Hinter der Badezimmertür
Vanessa schaut auf ihre Armbanduhr. „Oh, schon gleich vier. Für heute müssen wir jetzt leider wirklich Schluss machen. Aber nächstes Mal - wie gesagt, gerne auch länger!“ Sie trinkt den letzten Schluck Kaffee aus ihrer Tasse und behält diese in der Hand als sie aufsteht. „Lass die ruhig stehen“, sage ich, „ich räume die gleich schon weg. Geh du dich in Ruhe fertig machen.“ „Okay, danke“, erwidert sie fröhlich. Auch ich stehe auf und steuere auf die Tür meines Zimmers zu. Vanessa folgt mir. In der Diele nimmt sie ihren neben der Tür abgestellten Rucksack auf. „Wo...?“ „Immer hier entlang“, sage ich vergnügt, deute ihr mit einer Armbewegung den Weg zum Bad und gehe wiederum voran. Ich öffne die Tür und lehne mich ein Stück hinein, um das Licht in dem fensterlosen Raum einzuschalten, ohne ihn dabei zu betreten. „Ah, danke dir“, strahlt Vanessa mich an, während ich einen Schritt zur Seite trete und ihr den Weg freigebe. „Du hast alles, was du brauchst?“, frage ich. „Wenn nicht“, ich folge Vanessa einen halben Schritt ins Bad, „hier sind Handtücher und Waschlappen, Flüssigseife...“ „Danke, nicht notwendig. Alles was ich brauche ist hier drin“, entgegnet sie und hebt ihren Rucksack hoch. „Okay, gut“, gebe ich zurück, während Vanessa ihren Rucksack abstellt, sich der Tür zuwendet und ihre Hand auf die Klinke legt. Für einen Moment scheint es mir, als wollte sie mich nun höflich, aber bestimmt, hinauskomplimentieren. Eilig trete ich einen großen Schritt zurück in die Diele und wende ich seitwärts zum Gehen, während Vanessa die Tür schließt. Sie lächelt mich durch den schmaler werdenden Spalt noch einmal an. Ihre leuchtend weißen Zähne strahlen mit ihren blauen Augen um die Wette. „Bis gleich“, sagt sie. „Bis gleich“, erwidere ich, ebenfalls lächelnd. Dann schließt sie die Tür ganz und gar. Ein kurzes ruckartiges Klicken vermeldet, dass Vanessa den Schlüssel im Schloss herumdreht. Ich gehe ins nebenan gelegene Wohnzimmer. Noch bevor ich mich auf das Sofa fallengelassen habe verrät mir ein monotones Rauschen in der Wand, dass Vanessa den Wasserhahn des Waschbeckens aufgedreht hat.
Ich greife zur Fernsehzeitung und beginne in ihr zu blättern. Doch weder die neuesten Klatschgeschichten, noch Schicksalsreportagen, noch die Rechtsratgeberseite vermögen meine Gedanken aus den immer gleichen Bahnen, in denen sie seit Vanessas Ankunft kreisen, zu lösen. Sie ist leibhaftig hier, in unserer Wohnung. Sie ist meinetwegen gekommen. Sie war in meinem Zimmer, hat Seite an Seite mit mir an meinem Schreibtisch gesessen. Eine ganze Stunde lang hat sie nur mit mir gesprochen. Hat sie mich angesehen, mich angelächelt, haben wir uns zufällig berührt. Ich kann mich nicht erinnern, jemals zuvor wirklich mit ihr unterhalten zu haben. Bis ich am Montag all meinen Mut zusammengenommen und sie beim Verlassen des Klassenraumes gefragt habe ob sie mir helfen würde, für das Latinum zu lernen. Meine Frage muss für sie so überraschend gewesen sein wie für mich der Umstand, dass ich mich überhaupt getraut habe sie anzusprechen. Aber sie hat sofort ja gesagt, und wir haben uns auf meinen Vorschlag hin für den heutigen Donnerstag verabredet. Es war kein Traum, sie hat es sich auch nicht anders überlegt, sie hat auch nicht abgesagt. Pünktlich um drei war sie hier. Eigentlich passte ihr der Termin gar nicht so recht. Der Geburtstag ihres Großvaters, am späten Nachmittag wird sie dort zur Feier erwartet, für abends ist ein kaltes Büffet bestellt. Trotzdem hat sie in meinen Terminvorschlag eingewilligt und nur gefragt, ob sie sich eventuell nach dem gemeinsamen Lernen bei mir fertig machen könnte. Natürlich habe ich ihr gesagt, das sei gar kein Problem. Also meinte sie, sie würde um drei Uhr kommen und sich Sachen zum Umziehen mitbringen, hätte etwa eine Stunde Zeit für mich, würde sich dann fertig machen und direkt von hier aus zu ihren Großeltern zu fahren. Sie war spontan bereit, diese Umstände für mich auf sich zu nehmen. Einfach so, dabei sind wir noch nicht einmal Freundinnen. Schulkameradinnen, ja. Zwei unter fast hundert in der zwölften Klasse. Die meisten meiner Mitschüler kenne ich seit mindestens der fünften Klasse, einige noch länger. Vanessa kam zu Beginn der elften Klasse dazu. Das ist nun bald anderthalb Jahre her. Anderthalb Jahre, in denen zusammen wir noch bis vor wenigen Tagen kaum so viele Wörter miteinander gesprochen haben dürften wie heute allein.
Vanessa spricht mit niemandem in der Schule viel. Soweit ich weiß hat sie auch zu niemandem aus unserem Jahrgang privaten Kontakt. Die Pausen verbringt sie allein, meist in ein Buch vertieft. Nach dem Unterricht schlenderte sie stets gedankenversunken zum Busbahnhof, wo sie ruhig und geduldig inmitten eines Pulks lärmender Unter- und Mittelstufenschüler in den Bus in ihren Stadtteil stieg. Seit sie achtzehn ist, fährt sie in ihrem weinroten gebrauchten Golf zur Schule und wieder nach Hause. Als sie neu an unsere Schule kam wähnte ich in ihr eine Rivalin. Eine Gefahr für meine Stellung als eines der bewundertesten Mädchen meines Jahrganges. Ich sollte rasch lernen, wie sehr ich mich täuschte. Vanessa stand vom ersten Tag an über jedem Wetteifern um Anerkennung und Beliebtheit. Sie wusste längst, dass sie darauf nicht angewiesen ist. Sie wählte sich zielstrebig selbst die Rolle als krasseste Einzelgängerin unseres Jahrganges, schloss sich noch nicht einmal einer der Außenseitercliquen an. In die würde sie auch gar nicht hineinpassen. Vanessa ist keine Außenseiterin weil sie „anders und dumm“, „anders und hässlich“ oder „anders und versponnen“ ist. Vanessa ist „anders und wunderschön“, „anders und hoch begabt“, „anders und erhaben“. Eine faszinierende, anbetungswürdige achtzehnjährige Göttin! Hochgewachsen und schlank, lassen sich unter ihrer Kleidung dennoch ein üppiges C-Körbchen und ein fester, wohlgerundeter Po erahnen. Wie schön ihr Busen sein muss deutet sie scheinbar gerne mittels V-Ausschnitten an, die einen schmalen, aber tiefen Blick auf ihr Dekolletee erlauben. Oder in eng sitzenden Blusen, die sich über ihre Brüste spannen und deren Knöpfe unter der Macht ihrer prallen Weiblichkeit eine harte Zerreißprobe zu meistern zu haben scheinen. In den warmen Monaten zeigt sie in hübschen Sommerkleidern lange und gerade gewachsene Beine, in Sandaletten feingliedrige und feminine Füße und Zehen. Ihre Haut ist von einer barocken Blässe. Ein schlanker Nasenrücken prägt Vanessas edle Gesichtszüge, ihre großen und tiefblauen Augen mit langen Wimpern liegen unter kräftigen, geschwungenen Brauen, ihr Lippen sind blühend, voll und rosig. Eine seidig schimmernde brünette Haarmähne fällt ihr über die Schultern bis hinunter auf den Rücken. Ihre Kleidung ist stets elegant, ihr Make-up dezent und ein angenehmer Duft umhüllt sie. Im Unterricht belegen ihre sprachliche Gewandtheit, zügige Auffassungsgabe und analytisches Denkvermögen, dass ihre exzellenten Noten nicht nur das Produkt sturen Auswendiglernens des Unterrichtsstoffes, sein können, sondern als zweifelsfreier Beweis für höchste Intelligenz und Begabung zu gelten haben. Doch am faszinierendsten ist Vanessas Habitus. In allem was sie tut, selbst wenn sie einfach still dasitzt und dem Unterrichtsgeschehen folgt, strahlt sie auf eine einzigartige Weise Stolz und Erhabenheit aus als wäre sie ein Engel, mindestens aber eine Aristokratin!
Nein, dieses perfekte Geschöpf muss sich auf keinem Jahrmarkt postpubertärer Eitelkeit zur Schau stellen. Das würde sie nur entwerten und um ihre einzigartige Stellung im sozialen Gefüge ihres Umfeldes bringen. Ihre Rolle als äußerlich von allen respektierte, und innerlich von vielen verehrte Einzelgängerin ist ihrer einzig würdig und angemessen. Und sie ermöglicht es, bei ihren wenigen näheren Kontakten mit ihren Mitschülern ihr sanftes und liebes Wesen offenbaren zu dürfen. Vanessas Schöpfer hat sie mit einer natürlichen Überlegenheit und Unnahbarkeit gesegnet derer sie sich jederzeit so versichert sein kann, dass sie keine Überheblichkeit oder Eingebildetheit zu äußern braucht. Obwohl sie das perfekteste Wesen ist das wir alle jemals erblickt haben äußert niemand je ein abfälliges Wort über sie. Wem die Ehre zu Teil wird bei der gerade unter jüngeren Lehrern oder Lehramtsreferendaren beliebten Bearbeitung einer Aufgabe in Kleingruppen mit ihr zusammenarbeiten zu dürfen, der erlebt sie fair, engagiert, kameradschaftlich und zuverlässig. Es war dieses Erleben das mich ermutigt hat, sie um Hilfe bei der Vorbereitung auf das Latinum am Ende des Schuljahres zu bitten. Sie erfuhr dass sie helfen kann und war sofort zur Stelle. Ohne zu zögern, ohne eine Bedingung zu stellen oder Gegenleistung zu fordern. Sie fragte einzig nach der Möglichkeit, im Anschluss an unsere erste gemeinsame Arbeitsstunde das Badezimmer meiner elterlichen Wohnung benutzen zu dürfen. Um unser gemeinsames Lernen baldestmöglich beginnen zu können, obwohl es nicht der glücklichste Termin für sie ist. Sie verzichtet für mich darauf, sich in ihrem eigenen Badezimmer auf ein ihr wichtiges Ereignis vorzubereiten und weicht in eine ihr völlig fremde Umgebung aus. Etwas, das selbst unter Freundinnen so nicht unbedingt selbstverständlich wäre. Für sie ist es das.
Ich erwache plötzlich aus meinem Tagtraum von Vanessas Schönheit und Güte und stutze. Irgendetwas ist komisch. Ich finde es schnell heraus. Das Rauschen in der Wand ist verstummt, der Wasserhahn wurde wieder zugedreht. Ich werfe einen Blick auf unsere große Standuhr. Vanessa ist noch keine fünf Minuten im Bad. Seltsam, sie kann doch unmöglich bereits fertig sein? Nachdem es ihr so wichtig war, sich für den Geburtstag hübsch zu machen? Sie sich in ihrem Rucksack offenbar andere Kleidung und ihre Schminkutensilien mitgebracht hat? Nein, irgendetwas kann hier nicht stimmen! Meine Neugier hat rasch die Kontrolle über mich übernommen, ich stehe auf und gehe in die Diele. Die Tür zum Badezimmer ist noch immer geschlossen, Vanessa noch immer darin. Einer so peniblen und gepflegten jungen Frau wie ihr stünde es höchst seltsam zu Gesicht, sich zur Vorbereitung auf eine Familienfeier nur etwas Wasser in selbiges zu spritzen. Für mehr kann die Zeit aber nicht gereicht haben. Da sie sich sowieso umziehen wollte hatte ich eigentlich erwartet, dass sie die Gelegenheit nutzen und sich, dann sowieso ja nur noch mit ihrer Unterwäsche an, mit warmem Wasser und Seife auch an Hals, Dekolletee, Armen und Beinen erfrischen würde. Was mache ich mir eigentlich vor, ich hatte das nicht nur erwartet, ich hatte es mir gewünscht. In meinem Kopf war die bescheuerte Fantasie erwacht, dass sie es nicht hinter einer für mich verschlossenen Tür tun würde. Dass mich vielleicht mit hinein ins Badezimmer bitten würde um dabei mir zu plaudern? Andere Mädchen unseres Jahrganges sehen sie regelmäßig so, nach dem Sportunterricht. Duschen mag in der Schule keine. Vormittags haben die unteren Klassen Sport, nachmittags die Oberstufe, erst danach wird der Duschraum gereinigt - wenn überhaupt täglich. Also waschen wir uns nur für den Heimweg den gröbsten Schweiß ab, und duschen anschließend zu Hause. Da Vanessa und ich jedoch nicht im gleichen Sportkurs sind habe ich sie noch nie in Unterwäsche gesehen, es hätte aber mit Leichtigkeit so kommen können. Plötzlich muss ich innerlich über mich selbst lachen. Mit Leichtigkeit? Wie naiv bin ich eigentlich? So naiv zu glauben, dass Vanessa mich nach nur einer gemeinsamen Arbeitsstunde so sehr ins Herz und ins Vertrauen geschlossen haben würde, dass sie sich meine Gesellschaft wünscht während sie sich wäscht? Dieses Mädchen hat wahrlich die Macht, meinen Verstand zu überrumpeln und auf der Strecke bleiben zu lassen. Wahrscheinlich vertraut sie mir in Wahrheit immer noch nur so wenig, dass sie sich im Badezimmer meiner elterlichen Wohnung wirklich nur einer kurzen Katzenwäsche unterzieht. Etwas Wasser ins Gesicht, frisches Make-up, einmal die Haare durchbürsten, umziehen - es reicht doch auch. So großen Wert ich selbst auf Sauberkeit und Gepflegtheit lege, heute ist ein Werktag, sie hat sich heute morgen geduscht und fein gemacht, sie hat nachmittags noch einen Termin, da ist jetzt eben mal nicht mehr möglich als das. Ich schüttele den Kopf über meine eigenen Fantasien und will zurück ins Wohnzimmer gehen, da vernehme ich wieder Geräusche aus dem Bad. Diesmal ist es kein gleichmäßig fließendes, sondern höchst ungleichmäßig, in Zeitabständen weniger Sekunden plätscherndes Wasser.
Ich wirbele herum, meine Hand bewegt sich auf die Tür zu um vorsichtig anzuklopfen, da erstarre ich. Bist du des Wahnsinns? Sie wird dich fragen, worum es geht, und was wirst du ihr antworten? „Was machst du da drin?“ Das weißt du doch, sie macht sich für eine Geburtstagsfeier in ihrer Familie fertig. Wozu du ihr die Möglichkeit zugesagt hast. Woraufhin sie sich darauf verlassen hat, dabei ganz ungestört zu sein. Und dieses Vertrauen in dich löst sie nun gerade ein. Sie ist mit ihren mitgebrachten Sachen ins Badezimmer gegangen, hat die Tür hinter sich geschlossen, den Schlüssel im Schloss herumgedreht - das Schlüsselloch! Ich schlucke. Da ist sie, die von Vanessa völlig unbedachte Schwachstelle ihres geschützten Raumes. Der einzige kleine Punkt, an dem nicht zentimeterdickes Holz Vanessa von meiner Beobachtung abschirmt. Da die Tür in einer der kürzeren Wände des rechteckigen Raumes liegt würde ein Blick durch Schlüsselloch es ermöglichen, diesen zumindest in der gegebenen Sichthöhe komplett zu überblicken. Obwohl ich nicht alles würde sehen können, dürfte das genau die kritische Höhe sein. Den Fußboden würde ich nicht sehen können, aber der ist sowieso uninteressant. Vielleicht liegt dort Vanessas Kleidung, vielleicht hat sie sie aber auch auf den Badhocker oder den Toilettendeckel gelegt. Dort könnte ich sie möglicherweise liegen sehen, doch der Anblick wäre gar nicht wichtig für mich. Denn ich würde Vanessa selbst sehen können. Sie hielt sich, das wusste ich nun, am genau gegenüberliegenden Ende des schmalen, schlauchförmigen Badezimmers auf. Nachdem sie hineingegangen war und die Tür verschlossen hatte, hatte sie zunächst den Wasserhahn aufgedreht und sich währenddessen abgeschminkt. Dann hatte sie das Wasser wieder abgestellt, was mich in die Diele gelockt hatte. Während ich dort stand, hatte sie sich leise, ohne ein für mich hörbares Geräusch zu verursachen, ausgezogen. Wie ich ursprünglich vermutet hatte ihren Rollkragenpullover, ihre Stoffhose, ihre Bluse oder ihr T-Shirt und auch ihre Strümpfe. Ich weiß nicht was sie anhatte, während sie neben mir in meinem Zimmer saß, ob Body, BH, Slip oder String. Jedenfalls hat sie es zuletzt auch ausgezogen und ist in die Badewanne gestiegen, in die sie zuvor etwas Wasser eingelassen hatte. Kein Vollbad, nur einige Zentimeter hoch. Genug, um im Sitzen ihre Beine, ihren Po und ihren Intimbereich zu bedecken und Wasser mit den Händen aufzunehmen, über ihre Schultern und ihren Oberkörper fließen zu lassen und dort zu verreiben, ehe es plätschernd wieder in die Wanne zurückfließt.
Es geschieht hinter dieser Tür! Der Tür zu unserem Badezimmer! Es geschieht jetzt, in diesem Moment! Während ich mit glühenden Wangen und Ohren, kurzatmig und leicht schwindelnd, halb gebückt und bereits mit zusammengekniffenen Augen wenige Zentimeter vor dieser Tür stehe, nur ein Stück weit über der Höhe des Schlüsselloches. Es passiert jeden Tag, letztlich auch nur wenige Kilometer von hier entfernt. Ich wusste nie, wann genau sie es tat. Ich wusste nie, wo genau sie es tat, wo genau der Raum lag oder wie er eingerichtet war. Ich wusste nie, wie genau sie es tat. Es schien immer doch ein Ereignis außerhalb meiner Welt zu sein. Nun war ich keine fünf Meter davon entfernt, und nur noch durch eine Tür davon getrennt. Ich musste mich nur noch ein winziges Stück bewegen, und würde es sehen können. Ich würde sie sehen können. Vanessa, wunderschön und nackt. Wie sie ihren traumhaften Körper von Kopf bis Fuß einseifte. Wie ihre zarten Finger jeden, auch die intimsten Teile ihres Körpers berührten. Und wie sie das in der selben Badewanne tat, in der ich noch heute morgen meinen nackten Körper eingeseift habe. In der ich schon oft unter einem Berg duftenden Schaums lag und meine Finger meinen Kitzler umspielen ließ, während ich von ihr träumte. Sie tat es nicht hinter irgendeiner Tür vor der ich stand, sie tat es in meinem Badezimmer! Sie war nackt in einem Raum voller Dinge, die mir gehören. Jedes mal wenn ich künftig meine Zahnbürste, meine Kosmetika, meinen Duschschwamm, meinen Haartrockner oder meine Haarbürste berühren würde, dann würde ich Gegenstände berühren, die einmal in einem Raum mit der nackten Vanessa waren. Der Spiegel in dem ich mich oft und gern nackt betrachtete kannte nun auch Vanessa nackt. Vielleicht hatte sie sich ihren Körper in diesem angesehen, bevor sie in die Badewanne stieg. Vielleicht würde sie sich vor ihm abtrocknen - und eincremen? Dabei würde ich sie bestens beobachten können, es fehlte nur noch ein kleines Stück bis zum Schlüsselloch. Und selbst wenn sie es nicht tun würde, durch das Schlüsselloch hätte ich immer noch einen genauen Blick auf die Badewanne und seitlich auf Vanessas Busen. Bis sie schließlich aufstehen wird, um das bestgehütete Geheimnis einer jungen Frau heutzutage zu lüften. Ich wäre dann die einzige, die Vanessas Modegeschmack im Intimbereich kennen würde. Dafür würden einige Mädchen in der Schule alles geben, nicht nur aus unserem Jahrgang. Von den Jungs wohl mal ganz zu schweigen. Aber sie wird es nur mir preisgeben, mir allein! Ein mir wohlbekanntes Rauschen setzt ein. Vanessa braust sich mit dem Duschkopf ab, für mich ein unzweifelhaftes Signal. Jetzt oder nie! Langsam beuge ich mich noch ein Stück tiefer herab, neige den Kopf näher an das Türschloss - und richte mich plötzlich wie reflexartig wieder vollständig auf, starre gegen die Tür, weit oberhalb des Schlüsselloches.
Ein eisiges Gefühl der Scham und des schlechten Gewissens erfasst mich. Meine Erregung ist wie weggeblasen, ich fühle mich plötzlich nur noch hundeelend. Was wolltest du tun? Du vergötterst dieses Mädchen! Du ergehst dich gerne in kitschigen Fantasien ihr deine Liebe zu schwören und zum Beweis wer weiß welche Opfer zu bringen - und jetzt willst du ihr das antun? Sie hat die Tür geschlossen und den Schlüssel umgedreht, das ist eine klare Ansage. Sie will nicht, dass du sie nackt siehst. Und sie vertraut dir. Sie wollte noch duschen bevor sie zur Geburtstagsfeier fährt und hat sich gesagt: das kann ich bestimmt bei Laura tun. Sie ist meine Schulkameradin, sie ist auch ein Mädchen. In ihrem Badezimmer bin ich so geborgen wie zu Hause in meinem. Ich muss keine Bedenken haben mich dort auszuziehen. Sie fühlt sich sicher dort hinter dieser Tür! Ich spüre Tränen in meine Augen steigen. Langsam trete ich immer weiter von der Tür zurück und wiederhole im Geiste immer wieder ein: „Vanessa, es tut mir so leid!“, während meine Lippen sich stumm bewegen. Leisen Schrittes gehe ich wieder ins Wohnzimmer zurück und setze mich auf die Couch. „Du bist so ein Miststück!“, ohrfeige ich mich innerlich während ich darum kämpfe, die Tränen zurückzuhalten. Verheulte Wimperntusche will ich Vanessa nicht erklären müssen. Lieb wie sie ist würde sie danach fragen und am Ende noch eine Verspätung zum Geburtstag in Kauf nehmen um mich nicht traurig allein zu lassen. So ist Vanessa nämlich. Ein Engel, und kein hinterlistiges Miststück wie ich. Aber, na ja - immerhin eines, das sich im letzten Moment doch noch unter Kontrolle bekommen hat. Ich habe es nicht getan. Ich wollte es tun, ich stand kurz davor - aber ich habe es dann doch nicht getan. Ich habe Vanessas Vertrauen nicht missbraucht. Sie kann sich auf mich verlassen! Meine Erregung ob der nackten Vanessa in meinem Badezimmer klingt langsam ebenso ab wie meine Scham ob meiner voyeuristischen Anwandlungen. Den Ereignissen der letzten Stunde entsprechend gelassen warte ich auf Vanessas Rückkehr. Nach einer Weile höre ich schließlich den Schlüssel im Schloss der Badezimmertür. Eine Wolke lieblichen Parfums weht herein. Ich schaue auf und erblicke Vanessa. Sie sieht hinreißend aus in dunklen Blue Jeans, weißer Bluse und einer braunen Weste. Ihre Gesichtshaut glänzt frisch, ihre brünette Haarmähne ist noch feucht. Sie strahlt mich fröhlich an. „Gefalle ich dir?“, fragt sie in gespielt forschendem Ton. „O ja“, seufze ich mehr als ich sage, aber Vanessa scheint das nicht zu bemerken „Okay, danke“, antwortet sie sichtlich zufrieden, „kann ich dich um noch einen Gefallen bitten?“ „Ja, klar“, antworte ich wie aus der Pistole geschossen. „Kann ich mir deinen Haartrockner leihen? Ich hab meinen blöderweise vergessen“, erzählt sie mit scherzhafter Zerknirschtheit in der Stimme. „Kein Problem“, entgegne ich freundlich, „der liegt im Regal gleich neben der Tür - ich zeige dir wo.“ Wir gehen beide ins Bad. Die Luft dort ist noch warm und feucht, erfüllt von einem herrlichen Duft. Ich schnuppere spielerisch übertrieben. „Deine Körperpflegeserie gefällt mir.“ „Danke schön“, entgegnet Vanessa überrascht, „ich mag deinen Duft aber auch!“ Ich gehe zur Badewanne, nehme eine Flasche vom Rand, öffne sie und gebe sie Vanessa: „Tropical Flowers“. Sie schnuppert daran und seufzt ein: „Mmh, o ja....“ „Wenn du das nächste mal bei mir duscht“, erkläre ich mit gespielter Feierlichkeit, „dann bedienst du dich einfach!“ Wir schauen einander an und lachen. „Sehr gerne“, schmunzelt Vanessa. „ich komme darauf zurück.“
Ich greife zur Fernsehzeitung und beginne in ihr zu blättern. Doch weder die neuesten Klatschgeschichten, noch Schicksalsreportagen, noch die Rechtsratgeberseite vermögen meine Gedanken aus den immer gleichen Bahnen, in denen sie seit Vanessas Ankunft kreisen, zu lösen. Sie ist leibhaftig hier, in unserer Wohnung. Sie ist meinetwegen gekommen. Sie war in meinem Zimmer, hat Seite an Seite mit mir an meinem Schreibtisch gesessen. Eine ganze Stunde lang hat sie nur mit mir gesprochen. Hat sie mich angesehen, mich angelächelt, haben wir uns zufällig berührt. Ich kann mich nicht erinnern, jemals zuvor wirklich mit ihr unterhalten zu haben. Bis ich am Montag all meinen Mut zusammengenommen und sie beim Verlassen des Klassenraumes gefragt habe ob sie mir helfen würde, für das Latinum zu lernen. Meine Frage muss für sie so überraschend gewesen sein wie für mich der Umstand, dass ich mich überhaupt getraut habe sie anzusprechen. Aber sie hat sofort ja gesagt, und wir haben uns auf meinen Vorschlag hin für den heutigen Donnerstag verabredet. Es war kein Traum, sie hat es sich auch nicht anders überlegt, sie hat auch nicht abgesagt. Pünktlich um drei war sie hier. Eigentlich passte ihr der Termin gar nicht so recht. Der Geburtstag ihres Großvaters, am späten Nachmittag wird sie dort zur Feier erwartet, für abends ist ein kaltes Büffet bestellt. Trotzdem hat sie in meinen Terminvorschlag eingewilligt und nur gefragt, ob sie sich eventuell nach dem gemeinsamen Lernen bei mir fertig machen könnte. Natürlich habe ich ihr gesagt, das sei gar kein Problem. Also meinte sie, sie würde um drei Uhr kommen und sich Sachen zum Umziehen mitbringen, hätte etwa eine Stunde Zeit für mich, würde sich dann fertig machen und direkt von hier aus zu ihren Großeltern zu fahren. Sie war spontan bereit, diese Umstände für mich auf sich zu nehmen. Einfach so, dabei sind wir noch nicht einmal Freundinnen. Schulkameradinnen, ja. Zwei unter fast hundert in der zwölften Klasse. Die meisten meiner Mitschüler kenne ich seit mindestens der fünften Klasse, einige noch länger. Vanessa kam zu Beginn der elften Klasse dazu. Das ist nun bald anderthalb Jahre her. Anderthalb Jahre, in denen zusammen wir noch bis vor wenigen Tagen kaum so viele Wörter miteinander gesprochen haben dürften wie heute allein.
Vanessa spricht mit niemandem in der Schule viel. Soweit ich weiß hat sie auch zu niemandem aus unserem Jahrgang privaten Kontakt. Die Pausen verbringt sie allein, meist in ein Buch vertieft. Nach dem Unterricht schlenderte sie stets gedankenversunken zum Busbahnhof, wo sie ruhig und geduldig inmitten eines Pulks lärmender Unter- und Mittelstufenschüler in den Bus in ihren Stadtteil stieg. Seit sie achtzehn ist, fährt sie in ihrem weinroten gebrauchten Golf zur Schule und wieder nach Hause. Als sie neu an unsere Schule kam wähnte ich in ihr eine Rivalin. Eine Gefahr für meine Stellung als eines der bewundertesten Mädchen meines Jahrganges. Ich sollte rasch lernen, wie sehr ich mich täuschte. Vanessa stand vom ersten Tag an über jedem Wetteifern um Anerkennung und Beliebtheit. Sie wusste längst, dass sie darauf nicht angewiesen ist. Sie wählte sich zielstrebig selbst die Rolle als krasseste Einzelgängerin unseres Jahrganges, schloss sich noch nicht einmal einer der Außenseitercliquen an. In die würde sie auch gar nicht hineinpassen. Vanessa ist keine Außenseiterin weil sie „anders und dumm“, „anders und hässlich“ oder „anders und versponnen“ ist. Vanessa ist „anders und wunderschön“, „anders und hoch begabt“, „anders und erhaben“. Eine faszinierende, anbetungswürdige achtzehnjährige Göttin! Hochgewachsen und schlank, lassen sich unter ihrer Kleidung dennoch ein üppiges C-Körbchen und ein fester, wohlgerundeter Po erahnen. Wie schön ihr Busen sein muss deutet sie scheinbar gerne mittels V-Ausschnitten an, die einen schmalen, aber tiefen Blick auf ihr Dekolletee erlauben. Oder in eng sitzenden Blusen, die sich über ihre Brüste spannen und deren Knöpfe unter der Macht ihrer prallen Weiblichkeit eine harte Zerreißprobe zu meistern zu haben scheinen. In den warmen Monaten zeigt sie in hübschen Sommerkleidern lange und gerade gewachsene Beine, in Sandaletten feingliedrige und feminine Füße und Zehen. Ihre Haut ist von einer barocken Blässe. Ein schlanker Nasenrücken prägt Vanessas edle Gesichtszüge, ihre großen und tiefblauen Augen mit langen Wimpern liegen unter kräftigen, geschwungenen Brauen, ihr Lippen sind blühend, voll und rosig. Eine seidig schimmernde brünette Haarmähne fällt ihr über die Schultern bis hinunter auf den Rücken. Ihre Kleidung ist stets elegant, ihr Make-up dezent und ein angenehmer Duft umhüllt sie. Im Unterricht belegen ihre sprachliche Gewandtheit, zügige Auffassungsgabe und analytisches Denkvermögen, dass ihre exzellenten Noten nicht nur das Produkt sturen Auswendiglernens des Unterrichtsstoffes, sein können, sondern als zweifelsfreier Beweis für höchste Intelligenz und Begabung zu gelten haben. Doch am faszinierendsten ist Vanessas Habitus. In allem was sie tut, selbst wenn sie einfach still dasitzt und dem Unterrichtsgeschehen folgt, strahlt sie auf eine einzigartige Weise Stolz und Erhabenheit aus als wäre sie ein Engel, mindestens aber eine Aristokratin!
Nein, dieses perfekte Geschöpf muss sich auf keinem Jahrmarkt postpubertärer Eitelkeit zur Schau stellen. Das würde sie nur entwerten und um ihre einzigartige Stellung im sozialen Gefüge ihres Umfeldes bringen. Ihre Rolle als äußerlich von allen respektierte, und innerlich von vielen verehrte Einzelgängerin ist ihrer einzig würdig und angemessen. Und sie ermöglicht es, bei ihren wenigen näheren Kontakten mit ihren Mitschülern ihr sanftes und liebes Wesen offenbaren zu dürfen. Vanessas Schöpfer hat sie mit einer natürlichen Überlegenheit und Unnahbarkeit gesegnet derer sie sich jederzeit so versichert sein kann, dass sie keine Überheblichkeit oder Eingebildetheit zu äußern braucht. Obwohl sie das perfekteste Wesen ist das wir alle jemals erblickt haben äußert niemand je ein abfälliges Wort über sie. Wem die Ehre zu Teil wird bei der gerade unter jüngeren Lehrern oder Lehramtsreferendaren beliebten Bearbeitung einer Aufgabe in Kleingruppen mit ihr zusammenarbeiten zu dürfen, der erlebt sie fair, engagiert, kameradschaftlich und zuverlässig. Es war dieses Erleben das mich ermutigt hat, sie um Hilfe bei der Vorbereitung auf das Latinum am Ende des Schuljahres zu bitten. Sie erfuhr dass sie helfen kann und war sofort zur Stelle. Ohne zu zögern, ohne eine Bedingung zu stellen oder Gegenleistung zu fordern. Sie fragte einzig nach der Möglichkeit, im Anschluss an unsere erste gemeinsame Arbeitsstunde das Badezimmer meiner elterlichen Wohnung benutzen zu dürfen. Um unser gemeinsames Lernen baldestmöglich beginnen zu können, obwohl es nicht der glücklichste Termin für sie ist. Sie verzichtet für mich darauf, sich in ihrem eigenen Badezimmer auf ein ihr wichtiges Ereignis vorzubereiten und weicht in eine ihr völlig fremde Umgebung aus. Etwas, das selbst unter Freundinnen so nicht unbedingt selbstverständlich wäre. Für sie ist es das.
Ich erwache plötzlich aus meinem Tagtraum von Vanessas Schönheit und Güte und stutze. Irgendetwas ist komisch. Ich finde es schnell heraus. Das Rauschen in der Wand ist verstummt, der Wasserhahn wurde wieder zugedreht. Ich werfe einen Blick auf unsere große Standuhr. Vanessa ist noch keine fünf Minuten im Bad. Seltsam, sie kann doch unmöglich bereits fertig sein? Nachdem es ihr so wichtig war, sich für den Geburtstag hübsch zu machen? Sie sich in ihrem Rucksack offenbar andere Kleidung und ihre Schminkutensilien mitgebracht hat? Nein, irgendetwas kann hier nicht stimmen! Meine Neugier hat rasch die Kontrolle über mich übernommen, ich stehe auf und gehe in die Diele. Die Tür zum Badezimmer ist noch immer geschlossen, Vanessa noch immer darin. Einer so peniblen und gepflegten jungen Frau wie ihr stünde es höchst seltsam zu Gesicht, sich zur Vorbereitung auf eine Familienfeier nur etwas Wasser in selbiges zu spritzen. Für mehr kann die Zeit aber nicht gereicht haben. Da sie sich sowieso umziehen wollte hatte ich eigentlich erwartet, dass sie die Gelegenheit nutzen und sich, dann sowieso ja nur noch mit ihrer Unterwäsche an, mit warmem Wasser und Seife auch an Hals, Dekolletee, Armen und Beinen erfrischen würde. Was mache ich mir eigentlich vor, ich hatte das nicht nur erwartet, ich hatte es mir gewünscht. In meinem Kopf war die bescheuerte Fantasie erwacht, dass sie es nicht hinter einer für mich verschlossenen Tür tun würde. Dass mich vielleicht mit hinein ins Badezimmer bitten würde um dabei mir zu plaudern? Andere Mädchen unseres Jahrganges sehen sie regelmäßig so, nach dem Sportunterricht. Duschen mag in der Schule keine. Vormittags haben die unteren Klassen Sport, nachmittags die Oberstufe, erst danach wird der Duschraum gereinigt - wenn überhaupt täglich. Also waschen wir uns nur für den Heimweg den gröbsten Schweiß ab, und duschen anschließend zu Hause. Da Vanessa und ich jedoch nicht im gleichen Sportkurs sind habe ich sie noch nie in Unterwäsche gesehen, es hätte aber mit Leichtigkeit so kommen können. Plötzlich muss ich innerlich über mich selbst lachen. Mit Leichtigkeit? Wie naiv bin ich eigentlich? So naiv zu glauben, dass Vanessa mich nach nur einer gemeinsamen Arbeitsstunde so sehr ins Herz und ins Vertrauen geschlossen haben würde, dass sie sich meine Gesellschaft wünscht während sie sich wäscht? Dieses Mädchen hat wahrlich die Macht, meinen Verstand zu überrumpeln und auf der Strecke bleiben zu lassen. Wahrscheinlich vertraut sie mir in Wahrheit immer noch nur so wenig, dass sie sich im Badezimmer meiner elterlichen Wohnung wirklich nur einer kurzen Katzenwäsche unterzieht. Etwas Wasser ins Gesicht, frisches Make-up, einmal die Haare durchbürsten, umziehen - es reicht doch auch. So großen Wert ich selbst auf Sauberkeit und Gepflegtheit lege, heute ist ein Werktag, sie hat sich heute morgen geduscht und fein gemacht, sie hat nachmittags noch einen Termin, da ist jetzt eben mal nicht mehr möglich als das. Ich schüttele den Kopf über meine eigenen Fantasien und will zurück ins Wohnzimmer gehen, da vernehme ich wieder Geräusche aus dem Bad. Diesmal ist es kein gleichmäßig fließendes, sondern höchst ungleichmäßig, in Zeitabständen weniger Sekunden plätscherndes Wasser.
Ich wirbele herum, meine Hand bewegt sich auf die Tür zu um vorsichtig anzuklopfen, da erstarre ich. Bist du des Wahnsinns? Sie wird dich fragen, worum es geht, und was wirst du ihr antworten? „Was machst du da drin?“ Das weißt du doch, sie macht sich für eine Geburtstagsfeier in ihrer Familie fertig. Wozu du ihr die Möglichkeit zugesagt hast. Woraufhin sie sich darauf verlassen hat, dabei ganz ungestört zu sein. Und dieses Vertrauen in dich löst sie nun gerade ein. Sie ist mit ihren mitgebrachten Sachen ins Badezimmer gegangen, hat die Tür hinter sich geschlossen, den Schlüssel im Schloss herumgedreht - das Schlüsselloch! Ich schlucke. Da ist sie, die von Vanessa völlig unbedachte Schwachstelle ihres geschützten Raumes. Der einzige kleine Punkt, an dem nicht zentimeterdickes Holz Vanessa von meiner Beobachtung abschirmt. Da die Tür in einer der kürzeren Wände des rechteckigen Raumes liegt würde ein Blick durch Schlüsselloch es ermöglichen, diesen zumindest in der gegebenen Sichthöhe komplett zu überblicken. Obwohl ich nicht alles würde sehen können, dürfte das genau die kritische Höhe sein. Den Fußboden würde ich nicht sehen können, aber der ist sowieso uninteressant. Vielleicht liegt dort Vanessas Kleidung, vielleicht hat sie sie aber auch auf den Badhocker oder den Toilettendeckel gelegt. Dort könnte ich sie möglicherweise liegen sehen, doch der Anblick wäre gar nicht wichtig für mich. Denn ich würde Vanessa selbst sehen können. Sie hielt sich, das wusste ich nun, am genau gegenüberliegenden Ende des schmalen, schlauchförmigen Badezimmers auf. Nachdem sie hineingegangen war und die Tür verschlossen hatte, hatte sie zunächst den Wasserhahn aufgedreht und sich währenddessen abgeschminkt. Dann hatte sie das Wasser wieder abgestellt, was mich in die Diele gelockt hatte. Während ich dort stand, hatte sie sich leise, ohne ein für mich hörbares Geräusch zu verursachen, ausgezogen. Wie ich ursprünglich vermutet hatte ihren Rollkragenpullover, ihre Stoffhose, ihre Bluse oder ihr T-Shirt und auch ihre Strümpfe. Ich weiß nicht was sie anhatte, während sie neben mir in meinem Zimmer saß, ob Body, BH, Slip oder String. Jedenfalls hat sie es zuletzt auch ausgezogen und ist in die Badewanne gestiegen, in die sie zuvor etwas Wasser eingelassen hatte. Kein Vollbad, nur einige Zentimeter hoch. Genug, um im Sitzen ihre Beine, ihren Po und ihren Intimbereich zu bedecken und Wasser mit den Händen aufzunehmen, über ihre Schultern und ihren Oberkörper fließen zu lassen und dort zu verreiben, ehe es plätschernd wieder in die Wanne zurückfließt.
Es geschieht hinter dieser Tür! Der Tür zu unserem Badezimmer! Es geschieht jetzt, in diesem Moment! Während ich mit glühenden Wangen und Ohren, kurzatmig und leicht schwindelnd, halb gebückt und bereits mit zusammengekniffenen Augen wenige Zentimeter vor dieser Tür stehe, nur ein Stück weit über der Höhe des Schlüsselloches. Es passiert jeden Tag, letztlich auch nur wenige Kilometer von hier entfernt. Ich wusste nie, wann genau sie es tat. Ich wusste nie, wo genau sie es tat, wo genau der Raum lag oder wie er eingerichtet war. Ich wusste nie, wie genau sie es tat. Es schien immer doch ein Ereignis außerhalb meiner Welt zu sein. Nun war ich keine fünf Meter davon entfernt, und nur noch durch eine Tür davon getrennt. Ich musste mich nur noch ein winziges Stück bewegen, und würde es sehen können. Ich würde sie sehen können. Vanessa, wunderschön und nackt. Wie sie ihren traumhaften Körper von Kopf bis Fuß einseifte. Wie ihre zarten Finger jeden, auch die intimsten Teile ihres Körpers berührten. Und wie sie das in der selben Badewanne tat, in der ich noch heute morgen meinen nackten Körper eingeseift habe. In der ich schon oft unter einem Berg duftenden Schaums lag und meine Finger meinen Kitzler umspielen ließ, während ich von ihr träumte. Sie tat es nicht hinter irgendeiner Tür vor der ich stand, sie tat es in meinem Badezimmer! Sie war nackt in einem Raum voller Dinge, die mir gehören. Jedes mal wenn ich künftig meine Zahnbürste, meine Kosmetika, meinen Duschschwamm, meinen Haartrockner oder meine Haarbürste berühren würde, dann würde ich Gegenstände berühren, die einmal in einem Raum mit der nackten Vanessa waren. Der Spiegel in dem ich mich oft und gern nackt betrachtete kannte nun auch Vanessa nackt. Vielleicht hatte sie sich ihren Körper in diesem angesehen, bevor sie in die Badewanne stieg. Vielleicht würde sie sich vor ihm abtrocknen - und eincremen? Dabei würde ich sie bestens beobachten können, es fehlte nur noch ein kleines Stück bis zum Schlüsselloch. Und selbst wenn sie es nicht tun würde, durch das Schlüsselloch hätte ich immer noch einen genauen Blick auf die Badewanne und seitlich auf Vanessas Busen. Bis sie schließlich aufstehen wird, um das bestgehütete Geheimnis einer jungen Frau heutzutage zu lüften. Ich wäre dann die einzige, die Vanessas Modegeschmack im Intimbereich kennen würde. Dafür würden einige Mädchen in der Schule alles geben, nicht nur aus unserem Jahrgang. Von den Jungs wohl mal ganz zu schweigen. Aber sie wird es nur mir preisgeben, mir allein! Ein mir wohlbekanntes Rauschen setzt ein. Vanessa braust sich mit dem Duschkopf ab, für mich ein unzweifelhaftes Signal. Jetzt oder nie! Langsam beuge ich mich noch ein Stück tiefer herab, neige den Kopf näher an das Türschloss - und richte mich plötzlich wie reflexartig wieder vollständig auf, starre gegen die Tür, weit oberhalb des Schlüsselloches.
Ein eisiges Gefühl der Scham und des schlechten Gewissens erfasst mich. Meine Erregung ist wie weggeblasen, ich fühle mich plötzlich nur noch hundeelend. Was wolltest du tun? Du vergötterst dieses Mädchen! Du ergehst dich gerne in kitschigen Fantasien ihr deine Liebe zu schwören und zum Beweis wer weiß welche Opfer zu bringen - und jetzt willst du ihr das antun? Sie hat die Tür geschlossen und den Schlüssel umgedreht, das ist eine klare Ansage. Sie will nicht, dass du sie nackt siehst. Und sie vertraut dir. Sie wollte noch duschen bevor sie zur Geburtstagsfeier fährt und hat sich gesagt: das kann ich bestimmt bei Laura tun. Sie ist meine Schulkameradin, sie ist auch ein Mädchen. In ihrem Badezimmer bin ich so geborgen wie zu Hause in meinem. Ich muss keine Bedenken haben mich dort auszuziehen. Sie fühlt sich sicher dort hinter dieser Tür! Ich spüre Tränen in meine Augen steigen. Langsam trete ich immer weiter von der Tür zurück und wiederhole im Geiste immer wieder ein: „Vanessa, es tut mir so leid!“, während meine Lippen sich stumm bewegen. Leisen Schrittes gehe ich wieder ins Wohnzimmer zurück und setze mich auf die Couch. „Du bist so ein Miststück!“, ohrfeige ich mich innerlich während ich darum kämpfe, die Tränen zurückzuhalten. Verheulte Wimperntusche will ich Vanessa nicht erklären müssen. Lieb wie sie ist würde sie danach fragen und am Ende noch eine Verspätung zum Geburtstag in Kauf nehmen um mich nicht traurig allein zu lassen. So ist Vanessa nämlich. Ein Engel, und kein hinterlistiges Miststück wie ich. Aber, na ja - immerhin eines, das sich im letzten Moment doch noch unter Kontrolle bekommen hat. Ich habe es nicht getan. Ich wollte es tun, ich stand kurz davor - aber ich habe es dann doch nicht getan. Ich habe Vanessas Vertrauen nicht missbraucht. Sie kann sich auf mich verlassen! Meine Erregung ob der nackten Vanessa in meinem Badezimmer klingt langsam ebenso ab wie meine Scham ob meiner voyeuristischen Anwandlungen. Den Ereignissen der letzten Stunde entsprechend gelassen warte ich auf Vanessas Rückkehr. Nach einer Weile höre ich schließlich den Schlüssel im Schloss der Badezimmertür. Eine Wolke lieblichen Parfums weht herein. Ich schaue auf und erblicke Vanessa. Sie sieht hinreißend aus in dunklen Blue Jeans, weißer Bluse und einer braunen Weste. Ihre Gesichtshaut glänzt frisch, ihre brünette Haarmähne ist noch feucht. Sie strahlt mich fröhlich an. „Gefalle ich dir?“, fragt sie in gespielt forschendem Ton. „O ja“, seufze ich mehr als ich sage, aber Vanessa scheint das nicht zu bemerken „Okay, danke“, antwortet sie sichtlich zufrieden, „kann ich dich um noch einen Gefallen bitten?“ „Ja, klar“, antworte ich wie aus der Pistole geschossen. „Kann ich mir deinen Haartrockner leihen? Ich hab meinen blöderweise vergessen“, erzählt sie mit scherzhafter Zerknirschtheit in der Stimme. „Kein Problem“, entgegne ich freundlich, „der liegt im Regal gleich neben der Tür - ich zeige dir wo.“ Wir gehen beide ins Bad. Die Luft dort ist noch warm und feucht, erfüllt von einem herrlichen Duft. Ich schnuppere spielerisch übertrieben. „Deine Körperpflegeserie gefällt mir.“ „Danke schön“, entgegnet Vanessa überrascht, „ich mag deinen Duft aber auch!“ Ich gehe zur Badewanne, nehme eine Flasche vom Rand, öffne sie und gebe sie Vanessa: „Tropical Flowers“. Sie schnuppert daran und seufzt ein: „Mmh, o ja....“ „Wenn du das nächste mal bei mir duscht“, erkläre ich mit gespielter Feierlichkeit, „dann bedienst du dich einfach!“ Wir schauen einander an und lachen. „Sehr gerne“, schmunzelt Vanessa. „ich komme darauf zurück.“
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