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Plötzlich und unsanft glitt Anna aus einem tiefen Schlaf zurück in das Bewusstsein und in die Realität, mischte sich in einen verworrenen und bizarren Traum, an den sie sich bereits im Moment ihres Erwachens kaum noch bewusst erinnern konnte, die Wahrnehmung, wie jemand an ihren Schultern rüttelte und eine aufgeregte Stimme ungeduldig auf sie einredete: „Los, aufwachen! Komm schon, werd’ wach!“
Es dauerte einige Sekunden, ehe Anna realisiert hatte, dass sie geschlafen hatte und gerade aus dem Schlaf in die Wirklichkeit zurückkehrte. Als sie ihre Augen aufschlug, blickte sie zu ihrem Verdutzen in ein Paar fremder Augen. Deren Pupillen waren geweitet, was sie noch etwas größer und runder erscheinen ließ, als sie es ohnehin waren. Ein schlanker Nasenrücken trennte sie voneinander, unterhalb der Nase lag ein Paar zartrosafarbener Lippen. Langes, seidig schimmerndes Haar rahmte das Gesicht ein, fiel seiner Trägerin bis über die Schultern herab, auf einen hübschen und üppigen Busen. Am Rande ihres Blickfeldes registrierte Anna zwei kreisrunde, hellrosafarbene Brustwarzen. Es war ein wunderschönes, fast engelsgleiches junges Mädchen, das über sie gebeugt dastand, und sie unsanft aus dem Schlaf in die Realität holte.
„Was soll das hier? Wo bin ich? Wer bist du?“ Das fragte nicht Anna das junge Mädchen, sondern dieses sie!
Anna wusste und verstand gar nichts. Die genau gleichen Fragen, die gerade an sie gerichtet worden waren, stellte auch sie sich. Langsam richtete sie ihren Oberkörper, auf ihre Unterarme gestützt, auf. In ihrem Kopf hämmerte und brummte es. Vorsichtig bewegte sie ihn in die Richtung des jungen Mädchens und blinzelte es benommen an.
Blitzartig schnellte das Mädchen zurück, legte einen Arm über seine Brüste und bedeckte mit der Hand des anderen Arms seinen Intimbereich. Anna ließ ihren Blick über den schlanken, zierlichen Körper des Mädchens wandern, über seinen Busen, vor den es einen Arm presste, seinen Bauch und Nabel, seinen hinter einer Hand verborgenen Intimbereich und seine Beine, bis hin zu seinen Füßen. Es war völlig nackt.
Annas Blick wanderte wieder zurück zum Gesicht des Mädchens. Es war einfach unbeschreiblich niedlich, mit seinen großen Kulleraugen, seiner schlanken Nase und weichen Lippen, umgeben von langem, hellblondem Haar. Obwohl das Mädchen bereits in der vollen körperlichen Blüte einer ausgewachsenen jungen Frau stand, schätze Anna, dass es noch ein Teenager sein musste, allerhöchstens achtzehn oder neunzehn Jahre alt.
„Glotz mich nicht an!“ versuchte das Mädchen sie anzufauchen, doch seine Stimme klang zittrig und ängstlich, längst nicht so herrisch und selbstbewusst, wie sie es wohl sollte. In den Augen des Mädchens glänzten Tränen.
Aufforderungsgemäß wandte Anna ihren Blick von ihm ab. Sie versuchte, einen klaren Gedanken zu fassen, doch ihr Kopf quittierte dieses Bemühen mit einem sprunghaft anschwellenden Hämmern von innen gegen ihre Schläfen.
„Was willst du von mir?“ fragte das Mädchen leise, in anklagendem Ton und mit angstvoller, tränenerstickter Stimme. „Bitte, ich will nach Hause!“ wimmerte es.
Anna richtete sich weiter auf. „Ich…“, hob sie an, ohne zu wissen, was sie eigentlich sagen wollte. Sie erschrak ob des seltsam belegten Klangs ihrer Stimme. Ihre Arme und Beine schmerzten. In ihren Ohren hallten seltsame Geräusche wider: ein hohl klingender Schlag, ein dumpfes Klatschen, Quietschen.
Squash! Die Erinnerung schoss wie ein schmerzhafter Blitz durch ihren brummenden und hämmernden Kopf. Sie hatte mit Christina Squash gespielt, und sie hatten ihre Partie auch beendet, waren dann zusammen in die Umkleide gegangen. Nach dem Duschen hatten sich ihre Wege getrennt: Christina war noch in die Sauna gegangen, Anna hatte sich bereits wieder angezogen und war nach Hause gefahren.
Moment, hatte sie sich angezogen und war nach Hause gefahren? Ihre Kopfschmerzen gewannen rapide an Intensität, während Anna sich zu erinnern versuchte. Ein Gefühl kam in ihrer Erinnerung zurück, das Gefühl, frisch geduscht in ihrer Kleidung zu stecken. Mehr als das war aber nicht da.
Sie schaute an sich herab, und sah ein weinrotes, dünnes und langärmliges Ripshirt mit Rollkragen, dunkle Bluejeans, Sneakers – kein Zweifel, das waren ihre Sachen! Anna konnte sich nicht erinnern, ob sie genau diese nach dem Duschen angezogen hatte. Aber sie wusste doch genau, dass sie ein solches Outfit besaß.
Dunkelheit war die nächste Erinnerung, die aus den Tiefen von Annas Gehirn an die Oberfläche ihres Bewusstseins auftrieb. Es war dunkel draußen gewesen, als Christina und sie ihre Squash-Partie beendet hatten. Das hatte sie durch die hoch angebrachten, milchverglasten Fenster der Sporthalle sehen können, als sie von ihrem Squash-Platz zur Umkleide gegangen war. Und, ja, es hatte auch geregnet.
Langsam kamen mehr und mehr Erinnerungen zurück. Christina und sie waren so ziemlich die letzten in der Sporthalle gewesen. Jedenfalls die letzten Frauen, denn in der Umkleide und unter der Dusche waren sie allein gewesen. Allzu spät konnte es aber auch noch nicht gewesen sein, denn Christina war ja noch in die Sauna gegangen. Richtig, es war ja Dezember. Ein dunkler und nasskalter Dezembertag. Ein Wochentag.
Anna wollte auf ihre Armbanduhr schauen, aber – diese fehlte! Sie trug gar nichts am Handgelenk. Hatte sie sie nicht wieder angelegt? Doch, bestimmt hatte sie das, denn sie trug sie wirklich immer außer, eben beim Sport. Ohne fühlte sie sich immer irgendwie unvollständig, und konnte sich nicht vorstellen, dass sie noch immer in ihrer Tasche war.
Ihre Tasche. Langsam hob Anna ihre Beine an und drehte sich auf ihrem Po auf dem, was, wie sie bemerkte, eine gepolsterte Liege war. Sie suchte den Boden ringsum mit ihren Blicken ab, ihre Sporttasche stand aber nirgendwo. Vorsichtig stellte sie ihre Füße auf den Boden und drückte sich mit den Händen ab. Sie schwankte zunächst, hielt sich an der Liege fest, und fand schließlich einigermaßen sicheren Stand.
Das nackte blonde Mädchen wich noch einen Schritt weiter von ihr zurück, ohne die Deckung seiner intimen Körperstellen aufzugeben. „Los, jetzt antworte mir endlich!“ forderte es, vergeblich um Festigkeit seiner Stimme kämpfend.
Wie lange war es her, dass das Mädchen sie geweckt hatte? Es kam Anna wie mindestens eine halbe Stunde vor, ihr Verstand arbeitete aber bereits wieder so weit, dass sie sich dachte, dass es in Wahrheit wohl nur ein kurzer Moment gewesen sein konnte. Sonst hätte das Mädchen schon sehr viel eher mit seinen Fragen nachgehakt.
„Ich weiß nicht“, murmelte Anna mühsam.
„Verarsch mich nicht!“ schrie das Mädchen und begann zu schluchzen. „Warum machst du das mit mir? Ich will nach Hause!“
Anna fühlte sich noch zu benommen, um Notiz davon zu nehmen. „Was passiert ist“, knüpfte sie an ihre letzten Worte an. „Ich war beim Squash“, ordnete sie ihre Gedanken und Erinnerungen durch lautes Aussprechen nochmals, mehr für sich selbst, als dass sie mit dem Mädchen sprach, „abends, nach Feierabend. Mit einer Freundin. Wir haben zusammen geduscht, sie ist in die Sauna gegangen, ich habe mich angezogen und -“ Anna schaute auf, dem Mädchen in die Augen.
Sie sah noch immer Tränen aus diesen rinnen, doch bemerkte sie auch, wie seine Schluchzer mit einem mal abebbten. Das Mädchen schluckte. „Dann“, hob sie unsicher und fragend an, „warst du das gar nicht?“
„Was war ich“, wiederholte Anna monoton, mehr als dass sie es als Frage formulierte.
„Die mich entführt hat“, gab das Mädchen zurück, seine Stimme wurde zunehmend ruhiger und beherrschter.
„Entführt“, sagte Anna langsam und leise, wiederum eigentlich nur laut denkend – oder zu denken versuchend – als antwortend oder rückfragend.
Das Mädchen schluckte nochmals und schniefte. „Ich war auf dem Weg nach Hause, schon in meiner Straße. Auf einmal wurde mir schlecht – so schlecht, als müsste ich mich sofort übergeben. Dann war sofort alles schwarz. Als ich wieder zu mir kam, lag ich da“, es deutete mit einem Kopfnicken auf eine Liege am anderen Ende des Raumes, „und du da drüben.“ Es hielt kurz inne und schluckte wieder ein paar Tränen herunter. „Ich dachte, du warst das, die mich hier hergebracht hat.“
„Nein“, murmelte Anna, „ich war Squash spielen, hab geduscht, mich angezogen – und plötzlich bin ich hier wach geworden, weil du mich geweckt hast.“ Sie ließ ihren Blick noch einmal unauffällig den Körper des Mädchens hinab und wieder herauf gleiten. „Hast du auch solche Kopfschmerzen?“
„Nicht nur das. Ich fühle mich irgendwie wie – von einem Sattelschlepper überrollt.“
Das passte auch gut darauf, wie Anna sich fühlte. Wie von einem Sattelschlepper überrollt.
„Ich hatte eine Uhr um, und eine Tasche mit meinen Sportsachen und meinem Duschzeug bei mir“, sinnierte Anna. „Alles – weg.“
„Oh nein, wie schlimm für dich“, versuchte das Mädchen zu spotten, doch seine Stimme begann wieder zu brechen. Sie mühte sich darum, nicht wieder anzufangen zu weinen. „Falls du es noch nicht bemerkt hast – meine Anziehsachen sind weg! Ich bin nicht so nackt herumgelaufen, falls du das wirklich gedacht hast.“ Sie schniefte und schluckte die Tränen, die ihr erneut in die Augen gestiegen waren, wieder hinunter.
„Tut mir leid“, sagte Anna kleinlaut. „Du bist also nackt hier aufgewacht?“
„Guck dich um“, antwortete das Mädchen, während es tapfer seine Tränen zurückhielt. „Meine Anziehsachen sind hier nirgendwo.“
Anna folgte der Aufforderung und sah sich um. Der Raum war rechteckig und fensterlos. An den kurzen Wänden stand je eine gepolsterte Liege, an der langen Wand in der Mitte ein Tisch mit mehreren gefüllten Plastikflaschen darauf. In der Wand dem Tisch gegenüber gab es – eine Tür! Es war eine offenbar schwere Tür, aus Eisen oder einem ähnlichen Material, wie die eines Tresors. Sie hatte keine Klinke, an einer Seite war jedoch eine Tastatur in die Wand eingelassen.
„Zahlenschloss“, murmelte Anna.
Das Mädchen nickte. „Und der Code scheint hier irgendwo versteckt zu sein.“
Anna stutze zunächst, woher das Mädchen das wissen wollte, dann fielen ihr erstmals bewusst die Wände auf. Sie waren über und über bekritzelt, mit Schriftzügen in verschiedenen Farben und Farbtönen. In den Ecken gegenüber der Wand mit der Tür mündeten zwei Lüftungsschächte. Zwei Reihen unverkleideter Leuchtstoffröhren an der Decke spendeten Licht, einen Schalter schien es nicht zu geben.
„Hast du irgendwo Zahlen gesehen?“ fragte Anna.
„Nein“, sagte das Mädchen, „nur Buchstaben. Und die Handschrift – oder die Handschriften, es scheinen viele verschiedene zu sein, wirken irgendwie -“
„Weiblich“, ergänzte Anna, während sie sich weiter umschaute.
Das Mädchen nickte. „Vielleicht“, sagte es ängstlich, den Tränen wieder nahe, „haben sie hier vor uns schon andere Frauen eingesperrt, die das geschrieben haben?“
„Das glaube ich nicht“, dachte Anna laut, während sie ihre Hosentaschen abtastete. „Es gibt hier nirgendwo einen Stift, und meine Taschen haben sie -“, sie hielt inne als ihr auffiel, dass sie die Verwendung der dritten Person Plural einfach übernommen hatte, ohne zu wissen, ob das zutreffend war, oder wie das Mädchen auf diesen Verdacht kam, „meine Taschen wurden jedenfalls entleert, bevor ich hier herein gebracht wurde. Diese Kritzeleien wurden von dem – oder der, oder denen – angebracht, der oder die diesen Raum hergerichtet hat oder haben.“
„Ob darin wirklich der Code für die Tür versteckt ist?“ zweifelte das Mädchen an seiner eigenen Theorie.
„Es gäbe diese Tastatur nicht“, sinnierte Anna, „wenn die Tür nicht auch von innen geöffnet werden sollte. Man hat uns keinen Hinweis hinterlassen, was das hier soll. Also ging man wohl davon aus, dass wir von selbst darauf kommen würden.“
Anna machte bewusst einen weiten Bogen um das noch immer schamvoll seinen Busen und seinen Intimbereich bedeckende Mädchen, als sie zu der Tastatur neben der Tür ging, um sie sich näher anzusehen. Sie bestand aus zehn Tasten – den Ziffern von 0 bis 9, ferner einer mit einem roten und einer mit einem grünen Quadrat darauf, offenbar „Bestätigung“ und „Abbruch“. Ein Display, das die Anzahl der einzugebenden Stellen anzeigte, gab es nicht. Nur zwei kleine Leuchtdioden, eine rote und eine grüne, vermutlich zur Anzeige richtiger oder falscher Eingaben.
„Hmm“, machte Anna, während sie sich wieder zu dem Mädchen umdrehte. „Ich bin übrigens Anna“, sagte sie mit einem Lächeln, und streckte dem Mädchen ihre Hand entgegen. Dieses schaute zunächst skeptisch, nahm dann langsam seinen Arm von seinem Busen weg, und ergriff Annas Hand.
„Isabel“, sagte das Mädchen leise.
Anna lächelte sie aufmunternd an. „Hab keine Angst, Isabel“, sagte sie sanft, „nicht vor mir. Ich bin genauso in diese Lage hier geraten wie du, und möchte hier so schnell wie möglich wieder heraus. Und ich glaube, wer immer dahinter steckt, will auch, dass wir genau das schaffen – hier wieder herauszukommen.“
Isabel schaute Anna mit ihren großen Augen an, und Anna war, als sprach aus diesen Isabels Wunsch, ihr wirklich vertrauen zu können. Sie streichelte ihr sanft durch ihr Haar, und hauchte einen Kuss auf Isabels Stirn. Sie ist noch so klein, dachte sich Anna, die immerhin bald dreißig wurde. Und obwohl beide in der schrecklichen Lage gefangen waren, nicht zu wissen, wo sie waren, warum sie dort waren, wie sie dort hingekommen waren, wer sie in ihrer Gewalt hatte und was wirklich aus ihnen werden würde, hatte Isabel doch noch das ungleich grausamere Schicksal getroffen: wer immer es war, der oder die dieses kranke Spielchen mit ihnen trieb oder trieben, hatte aus Motiven, die Anna noch rätselhafter waren als ihre Situation an sich bereits, ausgerechnet der kleinen Isabel auch noch ihre komplette Kleidung weggenommen, und sie splitternackt in einen Raum gesperrt, in dem es noch nicht einmal eine Decke oder so was für sie gab.
„Denk daran“, flüstere Anna ihr zärtlich ins Ohr, „du bist nicht alleine! Ich passe auf dich auf, und zusammen finden wir den Weg hier heraus!“
Ein scheues Lächeln umspielte Isabels Lippen, und sie schaute Anna fest und tapfer an, während sie nun vorsichtig auch ihre Hand von ihrem Intimbereich nahm. „Danke“, sagte sie leise, ihr Blick wurde auffordernd.
Anna schaute, wie von Isabel geheißen, an ihr herab. Sie verharrte zunächst bei Isabels Brüsten, die etwas unterhalb ihres Schlüsselbeins zunächst sanft anhoben, sich dann allmählich und ebenmäßig zu perfekten Proportionen von Breite und Tiefe ausdehnten, an ihren Seiten sinnlich gerundet waren, von im Durchmesser eher kleinen, rosigen und zarten Nippeln gekrönt wurden und, da ganz offenbar gerade erst ausgewachsen, noch kaum eine Hautfalte warfen. Vorsichtig ließ Anna ihren Blick tiefer sinken, über Isabels Nabel hinab auf die intimste und weiblichste Stelle ihres Körpers, einen schmalen Spalt zwischen ihren gleichmäßig gewachsenen Schamlippen, über denen sich ein dünner Streifen feinster, mit bloßem Auge kaum sichtbarer Härchen erstreckte.
Vielleicht, dachte Anna bei sich, war sie irgendwann während ihrer Bewusstlosigkeit auch nackt gewesen? Vielleicht, wenn nicht sogar wahrscheinlich, hatte man sie zunächst beide ausgezogen, sie, Anna, dann aber vor ihrer Verbringung in ihr Gefängnis hier eben doch wieder angezogen. Sie hätte sich zwar nicht erklären können, warum. Sie ging aber davon aus, dass Isabel und sie beobachtet würden. In den über und über beschrifteten Wänden ließen sich leicht überall winzige Kameras verstecken. Wer sie auch in seiner oder ihrer Gewalt haben mochte, Anna war sicher, er oder sie sah oder sahen zu, was sie in diesem Raum taten, wie sie den Ausweg aus ihrer Gefangenschaft suchten. Möglicherweise hatte oder hatten der- oder diejenige, der oder die hinter all dem steckte oder steckten, sich zunächst damit vergnügt, sie beide nackt in Augenschein zu nehmen? Und die blutjunge Isabel ihm oder ihr oder ihnen so gut gefallen, dass -
„Ich weiß, dass die uns beobachten“, sagte Isabel, gedämpft und mit ernster Stimme, und holte Anna damit aus ihren Grübeleien. „Perverse Schweine!“ fluchte sie und versuchte, darüber zu lachen. „Also los, suchen wir den Ausgang!“
Anna und Isabel begannen an verschiedenen Stellen, die Inschriften an den Wänden zu lesen. Es waren Sprichwörter, Redewendungen und Zitate, ebenso wie scheinbar willkürliche und belanglose Aussagesätze und Fragen. Überwiegend auf Deutsch, vereinzelt aber auch in anderen Sprachen. Vielleicht, dachte Anna sich, steht ja irgendwo ein Rätsel, dessen Lösung eine Zahl ist, die wiederum der Code ist? Aber wirklich auf die Suche konzentrieren konnte sie sich nicht. Immer wieder musste sie zu Isabel hinüber schielen, die am anderen Ende des Raumes stand und die Wand absuchte, ihr straffer Po und eine Seite ihres schönen Busens in Annas Blickfeld. Tapfere kleine Isabel, dachte Anna bewundernd, wie das Wissen um ihre Nackt beiseite zu schieben scheint.
„Hier“, rief Isabel nach einer Weile, „steht die Formel der Speziellen Relativitätstheorie.“
„Ääh“, machte Anna, die damit im ersten Moment nichts anfangen konnte.
„Energie ist gleich Masse mal Beschleunigung hoch zwei – E = mc²“, erklärte Isabel, ohne sich umzudrehen und ihre Suche dafür zu unterbrechen.
„Ach ja, klar“, fiel es nun auch Anna wieder ein. Das hilft uns aber wohl nicht weiter?“
„Ich wüsste nicht, wie“, meinte Isabel, die nun aber ihr Vorgehen änderte, sich in größerem Abstand von den Wänden positionierte und diese nach weiteren Formeln überflog. „a² + b² = c², das ist der Satz des Pythagoras, (a + b)² = a² + 2ab + b², die Erste binomische Formel“, las und erklärte Isabel, „Mathe gibt es hier scheinbar genug, aber nur mit Variabeln, nicht mit Zahlen.“
„Hey“, rief Anna plötzlich aufgeregt, „ich glaube, ich hab was gefunden: Du musst vierdimensional denken!“
„Das ist nur ein Filmzitat“, winkte Isabel ab, „aus Zurück in die Zukunft – die ersten drei Dimensionen, Länge, Breite und Höhe, beschreiben die genaue Position im Raum, die vierte Dimension die Zeit, zu der man sich an dieser Position befindet.“
Anna war baff, ob Isabels scheinbar geballtem Wissen und spielender Auffassungsgabe. „Was machst du eigentlich beruflich?“ fragte sie.
„Ich gehe noch zur Schule, in die 11.Klasse“, antwortete Isabel, während sie weitersuchte. „Und du?“
Anna schmunzelte leicht verlegen, was Isabel aber nicht bemerkte. „Naja, ich gehe quasi auch zur Schule – wieder. Ich unterrichte Englisch und Sozialkunde.“
„Wo?“ fragte Isabel.
„An der Albert-Schweitzer-Gesamtschule.“
„Aha“, machte Isabel, während sie ununterbrochen weiter die Wände beäugte. „Ich bin am Friedrich-von-Schiller-Gymnasium.“
Na super, seufzte Anna selbstironisch in sich hinein, eine Gesamtschullehrerin und eine Gymnasiastin – was für ein Team!
„Hier ist übrigens noch ein Filmzitat: Ich kenne aber kein Land, das ‚Was’ heißt! – aus Pulp Fiction, ein genialer Streifen“, lachte Isabel.
Anna reagierte nicht darauf. Ihr war etwas anderes aufgefallen: „Hier steht: ‚Alea iacta sunt’ – das ist doch falsch?“
Jetzt hielt Isabel inne und drehte sich um. „Klar ist das falsch! Es heißt ‚Alea iacta est’, weil ;alea’ nicht nur ‚Würfel’, sondern auch ;Würfelspiel’ bedeutet, also ein Begriff im Singular ist, der aber mehrere Würfel bezeichnen kann, während – rein grammatikalisch auch korrekt – ‚Aleae iactae sunt’ mehrere Würfelspiele - “
„Schon gut, Frau Lateinerin, so genau wollte ich es gar nicht wissen!“ bremste Anna sie. „Wichtig ist doch: das dürfte kein Zufall sein! Den Fehler sollten wir finden, der soll uns was sagen!“
Isabels Wangen begannen zu glühen: „Caius Iulius Caesar benutzte teilweise eine Art Geheimschrift aus Zahlen! A = 1, B = 2, und immer so weiter!“
„Bei korrekter Zitierung also“, Anna überlegte und zählte, so schnell ihr noch immer schmerzender Kopf es zuließ, „1, 11, 5, 1 für ‚alea’ -“
„Addiert 18 und Quersumme 9“, ergänzte Isabel, „so bekommen wir es einstellig!“.
„Das zweite Wort, ‚iacta’, 9, 1, 3, 20 -“
„Nein“, korrigierte Isabel, „T ist erst 19, da es im klassischen lateinischen Alphabet kein J gibt!
„Wir haben es!“ jubelte Isabel, und fiel Anna um den Hals. Diese erwiderte die Umarmung, und streichelte mit ihren Händen über Isabels Rücken. Wie wunderbar warm und weich ihre Haut sich anfühlte, dachte sie. Wie erregend es war, wie Isabels vor Aufregung ganz steif gewordene Brustwarzen sich durch Annas dünnes Oberteil an ihren Busen pressten, und wie verführerisch ihr samtiges blondes Haar duftete!
O Gott, schoss es Anna durch den Kopf. Nein, das durfte nicht sein! Isabel hätte ihre Schülerin sein können! Aber sie war machtlos gegen die Gefühle, die plötzlich in ihr aufstiegen – oder, wahrscheinlich treffender, derer sie sich in diesem Moment schlagartig bewusst wurde.
Sie war fasziniert von Isabel, wie niedlich diese die Welt aus ihren großen, runden Augen neugierig und scheinbar so schutzbedürftig anschaute, aber welch wacher und blitzgescheiter Verstand sich zugleich hinter ihnen verbarg. Wie mutig, gerade zu heldenhaft, sie ihre anfängliche Angst und Scham, plötzlich nackt mit einer Fremden in diesem Raum eingesperrt zu sein, überwunden, und das Selbstvertrauen und den Glauben geschöpft hatte, einen Weg in die Freiheit finden zu können. Wie wunderschön ihr noch blutjunger, aber bereits vollkommen entwickelter weiblicher Körper war, und wie natürlich und mit einem mal scheinbar völlig unbekümmert sie sich nackt durch ihr Gefängnis bewegte, ganz darin versunken, ein für sie bestimmtes Rätsel zu finden und zu lösen. Und wie eigentlich ja sie es war, die es gelöst hatte – Anna hatte ja letztlich nur die Inschrift entdeckt. Das Wissen und Verständnis, um die Botschaft zu entschlüsseln, hatte allein Isabel beigesteuert.
„Los, nichts wie raus hier!“ strahlte Isabel, während sie die Umarmung langsam löste. Sie nahm Anna bei der Hand, und führte sie zu dem Eingabefeld neben der Tür.
Anna hielt noch einmal inne, ehe sie die Zahlen eingab, und schaute Isabels Körper an. Ihre Schamlippen waren sichtbar angeschwollen und leuchteten purpurn. War es nur die Vorfreude auf ihre unmittelbar bevorstehende Befreiung, oder doch – die körperliche Nähe im Moment der Umarmung? Anna wusste es nicht, und es gelang ihr auch, zu realisieren, dass es ohnehin eine akut wichtigere Frage gab: was, oder wer, würde sie überhaupt hinter dieser Tür erwarten? Woran hatten sie beide dabei eigentlich gedacht? An eine Erklärung, wer hinter ihrer Entführung steckte, Isabels Kleidung und einen Ausgang ins Freie?
Wie würde dieses Freie aussehen? Beide hatten keinerlei Möglichkeit, irgendwie zu ermitteln, wie lange sie bewusstlos gewesen waren. Theoretisch hätte man sie überall auf der Welt hingebracht haben können. Was, wenn sie irgendwo im Dschungel waren, in der Wüste, oder in der Antarktis? Wäre das nun eine glücklichere oder erschreckendere Erkenntnis gewesen, als – zum Beispiel einfach noch ein Raum, mit noch einer Tür, und noch einem Rätsel? Irgendwer spielte ein Spiel mit ihnen, und wo stand eigentlich geschrieben, dass dieses schon nach einer Runde bereits vorbei sein sollte?
Mit zitternden Händen gab Anna den Code ein, und drückte die grüne Bestätigungstaste. Ihre Überlegungen erübrigten sich sofort fürs Erste wieder. Die rote Leuchtdiode blinkte dreimal kurz, sonst passierte gar nichts.
„O nein“, jammerte Isabel, „das kann doch nicht sein!“ Der Code stimmte scheinbar nicht.
„Vielleicht“, erklärte Anna schnell, „hätten wir nur das falsche Wort tauschen, seine Buchstaben durch Zahlen ersetzen und die Quersumme ausrechnen müssen?“
Ihre Taktik ging auf, Isabel hatte gar keine Chance, den Mut zu verlieren. Dankbar ergriff sie den neuen Strohhalm. „Genau so muss es sein! Wir müssen einfach noch mehr falsche Zitate finden!“
Leichter gesagt, als getan, wurde beiden bewusst, als sie einander anschauten. Eigentlich war ihnen, als hätten sie jede Stelle der Wand schon mehrfach betrachtet. „Bloß, wo?“ fragte Isabel, in ihrer Stimme schwang für Anna bereits wieder besorgniserregend viel Verzweiflung mit.
„Ich glaube, ich weiß wo“, sagte Anna langsam. „Wir haben noch nicht unter den Liegen nachgeschaut!“
Isabel strahlte wieder. „Au Mann, natürlich!“ Sie hüpfte, mehr als das sie ging oder lief, zu der Liege, auf der Anna aufgewacht war, kniete sich vor ihr auf den Boden und kroch auf allen Vieren darunter. Wie hypnotisch wanderte fiel Annas Blick auf Isabels Schamlippen und in ihre Pofalte, konnte sich nicht von dieser unbeschreiblich intimen Aussicht lösen. Die kleine Süße, dachte Anna zärtlich, so enthusiastisch und optimistisch. Verschwendet gar keinen Gedanken mehr an irgendwas anderes, als wie wir hier herauskommen können. Wer weiß, vielleicht ist sie sich der Macht ihres Körpers noch gar nicht wirklich bewusst.
„Hier stehen Zahlen!“ quietschte Isabel aufgeregt. „Richtige Zahlen!“
Anna wusste nicht, wie ihr zumute sein sollte. „Komm schon, guck sie dir an!“ rief Isabel vergnügt.
Langsam kniete auch Anna sich hin, kroch auf allen Vieren neben Isabel unter die Liege und legte einen Arm über ihren Rücken, weit hinten, fast an ihrem Po. Dann schaute sie auf die Stelle an der Wand, auf die Isabel deutete.
Dort war der Zahlenblock wie auf der Tastatur neben der Tür aufgemalt. Drei Reihen zu je drei Ziffern, in der letzten Reihe in der Mitte die Null. Was hatte das nun zu bedeuten, rätselte Anna. Da fiel ihr die Inschrift unterhalb des Zahlenblocks auf. „Al(OH)3 - this is no accid!“
„Ein Schreibfehler“, nickte Isabel, die es wohl auch gelesen hatte, aufgeregt, „ein C zu viel. Sonst stimmt es aber übrigens: Aluminiumhydroxid ist natürlich eine Base, keine Säure.“
„Acid“, murmelte Anna noch mal, während sie die verwendeten Farben anschaute. Normalerweise war jede zusammenhänge Inschrift immer in genau einer Farbe geschrieben, diese jedoch nicht. Die Formel war in Hellblau geschrieben, der fehlerhafte englische Satz dahinter in einem deutlich dunkleren Blau, dem gleichen, wie die Zahlen darüber. So, als gehörten eigentlich sie zusammen. „Acid – accid“, murmelte Anna weiter, während Isabel sie fragend anschaute. „Exit!“ rief sie schließlich, zunächst aufgeregt ob ihrer Erkenntnis, dann entsetzt darüber, was sie eigentlich herausgefunden hatte: oben der Zahlenblock, und darunter ein durch einen Schreibfehler konstruiertes Wortspiel, durch die Farbgebung miteinander verbunden: „This is no exit!“
Isabel atmete kurz und hektisch, ihre Stimme bebte unter anklingenden Schluchzern: „Das ist kein Ausgang“, flüsterte sie entsetzt, „die Tür lässt sich gar nicht über einen Code öffnen!“
„Nein“, bestätigte Anna tonlos, während sie spürte, wie Isabel ihren Arm von deren Rücken gleiten ließ und zurück kroch.
„Ihr Wichser!“ Isabel stand in der Mitte des Raumes, den Blick auf die Kanten zwischen Wänden und Decken gerichtet, und versuchte zu schreien. Doch mit tränenerstrickter Stimme brachte sie fast nur ein klägliches Flüstern hervor. „Was soll das hier, hä? Ihr hattet doch euren Spaß! Ich will jetzt endlich hier raus, ich will nach Hause!“ Tränen kullerten aus ihren großen, niedlichen Augen über ihre Wangen.
Annas Herz zersprang in tausend Stücke. Sie schluckte selbst einige Tränen hinunter, ging dann langsam und vorsichtig auf Isabel zu, streckte ihr die Hände entgegen. „Isabel, Süße…“, sagte sie sanft.
Isabel verpasste ihr einen heftigen Schubs von sich weg: „Fass mich nicht an, du blöde Kuh!“ weinte sie. „Hau ab!“
„Wo soll ich denn hingehen? Ich bin hier genauso gefangen wie du. Und ich möchte doch auch nach Hause!“ versuchte Anna, sie zerknirscht zu besänftigen.
In Isabels Augen vermischten sich glitzernde Tränen mit funkelnder Wut: „Ja, aber dir haben sie wenigstens deine Anziehsachen gelassen! Mich beglotzen die hier die ganze Zeit nackt!“ Sie wandte ihren Kopf umher, als suchte sie nach der Kamera, oder den Kameras, die sie ebenso wie Anna im Raum vermutete. „Mich!“ schrie sie noch einmal, lief dann zu einer der Liegen, kauerte sich auf dieser zusammen, vergrub ihr Gesicht in ihren über ihre Knie gelegten Armen und weinte herzzerreißend.
Auch Anna spürte, wie ihr nun die Tränen über die Wangen rannen. Tränen der Ratlosigkeit, wie sie in diese Situation gekommen war. Tränen der Angst, ob und wie sie jemals wieder aus hier herauskommen würde. Vor allem aber Tränen des ehrlichen Mitleids für die bitterlich weinende Isabel, und Tränen der Scham. Scham darüber, wie lüstern sie Isabels Körper beglotzt und sich an ihrem scheinbaren Selbstbewusstsein trotz ihrer Nacktheit aufgegeilt hatte, während das arme Mädchen in Wahrheit Höllenqualen der Erniedrigung gelitten haben musste.
Anna war nun klar, was sie zu tun hatte. Es gab nichts anderes, das sie für Isabel tun konnte, und es schien eigentlich auch nicht wirklich viel zu sein, wenn man bedachte, dass es nichts an ihrer Gefangenschaft und Isolation änderte. Aber Isabel hätte sie damit schon lange eine Freude machen können. Sie bildete sich ein, sich ein bisschen – oder sogar ziemlich schwer – in dieses Mädchen verliebt zu haben, also sollte es eigentlich selbstverständlich für sie sein, für sie dieses Opfer zu bringen.
„Isabel“, rief sie, „du kannst meine Sachen anziehen! Alles! Mein BH ist dir vielleicht etwas zu groß, aber der ganze Rest müsste dir eigentlich perfekt passen!“ Isabel reagierte nicht, sie schluchzte und wimmerte weiter.
Anna ging zum Tisch mit den Flaschen, in denen sie schlicht Trinkwasser vermutete, hinüber und begann, sich auszuziehen. Zuerst Schuhe und Strümpfe, dann Jeans und Shirt, zuletzt ihren BH und schließlich den Slip. Sie versuchte, das Gefühl der Nacktheit gar nicht an sich heran zulassen, während sie alles ordentlich zusammenlegte und übereinander stapelte, die Schuhe mit den Strümpfen darin zuoberst. Vorsichtig und auf Zehenspitzen ging sie mit ihrem losen Kleiderbündel in den Händen zu Isabel hinüber, und legte es ihr auf eine Ecke der Pritsche. „Hier“, sagte sie zaghaft, „zieh das an!“
Isabel sah sie mit verweinten Augen an und kämpfte darum, ihr Schluchzen zu kontrollieren und wieder zu Stimme zu kommen. „Warum tust du das für mich?“
Anna setzte sich neben Isabel auf die Kante der Liege und wandte sich ihr zu. Sie zog ein Bein zu sich nach oben, winkelte es an und legte es seitlich ab, während sie sich mit den Zehen des anderen Fußes auf dem Boden abstütze, und zärtlich einen Arm um Isabels Schultern legte.
Diese rang tapfer darum, ihre Selbstbeherrschung zurück zu gewinnen. „Du bist so lieb zu mir“, lächelte sie scheu. „Wie kann ich dir das jemals wieder gutmachen?“
Sanft drückte Anna Isabels Kopf an ihre Schulter und streichelte durch ihr Haar. „Das musst du nicht. Ich hätte viel eher darauf kommen müssen. Ich bin die Ältere von uns beiden, die Erwachsenere. Ich bin sogar Lehrerin, und du Schülerin. Nicht meine Schülerin, aber trotzdem habe ich doch in dieser – Situation hier auf dich aufzupassen und dich zu beschützen. Ich hätte nie zulassen dürfen, dass -“ Anna sprach den Satz nicht zu Ende.
Sie bemerkte, wie Isabel ihren Körper von Kopf bis Fuß neugierig in Augenschein nahm. Wie sie hatte auch Anna langes blondes Haar, nur etwas dunkler als Isabel. Ebenfalls waren beide nicht ganz einen Meter und siebzig groß und schlank. Anna spürte Isabels Blicke, die sie gar nicht zu verstecken versuchte, auf ihrem Intimbereich ruhen. Durch ihre Körperhaltung hatten sich ihre Schamlippen geöffnet, ihre Klitoris lugte ein wenig heraus. Isabel kicherte leise und vergnügt, was aber vielleicht auch ihrer Erkenntnis galt, dass Anna und sie bei der Rasur ihrer Schambehaarung offenbar den gleichen Geschmack hatten, Anna wie Isabel nur einige wenige, scheinbar einzeln erkennbare Härchen auf ihrem Schamhügel trug.
„Der ist ja toll“, staunte Isabel schüchtern, die mit ihren Blicken zwischenzeitlich weitergewandert war, hinauf zu Annas Busen. Solche Komplimente war Anna, als stolze Trägerin eines D-Körbchens, längst gewöhnt. Aber von niemandem hatte es jemals so ehrlich und lieb geklungen, wie jetzt von Isabel.
„Fass ihn ruhig mal an“, sagte sie aufmunternd lächelnd. Zu ihrer Überraschung ließ Isabel sich das nicht zweimal sagen, sondern legte, ohne Anna auch nur einen fragenden Blick zuzuwerfen, vorsichtig ihre Hand auf eine ihrer Brüste, drückte sie sanft, und Strich mit einem Finger über Annas Brustwarze.
„Wie alt bist du eigentlich?“ wollte Isabel neugierig wissen.
„Schon 29“, antwortete Anna lachend.
„Das muss ein schönes Leben sein“, seufzte Isabel. „29, eigener Job, so hübsch – hast du einen Freund?“
„Nein“, sagte Anna.
„Ich hab auch keinen“, erzählte Isabel, „hatte noch nie einen.“
„Wünschst du dir einen?“ fragte Anna freundlich.
„Ich weiß nicht“, meinte Isabel leise, „eigentlich wünsche ich mir zuerst mal eine richtig gute Freundin, eine beste Freundin! Die älter und erfahrener ist als ich. Die mich ernst nimmt, mit der ich über alles reden kann, und die mich ganz doll lieb hat!“
Anna realisierte sehr wohl, wie Isabel ihr, während sie diese Worte sprach, in die Augen schaute und ihre Lippen einander immer näher kamen. Aber es war wohl nicht einmal ihr eigenes Verlangen, das sie Isabel gewähren lassen ließ, sondern eher noch die Erleichterung, sie von ihrer – misslichen? War das das treffende Wort? – Lage ablenken zu können. „So eine beste Freundin wie dich“, seufzte Isabel noch leise, ehe ihre Lippen aufeinander trafen.
Schon nach einer Sekunde löste Anna ihre Lippen langsam und vorsichtig wieder von Isabels, die das aber gar nicht wirklich bewusst zu bemerken schien. Sie beugte sich ein Stück weiter vor, und gab Anna den nächsten Kuss. Unbeholfen, aber entschlossen, schob sie dabei ihre Zungenspitze zwischen Annas Lippen hindurch in ihren Mund.
Für einen Augenblick war Anna in Versuchung, sich dem Kuss hinzugeben, doch dann siegte ihr Gewissen in ihr, dass sie gemahnte, sich an ihre gerade erst gesprochenen Worte zu erinnern. Sie hatte die Pflicht, auf Isabel aufzupassen! Und sie durfte es nicht ausnutzen, dass Isabel über ihre Erregung, die sie beim Anblick ihres Körpers und des Hautkontaktes zwischen den beiden plötzlich gepackt und übermannt hatte, das – Problem, das sich ihnen beiden nach wie vor stellte, völlig vergaß. Sanft, aber bestimmt, löste Anna sich von Isabel.
„Was hast du denn?“, fragte diese sie mit traurigen Augen. „Magst du mich nicht? Oder bin ich dir noch zu jung?“ In Ihre Stimme schlich sich eine deutlich spürbare Spur von Trotz: „Schau mich doch an, ich bin kein Kind mehr! Ich werde nächsten Sommer 18! Und was glaubst du, wie lange ich es mir schon regelmäßig selbst -“ Das letzte Wort verschluckte sie. Der kurze Moment des Näheentzuges hatte offenbar schon wieder gereicht, Isabel etwas aus den Wolken zu holen.
„Nicht hier“, sagte Anna leise, etwas gequält, aber nicht ohne sanfte Bestimmtheit. Eigentlich ist es aber doch auch egal, meldete sich eine andere Stimme in ihr zu Wort. Ihr seid hier gefangen, und wer immer euch gefangen hält, will ja scheinbar doch nicht, dass ihr selbst den Weg nach draußen findet. Was mit euch geschieht, könnt ihr sowieso nicht beeinflussen. Vielleicht kommt ihr auch niemals wieder zurück in eure gewohnten Lebensumgebungen. Und wenn es in dieser Lage Isabels sehnlichster Wunsch ist, mit dir zu schlafen?
„Wenn wir hier – wieder draußen sind“, Isabels leise und unsichere Stimme beendete Annas Zwiegespräch mit sich selbst, „darf ich dich denn dann mal besuchen kommen?“
Anna war zunächst froh, dass Isabel nach wie vor daran glaubte, bald wieder in ihr normales Leben zurückzukehren, und schon Pläne dafür schmiedete. Luftschlösser für die Zukunft zu bauen war sicherlich eine bessere Ablenkung und Aufmunterung für sie als Sex. „Magst du Spaghetti mit Knoblauchsauce?“ fragte Anna schmunzelnd.
„Ich mag bestimmt alles, was du kochst!“ strahlte Isabel. „Versprich mir aber“, fuhr sie feierlich fort, „dass du mich nicht vergisst!“
„Versprochen!“ schwor Anna.
„Merk dir einfach Feinkost Albrecht, in der Fasanenstraße – das ist das Geschäft meiner Eltern! Darüber kannst du mich leicht finden!“
Diese Angabe erinnerte Anna wiederum an die Frage, ob sie überhaupt noch in ihrer Stadt waren, oder wenigstens irgendwo in deren Umkreis. Aber die würde sie sowieso nicht beantworten können, das Beste, das sie tun konnte, war, sich um Isabel zu kümmern. „Feinkost Albrecht, Fasanenstraße – das behalte ich!“ lächelte sie. Isabels Augen leuchteten glücklich. „Aber jetzt“, Anna dachte nicht groß darüber nach, sondern gab Isabel noch einen vorsichtigen Kuss auf die Lippen, „zieh dir bitte was an!“
„Okay“, nickte Isabel folgsam und begann, Annas Kleider anzuziehen.
„Alles bequem?“ fragte Anna. „Die stehen dir jedenfalls gut“, fügte sie zwinkernd hinzu.
„Alles wunderbar“, meinte Isabel, sichtlich zufrieden, und bewegte sich etwas in ihrer neuen, ungewohnten Garderobe. „Nur“, ergänzte sie traurig, „jetzt hast du ja gar nichts mehr anzuziehen!“
„Das macht mir nichts“, Anna versuchte, möglichst beiläufig zu klingen, so, als messe sie ihren Worten keine besondere Bedeutung bei.
„Ehrlich nicht?“ Isabel klang ganz ungläubig.
„Du fühlst dich jetzt besser, das sehe ich dir an“, erklärte Anna, „und das ist mir wichtiger!“
„Oh, komm her!“ seufzte Isabel und breitete ihre Arme aus. Anna erwiderte die Umarmung, hielt Isabel ganz fest, schloss ihre Augen und seufzte glücklich.
Plötzlich wurde die andächtige Stille im Raum von einem Piepsen durchbrochen. „Piep, piep, piep“ – dreimal und kurz. Dann ein metallisches Klicken. Anna und Isabel schauten einander an, dann zur Tür. Sie stand einen Spalt breit offen. Da sie nach innen öffnete, in die Richtung des Raumes, in dem die beiden standen, konnten sie nicht sehen, was sich hinter ihr verbarg. Nur, dass sie mit einem mal ein kleines Stück weit offen stand. Anna nahm Isabels Hand.
„Gehen wir“, sagte sie.
„Ja“, bestätigte Isabel, „gehen wir!“
- Ende -
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