Weeslower Chroniken I - 1997 - Nadine - Kapitel 1 - Wieder aufgetaucht
Weeslower Chroniken I
1997 – Nadine
Kapitel 1 - Wieder aufgetaucht
"Nadinchen! Aufwachen!"
Die Vorhänge wurden zurückgezogen, sofort überfluteten helle Sonnenstrahlen das Zimmer und das Bett, auf dem ein junges Mädchen schlief.
"Oh Mum, nicht jetzt schon..."
"Aber es ist schon elf Uhr! Wir wollen zum Mittag zu Oma."
"Ja ja, ich weiß. Ich komm schon..."
Auf dem Bauch liegend begann sich das Mädchen auf dem Bett zu bewegen, dann wohlig zu strecken. Das leichte Laken lag neben dem Bett auf der Erde.
"Wann bist Du denn nach Hause gekommen? Ich habe bis um eins auf Dich gewartet. Aber dann muss ich doch eingeschlafen sein."
Die siebzehnjährige Tochter drehte sich der Mutter zu. "Habe ich gemerkt. Ich hab mich ganz vorsichtig nach oben reingeschlichen, um Dich nicht zu wecken."
"Und wann war das nun?"
"Ich weiß nicht mehr genau, ich glaube, es war vier. Oder fünf."
"Was? So spät? Wie bist Du denn dann nach Hause gekommen? Doch nicht mit Dori?"
"Nein, mit Jan."
"Aber..."
"Nein, nein, keine Sorge." Das Mädchen, das nur einen weißen Slip trug, richtete sich auf, reckte sich erneut und wuschelte sich dann mit den Händen durch die langen, völlig zerzausten dunklen Haare, die sie zuletzt mit einer schnellen Bewegung über die Stirn hinweg aus dem Gesicht strich. "Alles so wie immer. Wir sind nicht wieder zusammen. Er hat mich nur nach Hause gefahren. Und danach noch zwei andere Jungs abgesetzt."
"War er nüchtern?"
"Ja. Er trinkt nicht mehr. Keinen Tropfen."
Nadines Mutter drohte mit dem Finger. "Aber Du hattest mir versprochen, ein Uhr, keine Minute länger!"
"Ach Mum!" Nadine kniete sich auf das Bett und setzte ihren bezauberndsten Vergib-mir-Blick auf. "Es war echt cool auf der Party, und alle meine Freunde sind auch noch so lange da gewesen. Nur Dori halt nicht. Ich versprech´ Dir, ich pass auf mich auf, ich mach´ keine dummen Sachen."
"Glaub ich ja. Und dennoch... So, jetzt komm, mache Dich fertig. Willst Du noch was zum Frühstück."
"Ja, gern. Müsli, okay?"
"Dann komm aber schnell. - Ach, was ich Dir erzählen wollte: Ich soll Dich grüßen - von Deinem Lehrer Schneider."
Nadines Miene erstarrte für einen kaum wahrnehmbaren Augenblick, dann fand sie ihr Lächeln wieder. "Ach so?" meinte sie bemüht teilnahmslos.
"Ich habe ihn gestern Abend vor dem Pfarrhaus getroffen. Er hat dort Dorothea besucht. Er hat mich gleich erkannt und nach Dir gefragt."
"Und was hast Du ihm erzählt?"
"Na, was schon? Dass es Dir gut geht. Dass Du gut in der Schule bist, nächstes Jahr Abi machst, all das. Und er fragte, ob Du immer noch so ein bildhübsches Mädchen bist. Na klar, meinte ich, noch viel hübscher sogar..."
Mit diesen Worten verschwand ihre Mutter, und Nadine sah ihr nachdenklich hinterher.
Schneider! Schon die Erwähnung seines Namens führte dazu, dass ihre innere Unruhe wieder aufkeimte. Was war sie in den verknallt gewesen! Dabei war er doch nur für ein halbes Jahr ihr Aushilfslehrer gewesen, 10. Klasse, in Sport und der Theater-AG. Und sofort begann es in ihrem Bauch wieder zu kribbeln, trotz des seitdem vergangenen Jahres, trotz Jan und allem anderen.
Ihr war von ihm nur eine einzige Sache als greifbare Erinnerung geblieben. Ein Foto. Ein besonderes. Sie hatte es ihm entwendet, heimlich, und doch hatte sie immer gehofft, dass er sich zusammenreimen konnte, dass sie es gewesen sein musste, und dass er so wenigstens ab und zu mal an sie denken musste.
Während einer Theater-AG-Stunde, die immer im Sozialraum der an die Schule angrenzenden Kirchengemeinde stattfand, war sie einmal aus der Toilette heraus versehentlich falsch abgebogen und hatte sich in Schneiders kleinen Wohnung wiedergefunden, die die Schule von der Kirche für Aushilfslehrer oder Referendare anmietete. Und gleich neben der Eingangstür an einer Pinnwand hingen neben einer Vielzahl von Urlaubspostkarten einige Fotos. Solche, die sofort Nadines Aufmerksamkeit auf sich zogen. Auf denen die Menschen – und darunter fast immer Michael Schneider selbst – nichts trugen. Urlaubsfotos an Pools, an Stränden, von Terrassen und Hotelgeländen. Und allesamt vom FKK. Michael allein, mit Freunden und meistens: zu zweit mit jungen Frauen und Mädchen, kaum älter als sie.
Nadine verließ damals hastig seine Wohnung, in der Angst entdeckt zu werden, mit roten Ohren und aufregenden Bildern im Kopf. Doch sie kehrte sodann in jeder Stunde kurz zurück, für zwei, drei Minuten nur. Denn nun wurde es fast zwanghaft, dass sie das Bild von ihm, das sie sonst hatte – groß, sportlich, männlich, humorvoll, überlegen, aber angezogen – mit dem verglich, was sie hier sah – groß, sportlich, männlich – und ausgezogen. Bereits ohne diese Fotos zu kennen hatte sie, natürlich heimlich, von ihm geschwärmt, wie fast alle Mädchen an der Schule, sehnsuchtsvoll, träumerisch und, wie ihr klar war, vergebens. Doch nun hatte sie es richtig erwischt. Während sie allerdings anfangs magisch von seinem nackten Anblick fasziniert war – perfekt trainierte Muskeln, unglaublicher Six-Pack, wunderbare Haut – und ein nicht anders als überwältigend großer Schwanz, rundherum glatt rasiert -, so galt bald ihre Aufmerksamkeit immer öfter auch den abgebildeten jungen Mädchen an seiner Seite. War eine davon seine Freundin? Oder waren sie alle es mal gewesen? Sie waren durchweg hübsch, schlank, kaum eine älter als höchstens zwanzig, wunderbar anzuschauen. Und allesamt wie er vollständig nahtlos gebräunt und ohne Ausnahme vollkommen blank im Schoß.
Es kam die letzte Stunde. Da griff sie sich spontan eines der Fotos und steckte es ein. Draußen trennte sie eifersüchtig die Hälfte mit der jungen Frau an seiner Seite ab und behielt nur die mit ihm.
Abends, bei einer kleinen Abschiedsfeier mit den Theaterschülern, umarmte er sie zum Abschied vor der Tür, als keiner zusah, enger, liebevoller, inniger als jede andere. Hatte er etwas von ihrer Schwärmerei bemerkt? Er schaute sie lange an, dann gab er ihr einen sanften Kuss auf den Mund und meinte, sie allein wäre ein Grund zu bleiben, er werde sie sehr vermissen. Dann ließ er ab und kehrte zu den anderen zurück. Danach hörte sie nie wieder etwas von ihm. Bis zum jetzigen Tag.
Diese Umarmung und dieses Foto beschäftigten sie noch sehr lange. Viel zu lange, wie sie selbst fand. Und so suchte sie Ablenkung und Trost bei Jan, ihrem ersten richtigen Freund. Allerdings betrachtete sie weiterhin oft heimlich das Foto, das sie in einem Buch versteckt hielt, das garantiert niemand im Haus in die Hand nehmen würde: in der Bibel. Nicht nur das, was sie darauf sah, fesselte sie, sondern auch das, was man nicht sah: diese nackte Welt, in der Schneider sich dort bewegte. Nur noch aus der Erinnerung heraus wusste sie noch, wie das vollständige Foto aussah, und ärgerte sich, es zerschnitten zu haben. Denn hier wie auf den anderen war deutlich gewesen, dass es nicht nur einfach Strandszenen waren, sondern ganze Urlaube, die so unbekleidet von ihm verbracht zu sein schienen. Das faszinierte sie und beschäftigte ihre Phantasie, besonders nachts, im Bett. Sie kannte das so gar nicht. Dunkel konnte sie sich an die Zeiten ihrer Kindheit an der Ostsee erinnern, wo oft am Strand Nackte herumliefen. Nur nackt waren da immer nur die anderen gewesen, ihre Eltern hatten da einfach nicht mit gemacht, warum auch immer. Heute fuhren sie nach Bayern oder nach Mallorca und trugen immer Badezeug, weniger wohl aus Prüderie, sondern einfach weil man das da so machte. Umso überraschter zeigten sich ihre Eltern, als Nadine nun begann, sich im folgenden Sommerurlaub auf Mallorca und immer öfter auch am nahen Potsdamer Heiligensee oben ohne zu zeigen. Aber da es an sich nichts Schlimmes war und sie das Höschen ja anbehielt, nahm man es achselzuckend hin. Niemand ahnte, was oder besser wer Nadine dazu inspiriert haben könnte. Und auch nicht, was Anlass dazu war, dass sie sich, als erstes und einziges Mädchen der Klasse, seitdem vollständig untenherum rasierte. Nur gegenüber ihrer eigenen Oma, der sie sehr nahe stand, outete Nadine ihr erwachtes Interesse am Nacktsein, da sie wusste, dass diese selbst gern hüllenlos badete, und so verbrachten die beiden seitdem viele Winter-Sonntage in einer Saunaanlage nahe Berlin.
Gerade, als Nadine den Eindruck hatte, Schneider überwunden zu haben, meinte die Vorsehung, oder wer auch immer, ihn wieder in Erinnerung rufen zu müssen. Sie erhob sich vom Bett und holte die Bibel hervor. Zum ersten Mal seit ungefähr sechs Wochen. Und sofort fand ihre freie Hand, fast automatisch, wie schon viele hunderte Male zuvor bei diesem Anblick, den Weg in ihren sofort feuchten Schoß.
Schneiders muskulöser Körper glänzte braungebrannt, sein beachtlich großer Schwanz hing ihm prall, geschwollen, halbsteif im 45-Grad-Winkel vor ihm herab. Es sah so aus, als wenn er an etwas sehr Schönes dachte. Und sie stellte sich immer vor, so auch jetzt, dass sie es sei, von der er träumte.
"Nadinchen, nun komm endlich!" rief es von unten her.
"Gleich..." Das dunkelhaarige Mädchen warf einen letzten Blick auf den makellosen Männerkörper, steckte dann das Foto umsichtig wieder in die Bibel hinein, verstaute diese wieder am alten Platz, und eilte nach unten.
Es war ein schwülwarmer Frühsommertag. Draußen auf der Terrasse, auf die es von der Küche aus hinausging, saß am noch gedeckten Frühstückstisch ihr pubertierender Bruder und spielte sein neues SuperMario-Spiel auf dem Nintendo Game Boy.
"Hi Eric!" grüßte Nadine fröhlich.
Er schaute kurz auf. Seine Schwester so fast nackt in der Terrassentür stehen zu sehen, war zwar kein ungewohnter, aber ein aus seiner Sicht viel zu seltener Anblick, und so verweilte sein zunächst desinteressierter Blick dann doch einen Moment länger als sonst auf der schönen Siebzehnjährigen. Dass seine Schwester in der ganzen Gegend als eines der hübschesten und begehrtesten Mädchen galt, bewies dieser Anblick eindrucksvoll. Langgliedrig, sehr schmal, sehr schlank, mit kerzengerader Haltung die schönen, festen Brüste vorgestreckt. Ihre Mutter hingegen, die im Garten einen Strauß frühsommerlicher Blumen zusammen gesammelt hatte und gerade wieder hereinkam, nahm es anscheinend kaum zur Kenntnis. Sie hatte sich daran gewöhnt, dass sich Nadines Oben-Ohne-Vorliebe auch auf die Terrasse erstreckte, die allerdings von außen ohnehin nicht einsehbar war (weshalb Nadine, wenn sie allein war, gern auf alles verzichtete, wenn sie sich sonnte).
"Hat Schneider denn was von sich erzählt?" fragte sie so unauffällig wie möglich, als ihre Mutter ihr eine Schale mit Müsli herausbrachte.
"Nicht viel. Er hatte nur wenig Zeit. Aber er hat noch erzählt, dass er jetzt in einer kleinen Stadt bei Festenwalde arbeite."
"Wo ist das denn?" mischte sich Eric ein.
"Fast auf der gegenüberliegenden Seite von Berlin, nordöstlich davon, glaube ich. Jedenfalls halb auf dem Weg nach Polen." erklärte die Mutter geduldig, wandte sich dann wieder Nadine zu: "Ist Dir auch warm genug so?"
"Ja. Endlich mal ein schöner, warmer Morgen. - Und, hat er sich sehr verändert?"
"Nö. eigentlich nicht. Sieht immer noch klasse aus, Dein Theater-Lehrer."
Nein, ihre Mutter wusste von nichts, das war Nadine klar. Diese letzte Bemerkung war nur einfach so dahingeworfen.
Doch mehr war über ihn so nicht herauszufinden. Also löffelte sie still weiter ihr Müsli, räumte den Tisch ab, ging dann nach oben, duschte und zog sich ein Sommerkleid an.
Immerzu musste sie nun an Schneider denken, und den ganzen Nachmittag lang, den die Familie bei der Großmutter verbrachte, saß Nadine dort wie auf glühenden Kohlen. Wie konnte sie nur mehr über ihn herausfinden? Vielleicht über Dorothea, die Pastorin, die er besucht hatte.
Am nächsten Nachmittag lief sie direkt von der Schulbushaltestelle in der Stadtmitte hinüber zum Pfarrhaus. Dorothea, die Pastorin, war zu Hause, Nadine konnte sie schon durch das Küchenfenster neben der Eingangstür sehen.
"Nadine, hallo, was kann ich für Dich tun?" Hinter der großen blonden Pastorin erschien ein neugieriges ebenso blondes Mädchen, etwa vier Jahre alt und fiel der Besucherin sofort freudig in die Arme. Nadine hütete ab und zu ein und spielte für die kleine Marie Babysitterin.
Sie hatte sich vorgenommen, keine allzu umständliche Geschichte zu erzählen, sondern gleich zur Sache zu kommen: "Meine Mutter hat mir erzählt, dass Michael Schneider bei Dir zu Besuch war."
"Das stimmt."
"Hast Du seine Adresse? Oder Telefonnummer?"
Dorothea zögerte einen Moment. Aber dann sah sie keinen Grund, Nadine nicht zu geben, was sie wollte. "Ich habe eine Telefonnummer von ihm, und eine E-Mailadresse. Warte."
Sie ging hinein. Nadine zog auf den Stufen abwechselnd mit Marie Grimassen, um sich die Zeit zu vertreiben. Dann gab die Pastorin dem Mädchen einen Zettel. "Ehrlich gesagt, ich weiß gar nicht, ob diese Nummer noch aktuell ist, aber diese E-Mailadresse ist es auf jeden Fall, ich habe gerade letzte Woche eine E-Mail von ihm bekommen."
Nadine bedankte sich artig und verabschiedete sich eilig. E-Mailadresse! Sie musste schmunzeln. Wir haben zu Hause nicht mal Internetanschluß! Aber an der Schule hatte sie ein Postfach eingerichtet bekommen, in der Computer-AG, und immer nachmittags ab 13.30 Uhr durften sich die Schüler der AG für eine halbe Stunde "einloggen" und sich gegenseitig schreiben, etwas, was völliger Unfug war, denn sie saßen alle in demselben Raum, und wem als einander hätten sie schreiben sollen?
Nun gab es jemanden. Doch was sollte sie schreiben? Oder doch lieber anrufen?
Am nächsten Tag nach dem Mittagessen ging sie in den Computerraum der Schule, eher ein alter Abstellraum, dafür mit immerhin acht neuwertigen Computern. Diesmal war sie allein. Sie schaltete einen der PC an und brachte über das rauschende Modem eine Internetverbindung zustande, dann öffnete sie ihr Postfach. Und nun? Sie musste sich beeilen, die halbe Stunde war schon zur Hälfte vorbei.
"Lieber Michael Schneider,
meine Mutter hat mir Ihre Grüße bestellt. Herzlichen Dank, ich habe mich sehr gefreut! Wie geht es Ihnen? Lange habe ich schon nichts
mehr von Ihnen gehört. Vielleicht haben Sie ja mal Lust, sich zu melden.
Liebe Grüße
Nadine Bauer"
Das war absolut unverfänglich, fand sie. Und ließ doch alles offen. Einige Augenblicke zögerte sie noch, dann drückte sie auf Senden.
Es tat sich nichts. Nach zehn Minuten war ihre Zeit um. Sie entschloß sich, auszuschalten und zu gehen.
Auch am nächsten Tag gab es keine Reaktion. Auch nicht am übernächsten. Schon zweifelte Nadine daran, dass die Adresse richtig war.
Dann kam, drei Tage später, die Antwort:
"Liebe Nadine!
Wie schön von Dir zu hören. Ja, ich war mal wieder in der Nähe und habe Dorothea besucht. Sie ist mir immer eine große Hilfe, wenn ich mal
Rat brauche. Mir geht es prima. Ich fühle mich an der neuen Schule, dem Gymnasium Festenwalde, wie zu Hause, und auch das kleine
Städtchen nebenan, in dem ich wohne, Weeslow, gefällt mir sehr, vor allem wegen der herrlichen Natur und dem wunderschönen Badesse
(kennst Du den? Gibt es erst seit etwa fünf, sechs Jahren, waren früher Kiesabbaugruben, die nun zu einem Badesee zusammengeführt
wurden.) Und hier wohnen viele sehr interessante Menschen, irgendwie eine kleine Enklave von Stadtflüchtern, Lebenskünstlern, echten
Künstlern und bildungshungrigem Landvolk.
Was machst Du? Du bist nächstes Jahr mit dem Abi dran, nicht wahr? Schwere Zeit gerade, oder? Vermutlich immer noch das Heine-
Gymnasium? Erzähle mir gern ein bisschen von Dir. - Übrigens, erinnerst Du Dich noch an die Geschichte mit dem rosa Melkschemel? Den
habe ich immer noch - der gehört Dir! Ich bringe ihn Dir bei nächster Gelegenheit - oder Du kommst mal vorbei. Vielleicht führt Dich ja der
Weg mal nach Weeslow - da kommt man in der Nähe vorbei, wenn man über Landstraßen von Berlin aus Usedom oder so erreichen will. Du
bist dann herzlich eingeladen vorbeizukommen!
Liebe Grüße
Michael (lass bitte das Siezen sein, wir sind ja nicht mehr in der Schule!)"
Nadine konnte es kaum glauben. Sie hatte sogar eine Einladung von ihm erhalten. Oh, wie gern würde sie dem folgen. Sofort, wenn möglich... Die drei Tage Wartezeit auf die Mailantwort hatten sie innerlich sehr beschäftigt, hatten eine neuentfachte Sehnsucht nach ihm ausgelöst. Sie musste sofort antworten.
"Hallo Michael (danke für das Du!),
ich habe Weeslow auf der Karte entdeckt, so weit weg ist das ja gar nicht :-). Allerdings habe ich noch keinen Führerschein, also müsstest
Du kommen, um mir meinen Schemel zu bringen. Ich habe ihn schon sooo vermisst.
(Habe übrigens immer nur an Wochentagen zwischen 13.30 Uhr und 14.00 Uhr die Möglichkeit, zu schreiben - von der Schule aus. Zu
Hause haben wir kein Internet.)
Liebe Grüße Nadine"
Diesmal ließ die Antwort nicht lange auf sich warten, sie kam sofort.
"Das kommt mir bekannt vor, ich schreibe auch von der Schule aus, da in meinem Haus noch gar nichts funktioniert, nicht mal das Telefon.
Deshalb kann ich auch im Moment nur schlecht hier weg: Ich baue mir eine alte Scheune als Wohnhaus aus und will in einigen Tagen so
weit fertig sein, dass ich zumindest mit fließendem Wasser und Strom darin wohnen kann. - Und was machst Du in den Sommerferien?"
Das war eine gute Frage. Eigentlich nichts. Die Pläne, die Nadine mit Jan gemacht hatte, hatten sich ja zerschlagen. Und mit ihrer Mutter und ihrem Bruder wieder für zwei Wochen nach Ruhpolding zu Onkel und Tante - oh nein, das hatte sie diesmal abgelehnt. Sie würde allein zu Hause bleiben, das hatte sie mit ihrer Mutter schon vereinbart. Ab und zu an den See raus fahren, lesen und sich mit den daheimgebliebenen Freunden treffen, vielleicht mal zur Oma, viel war das nicht, aber immerhin, zum ersten Mal allein für längere Zeit.
Könnte sie da nicht auch mal zu ihm, zu Michael Schneider, mal zu Besuch? Nadine kribbelte es sofort wieder am ganzen Leib. Das würde sie nicht aushalten. Der wohnte da bestimmt nicht allein, und dann die ganze Zeit neben diesem Bild von einem Mann verbringen - ohne dass daraus was wird?! Das wäre das Schlimmste überhaupt...
Und dennoch, es ließ sie nicht los. Was also antworten?
"Hab noch nichts vor."
war ihre knappe, alles offen lassende Antwort.
"Dann komm doch einfach mal vorbei, wenn es hier einigermaßen steht. Platz habe ich jede Menge."
Das ging ihr nun alles fast zu schnell. Aber es hatte seinen Reiz. Einen schier übermächtigen Reiz.
"Ich brauche nicht viel Platz. Wohnst Du denn allein?"
"Ehrlich gesagt: Ja. Habe gerade eine langjährige Beziehung beenden müssen. Aber das Alleinsein dient meiner eigenen Selbstfindung. Das
soll nicht heißen, dass Du mich nicht gern hier mal besuchen darfst, ich bin ja kein Eremit. Im Sommer ist es hier traumhaft schön, mit
Badestrand, und auch nicht weit zu den Stränden der Ostsee. - Wäre ich schon so weit mit meinem Haus, würde ich einfach sagen: Trag
Dich doch einfach bei mir im Ferienlager ein! Denn wenn ich hier mit dem ersten Teil fertig bin, dann werde ich zusammen mit ein paar
Freunden von der örtlichen Kirchengemeinde und aus unserem Verein die restliche Scheune weiter zu einem Jugendhof umbauen, in dem
wir Ferienzeiten für Jugendliche anbieten wollen. Aber das ist Zukunftsmusik, das wird womöglich erst was in zwei, drei Jahren. Dann
solltest Du auf jeden Fall mal kommen (auch wenn Du dann vielleicht schon studierst...)"
Nadine hatte noch zehn Minuten Internetzeit:
"Also im Moment finden keine Lager mehr statt?"
"Leider nein, die Gemeinde ist erst wieder im Aufbau, ebenso der Verein, wir wollen das starten, immerhin ist die Lage hier perfekt für so
etwas. Aber wenn Du so fragst: Warum eigentlich nicht? Im kleinen könnte ich ja schon mal damit anfangen. Du wärest dann aber die
einzige Teilnehmerin..."
Das wäre doch die Idee!, jubilierte Nadine still. Sie würde ihrer Mutter einfach erklären, dass sie nach Weeslow in ein Kirchen-Ferienlager führe. Das wäre absolut unauffällig. Nun gut, die unerwartete Wandlung zur eifrigen Christin kam vielleicht etwas plötzlich... Aber immerhin, sie hatte ja sonst nichts vor, das wäre eine schöne Sache, so ein Ferienlager. Nur mit ihm...
"Jetzt ganz ehrlich: Kann ich wirklich mal zu Dir zu Besuch kommen?"
fragte sie ihn noch immer ungläubig.
"Klar, ich meinte das ernst. Wann könntest Du denn?"
"Jederzeit. Die Ferien beginnen in einer Woche am 6. Juli."
"Sorry, dann ist es hier noch nicht bezugsfertig. Ich lebe hier auf einer totalen Baustelle. Aber ab 13. dürfte es vielleicht gehen. Willst Du?"
"Super gern!"
"Abgemacht. Ich trage es mir gleich ein. Du wirst hier mein erster Gast! - Ich muss jetzt leider Schluß machen. Bis morgen, ja? Liebe Grüße
M. (P:S - kannst Du ein Foto von Dir schicken? Ich weiß ja gar nicht mehr wie Du aussiehst.)"
Ein Foto? Aber gern, dachte sie. Wieder bei sich zu Hause suchte sie ihre Alben durch. Mal zu dunkel, mal zu unscharf, mal nichtssagend. Und oft einfach zu alt, denn wenn es schon viele Monate alt war, dann war es nicht mehr die, wie sie heute war, sondern das Mädchen, dass er noch kannte, unscheinbar, unattraktiv, allzu mädchenhaft. Doch bei denen aus dem Kurzurlaub über Pfingsten, als sie mit Jan, kurz vor ihrer Trennung, nochmal ein paar Tage auf Mallorca – ein Geschenk ihrer Oma – gewesen war, wurde sie fündig. Bezaubernd süß lächelte sie, an eine Palme gelehnt, in die Kamera, schön gebräunt, das lange, dunkle Haar offen über die Schultern fallend. Das könnte sie nehmen, dachte sie. Oder das? Ihr Blick fiel auf ein anderes, am Strand aufgenommenes. Sie zögerte. Sie saß darauf oben ohne auf ihrer Decke, nur mit einem Bikini-Slip bekleidet. Allerdings hatte sie auf dem Bild ihre Beine angewinkelt und die Arme herum gelegt, so dass man ihren Busen nicht sehen konnte. Insofern war es doch harmlos, sagte sie sich. Und sie lächelte darauf so süß, und war so schön gebräunt. Doch, das sollte sie nehmen, das wäre eine schöne Botschaft an ihn. Sie steckte es in einen Briefumschlag, den sie mit seiner Adresse versah, frankierte, und hatte Herzklopfen, als sie den Brief in den Kasten nahe ihres Elternhauses warf.
Seine Antwort erreichte sie nach dem internetfreien Wochenende am Dienstag.
"Danke, Nadine, vielen Dank! - Du bist wirklich noch schöner geworden in der Zwischenzeit. Ich freue mich, einen so hübschen ersten Gast in
meiner bescheidenen Hütte empfangen zu dürfen. Wenn Du gut ohne Bikini-Oberteil auskommst, dann bist Du hier genau richtig. Und ich
hoffe, es stört Dich nicht allzusehr, wenn andere Leute gar nichts tragen. Hier geht es nämlich recht locker zu, was Badezeug angeht. An
unserem See baden die meisten nackt. Das muss Dich aber nicht stören, Du selbst kannst herumlaufen wie Du magst, also auch bekleidet -
aber den Anblick nackter Menschen solltest Du nicht scheuen. Sollte ich vielleicht vorher erwähnt haben. - Und ich selbst gehöre ja selbst zu
diesen Freikörper-Freunden, wie Du ja vielleicht weißt."
Obwohl sie doch ganz allein im Raum war, überkam sie eine heftige Röte im Gesicht. Oh je, worauf hatte sie sich eingelassen?
Darauf wollte sie lieber nicht unüberlegt eingehen.
"Kein Problem. - Ich habe nicht viel Zeit heute. Morgen mehr!"
schrieb sie nur.
Sie schlief schlecht in dieser Nacht. Viel zu sehr tobten in ihrem Kopf die Gedanken. Hals über Kopf war sie da in etwas hineingeschlittert, was sie längst hinter sich geglaubt hatte, in längst überwunden geglaubte Mädchenträume. Die plötzlich so klar und greifbar wieder vor ihr lagen. Natürlich - all das, was Schneider schrieb, konnte alles oder nichts bedeuten. Vielleicht wollte er einfach nur nett sein, charmant, ein bisschen vieldeutig vielleicht, aber harmlos? Oder?! Immerhin, er schien ja sehr viel jüngeren Mädchen gegenüber wohl nicht abgeneigt, wie ja schon früher seine Nacktfotos gezeigt hatten - und was, spann sie den Gedanken weiter, wenn es passierte? Würde sie nein sagen? Wollte sie nein sagen? Ihr war klar: Einmal bei ihm, käme sie da nicht mehr heraus, wenn es in eine bestimmte Richtung laufen würde. Sie würde ihm nicht lange widerstehen können. Und wollen. Ihn besuchen hieße, sich von vornherein zu entscheiden und zu allem bereit zu sein. - Aber sie war jung und ungebunden, niemandem gegenüber verpflichtet, erwachsen - oder beinahe jedenfalls, wie sie sich sofort selbst korrigierte. Und er anscheinend auch. Ein paar Tage - oh darüber hatten sie ja noch gar nicht gesprochen, wie lange würde sie dort bleiben können? Egal, jeder Tag zählte.
So sehr sie versucht war, ihm irgendetwas zu antworten, sie konnte sich nicht entscheiden, was, und darüber schlief sie schließlich doch noch ein.
Am nächsten Morgen musste sie vollkommen übermüdet zur Schule. Unkonzentriert und abwesend dachte sie darüber nach, wie sie nun ihrer Mutter ihre Pläne unterbreiten konnte. Es gab dabei vieles zu bedenken.
Mittags, per Mail, half ihr Michael dabei: Er würde einfach von sich aus ihre Mutter anrufen, schlug er vor. Ihr kürzliches Zusammentreffen hätte ihn auf die Idee gebracht, würde er ihr erzählen. Er würde sie nicht mal anlügen müssen: Er plane, doch noch spontan eine Ferienfreizeit anzubieten, und da seien noch Plätze frei (was ja auch stimmte), da habe er an Nadine gedacht. Und um Nadines sofortige Befürchtung, die Mutter könnte Eric, ihren Bruder, ins Spiel bringen, zu zerstreuen, würde er von vornherein die Altergruppe auf 16-18 Jahre begrenzen.
Der Plan ging auf. Als Nadine am nachfolgenden Tag morgens in die Küche kam, berichtete ihre Mutter ihr von einem Telefongespräch, das sie am Abend zuvor mit Michael Schneider geführt habe, und fragte sie, ob sie Lust hätte, zwei, drei Wochen in Weeslow in einer Art Ferienlager zu verbringen. Sie habe ja doch nichts anderes vor. Dazu erzählte sie ihr die von Nadine selbst mitausgeheckte Geschichte.
Nadines Atem stockte. Zwei, drei Wochen?! So lange? Das war mehr als sie erträumt hatte. Doch sie gab sich zunächst zögerlich und tat, als wäre dieser Vorschlag völlig neu für sie. Dabei waren seit Tagen ihre Gedanken nur bei ihm.
"Ja, gut. Warum nicht. Also, eigentlich... Was passiert denn da?"
"Weiß ich auch nicht so genau."
"Okay, ich könnte ihn ja mal anrufen." schlug Nadine schnell vor, ehe ihre Mutter auf die Idee kam.
Ob man ihn eigentlich auch anrufen könne, fragte sie ihn per Mail, die ihr einst von Dorothea gegebene Telefonnummer sei irgendwie falsch. Leider immer noch nicht, antwortete er, er sei dort noch immer ohne Festnetz-Anschluß. Er habe sich ein Handy besorgt, mit dem er es nun immer von Festenwalde aus probieren könne - denn sein Häuschen lag mehr oder weniger in einem Funkloch. Das sei zwar verheerend teuer, aber für´s erste die einzige Möglichkeit. Er gab Franziska die Nummer.
Zwei, drei Wochen ohne Telefon? Das war ja wie auf einer einsamen Insel, sagte sie sich grinsend.
Alles ging gut. Sie "handelte" schließlich sogar vier Wochen raus. Und Schneider schien sich wirklich total darauf zu freuen, dass sie ihm solange Gesellschaft - immerhin ja wohl als einzige Mitbewohnerin - leisten werde. Nur eines hatten sie nicht bedacht; Nadines Mutter behielt es sich natürlich vor, ihre Tochter selbst hinzubringen. Zudem war es mit dem Auto von Tür zu Tür deutlich schneller als mit Bus und Bahn, wobei man fünfmal umsteigen musste. Doch Michael beruhigte das Mädchen. Wenn es wirklich dazu käme, dann würde er dafür sorgen, dass alles wie echt wirkte - in der Scheune sei dann schon mindestens ein Zimmer fertig, das wäre dann Nadines - und er täte so, als sei sie eben die erste und alle anderen kämen am nächsten Tag. Halbwegs beruhigt erwiderte Nadine, sie würde dennoch versuchen, ihre Großmutter dazu zu überreden, das Hinbringen zu übernehmen, die sei viel lockerer.
Nadine gab sich den verschiedensten Phantasien hin, malte sich alles Mögliche aus. Zwischendurch meldete sich dann wieder ihre Vernunft: Und was, wenn er gar nicht... Vielleicht erinnerte er sich nicht mal mehr an die Umarmung von damals? An das Liebesgeständnis? Und ist einfach nur froh, dass überhaupt jemand... Vielleicht hofft er ja auch nur, dass sie als eine Art Goldmarie sein Haus sauber hält? Egal, befand sie dann, immerhin ist es eine Abwechslung. Ich werde das Beste daraus machen.
So vergingen die Tage, bestimmt von Vorfreude und gelegentlichen Zweifeln, begleitet von schlechtem Wetter. Es war kalt und regnerisch. Dabei hatte sich Nadine die Tage in Weeslow immer als ungetrübtes Sommermärchen vorgestellt. Doch ihre Mutter ebenso wie Michael Schneider beruhigten sie, das werde schon noch. Nur eine gepflegte Vorbräune zu bekommen, das war schwierig. Daher machte sich Nadine zum ersten Mal in ihrem Leben ein paarmal auf in ein Solarium.
Wie würde das wohl laufen, da draußen beim Nackt-Fan Schneider, in der einsamen Landschaft mit stiller Bademöglichkeit? Dass sie gut ohne Bikinioberteil dort herumlaufen könne, hatte er ja schon erwähnt, und sie hatte ihm nicht widersprochen. Das Oberteil wollte sie also gar nicht erst mitnehmen. Was auf Gran Canaria ging, müsse auch dort gehen. Und er? Ob er dort wohl nackt bade, wenn sie an den Strand gingen? Vermutlich, jedenfalls klang seine Andeutung danach. Und sie selbst? Dann auch, das nahm sie sich vor. Sie machte sich Mut: Was war schon dran an so ein bisschen Nacktheit? FKK machten doch so viele, daran würde sie sich in Weeslow bestimmt schnell wieder gewöhnen, auch mit so einem Traummann an der Seite. Was für eine reizvolle Vorstellung! Mitunter stellte sie sich vor, die beiden würden wie im Paradies die ganze Zeit über nur nackt herumlaufen, wie Adam und Eva.
Und dann ging alles doch ganz schnell, viel schneller als geplant.
Kommentare
Um einen Kommentar zu schreiben, musst du dich einloggen.
Die Geschichte ist doch vor mehreren Jahren schonmal gepostet worden, oder ist da jetzt was verändert worden?
Die Löschung dieser Geschichte und vieler anderer "Weeslow"-Geschichten habe ich seit Anfang Februar 2022 wiederholt bei schambereich.org ("Redaktion" und Forum-Admin) eingefordert. Bislang ohne Erfolg.
Hintergrund: Da in diesen Geschichten auch Menschen unter 18 Jahre vorkommen, ist nicht auszuschließen, dass eine rechtliche Würdigung durch offizielle Stellen zu dem Ergebnis kommt, dass hier ein Straftatbestand vorliegen könnte.
Das war von mir weder beabsichtigt noch überhaupt erkannt worden. Daher sind diese Geschichten schnellstmöglich zu entfernen.
Stop jerk off. I know the site where thousands of single girls are waiting to be fucked. Look at them: http://xnice.fun/sc
Hi i love sex my contact here http://vipdeit.top/sex22.html