esel und Fußgänger passierbar.

Die Bayern waren auch die Einzigen, die sich noch Kuhherden hielten, im übrigen Deutschland ließen die Ziegen das wenige Grün, das die knappen Niederschläge jeweils im Frühjahr bescherten, erst gar nicht groß werden. Das war alles andere als ökologisch sinnvoll, aber angesichts der darbenden Kinder vergaß man schnell die eigenen Predigten über das Schädliche der Ziegenhaltung, niemand mehr wollte an die Ratschläge erinnert werden, die man früher gerne den anderen, vornehmlich um das Mittelmeer und in der Sahelzone Afrikas wohnenden Menschen gab. Binnen weniger Jahre gab es eine Umkehr aller Werte, es konnten fast nur noch Gemeinden als vermögend bezeichnet werden, die eine Mülldeponie aus früheren Zeiten besaßen. Sie waren nun Rohstofflieferanten par excellence, der Spruch, die dicksten Kartoffeln wachsen dem dümmsten Bauern, fand hier in etwas abgewandelter Form seine Bestätigung.

Nach mehr als dreißig Jahren Dürre waren die Reserven nicht nur Deutschlands, sondern ganz Europas aufgebraucht, es gab keine Industrie und keine nennenswerte Landwirtschaft mehr, das Land war zu einer einzigen Steppe geworden und seine Bewohner waren bis auf kümmerliche Reste, die in Oasen und an Ufern der zu Rinnsalen verkommenen großen Ströme lebten, in alle Winde verstreut. Die Alten waren die Ersten, die in den Sand beißen mussten, die jungen, voll in Saft stehenden Männer wanderten dagegen aus: in Südamerika, Australien und ausgerechnet in der jetzt wie vor achttausend Jahren wieder grünen Sahara fanden die gut ausgebildeten unter ihnen mühelos Aufnahme. Zunächst jedenfalls. Denn als die Wirtschaftsflüchtlinge aus Europa nicht in Tausenden, sondern bald in Millionen zu zählen waren, war plötzlich Schluss damit. Natürlich gab es dann Menschenschmuggel und manchmal Gefechte auf hoher See, aber die Einzigen, die man noch legal aus Europa einreisen ließ, waren Frauen unter zwanzig; sie waren für Bordelle bestimmt, seit Jahrtausenden fester Bestandteil menschlicher Gesellschaft, keine Katastrophe konnte je etwas daran ändern.

Und wie immer, für das Desaster fanden sich im Lande keine Schuldigen. Das heißt, man hätte sie finden können - schließlich gab es Jahrzehnte hindurch genug Warnungen, dass man die Natur nicht so sinnlos ausbeuten dürfe und vor allem mit dem kostbarsten Element der Erde, dem Wasser, sparsamer umgehen müsse -, aber die den Staat okkupierenden Parteien wussten von sich abzulenken, sagten, die Dürre wäre Schicksal, und Schicksal könne man bekanntlich nicht vorhersehen, und überhaupt, in Zeiten der Not, müsse man zusammenstehen statt mit Schuldzuweisungen um sich zu werfen. Und dann standen sie da, im Parlament, und beteten für den Regen. Bis es zu spät war. Es nützte nichts, den bis auf Haut und Knochen abgemagerten und schon arg senil wirkenden Wurmbader zum Bundeskanzler zu wählen, der Karren steckte schon zu tief im Treibsand, um noch sinnvoll gegenzusteuern.

Gut, er tat, was er konnte, und es gab sofort eine Flut neuer Verordnungen und Gesetze - man sprach damals vom Großen Wassergesetz -, aber sie konnten nur zum Teil in die Tat umgesetzt werden, vor allem die ganz großen Vorhaben, der Bau der Rhein-, und Donaustauseen zum Beispiel, scheiterten zuerst an den Bewohnern der zu überflutenden Landstriche, dann an fehlenden Mitteln und zuletzt am Widerstand der flussabwärts liegenden Länder, die für den Fall des Falles so lange mit Krieg drohten, bis kein Wasser zum Stauen mehr da war.

Theo beugte sich vor in seinem Stuhl und suchte, um die Ecke schauend, nach neuen Opfern. Aber auf der Straße waren kaum Leute zu sehen, wenn überhaupt, dann gingen sie auf der anderen Seite, er wurde das Gefühl nicht los, jemand hätte sie vor ihm gewarnt. Sicher, er könnte aufstehen, hinübergehen und sich eine x-beliebige Frau zur Kontrolle aussuchen, aber das war ihm zu viel Aufwand, er war ja nicht mehr der Jüngste. Außerdem konnte er warten. Der Tanzsaal, früher Disco genannt, war schließlich auf seiner Seite der Straße, und tanzen, das wollten die jungen Leute immer, früher oder später werden sie schon kommen, ja an ihm vorbeikommen müssen, dann wird er genügend Frauen zum Begutachten haben, dem omnipotenten Wassergesetz sei Dank.

Er erinnerte sich noch gut, wie der 22. Zusatzartikel im Bundestag debattiert, verschoben, wieder debattiert und schließlich nach Monaten zusammen mit einer Grundgesetzänderung verabschiedet wurde. Kein Gesetz wurde je so hart umkämpft wie dieses, nie wurde so viel Kreide verbraucht wie bei der Berichterstattung über, und der Meinungsmache für und wider die Lex Pubes, vom Volk abfällig Zottelerlass genannt.

Dabei begann alles ganz unauffällig mit einem Artikel eines Ethnologen an der Mauer des Völkerkundemuseums in München, in dem er über eine in Schwarzafrika seit Jahrhunderten übliche Form des Wassersparens referierte und laut über die Möglichkeit nachdachte, diese Form auch in Deutschland einzuführen. Das war an und für sich nicht verwunderlich, jeder war damals - und ist hoffentlich auch heute! - daran interessiert, Wassersparvorschläge zu machen, schließlich winkten einem bei jedem ernstzunehmenden Vorschlag Tausende von Euros seitens der Bundesregierung, nicht wahr? Aber in diesem Fall war die Reaktion der so genannten Öffentlichkeit anders als sonst, ganz abgesehen von der Weigerung der Regierung, die versprochene Belohnung auszuzahlen - angeblich wegen des fehlenden Innovationsgehalts des Vorschlags, eine Unverschämtheit angesichts der Tatsache, dass gerade dieser Bericht zu Lex Pubes geführt und letztlich Wassereinsparungen ermöglicht hat, die bereits heute, den ersten Hochrechnungen zufolge, in Tausenden von Hektolitern jährlich zu messen waren.

Nun, normalerweise liest kein Schwanz die Berichte der Völkerkundler - man hat schließlich genug mit sich selbst zu tun, nicht wahr? -, aber diesmal lag der Fall anders, oder anders gesagt, die besagte Wandzeitung lag im Blickwinkel einer jungen Nonne des nahe gelegenen St.Anna-Klosters auf ihrem Weg zum Isartor, wo sie allabendlich bei der Speisung der Armen half. Im Nachhinein betrachtet konnte es gar nicht ausbleiben, dass irgendeine Nonne jene Wandzeitung las - die weiblichen Orden erfreuten sich wegen der wenig schmeichelhaften Alternativen eines enormen Zulaufs -, aber diese eine war besonders empfindsam und besaß zudem noch den Mut, die Ungeheuerlichkeit des Vorschlags ihrem Spiritual zuzuflüstern, der, dem Namen Schlafinger verpflichtet - man munkelte, er wäre mit einem bedeutenden, einst für Glaubensfragen zuständigen Kurienkardinal und späteren Papst eng verwandt -, gar nicht anders konnte als die ganze Geschichte weiter zu tragen, bis der Erzbischof von München und Freising ein feuriges, seinem Amt und Alter nicht mehr zuzutrauendes Pamphlet veröffentlichte, natürlich an der Südseite des Doms und natürlich in großen, violetten Lettern - weiß der Teufel, wo sie die farbige Kreide her hatten.

Und da seit jeher alles, was das bischöfliche Ordinariat oder gar der Bischof persönlich zu sagen haben peinlich genau ver- und befolgt wird, war das der Beginn des Unglücks, eines Unglücks allerdings, das von den Grünen sowie einigen perversen aus unerfindlichen Gründen Schlagzeiler genannten Personen schon zu jenem frühen Zeitpunkt als Segen für die Menschheit bezeichnet wurde. Zwar waren die wesentlichen Stellen des Pamphlets aus Jugendschutzgründen in lateinischer Sprache verfasst, trotzdem wusste bald das ganze Land, worum es darin ging: Der Bischof geißelte in scharfer Form den Versuch gewissenloser Kreise, die allgemeine Not zu missbrauchen, Menschen zu unzüchtigen Handlungen zu verleiten. Er sagte nicht, wer diese Kreise waren, auch die Handlung direkt zu benennen vermied er geschickt, aber er sagte doch genug, um bei seinen Schäfchen einen Sturm der Entrüstung zu entfachen. Und diese Entrüstung war echt, sie alle wussten: Es ging um ihr Fell. Buchstäblich.

Ja, nichts weniger als ihr Haar sollten sie opfern. Nicht das Haupthaar, darüber ließe der Bischof vielleicht mit sich reden, nein, das Schamhaar war das Thema des Ethnologen und zwangsläufig auch das des Bischofs. In der Folge stritt das ganze Land um Sitte und Moral, Tradition und Fortschritt. Die Schamhaare seien dem Menschen von Gott gegeben, damit er seine Blöße bedecke, und der Mensch hätte nicht das Recht, sich dem Willen Gottes zu widersetzen, tönten die einen. Das sei zwar brillant formuliert, aber leider unlogisch, konterten die anderen frohlockend, denn erstens verdeckten die Haare bei Männern nichts, und zweitens, wenn das mit dem Gotteswillen so stimmen würde, dürfte sich wohl der Papst seiner ebenso gottgegebenen Barthaare nicht tagtäglich durch Rasur entledigen.

Um bei ihren Erklärungsversuchen nicht zwischen den Bart- und Schamhaaren des Papstes unterscheiden zu müssen, vergaßen die Kleriker ihren Gott ganz schnell und öffneten einen neuen Kriegsschauplatz indem sie erklärten, jeder Mensch habe laut Verfassung das Recht auf körperliche Unversehrtheit, ergo könne niemand gegen seinen Willen seiner Haare beraubt werden. Außer, zitierten daraufhin die anderen süffisant den gleichen Artikel der Verfassung, ein Gesetz bestimme das. Damit landete die Angelegenheit im Parlament, wo sich die Schwarzberockten wie immer in solchen Fällen und ungeachtet der Not im Lande mit Händen und Füßen dagegen wehrten, die Schamhaarentfernung von Staats wegen anzuordnen.

Ihre Würde würde darunter leiden, erklärten sie, ein Mensch wäre ohne Schamhaare kein Mensch mehr, sondern ein nackter Affe. Das sei der Mensch ohnehin, erklärten darauf die anderen heiter und verwiesen auf das zu achtundneunzig Prozent mit dem Schimpansen identische Genom. Sie betonten, dass bei diesem Unterschied das Großhirn und somit das Innere und nicht das Äußere eines Menschen wichtig sei, denn Aff bleibt Aff und Schelm bleibt Schelm, selbst wenn sie beide in Samt und Seide daherstolzieren, daher könne auch seine Würde nicht durch eine Äußerlichkeit verletzt werden, das Schneiden des Haupthaars durch Friseure sei schließlich weder eine Körperverletzung noch verstoße sie gegen die Würde des Menschen.

Auch diesmal verzichteten die Gotteskrieger auf den metaphysischen Unterschied zwischen dem Haupt- und Schamhaar hinzuweisen, sie beschränkten sich vielmehr darauf, das drohende Unheil abzumildern und preschten plötzlich und zur Überraschung aller mit einem eigenen Gesetzesvorschlag vor. Natürlich war dieser viel gemäßigter als der ihrer Gegner, aber er enthielt einige Details, die sofort, wenn nicht die Zustimmung, so doch Wohlwollen bei einem großen Teil der Parlamentarier auslöste. Gewiss, dieser Teil bestand fast ausnahmslos aus Männern, aber warum dem so war, wurde erst klar, als es zur ersten Lesung kam: Das Gesetz sollte nur für Frauen gelten.

Es gab sofort einen Aufstand im Lande. Die trotz massiven Bevölkerungsrückgangs noch immer in Tausenden zu zählenden Gleichstellungsbeauftragten der Frauen waren eine zwar verbeamtete, aber keinesfalls lahme Truppe. Für den Marsch auf Berlin, wo sie die Parlamentarier unter Druck setzen wollten, brachten sie binnen weniger Tage Zehntausende auf die Beine, doch die gleichzeitig aus allen Teilen Deutschlands startenden Gruppen kamen nicht weit, allein die aus weniger entfernten Orten erreichten die Hauptstadt, die anderen mussten vorzeitig umkehren, aus Erschöpfung wie es hieß. Sie hätten, um ihre schweren Transparente tragen zu können, zu wenig Wasser mitgenommen, es erging ihnen ein wenig wie vor beinahe tausend Jahren den Kreuzrittern bei Hattin, die, als sie gegen Saladin zogen, statt des Wassers lieber das Wahre Kreuz mitführten, um dann in der Wüste elend zu verdursten oder geschwächt von Sarazenen erschlagen oder gefangengenommen zu werden.

Freilich, die Frauen, die es trotzdem bis Berlin schafften, machten dort, auf dem Platz der Großen Einheit des deutschen Volkes, noch genügend Rabatz. Sie rammten ihre großen, mit Parolen wie Meine Scham gehört mir! oder Nieder mit dem § 318! beschriebenen Transparente zwischen die Marmorplatten und erklärten, sie würden nicht eher weichen, bis der 22. Zusatzartikel zum § 318 gestrichen oder wenigstens der frauendiskriminierende Passus darin geändert würde. Um den Ernst ihres Anliegens zu demonstrieren, schlugen sie auf dem Platz ihre Zelte auf und richteten sich auf längeres Kampieren ein. Der Bundeskanzler, in jungen Jahren selbst ein Sit-in-Kämpfer, war damit allerdings nicht zu beeindrucken. Er ließ verlauten, man wolle sich dem Druck der Straße keinesfalls beugen, sondern das Gesetz so schnell wie möglich Wirklichkeit werden zu lassen, die Lage der Nation erfordere dies.

Aber dann ließ er doch mit sich reden und empfing eine Delegation der zu allem Entschlossenen. Er hörte sich ihre Klagen geduldig an und versprach, die Angelegenheit noch einmal von einer unabhängigen Kommission prüfen zu lassen. Die Zusicherung des Bundeskanzlers, in dieser Kommission würden Frauen paritätisch vertreten sein, feierten die Streitbaren wie einen Sieg, jedenfalls sangen sie als sie abzogen das Lied Noch sind Frauen nicht verloren.

Aber es kam, wie es kommen musste: Mit einer totalen Niederlage.

In der Politik wird eben nie das gemacht, was vernünftig, sondern was machbar ist, und bei einer Angelegenheit wie dieser waren sich alle Männer aller Parteien einig. Das Parlament verabschiedete im Eilverfahren und mit großer Mehrheit ein Gesetz, das zwar alle Staatsbürger verpflichtete, ihr Schamhaar zu entfernen oder es zumindest nicht über einen Millimeter Länge hinauswachsen zu lassen, doch in den Durchführungsbestimmungen wurde der männliche Teil der Bevölkerung davon so lange befreit, bis die Wissenschaft eine befriedigende Definition und vor allem eine praktikable Messmethode dafür liefere, was bei Männern als Schamhaar zu gelten habe. Denn, so die Begründung, anders als bei Frauen gehe das Schamhaar bei Männern meistens nahtlos in die restliche Körperbehaarung über, eine Grenze zwischen den beiden - und damit auch eine etwaige Gesetzesverletzung - sei nicht eindeutig feststellbar.

Dieses Argument schien an Haaren herbeigezogen - die Männer sollten sich gleich alle Körperhaare entfernen, forderten zurecht die Frauen, so könne man noch viel mehr Wasser sparen -, doch die öffentliche Diskussion zeigte bald, dass die Sache weit komplizierter war, als auf den ersten Blick sichtbar; es kommt bei der Umsetzung eines Gesetzes nicht nur auf das Was, sondern auch auf das Wie an. Zuerst wollte man den Bürgern genau vorschreiben, wie sie ihr Schamhaar im Schach halten sollten, doch angesichts der prekären wirtschaftlichen Lage des Landes gab man den Plan auf.

Es gab ohnehin nicht sehr viele Möglichkeiten:

Weil die kleinen, größtenteils auf menschlicher Muskelkraft basierenden Kraftwerke kaum in der Lage waren, die Operationssäle, das Militär und - mit Abstrichen - die Polizei mit elektrischen Strom zu versorgen, fiel alles Strombetriebene von vorneherein aus. Nachdem Wissenschaftler in einem Feldversuch festgestellt hatten, dass eine Nassrasur, einmal wöchentlich ausgeführt, noch gewisse Wasserersparnisse beim späteren Waschen brächte, schien dies eine Alternative zu sein, doch als man berechnet hatte, dass man für den Import der Rasierklingen genauso viel Geld ausgeben müsste, wie sonst für den Import des Wassers, das man damit sparen würde, war auch dieser Plan bald ad acta gelegt. Was blieb, war allein das Zupfen. Gut, bestimmte Bevölkerungsschichten würden sich Rasierklingen oder gar Batterien für die elektrischen Rasierapparate leisten können, und wirklich Betuchte würden sicher in der Lage sein, sich epilieren oder dauerhaft lasern zu lassen, aber für weite Teile der Bevölkerung - das stand schon bei der Verabschiedung des Gesetzes fest - würde nur diese billigste Art der Haarentfernung übrig bleiben.

Und weil man wusste, dass diese Methode nicht ganz schmerzfrei ist, konnte man natürlich nicht gleich die große Lösung, die Entfernung jegliches Körperhaars, anpeilen, denn jedem war klar, dass man damit vor allem die Männer sehr hart treffen und gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz verstoßen würde. Die Kritiker verwiesen zurecht darauf, dass dies auch für Frauen zu gelten habe, doch sie wurden zum Schweigen gebracht mit dem Hinweis, dass das Gesetz ja alle verpflichte, lediglich in der Anwendung gäbe es für die Männer eine zeitlich begrenzte Ausnahme. Nachdem man noch versichert hatte, das Befolgen des Gesetzes nicht gleich zu kontrollieren, sondern erst einmal auf Einsicht der Betroffenen zu hoffen, legte sich die Aufregung allmählich, lediglich von Zeit zu Zeit, wenn eine Schauspielerin oder sonst eine Prominente negativ auffiel, gab es für ein paar Tage saftige Schlagzeilen.

Desdemonadarstellerin zeigte Schamhaare auf offener Bühne - ist das noch Kunst? titelte zum Beispiel die SCHRIFT-ZEITUNG, die größte Wandzeitung Deutschlands, und löste damit eine Diskussion aus, die noch heute andauert.
„Meine Klientin hat sich die Schamhaare extra für diese Rolle wachsen lassen“, erklärte ihr Anwalt und fügte hinzu, man sei entschlossen, für die Freiheit der Kunst bis zum Bundesverfassungsgericht zu gehen.
Natürlich sah der Staatsanwalt die Sache ganz anders.
„Shakespeare“, erklärte er, „lebte zwar in einer Zeit, als die Schambehaarung noch üblich war, doch ob er seine Desdemona mit oder ohne Schamhaare konzipiert hatte, entzieht sich unserer Kenntnis.
Deswegen, führte der Staatsanwalt weiter aus, würde eine Desdemona, gespielt von einer schamhaarlosen Schauspielerin, genauso glaubwürdig sein, wie jede andere auch, jetzt zu sagen, man habe aus künstlerischen Gründen das Wassergesetz nicht beachten können, sei eine Ausrede und ein Hohn für alle rechtschaffenen Frauen, die sich tagtäglich der schmerzlichen Prozedur unterzögen, um damit dem Vaterland in seiner schwersten Phase beizustehen.

Es gab dann eine Zeitlang heiße Diskussionen um die Freiheit der Kunst, doch der Fall verschwand, wie alle vor ihm, bald von den Wänden und in die Mühlen der Justiz. Dass dies ein paar Monate zuvor mit einem anderen, genauso gewöhnlichen Fall nicht geschehen war, konnte sich jetzt keiner mehr erklären, doch alle Beobachter waren sich einig, es sei Fürstin von Turm und Droschke gewesen, die dem Zottelerlass letztlich zum Durchbruch verhalf. Es begann alles ganz harmlos mit einem Bericht über die Fürstin, die in ihren jungen Jahren wohl sehr lebhaft war, nun aber zurückgezogen auf der Familienburg lebte. Dass diese Zurückgezogenheit nicht nur mit ihrem Alter zu erklären sei, war natürlich eine Unterstellung des Berichterstatters, aber sie basierte immerhin auf der Tatsache, dass die großen Ländereien der Fürstin jetzt allesamt Wüste und nichts mehr wert waren.

Kurz gesagt, es wurde behauptet, die Fürstin wäre knapp bei Kasse gewesen und ausgerechnet ihr Friseur fühlte sich berufen, dem zu widersprechen: In einem Interview erwähnte er beiläufig, die Fürstin ließe sich nach wie vor jede Woche bei ihm oben und unten frisieren. Das war sicher gut gemeint, aber auch die Wandzeitungen haben Ohren, oder wie das Beispiel der jungen Nonne zeigt, es lesen sie Leute, die ein feines Gespür dafür haben, was erlaubt ist und was nicht.

Skandal, Fürstin lässt's wachsen!, empörte sich als Erste die besagte größte Wandzeitung Deutschlands, dann kam Unglaublich, der Staat sieht tatenlos zu!, und als die Fürstin nur die Minimalstrafe von hundert Euro zu bezahlen hatte, Die kleinen fängt man, die Großen lässt man laufen!, um sich zuletzt mit Deutschland, eine Zweiklassengesellschaft? gleich ins Grundsätzliche zu steigern.

Das Fragezeichen hätte man sich sparen können, aber man konnte eine Fürstin, obwohl Wiederholungstäterin, wirklich nicht zur Zwangsarbeit verurteilen, oder? Man stelle sich nur vor: Eine Fürstin, nackt, auf einem umgebauten Fahrrad! Wenn die Fürstin jung wäre, gut, das könnte noch gehen, aber eine alte Dame?

Das war für Theo ohnehin keine Frage der Abstammung, sondern der Pietät, schließlich wisse jeder, wie ein Fahrradsattel aussieht. Es erschien ihm auch aus Gründen der Effektivität wenig sinnvoll, alte Frauen zum Dynamotreten zu verurteilen, jedem, der sie schon beim Fahrradfahren gesehen hat, müsste klar sein, dass da kein nennenswertes Output zu erwarten war.

Deswegen kontrollierte Theo bevorzugt junge Frauen. Nicht ausschließlich, doch wenn es sich irgendwie einrichten ließ, schnappte er sich nur die jungen. Die alten ließ er passieren. Unbehelligt. Er tat einfach so, als sähe er sie nicht. Das konnte er, das lag in seinem Ermessensspielraum. Obwohl das nicht immer einfach war, nein, durchaus nicht. Es gab nämlich auch Frauen, bei denen er das Gefühl hatte, dass sie unbedingt kontrolliert werden wollten. Das äußerte sich auf mannigfaltige Weise. Zum Beispiel, indem sie die Straßenseite wechselten, wenn sie seiner ansichtig wurden - allerdings auf die seine. Oder sie lachten im Vorbeigehen laut. Oder sie suchten Blickkontakt. Oder ...

Plötzlich sah er wieder ein Opfer. Blond. Das heißt, eigentlich waren es zwei. Wahrscheinlich Mutter und Tochter. Ja, unverkennbar Mutter und Tochter, beide trugen Zöpfe. Das machte auch die Mutter interessant. Er stand halt auf Zöpfe. Für ihn gab es nichts Schöneres als eine Frau mit Zopf. Oder mit einem Hut. Doch leider trugen Frauen schon lange keine Zöpfe mehr. Wegen der Hitze waren lange Haare aus der Mode gekommen, Zöpfe also eine Mangelware. Und da gingen gleich zwei Zöpfe spazieren. Theo konnte sein Glück kaum fassen.
Er sprang aus seinem Versteck.
"Halt!", rief er und baute sich in all seiner Größe vor ihnen auf.
Sie wichen zurück, die Mutter ihre Tochter umarmend.
"Wasserpolizei!", sagte er mit ruhiger Stimme, "Bitte folgen Sie mir."
Ohne eine Antwort abzuwarten, drehte er sich auf den Fersen um und verschwand in seinem Unterstand. Er setzte sich und wartete. Sie kamen nicht sofort, doch er wusste, dass sie kommen würden, auf Widerstand gegen die Staatsgewalt standen mindestens drei Monate Zwangsarbeit.
„Ausweise, bitte!“
Er nahm die Steine und tat, als ob er sie prüfte, doch in Wirklichkeit überlegte er nur, welche der beiden Frauen er sich zuerst vornehmen sollte.
„Machen Sie sich bitte frei!“ sagte er in strengem Ton, um dann, nach kurzer Verzögerung freundlicher hinzuzufügen: „Nur unten herum, bitte, Rock hochheben genügt.“
Sie taten es nicht widerspruchslos, vor allem die Tochter schien wenig gewillt, dem alten Polizisten den Gefallen zu tun.
„Ich verlange eine Polizistin!“, sagte sie laut, dabei nicht ihn, sondern ihre Mutter anschauend.
„So, so, Polizistin“, antwortete Theo langsam und hob den Blick widerwillig vom Saum ihres Rockes, wohin er seit dem Augenblick ihres Eintretens gestarrt hatte.
„Ja, ich habe ein Recht darauf, von weiblichem Personal untersucht zu werden!“
„Schon recht, junge Dame“, sagte Theo ernst, um gleich danach leicht süffisant fortzusetzen, „aber hier gibt es keine Polizistin - die einzigen weiblichen Wesen sind Sie und ihre Frau Mutter.“
„Das interessiert mich nicht - dann rufen Sie welche aus dem Revier!“
„Rufen!?“, rief Theo verwundert und wandte sich an die Mutter. „Wollen auch Sie, dass ich telefoniere?“
„Ja.“
„Aber das kann dauern.“
„Wie lange?“
„Hängt davon ab. Wenn gerade keine Polizistin frei ist, auch Stunden.“
„Stunden? Das ist wohl nicht Ihr Ernst!“
„Doch, gnädige Frau. Gerade letzte Woche hatten wir einen Fall, wo …“
„Das ist egal!“, mischte sich die Tochter wieder ein, „Wir können warten.“
„Wie Sie wollen“, sagte Theo und hob resignierend die Arme. Er stand auf und ging zu seinem Fahrrad, wohl, um das Funkgerät in Betrieb zu nehmen, das auf dem vorderen Gepäckträger befestigt war. Schnell klappte er den Deckel auf, machte ein paar Handgriffe und sagte, den Hörer schon in der Hand und sich halb zu den Frauen wendend: „Nun, welche von den Damen möchte Dynamo treten?“
„Dyn…Dynamo treten?!“
Es war die Tochter, die das sagte, doch schienen beide Frauen überrascht. Sie schauten zuerst einander ungläubig, dann beide Theo an.
„Ganz recht. Ich kann das ja nicht, ich muss das Gerät bedienen.“
„Also … also das ist unerhört - wir sind doch keine Strafgefangenen!“
„Sicher, und es tut mir echt leid. Aber Sie wissen ja, die Batterien sind teuer und der Staat hat kein Geld.“
„Kein Geld, um einen Satz Batterien zu kaufen?!“, rief erbost die Tochter. „Die kosten doch höchstens zwanzig Euro!“
„Ganz recht, gnädige Frau, aber seitdem wir dieses Wassergesetz haben, müssen wir viel mehr telefonieren als sonst. Ich meine, viele Frauen sind wie Sie und wollen lieber von einer Polizistin untersucht …“
„Ah?! Sind am Ende wir schuld, dass der Staat kein Geld für Batterien hat, was?“
„Na ja, irgendwie schon. Sehen Sie …“
„Ach! Ersparen Sie uns die Erklärungen - das ist doch ein selbstgemachtes Problem. Wenn man von vorneherein nur Polizistinnen dieses lächerliche Gesetz überwachen ließe, dann müsste niemand telefonieren. Aber nein, man schickt Männer!“
„Okay, in gewisser Weise haben Sie Recht. Aber erstens haben wir nicht genug Beamtinnen, um nur mit ihnen unserer Überwachungspflicht nachzukommen, und zweitens stünden wir Männer dann tatenlos umher, was wieder zu Vorwürfen führen würde, wir täten nichts für unser Geld.“
„Ah, Sie hätten sonst nichts zu tun? Interessant, wie unsere Steuergelder verschwendet werden!“
„Denken Sie, ich sitze gerne hier? Aber es gibt nun mal keinen Verkehr zu regeln mehr. Und wo kein Verkehr, da auch keine Unfälle, die aufzunehmen wären. Und denken Sie an den Bevölkerungsrückgang und die allgemeine Armut! Es gibt kaum noch Menschen, die auszurauben sich lohnen würde, ergo gibt es auch da weniger zu tun.“
„Ich sehe schon, dieses Wassergesetz wurde nur geschaffen, damit die Polizei was zu tun hat, was?“
„Bitte, sagen Sie das nicht. Es mag zwar so aussehen, weil ich Beamter bin und nicht einfach entlassen werden kann. Eigentlich müsste ich schon längst pensioniert werden, aber die Pensionsgrenze wurde immer wieder angehoben – Sie wissen ja, es fehlen die jungen Leute …“
„Und deswegen lauern Sie hier, um … uns … um uns … zu schikanieren!“
„Hüten Sie Ihre Zunge, junge Frau! Sonst ...“
„Los Heidelinde, steig auf’s Rad!“

Es war die Mutter, die Theo unterbrach. Er war zwar froh, dass er seine Drohung nicht aussprechen musste, aber er trat trotzdem einen halben Schritt näher an die Tochter heran, nur damit sie merkte, mit ihm wäre nicht zu spaßen. Und tatsächlich verfehlte das seine Wirkung nicht: Sie wandte ihren Blick ab und ging an ihm vorbei zum Fahrrad. Es war ein Männerrad und darauf zu steigen war für sie nicht so einfach, aber nachdem sie den Rocksaum bis zur Mitte der Oberschenkel hochgeschoben hatte, war es geschafft.
„Können wir?“, fragte sie dann, ihren Blick wieder auf Theo gerichtet.
Doch Theo schien sie weder zu sehen noch zu hören. Das heißt, er sah sie schon, wenn auch nicht ihr Gesicht. Es war ihr Hintern, an dem sein Blick hing. Oder besser, immer noch hing. Der ganze Vorgang des Aufsteigens dauerte nur ein paar Sekunden, doch das reichte Theo, um zu vergessen, wo er war. Er sah immer noch ihr Bein, ihren halb entblößten Schenkel, der unter dem engen, bis zum Zerreißen gespannten Rock in eine perfekte, runde Pobacke überging, die sich ihrerseits für einen kurzen Augenblick als die eine Hälfte des Herzens herausstellte, das ihr Hintern war.
„Was ist?“
Theo setzte sich in Bewegung. Widerstrebend, klar, aber die Pflicht rief. Zum Glück.
„Sie können schon anfangen“, sagte er, als er den Hörer in die Hand nahm. „Und bitte gleichmäßig drehen. Und auf den Zeiger hier schauen: Der muss immer über fünf sein, fällt er darunter, wird die Verbindung mangels Strom unterbrochen.“

Er stand ihr genau gegenüber – und schaute ihr in den Ausschnitt. Er wusste, vorgebeugt wie sie war, konnte sie nichts dagegen unternehmen. Sicher, sie könnte den Lenker loslassen und aufrecht auf dem Sattel sitzen, aber das wäre auf die Dauer zu anstrengend. Und dauern würde es, dafür wollte er schon sorgen. Erst würde er keine Verbindung zum Revier bekommen, und dann würde keine Kollegin frei sein. Und sie würden ihm auch nicht sagen können, wann eine verfügbar sein würde.

Also wird er wieder anrufen müssen. Und wieder. Bis sie aufgeben wird. Bis sie beide aufgeben werden. Denn irgendwann geben sie alle auf. Gut, sie waren zu zweit und könnten sich abwechseln. Aber er rechnete nicht damit, dass auch die Mutter aufs Rad steigen würde. Zu mühsam bei der Hitze. Er, sie und ihre Tochter schwitzten schon jetzt. Vor allem die Tochter.
„Der Sattel ist zu hoch. Ich komme unten kaum an die Pedale.“
„Dafür kann ich nichts. Leider. Ist Standard.“
Natürlich war das gelogen. Es gab keinen Standard und wie der tiefere Lenker, war auch das Absicht. Wenn er schon auf seine alten Tage noch arbeiten musste, dann wollte er auch was davon haben, nicht wahr? Zu gern hätte er jetzt hinter ihr gestanden und zugesehen, wie sich ihr herzförmiger Hintern hin und her bewegt. Und ein bisschen nach unten und ein bisschen nach oben. Wie auf einer Waage, dem hohen Sattel sei Dank.

So ein hoher Sattel bewirkte eben Wunder. Vor allem in Form von geröteten Mösen. Er wusste genau, wie sie aussahen, wenn sie sich eine Zeitlang an seinem Sattel gerieben hatten. Eine Pracht würde sie sein. Eine pralle Pracht.

Deswegen war ihr Hintern jetzt keine richtige Versuchung mehr für ihn. Er war schließlich wegen der kahlen Mösen hier. Mösen, die sie ihm zeigen mussten. Jawohl! Hätten sie gleich die Röcke gehoben, wäre das in einer Minute erledigt gewesen. Aber nein, sie mussten verschämt tun und auf ihrem Recht beharren! War ihm doch egal, wer sich wie lange an seinem Sattel wetzte – ihm würde auch so nicht langweilig.

Theo hob den Hörer ans Ohr und tat, als wartete er, dass sich jemand meldete. Seine Augen richtete er zuerst gegen Himmel, pardon: Segeltuch, aber bald fand sein Blick das Dekolleté der jungen Frau wieder, das jetzt, in Bewegung geraten, ab und zu tiefe Einblicke gewährte.

Ich kann warten, dachte er, während er ungeniert die Frau betrachtete, aber ob sie das auch kann, wird sich noch zeigen. Ihr Gesicht wies schon eine leichte Rötung auf, und er war sich nicht sicher, ob das nur von der Anstrengung kam – er war lange genug in diesem Job, um zu wissen, dass es auch andere Quellen dafür gab.

 


Kommentare

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