Schöne Bescherung
Im Büro war wieder einmal der Teufel los gewesen. Alles ging drunter und drüber. Ich war froh endlich meinen Computer ausschalten und nach Hause gehen zu können. Es war viel zu warm für die Jahreszeit, vom Winter keine Spur. Der Christkindlmarkt lag grau und trist im Dämmerlicht und versuchte quälend mit altbekannten Liedern Vorweihnachtsstimmung zu verbreiten. Ich beeilte mich, möglichst schnell Gedränge und Glühweinfahnen hinter mir zu lassen. Nur noch ein heißes Bad, eine Pizza und Fernsehen im Bett, das war alles, was ich mir in diesem Augenblick wünschte. Die U-Bahn war wie immer überfüllt gewesen und meine Wohnungstür erschien mir wie das Tor zum Paradies.
Ich hatte den Schlüssel noch nicht einmal ins Schloss gesteckt, da stand meine Nachbarin schon neben mir im Flur. Guten Abend Fräulein Wiesinger! Ein junger Mann hat mir ein Päckchen für Sie gegeben, da hat wohl jemand für Sie Nikolaus gespielt. Sie drückte mir ein in Weihnachtspapier eingewickeltes Päckchen, etwa so groß wie eine Schuhschachtel, in die Hand.Danke Frau Reitner, nett von Ihnen, dass Sie es für mich entgegengenommen haben. Das hab ich doch gerne gemacht, von wem ist es denn? Neugierig blieb sie stehen. Ich weis es nicht, es steht kein Name auf der Karte. Vielen Dank noch mal und guten Abend. Es konnte nur von Karl sein. Auf der Karte stand: Für meinen kleine Chrissi vom Nikolaus! Ich heiße Christine und nur er hatte mich bisher so genannt. Neugierig schloss ich die Tür hinter mir zu und entfernte das Geschenkpapier. Eine edel aufgemachte Schachtel, dunkelroter Samt mit der Aufschrift Ashford in goldenen Buchstaben, kam zum Vorschein. Ungeduldig hob ich den Deckel. Der Inhalt war in Seidenpapier verpackt und oben auf lag ein Hochglanzkatalog - Mieder und Korsetts. Im Papier eingewickelt war ein schwarzes Korsett aus feinster Seide, mit Schnürung im Rücken und angesetzten Strumpfhaltern - sündteuer - und dazu passend ein Paar schwarzer Seidenstrümpfe. Wie kommt Karl dazu, mir so ein Zeug zu schenken. Es ist überhaupt nicht mein Stil. Ich bin eher der sportlich saloppe Typ und mein liebstes Outfit sind Jeans, T-Shirt und Baumwollslip.
Fürs erste legte ich die Teile wieder zurück in die Schachtel. Erst jetzt fand ich Zeit, mir Schuhe und Mantel auszuziehen. Ich ging ins Bad, drehte das Wasser auf und holte mir ein Glas Milch aus der Küche. Der Katalog lag noch in der Diele. Mit Katalog und Milch bewaffnet ging ich zurück ins Bad, Radio an, raus aus den Klamotten und rein in die Wanne. Es war herrlich, das warme Wasser, die leise Musik, bei einem Vollbad konnte ich von je her am besten entspannen. Der ganze Ärger und Frust des Tages war wie weggespült. Ich fingerte nach dem Katalog und ich fing an in ihm zu blättern. Es war ein richtiges Hochglanzmagazin. Das gesamte Miedersortiment der Firma Ashford war hier in typisch englischem Ambiente in Szene gesetzt. Hübsche Frauen beim Picknick, beim Golfen oder Bogenschießen, vor und in alt erwürdigen Adelssitzen oder in chromblinkenden Oldtimern und alle trugen ausschließlich Korsetts. Keine Höschen oder Hemden, ausschließlich Korsetts, allenfalls noch garniert mit Strümpfen, neckischen Hüten oder Hauben. Ich musste gestehen, die Bilder waren sehr erotisch. Es waren ausgesucht hübsche Frauen, die hier abgebildet waren und mir war schon klar, warum das Karl gefallen hatte. Die Korsetts, so präsentiert, sah schon sehr frivol, ja verboten aus.
Ich stieg aus der Wanne, trocknete mich ab und cremte mich ein. Das Bad hatte meine Lebensgeister wieder geweckt. Ich betrachtete mich im Spiegel. Meine Figur konnte sich durchaus sehen lassen - vielleicht ein bisschen zuviel Gewicht, meine Brüste waren etwas groß aber rund und fest und mein Hintern, ein echter Männertraum. Mein Venushügel versteckte sich schamhaft hinter einem roten buschigen Dreieck, das aber keck die vollen, fleischigen Lippen unbedeckt ließ. So wie ich war, lief ich in die Diele um das Korsett zu holen. Es war nicht einfach, mit der Schnürung zu recht zu kommen aber mit Hilfe der Anleitung im Katalog und nach zwei, drei Versuchen saß das Teil so wie es sitzen sollte. Es war ein Unterbrustmodel, das meine Brüste nur leicht unterstützte, nicht verhüllte. Da ich kein Höschen anhatte leuchtete mein weißer Hintern provozierend in die Gegend und mein roter Busch stach frech unter dem schwarzen Stoff hervor. Mit den schwarzen Strümpfen sah ich richtig verrucht aus - nicht wieder zu erkennen. Ich musste unweigerlich lachen. Ich war eher prüde und als Sexobjekt hatte ich mich noch nie gesehen. Eigentlich war es eine Frechheit von Karl, anzunehmen, dass ich so etwas anziehen würde. Wir kannten uns noch nicht sehr lange, aber von Anfang an machte es ihm Spaß mich zu provoziert. Ich fand unseren Sex immer ganz in Ordnung aber ihm war er viel zu bieder. Schade, dass mich Karl jetzt nicht sehen konnte. Das würde ihm schon besser gefallen. Irgendwie war es ein irre aufregendes Gefühl. Ich hatte plötzlich keine Lust mehr auf Pizza und Fernsehen. Ich hatte Lust auf Karl. Ich konnte ihn doch überraschen.
Ich ging ins Schlafzimmer, suchte nach einem passenden schwarzen Höschen und einem BH. Was wirklich Passendes war in meinem Schrank nicht zu finden. Ich schnappte mir die einzigen Schuhe mit hohen Absätzen, die ich hatte und schlüpfte so wie ich war, nur mit Strümpfen und Korsett, in meinen alten Wintermantel. Der glatte Futterstoff fühlte sich etwas kalt auf meinen blanken Brüsten und meinem nackten Hintern an. Sollte ich wirklich so auf die Straße gehen. Es war nicht weit, drei Haltestellen mit der U-Bahn und zwei Häuserblocks zu Fuß, aber es war schon ein komisches Gefühl. Alle denen mein Blick begegnete, schauten mich heute so komisch an. Sie kannte offenbar mein Geheimnis. Ich versicherte mich, dass mein Mantel war von oben bis unten zugeknöpft war. Alles in Ordnung, keiner konnte wissen, was ich drunter anhatte. Bei Karl im Wohnzimmer brannte Licht, er war also zu Hause. Ich läutete an der Türe und nach wenigen Augenblicken öffnete mir Karl die Wohnung. Hallo Chrissi, was für eine Überraschung. Er gab mir einen kurzen Begrüßungskuss. Ich wollte gerade eine Flasche Wein aus der Küche holen. Geh schon mal vor ins Wohnzimmer. Und schon war er in der Küche verschwunden. Nach kurzem Zögern zog ich meinen Mantel aus und hängte in an die Garderobe. Die Frau im Spiegel konnte unmöglich ich sein. Was mach ich hier eigentlich? Mir wurde ganz flau in der Magengegend. Meine Brüste wogten aus- und einladend über den oberen Korsettrand und mein nackter Hintern sprang mir förmlich ins Gesicht. Ich sah richtig ordinär aus. Aber genau das wollte Karl doch von mir. Ich lief schnell ins Wohnzimmer und blieb für einen Moment wie versteinert stehen. Auf dem Sofa saßen Erwin und Ingo, zwei Kumpel von Karl, und schauten mich mit offenem Mund und aus großen Augen an. Ich wollte im Boden versinken - schnell weg und nach Hause. Als ich mich umdrehte stand Karl hinter mir, versperrte mir den Weg und grinste mich mit seinem breiten unverschämten Lachen an. Pah!!! Das sieht ja super aus, einfach nur geil! Wo willst Du denn hin, Du bist doch gerade erst gekommen. Karl ließ mich nicht durch die Tür. Setz dich doch zu uns und trink ein Glas Wein mit uns, Du kennst doch Erwin und Ingo. Karl hatte sie doch nicht mehr alle, ich war doch keine Nutte. Ich schämte mich bis auf die Haut. Eine unbändige Wut überkam mich. Mit Tränen in den Augen schrie ich ihn an, er solle zur Seite gehen aber Klaus grinste nur noch mehr. Ein kräftiger Tritt und mein rechtes Knie landete mit voller Wucht in seinen Weichteilen. Klaus ging röchelnd zu Boden und ich stürmte wie von Sinnen nach draußen. Die frische Luft tat mir gut und langsam beruhigte ich mich wieder. Ein kalter Windhauch zwischen meinen Beinen brachte mich schlagartig in die Wirklichkeit zurück. Ich hatte meinen Mantel in der Wohnung von Klaus zurückgelassen. Hilflos stand ich im dunklen Eingang des Hauses. In diese Wohnung brachten mich keine zehn Pferde mehr. Aber so wie ich war konnte ich auch unmöglich durch die Stadt und mit der U-Bahn nach Hause fahren. Mich fröstelte. An der nächsten Kreuzung war ein Taxistand. Ich nahm allen Mut zusammen und lief ohne nach rechts oder links zu sehen zu dem einzigen Taxi, das dort wartete. Die hinteren Türen waren verschlossen. Mit hochrotem Kopf setzte ich mich auf den Beifahrersitz. Kurfürstenplatz 8, bitte! Mehr brachte ich nicht heraus. Der Sitz war kalt und mir war hundeelend. Der Taxifahrer war etwa in meinem Alter. Er schaute mich überrascht an. Seine Blicke wanderten unverhohlen zu meinen Brüsten und dann hinunter zwischen meine Beine. Und mit was bitte wollen Sie zahlen? Geldbörse und Wohnungsschlüssel steckten noch in meiner Manteltasche in der Wohnung. Das war zuviel. Ich heulte bitterlich los. Na Mädl, mach dir nichts draus, das war doch nur Spaß. Dein Anblick ist mir Bezahlung genug. Er reichte mir ein Papiertaschentuch und fuhr los. Vor meiner Wohnung war alles zugeparkt und auf dem Gehsteig herrschte Hochbetrieb. Das Taxi blieb etwa fünfzig Meter weiter stehen und der Fahrer blickte mich an. Diesmal schaute er mir ins Gesicht, und nur ins Gesicht. Ein warmer, ehrlicher Blick. Dann drehte er sich um, griff auf die Rückbank und holte einen alten Parker hervor. Kommen Sie, ziehen Sie das über. Er stieg aus und öffnete mir die Tür. Dann begleitete er mich noch bis vor die Haustür. Vielen Dank, darf ich Ihnen noch einen Kaffee anbieten?
Der Hausmeister öffnete mit einem Zweitschlüssel meine Wohnung. Geldbörse, Schlüssel und Mantel habe ich am nächsten Tag von einer Freundin abholen lassen. Karl habe ich nach diesem Erlebnis nicht mehr gesehen. Mein neuer Freund studiert Architektur. Sein Studium verdient er sich am Abend mit Taxifahren und manchmal, wenn wir allein sind, trage ich ein schwarzes Korsett mit nichts sonst als schwarze Seidenstrümpfe.
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