Die Kubanerin
Hallo zusammen. Ich mal wieder, mit ein Schwank aus meiner Jugend.
Die Reaktionen auf die letzte Geschichte „Freddys Besuch bei Gabriele“ ist recht enttäuschend. Abgesehen von einer „konsturktive Kritik“ haben sich doch noch zwei geäussert. Danke an euch. Eigentlich sollte jetzt die letzte Geschichte erscheinen. Da ich aber doch optimistisch war, hatte ich diese Geschichte schon angefangen. Und weil ich keine angefangene Sachen mag, habe ich sie fertig geschrieben und kann sie nun veröffentlichen. Meine letzte Geschichte ist schon geschrieben und wird somit auch veröffentlicht. Aber erst in zwei bis drei Wochen. Dann ist für mich hier Schluss.
Nun zur Geschichte.
Die Kubanerin
Nachdem ich am ersten Tag in meiner neuen Schule meinen Spruch abliess, mich also der ganzen Klasse vorgestellt hatte, ist mir ein Mädchen aufgefallen. Sie war anders als die anderen. Sie war dunkel, nicht schwarz, eher schokobraun, und sass in der dritten Bank der Fensterreihe. Zu der Zeit hatte ich kein Interesse an Mädchen (auch nicht an Jungs; muss man ja heute dazu sagen). Dafür hatte ich aber noch mein Problem aus der Klapse und dem Kinderheim, mit dem ich mich herumärgern musste. Was aber nichts mit dem Tod meines Vaters zu tun hatte. Obwohl das jeder glaubte. Weder Schüler noch Lehrer interessierten mich in irgendeiner Weise. Hauptsächlich wollte ich meine Ruhe haben. Schule durchstehen und fertig. Dass ich mit diesem Verhalten in der DDR der 70er Jahre mächtig aneckte, brauche ich wohl nicht zu erwähnen.
Irgendwie faszinierte sie mich, doch ich hatte nie rausgefunden, warum. Wieso sie mich so in ihren Bann gezogen hatte. Also beschloss ich, Freddy auf sie anzusetzen. Er sollte mir alles über sie erzählen. Nach einigen Tagen bekam ich dann seinen ausführlichen Bericht.
Den habe ich ja schon in der letzten Geschichte „Freddys Besuch bei Gabriele“ geschrieben. Brauch ich also nicht wiederholen.
Freddy hatte natürlich recht. Gleich am ersten Tag hatte ich mir das Klassenbuch geschnappt und die Namen und Adressen der Schüler angeschaut. Für alle anderen Schüler war das Klassenbuch wie der Heilige Gral. Nichts Bekanntes oder Auffälliges dabei gewesen. So wusste ich, mit wem ich es zu tun hatte und wo sie wohnten. Es war so eine Angewohnheit, ich konnte mir selber nicht erklären warum.
Sie hiess also Mariposa, was so viel wie „Schmetterling“ bedeutet. Eigentlich ein hübscher Name. Man kann ihn zu Maria oder Mari abkürzen. Wieso die Idioten auf „Kokosnuss“ kamen, war mir schleierhaft. Sie sah auch nicht aus wie eine Kokosnuss. Dazu kam, dass ich Kuba eher mit diesen grässlichen sauren Apfelsinen in Verbindung brachte. Die man hier auch als Zitronen Verkaufen konnte. Klar, ab und an hatten wir auch Kokosnüsse bekommen, aber deswegen? Na ja, egal, Freddy hat dafür gesorgt, dass es unterbleibt.
Eines schönen Tages schlenderte ich gemütlich durch die Stadt. Hatte nichts Bestimmtes vor. Hatte nur etwas Langeweile und hoffte, dass sich irgendetwas ergeben würde. Für die Eisdiele war es noch zu kalt und auf Cafés hatte ich keine Lust. Waren um diese Uhrzeit eh mit alten Leuten vollgestopft. Irgendwann, und ohne einen Grund, stand ich vor dem Uhrenladen in der
Karl-Marx-Strasse. Hier habe ich ab und zu mal Taschenuhren geklaut. Der Laden wurde von zwei alten Leuten, wahrscheinlich ein Ehepaar, betrieben. Ich habe immer nach irgendetwas gefragt, was sie eh nicht hatten, und als sie nachschauten: Hinter den Tresen gefasst, eine Schublade aufgezogen und die Uhren geklaut und weg war ich.
Natürlich weiss ich, dass sich so etwas nicht gehört, auch damals schon. Andererseits habe ich nie behauptet, ein netter Mensch zu sein. Im Gegenteil. Ich war ein ziemlich schlimmes Kind. Aber das gehört hier nicht her.
Da ich schon mal da war, ging ich auch rein. Es dauerte, wie immer, eine Weile bis jemand kam. In der Zeit schaute ich mir die Auslage an. Sah aus wie ein Haufen Juwelen. Jede Menge Klunkern lagen da rum. Natürlich wusste ich, dass es nur irgendwelcher Modeschmuck war. Wenn man überhaupt von Schmuck reden konnte. Dann sah ich doch etwas, was meinen Blick auf sich zog. Gerade als ich es mir genauer anschauen wollte, riss mich die Frage: „Kann ich dir helfen?“, aus meinen Gedanken.
„Das da!“, sagte ich und zeigte mit dem Finger auf ein Set.
Die alte Frau holte es unter der Auslage hervor und legte es vor mich hin. Es war ein Collier, ein Diadem und zwei Ohrringe (Kreolen). Das sah irgendwie schön aus. Ich stand im Laden und wunderte mich, warum ich Schmuck für Mädchen schön fand. Dass ich mich überhaupt dafür interessierte. Irgendwie machte mir das Angst. Denn ich hatte generell ein Problem damit, etwas „Schön“ zu finden. Selbst die alte Frau schaute mich merkwürdig an. Ich fürchtete… sie hatte mich als Dieb erkannt. Nein.
Ok, ich beherrschte mich wieder und fragte, was der ganze Kram kostet. Sie rechnete alles im Kopf zusammen und meinte: „Alles zusammen macht sechzig Mark.“ Na, da war ich aber bedient.
Wie im Trance fragte ich: „Können Sie mir das Zeug als Geburtstagsgeschenk einpacken? Schön bunt mit Schleife? In der Zeit gehe ich das Geld holen, denn so viel habe ich nicht dabei.“ Sie meinte, dass sie es gerne mache. Und schon war ich aus dem Laden. Eigentlich hätte ich jetzt einfach abhauen können und das wäre es dann gewesen. Aber nein.
Draussen musste ich erst mal überlegt, wo ich auf die Schnelle das Geld herbekomme. Ich ging im Kopf alle meine Quellen für Bares durch. Für einige war es zu früh, für andere zu spät. Am liebsten hätte ich jetzt einen Stasi-Mitarbeiter – denen konnte ich leicht das Portemonnaie klauen. Ich brauchte also einen anderen Plan. Kurz überlegt und dann auf zum „Roten Ochsen“, eine Gaststätte, in der viele SED-Maden sassen. Nach einer knappen Stunde stand ich im Uhrengeschäft und zahlte die sechzig Mark. Konnte mir sogar die nächsten Wochen das Schulessen leisten. Das Päckchen sah richtig schön aus. Die Frau hat sogar eine Karte mit einem Geburtstagsgruss drauf gemacht.
Zu Hause musste ich mir erst mal überlegen, was ich damit mache, wem sollte ich es schenken? Mein Unterbewusstsein war da schon schneller gewesen. In zwei Tagen, am Samstag, hat Mariposa Geburtstag, stand so im Klassenbuch. Hätte mir aber auch am Samstag in der Schule auffallen können, sie wurde ja von vielen gratuliert. Freddy hatte mal, so nebenher, erwähnt, dass sie am Sonntag drauf feiert. Ich sass in meinem Zimmer und war erschrocken, dass ich so etwas weiss und auch noch ein Geschenk habe. Geburtstage sind mir eigentlich zu wieder, ich feiere nicht mal meinen eigenen. Was passierte da gerade mit mir?
Sonntagnachmittag. Ich hatte meine besten Sachen an, die ich noch aus dem Kinderheim hatte, und stand vor dem Haus von Mariposa. Weder nervös noch aufgeregt, hatte ich keine Erwartung oder Vorstellung, was gleich passieren würde.
Ein grosser Altbau mit einem imposanten Treppenhaus. Breite Treppe, grosse Fenster und Landschaftsmalereien an den Wänden.
Zweiter Stock, ich stehe vor Mariposas Wohnung. Musik und laute Stimmen sind zu hören. Hört sich nach einer Feier an. Hier war ich richtig, also klingelte ich.
Das Stimmengewirr wird lauter, kommt in meine Richtung, dann geht die Tür auf und eine Frau, Mitte dreissig, mit der gleichen Hautfarbe wie Mariposa, steht vor mir. Splitterfasernackt. Sie schaut mich fragend an. Ich stehe da wie eine versteinert, die Augen weit aufgerissen, der Mund offen, bringe aber kein Wort raus. Starre nur auf die riesigen Brüste… ihren Schritt… der nur ein riesengrosses Büschel tiefschwarze krause Haare war. Sofort habe ich das Bild von einem Sklaven vor Augen. Die hatten auch immer solche krausen Haare, aber auf dem Kopf. „Hat die einen Sklaven zwischen den Beinen?“, kam es mir in den Sinn.
Im Hintergrund taucht ein Mädchen auf, etwa zehn Jahre alt, genauso dunkel, genauso nackt. Ich starre immer noch. Die Frau zeigt auf das Geschenk in meiner Hand und sagt irgendetwas zu mir. Ihr Mund bewegt sich, aber ich höre nichts. Sie verschwindet in der Wohnung. Noch ein Mädchen erscheint, etwas älter, gleiche Hautfarbe, ebenfalls nackt, ruft etwas in die Wohnung. Das Einzige, was durch meine Ohren ins Gehirn dringt, ist der Name – …Mariposa.
Noch mehr Mädchen kommen, bleiben mitten im Flur stehen und schauen mich an, als wäre ich ein Ausserirdischer. Sie tuscheln, lachen und freuen sich. Zeigen auf mich und tuscheln weiter. Wie gebannt schaue ich auf sie. Ihre Körper glänzen in der Sonne, die aus der Wohnung auf sie scheint. Ich schaue auf ihre Brüste, manche klein andere grösser. Sehe die blanken Pflaumen mit den gut sichtbaren Schlitzen. Es schien denen überhaupt nichts auszumachen. Sie tuscheln weiter.
Ich werde nervös. Will hier weg. Beschliesse, das Geschenk einfach auf den Boden zu werfen und abzuhauen. Leider zu spät. Die Realität holt mich ein.
Mariposa erscheint. Mein Gehör kommt wieder, aber mein Verstand nicht. Ich bin immer noch am Glotzen. Sie steht vor mir, natürlich genauso nackt wie die anderen. Aus meinem Geglotze wird langsam bewunderndes Staunen.
Sie sah richtig hübsch aus. Mariposas Anblick zog mich förmlich in ihren Bann. Als wären meine Augen von einem Magneten angezogen, schaute ich auf sie. Ihre dunkle Haut glänzte viel heller als die der anderen, sie strahlte förmlich. „Makellose Brüste, wie von einem Künstler erschaffen. Was für eine schöne Vagina. Die Schamlippen… so eben und anmutig, wie von einem Bildhauer der Antike aus Marmor geschlagen.“ Schoss es mir durch den Kopf.
„DU?!“, rief sie, als stünde ein Geist vor der Tür. „Hier?! – Woher weißt du, dass ich…“, sie schnippte mit den Fingern. „Ach ja – Klassenbuch!“ Und hatte sich damit die Frage gleich selber beantwortet. „Na komm rein“, sagte Sie, trat zur Seite und wedelte mit der Hand Richtung Wohnungstür, als wolle sie mich in ein Geheimversteck locken.
Noch immer stehe ich da wie angewurzelt und bringe keinen Ton raus. Konnte weder einen klaren noch einen brauchbaren Gedanken fassen. Sie schaut mich an, jetzt etwas verwundert und fragt besorgt: „Bei dir alles in Ordnung?“ Keine Reaktion.
Sie schaut auf meine Hände und fragt: „Ist das für mich?“ Ich schaue auf das Geschenk in meiner Hand, als wenn ich es noch nie gesehen hätte, reiche es ihr mit den Worten: „Für dich. Alles Gute.“, und haute ab.
Draussen, ein paar Strassen weiter, brauchte ich erst mal einen Moment. Was zum Teufel ist das gerade gewesen? Hat sich mein Rest Verstand nun völlig verabschiedet? Was für eine Scheisse ist mir denn da durch den Kopf gegangen. Künstler, Bildhauer, Marmor, was für ein Dreck! Ich glaub, ich drehe durch. Und dabei hatte ich heute noch nicht mal was gesoffen. Klar, ab und zu trinke ich mal was. Vor einiger Zeit hatte ich festgestellt, dass ich besser durch den Tag komme, wenn ich mir morgens einen Schnaps gönne. Alles hüllt sich dann ein einen leichten Nebel. Mich nervt dann auch nicht mehr jede Kleinigkeit. Aber das eben? Was passiert gerade mit mir? Langsam bekam ich richtig Panik. In mir stiegen Gefühle auf, die ich seit der Klapse nicht mehr hatte. Die ich auch nicht mehr haben möchte. Nicht mehr haben wollte! Ab nach Hause, in mein Zimmer. Decke übern Kopf, fertig. Der Sonntag war gelaufen.
Montagfrüh.
Noch während ich meine Brote schmierte, überlegte ich, ob ich überhaupt zur Schule gehen sollte.
Seit Langem hatte ich nicht mehr solchen Schiss vor jemanden. Natürlich wird Mariposa mich ansprechen. Was sage ich ihr? Ich weiss ja selber nicht, was mich da geritten hat. Der Teufel wars jedenfalls nicht, glaube ja nicht an sowas.
Beim Packen meiner Schulmappe schaute ich auf die Schnapsflasche, die zwischen meinen Büchern versteckt ist und überlegte, ob ich einen nehme. Habe dann verzichtet. Wollte sicher sein, dass das, was nachher passiert, auch wirklich echt ist.
Eine Zeit lang konnte ich mich Mariposa entziehen. Hatte sogar Freddy eingespannt. Doch in der grossen Pause war Schluss. Sie stellte mich. Langsam kroch in mir ein ungutes Gefühl hoch.
Mit einem Ton, der mir durch Mark und Bein ging, rief sie: „Bleib stehen! Ich muss mit dir reden.“ Ich blieb nicht stehen, ich erstarrte. Sie kam auf mich zu, mit einem freundlichen Lächeln, was mich noch mehr verunsicherte. „Zuerst möchte ich mich bei dir für das schöne Geschenk bedanken. Dann muss ich mit dir reden, aber nicht jetzt und nicht hier. Nach der Schule, bei mir.“, sagte sie. Der letzte Satz klang schon eher wie eine Drohung.
Da ich immer noch nicht wusste, was da am Sonntag mit mir abging, legte ich keinen gesteigerten Wert auf ein Gespräch. Also machte ich mich nach der Schule durch den Nebeneingang, aus den Staub. Dachte ich zumindest. Gleich hinter der ersten Biegung stand Mariposa. Sie lächelte und sagte: „Du bist so was von vorhersehbar. Vor was willst du dich drücken? Vor was hast du Angst? Ich will mit dir nur reden. Also los, wir gehen zu mir. Keine Sorge… wir sind alleine.“
Die Anspannung in mir liess nicht nach. Die Aussage das wir alleine sind, machte es auch nicht besser. Im Gegenteil. Wenigstens hatte ich noch ein paar Minuten um über alles nachzudenken. Hoffte auf die grosse Erleuchtung, oder wenigstens auf einen Blitzschlag. Kam beides nicht.
Kurze Zeit später.
Mariposa bat mich rein und wir gingen in die Küche. Eine ziemlich grosse Küche. Sie fragte, ob ich etwas zu Trinken haben möchte. Ich fragte nach Milch. Sie schaute etwas verblüfft und sagte, ich solle mich setzen. Langsam entspannte ich mich, war nicht mehr so aufgeregt und dieses Gefühl der Machtlosigkeit wich langsam. Konnte auch schon wieder etwas klarer denken. Allerdings wusste ich immer noch nicht, was gestern mit mir los war. Nach dem ersten Glas Milch, ging es mir besser. Da ich aber nicht über mein Problem sprechen wollte, sie davon auch nicht wirklich, was mitbekam, wartete ich ab, was sie sagen würde. Dazu kam, dass ich ja selber nicht wusste, was mit mir war.
Nachdem Mariposa mein Glas noch mal auffüllte, setzte sie sich und fing an zu reden. Als Erstes hatte sie sich noch mal für das Geschenk bedankt. Dann hat sie sich sogar für ihre, aus ihrer Sicht, abfällige Begrüssung entschuldigt. Mariposa nahm an, dass ich wegen ihrer abfälligen Begrüßung so geschockt war und ihr darum das Geschenk in die Hand gedrückt habe und abgehauen bin.
Was so natürlich nicht stimmte.
„Nein, nein, das war nicht der Grund, und so abfällig war die Bemerkung gar nicht“, sagte ich.
„Wieso warst du dann so geschockt, hast dagestanden wie angewachsen?“, wollte sie wissen. Mit einem Gesichtsausdruck als wäre ihr gerade eine Erleuchtung gekommen und einem Ton der Verwunderung, fragte sie: „Jetzt sag nicht, weil ich nackt war? Das ist jetzt nicht dein Ernst. Das kann ich dir er…“,
„Halt Warte! Das war auf keinen Fall der Grund“, unterbrach ich sie. Das musste ich unbedingt aufklären. Also sagte ich: „Der Grund warst nicht du, sondern die Frau, die mir die Tür aufmachte und dich dann gerufen hatte. Ich hoffe, dass es nicht deine Mutter war. Dann die ganzen Mädchen, die mich angeschaut hatten, als sei ich vom Himmel gefallen. Dabei standen die doch nackt im Flur. Hat denen auch gar nicht gestört. Standen da und machten sich über mich lustig.“
Mariposa schaute mich mit einem breiten Grinsen an und sagte: „Keine Angst, das war nicht meine Mutter. Das war ihre Schwester, also meine Tante. Na ja, die anderen fanden es lustig, dass da ein Junge vor der Tür stand. Denn meine Tante hatte nur ins Zimmer gerufen, dass da ein Junge mit einem Geschenk steht und kein Wort spricht. Da wurden sie neugierig und wollten einfach nur schauen. Fanden es lustig, wie du dastandst und kein Wort rausgebracht hast. Aber Mund und Augen aufhattest.“
Ich fand das im Nachhinein nicht lustig. Ich sagte aber nichts, schaute nur auf mein leeres Glas. Was Mariposa wohl für eine Aufforderung hielt und die Milchflasche aus dem Kühlschrank holte. Als sie mir das Glas auffüllte, sah sie mich nachdenklich an. Ich wusste, dass jetzt gleich wieder was Unangenehmes kommt. Und richtig.
„Woher wusstest du, dass wir Nudisten sind?“, begann sie. „Es schien dich ja nicht zu stören, dass wir alle nackt waren. Bis auf meine Tante, die dich wohl erschreckt hat. Du weisst, was Nudisten sind?“ Hakte sie noch nach.
„Ja. – Nein.“, sagte ich und Mariposa Schaute etwas verwirrt. Genau in dem Moment, als sie was sagen wollte, antwortete ich: „Ja – ich weiss, was Nudisten sind. Brauchst es nicht zu erklären. Nein – ich habe nicht gewusst, dass ihr Nudisten seid.
Das es mich nicht gestört hat, dass ihr nackt wart, liegt daran, dass du, besser gesagt, ihr nicht die ersten nackten Mädchen wart, die ich gesehen habe. Aber die ersten Dunklen und ich muss zugeben, es sah sehr hübsch aus.“
„Warum bist du dann nicht reingekommen?“ Wollte sie wissen und grinste mich wieder an.
Ich wusste nicht mal, warum ich da war oder warum ich ein Geschenk kaufte, da weiss erst recht nicht, warum ich nicht mit rein bin. Sollte ich sagen, dass ich mich geschämt hätte? Das es mir vor so vielen nackten Mädchen und ner erwachsenen Frau peinlich wäre? Auf keinen Fall. Beim Gedanken: „Was hätte ich gemacht, wenn ich eine Latte bekommen hätte?“ Musste ich schmunzeln. Wohl meine erste Positive Regung an dem Tag.
Ausnahmsweise blieb ich mal bei der Wahrheit und erklärte ihr, dass da alles zusammenkam. Die vielen Leute…, die mich anstarrten, dass ich Menschen allgemein nicht mag. Was aber nichts mit ihr oder ihrer Familie zu tun hat. Dass ich genau an dem Tag, genau in der Situation eine Art Aussetzer hatte, es aber nicht erklären konnte, da es mit meinem Aufenthalt in der Klapps-Mühle zu tun hatte. Ich bin nie dahintergekommen, was es war. Ihr Gesicht sah verwundert aus. Wohl deshalb wechselte sie schnell das Thema. Bedankte sich noch mal dafür, dass sie nicht mehr Kokosnuss genannt wird.
„Ja, klar hat Freddy dafür gesorgt, aber jeder weiss doch wer dahintersteckt.“, meinte sie. Dann schaute sie mich ernst an, zögerte einen Moment und sagte dann: „Moment – ich hab da eine Idee“, und verschwand. Jetzt konnte ich nur raten, was passiert.
Hörte das Klacken einer Schublade, das Rascheln von Papier. Dann – Stille.
Nach einer Weile schaute sie um die Ecke, nur ihr Kopf, ganz kurz nur. Dann… mit einem Satz stand sie mitten in der Tür. Mir stockte für einen Moment der Atem. Mariposa stand komplett nackt im Türrahmen, nur geschmückt mit dem Collier, dem Diadem und den Ohrringen. Und einem Armband, das ich nicht kannte, aber genau zu dem Set passte. Das Licht der Nachmittagssonne ließ den Modeschmuck wie echte Diamanten auf ihrer Haut glitzern. Jede Bewegung – das Heben ihrer Hand, um das Diadem zu berühren – wirkte absichtslos, und war so elegant, als gehörte der Schmuck schon immer zu ihr.
„Na? Gefällt’s dir?“ Sie breitete die Arme aus, kam auf mich zu, und stützte die Hände in die Hüften. „So hatte ich es an meinem Geburtstag getragen.“ Ihr Lachen war leise, fast ein wenig melancholisch. „Und wie sehe ich aus?“, fragte sie.
Ich schaute anfänglich auf den Schmuck, statt auf ihren Körper. Doch das war wohl nicht, was sie wollte. Das Collier lag wie ein Fluss aus Gold, in dem Diamanten gefallen sind, zwischen ihren hübschen Brüsten. Betonte nicht nur jede Kurve, sondern auch den starken Kontrast zwischen dem hellen Schmuck und ihrer dunklen glänzenden Haut. Was für ein hübscher Anblick.
Das Diadem rahmte ihr Gesicht ein, als wäre es ein Heiligenschein aus Gold und Diamanten, und ihre Augen funkelten darunter. Die Ohrringe schaukelten bei jeder ihrer Bewegungen, warfen tanzende Lichtperlen an die Küchenwände.
Mein erster Gedanke war: „Das Collier hätte sie sich auch als Röckchen um die Hüften binden können. Wäre ein glitzernder Vorhang für ihre hübschen Schamlippen, die dadurch versteckt und somit geheimnisvoller währen.“
„Ja. Also… ja“, presste ich hervor. „Sieht aus wie… als wäre er für dich gemacht.“ Und fing schon wieder an zu grübeln.
Sie lächelte, ehrlich erleichtert. „Dann hat sich die Überwindung ja gelohnt. Noch ein Glas Milch?“ Sie schenkte nach.
Mariposa verschwand und ich dachte, dass sie sich jetzt wieder Anziehen geht. Aber denkste. Kurz darauf kam sie mit ihrer Schulmappe wieder, aber immer noch nackt, nur mit Schmuck.
Mit den Worten: „Wenn du schon mal da bist, können wir gemeinsam die Hausaufgaben machen“, forderte sie mich auf, meine Mappe zu holen. Was soll ich sagen? Damit hatte ich dann doch nicht gerechnet. Wir machten also gemeinsam Hausaufgaben.
Zwischendurch fand sie immer mal einen Grund um aufzustehen und durch die Küche oder auch durch die Wohnung zu laufen. Natürlich nur, damit ich sie anschauen konnte. Zumindest bildete ich mir das ein. Als wir fertig waren und ich meine Mappe gepackt hatte, fragte sie mich noch, ob ich ihr Zimmer sehen möchte. Eigentlich hatte ich keine Lust mich schon wieder zu Deprimieren. Denn jedes Zimmer war deutlich besser als meins. Gut, anderer Seitz hatte ich eins.
Ihr Zimmer war gross, passend zur Wohnung, und schön eingerichtet. Es standen viele Pokale auf einem Regal und es hingen auch jede Menge Medaillen dran. An der Wand über ihrem Schreibtisch hingen einige Fotos von Ihr. Auszeichnungen und Urkunden von Wettbewerben. Auf einigen war sie sogar nackt abgebildet. Selbst über ihrem Bett hingen Foros, hier war sie meist nackt und bei Siegerehrungen. Sie bemerkte meinen Blick und sagte, dass sie im Turnverein ist. Ich nickte nur. Dann brachte sie mich noch zur Tür und wir verabschiedeten und. Ich ging nach Hause und war froh, eine sorge weniger zu haben.
Und damit endet die Geschichte hier.
Konstruktive Kritik ist willkommen und erwünscht, sie hilft mir beim Schreiben.
Sechs Bewertungen sind einfach zu wenig. Unter den 1600 Leuten die meine Geschichte angeschaut haben, werden doch mehr als nur sechs gewesen sein, die sie auch gelesen haben. Ich weiss, dass ich für mein Geschreibsel keinen Pulitzer Preis bekomme, aber deutlich besser ist als so manches, was es hier zu lesen gibt. Das ist kein Gejammer, sondern eine nüchterne Feststellung.
Da lohnt es sich für mich eher, alles zu Überarbeiten und dann als Buch für 1.99€ zu verkaufen.
Also dann, viel Spass dennoch.
Kommentare
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Man merkt Deine „Verbitterung“ leider teilweise auch in der Geschichte, jedenfalls am Anfang. Grundsätzlich eine nette Idee, aber am Ende hätte man sich doch gewünscht, dass er zumindest drüber nachdenkt, sich ebenfalls auszuziehen oder zumindest den eigenen Disput darüber mit sich ausficht.
Ich finde die Geschichte schön und sie könnte eine Fortsetzung bekommen vielleicht überlegst du es dir ja doch noch. Auchbich habe hier schon Geschichten geschrieben und mich über mangelnde Resonanz geärgert, las dich nicht entmutigen.
Ohh wie ich das leiden kann, dieses Gejammere ("äähh, diese nüchterne Feststellung"). Ich habe eine Geschichte geschrieben und sie wird nicht gut bewertet und es wird auch in den Kommentaren nicht darüber diskutiert. MiMiMi, jetzt bin ich beleidigt und verlasse diese Plattform.
Jedem Autor muss doch klar sein, dass Geschichten mal nicht gut ankommen. Die Story gefällt einem persönlich, aber der breiten Masse halt nicht. Und wo ist das Problem? Kein Grund, verbittert zu sein. Mach weiter oder lass es bleiben.
Hallo wektor, umgekehrt wird ein Schuh draus. Damals war Verbitterung meine Grundstimmung. Ich hatte alles und jeden Gehasst. Hat sich wohl wegen der Enttäuschung über die mangelnde Resonanz, ins heute geschlichen. War nicht meine Absicht. Es gab zu der Zeit nicht für jede Macke einen Therapieplatz, da musste schon was Richtiges vorgefallen sein.
Warum sollte ich mich ausziehen? Mariposa war die Nudistin, sie hätte sich ja nicht ausziehen brauchen. Natürlich sah sie nackt viel schöner aus. Vor allem mit dem „Schmuck“. Danke für deinen Kommentar.
MfG MM-Michi
Hallo Rolando, danke für deine Aufmunternden Worte. Mal sehen was du nach der nächsten Geschichte schreibst. Mir fehlt manchmal halt die Motivation. Zumal ich weiss ja nicht warum sich kaum jemand äussert. Ligt es am Inhalt? An der Schreibweise. So etwas interessiert mich. Wenn alle nur schreiben wie toll meine Geschichten sind, würde mir das auch nicht helfen. Ich will ja auch was lernen, mich weiterentwickeln. Mag für einigen merkwürdig klingen, ist aber so. Danke auch dir für deinen Beitrag.
MfG MM-Michi
Hallo yan1, du bist doch derjenige der hier Rumjammert. Entweder hast dus nicht richtig gelesen oder nicht verstanden. Es geht mir nicht um eine gute Bewertung, sondern das sich überhaut mal jemand äussert. In deinem Fall hat es sogar geklappt. Hättest du noch was zur Geschichte geschrieben, statt zu jammern, währe alles in Ordnung. Ich bin nicht beleidigt. Ich stelle mir nur die Frage: Was habe ich davon? Geld mit Sicherheit nicht. Wenn ich keine Rückmeldung bekomme, kann ich mich auch nicht weiter entwickeln. Weis ja nicht mal, ob noch jemand meine Texte lesen will. Also, hör auf zu Jammern. Ich bin nicht verbittert.
MfG MM-Michi
Ich finde die Geschichte ist schön geschrieben und zeigt auch den inneren Streit sehr gut. Ich finde die Bemerkung mit MiMiMi nicht gut, aber auf der anderen Seite ist es eben auch so, dass ich nicht jeden Text, den ich lese bewerte, auch wenn ich mich daran erfreue.
Hallo Gofi1952, wenigstens eine ehrliche Aussage. Ich glaube ich bin nicht der einzige, den es so geht. Es wurde schon ein paarmal erwähnt, das gute Geschichten nicht weiter geführt wurden, warum wohl? Ok, wenn ich jeden Tag 10 Geschichten lesen würde, hätte ich auch keine Lust jede zu Kommentieren. Aber wieviel liest man denn am Tag.? Soviel lesbare Geschichten gibt die Seite auch nicht her.
Danke für deine ehrliche Aussage.
MfG MM-Michi
Ich bin gerade zum ersten Mal auf deine Geschichten gestoßen und alle Achtung, die sind wirklich sehr gut geschrieben!!!
Die geringe Rückmeldung liegt vielleicht auch mit an folgendem Grund: Die Geschichten kann jeder lesen, der bei schambereich die richtigen Stichworte eingibt.
Kommentare können aber nur von registrierten Nutzern geschrieben werden; ich könnte mir vorstellen, dass die geringe Rückmeldung auch daran liegt.
Trotz alledem ist die Kubanerin eine richtig gute Geschichte geworden, auch wenn das Ende sehr abrupt kommt. Würde mich riesig freuen, wenn noch eine Fortsetzung dazu erscheint (vielleicht mit einer Turnvorführung oder dem Collier als Hüftschmuck)
Eine Rückmeldung dazu hast du dann auf jeden Fall ;)
Hallo Thomas9733, danke für deine Rückmeldung. Das ende kam, wie es kam. Über Mariposa gibt es nur noch eine Geschichte die es sich lohnen würde zu schreiben. Hätte zwar mit einer Turnvorführung aber weniger mit dem schmuck zutun. Ich bin noch am Überlegen. Kommt auf die Reaktionen der Leser an. Wobei ich auch glaube, das hier einfach nur Konsumiert wird. Anderer Seitz habe ich unter sehr schlechten Texten, haufenweise niederschmetternde Kommentare gelesen. Hatte den Eindruck, dass beim Schimpfen und Meckern die Bereitschaft zum schreiben wieder recht hoch ist. Nagut, sei es drum. Mal sehen vielleicht schreibe ich doch noch was. Immerhin macht mir das schreiben noch Spass. Also, dann hofft mal schön.
MfG MM-Michi
Dann hoffe ich mal :D
Also, ich finde diese Geschichte von dir auch sehr schön, wenn auch das Ende etwas abrupt ist. Leider ist es mir auch schon so ergangen, das gerade die Geschichten, die ich persönlich besonders schön fand und immer noch finde, nicht so gut ankamen. Denke, da hat yan1 in der Sache recht (wenn ich auch seine Art das zu äußern verletzend und unangebracht finde): damit muss man einfach leben. Das schöne hier ist ja, es geht um nichts. Ich würde mich über weitere Geschichten von dir freuen.
Lieber MM-Michi,
ich habe eben deine Geschichte oben gelesen. Wunderschöne Geschichte. Mariposa war sicher sehr dankbar – für das Geschenk und dafür, gesehen worden zu sein.
Hallo ariadne74, danke für deine Rückmeldung. Es schön, wenn meine Geschichten gut ankommen. Doch möchte ich auch wissen warum sie bei anderen nicht gut ankommen.
Was du so locker mit „es geht um nichts“ beschreibst, ist meine Freizeit, meine Lebenszeit. Noch eins, es sind nicht irgendwelche Geschichten, ich habe das alles echt erlebt, das ist mein Leben.
Also, bis zur nächsten Geschichte
MfG MM-Michi
Hallo DuClaudia. Danke für dein Kommentar. Schön wenn dir die Geschichte gefallen hat. Mariposa hat sich sehr über den „Schmuck“ gefreut.
Ob sie sich darüber gefreut hat, dass ich sie Angeschaut habe, weiss ich nicht. Sie hat mir aber viele Gelegenheiten dafür gegeben. Ganz ehrlich, in echt sah sie viel Schöner aus, als ich es je beschreiben könnte.
Na dann, auf zur nächsten Geschichte.
MfG MM-Michi
Für mich war es die erste Geschichte die ich von dir gelesen habe und ich finde diese wirklich Toll.
Auch wenn deine Jugend hier schwierig im Vordergrund steht, finde ich die Erzählung und die Beschreibung der "Mariposa" wirklich gelungen und würde mir wünschen mehr davon zu lesen oder die Geschichte frei erfunden weiter gesponnen zu lesen.
Die Verbitterung über mangelnde Anerkennung kann ich nachvollziehen, aber ich finde du bekommst hier auch Zuspruch durch andere. Von mir bekommst du gerne eine fünf Sterne Bewertung und ich würde mich freuen mehr über die Kubanerin Mariposa zu lesen.