Weeslower Chroniken V - 2002 - Jasmin - Kapitel 6 - Die Eröffnung


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18.01.2022
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Weeslower  Chroniken V  -  2002 -  Jasmin - Kapitel 6 – Die Eröffnung

 

Jasmin hatte sich ganz leise, noch vor Arons Aufwachen, aus dem Staub gemacht, geplagt von Zweifeln und Selbstvorwürfen, und in diesem Seelenzustand auch den gesamten anschließenden Urlaub mit Max verbracht.

Der traumhafte Rausch, dem sie verfallen war, war allzu plötzlich vorbei gewesen. Wie hatte ihr all das nur passieren können? Wieso hatte sie sich so gehen lassen?! Dass Max bei all dem vollkommen ahnungslos war, machte ihr fast noch mehr zu schaffen. Es fiel ihr schwer, vor lauter schlechtem Gewissen den Urlaub einigermaßen genießen zu können. Sie versuchte sich halbwegs zusammen zu reißen und nur noch liebevoller und aufmerksamer ihm gegenüber zu sein.

Doch kam es ihr die ganze Zeit so vor, als würde sie sich Max gegenüber verstellen. - Liebte sie ihn wirklich noch? - Bis vor wenigen Tagen war sie davon felsenfest überzeugt gewesen. Und nun? Eine einzige Versuchung hatte ausgereicht, ihr nachzugaben, sich verführen zu lassen und das voller Hingabe. Und um alles in Frage zu stellen. Ab und an beobachtete sie ihn, wenn er es nicht merkte, und fragte sich, ob es wohl nochmal so schön werden könnte wie früher - oder ob das der Anfang vom Ende war.

 

Aus Max Sicht war nur eines anders als früher: Jasmin suchte, sehr zu seiner Überraschung, ganz gezielt Nacktbadestrände auf. Beim ersten Mal wirkte es noch wie zufällig. Sie leitete ihn in eine kleine, schwer zu erreichende Bucht und tat erst überrascht, dass dort ein Nacktbadestrand war, schlug dann aber vor, es doch auch mal auszuprobieren. Anschließend schwärmte sie ihm davon vor, wie sehr ihr das gefallen habe, wollte auf keinen Fall mehr dorthin, wo man Badezeug brauchte, und sei es auch nur wie früher allein ihr Bikini-Unterteil. Auf diese Art lernten die beiden in den zwei Wochen beinahe alle FKK-Strände Mallorcas kennen.

Dieses herrlich befreite Gefühl, nichts anderes mehr am Körper zu spüren als den Wind auf der eigenen nackten Haut, das sie im Park des ´Eden´ gerade erst kennen gelernt hatte, wollte sie fortan nicht mehr missen.

Und anders als jenen kurzen sexuellen Rausch, den sie mit Aron anschließend erlebt hatte, konnte sie diese neue Erfahrung tatsächlich absolut unbeschwert ausleben.

Max fand das aufregend, es regte ihn an, und er machte bereitwillig mit. Und noch etwas gefiel ihm: Jasmin war so sehr beseelt von dieser neuen Freiheit, dass sie in diesem Urlaub oft auf jegliches Darunter verzichtete, sowohl auf BH als auch auf Unterhöschen, selbst bei sehr kurzen Kleidern.

 

Dennoch war Jasmin froh, als die zwei Wochen auf Mallorca vorbei waren. Das Zusammensein mit Max erwies sich als äußerst anstrengend, sie musste unbedingt mal allein und für sich sein.

 

Erst als sie das war, bei sich zu Hause in Berlin, wagte sie erstmals, an die Geschehnisse im ´Eden´ intensiv zu zurückdenken, an die seltsamen Umstände, die von einem zum anderen führten. Die Sonne, die Hitze, das war wohl auch ein Grund gewesen. Die Urlaubsstimmung, in der sie schon angekommen war. Die immer mehr gewordene Nacktheit, erst Arons, dann ihre eigene, zu der sie sich selbst zu ihrer eigenen Verwunderung sehr früh, sehr schnell bereit erklärt und die sie dann auch konsequent durchgezogen hatte, schon wegen Louise - aber auch aus einem stetig wachsenden Gefallen daran. - So ehrlich wollte sie schon zu sich sein: FKK, Nacktsein und so, das war total ihr Ding. Das wusste sie nun. - Aber diese Situation, sich so ganz still und ein bisschen wehrlos unbekleidet zeigen zu müssen, die lieben Menschen – ja doch, das waren sie ja alle gewesen - die inmitten dieser Schamsituation eine gewisse Geborgenheit boten, und dann Aron, der es verstand, ein junges Mädchen wie sie zu verführen. Und an dessen Verführungswillen sie so lange gar nicht geglaubt hatte, gerade bei ihm, dem vermeintlich Schwulen - der ja gar keiner war. Aber woher hätte sie das denn wissen sollen?! - Jasmin! Sie rief sich innerlich zur Ordnung, Jasmin, Du belügst Dich gerade, Du fandest ihn von der ersten Sekunde an sexy!… Aber es war erst nur ein Spiel gewesen - und dann wurde aus dem Spiel Ernst. Warum? Was hatte da meinen Verstand ausgeschaltet?

 

Aron - er war schön, wirklich schön, ohne Zweifel, attraktiv, charmant, aufregend… Begehrenswert. Er hatte ihre Stimmung, ihr Verlangen ausgenutzt. Schamlos ausge... - Oh nein, Jasmin! Wieder meldete sich die innere Stimme der Vernunft: Du hast ihn sie ausnutzen lassen, Deine Stimmung. Nichts wäre passiert gegen Deinen Willen! - Die Verführung, die Konsequenz, mit der Aron vorgegangen war, das war die eine Seite. Die Schwäche, die Lust am Abenteuer, das war die andere Seite. Deine.

 

Armer Max… Sie seufzte. Aron – ja, das war ein Spiel gewesen, ein Moment der Schwäche. Nein, nicht wegen Aron hatte sie das schlechte Gewissen. Sondern weil ihr dieser Tag im Eden gezeigt hatte, dass sie im falschen Leben steckte, mit dem falschen Jungen, und etwas ganz anderes begehrte. Etwas wie Aron.

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„Jasmin! Wie schön braun Du bist!“ Louise nahm sie in die Arme.

 

Ihre Auszubildende trug hautenge schwarze Leggings und dazu ein ebenso schwarzes backless top, beides auf purer Haut. Sie wusste, dass Schwarz ihre Urlaubsbräune nur umso mehr unterstrich.

„Schön, dass Du wieder da bist. Wie war´s? Hast Du Fotos mit?“

Jasmin grinste. „Lass mich doch erst mal rein!“ Sie freute sich über den euphorischen Empfang, und war selbst froh, wieder daheim, bei Louise, in ihrer Agentur sein zu dürfen.

 

Sie war noch am gleichen Samstagnachmittag in die Agentur gekommen, weil Louise sie per SMS darum gebeten hatte, und ihre Chefin hatte auch gleich schon eine Überraschung für sie parat.

„Jasmin, die feierliche Eröffnung des `Garden Eden` ist heute Abend. Ich dachte mir das so: Ich hole Dich um 19.00 Uhr ab und wir fahren zusammen dahin…“

„Heute Abend schon?! Ich dachte, nächsten Samstag?“ Bei der Erwähnung des `Eden` hatte Jasmin sofort wieder ein flaues Gefühl im Magen.

„Nein! Nächste Woche macht es auf. Aber die Eröffnung mit Presse und Minister und so ist heute… Wird ein richtiger Ball, wie es scheint... Und da darfst Du nicht fehlen.“

„Wieso ich? Da war ich doch gar nicht eingeladen. Erst nächste Woche...“

„Weil Weber ausdrücklich darum bittet. Es ist sein Dankeschön für Deinen `besonderen Einsatz`. - Hier!“

Sie reichte Jasmin eine Karte, in der Weber sie ganz persönlich zum festlichen Abendempfang einlud. Jasmins Herz machte einen Sprung. Da konnte sie ja gar nicht nein sagen. Oder? Aber schon heute, nein, gleich schon, in wenigen Stunden. Verdammt, sie war irgendwie so gar nicht darauf eingerichtet…

 

Kurz darauf fuhr sie wieder zügig mit dem Rad nach Hause. Ihr blieb keine Stunde, um sich zurechtzumachen – und vor allem, ein passendes Outfit auszuwählen. Und jetzt hatte sie ganz vergessen, nach den Prospekten zu fragen.

Nach einigem Hin und Her entschied sie sich für ein Kleines Schwarzes. Das entsprach dem angenehm sommerlichen Wetter – es war nicht allzu heiß, aber trocken und warm, fast windstill – und hob ihre körperlichen Vorzüge elegant und sexy hervor: Es lag an ihrem schmalen Oberkörper hauteng an, war aus dünner Baumwolle mit einem Lycra-Anteil, hatte ultraschmale Spaghettiträger und einen tiefen Ausschnitt, lag ebenso eng auf Taille und Hüfte und war erst ganz unten etwas weiter geschnitten. Es reichte bis knapp oberhalb des Knies und zeigte von dort an ihre wunderschönen, herrlich gebräunten Beine. Und Schwarz, das war Untermalung ihrer Bräune im Moment eh ihr Favorit...

Sie probierte es in verschiedenen Varianten und entschied sich dann für diejenige, die sie schon im Urlaub oft gewählt hatte: Mit nichts darunter als nackter, purer Haut.

Denn egal, welchen BH sie ausprobierte, immer blieb dieser auf unelegante Art sichtbar, ob mit oder ohne Träger. Wenn sie ihn aber wegließ, dann war das zwar nicht zu übersehen, denn es zeichnete sich dann nichts dergleichen unter dem Kleid ab und ihre schönen Brüste wurden in ihrer perfekten natürlichen Form eins zu eins vom dünnen Stoff abgebildet. Aber vorn am Ausschnitt führten zwei Ziernähte aus schwarzer Spitze direkt über den Nippeln herab und verbargen diese, denn die Spitze war blickdicht gewebt. Und das gab dem ganzen einen `züchtigen` Anstrich.

Dass sie keinen Slip trug, nun ja, darauf konnte man ebenso schließen, da sich auch am Po und an den Hüften keine Nähte abzeichneten, aber jeder wusste ja auch, dass es dafür geschickte andere Lösungen geben konnte, also blieb es nur bei einer Ahnung. Das Gefühl aber war wunderbar, und da das Kleid kurz über dem Knie endete, musste sie auch keine peinliche Entdeckung fürchten.

Das Ganze vervollständigte ein schwarzes Cardigan-Jäckchen aus ebenso dünnem Baumwollstoff und langen Ärmeln sowie schwarze High Heels mit acht Zentimetern spitzen Absätzen, zudem ein bisschen mallorcinischer Silberschmuck an Hals und Ohren.

 

„Wow!“ Louise entfuhr ein anerkennender Pfiff, als Jasmin aus dem Haus heraus auf die Straße trat.

 

Der Parkplatz vor dem Hotel war schon recht voll, besetzt von überwiegend sehr exklusiven Nobelfahrzeugen. Überall am Wegesrand brannten Fackeln, das Hotel selbst lag erleuchtet von großen Strahlern in der einsetzenden Dämmerung.

Jasmin stutzte, als sie ausstieg. Sie erblickte ihr eigenes Konterfei auf einem Plakat, das auf die Eröffnungsfeier hinwies. Und nicht nur ihr Gesicht. Als Motiv hatte man eines der Fotos vom See genommen, auf dem Jasmin auf dem Steg stand. Auch wenn das Foto etwas ausgeblasst gedruckt war, ihr Gesicht und ihr nackter Oberkörper mit ihren vollen schönen Brüsten waren deutlich oberhalb des Schriftzuges des Hotels zu erkennen.

Ihr wurde plötzlich ganz heiß. Hieß das, dass… Daran hatte sie überhaupt nicht gedacht. Hier würden ja überall die Prospekte ausliegen. Und man würde sie bestimmt erkennen…

 

Doch es kam für sie alles noch viel schlimmer.

 

Weber stand im mit Fackeln erleuchteten Eingang und erwartete sie. Als sie ihn sah, spürte sie wieder dieses seltsam flaue Gefühl im Bauch, so wie früher, vor dem Shooting. Er trug einen eleganten hellen Sommeranzug und sah darin trotz seiner Untersetzheit ganz passabel aus. Zunächst begrüßte er höflich Louise, dann sehr freundschaftlich Jasmin.

In der Vorhalle standen rund dreißig Leute, alle in festlicher Garderobe. Die meisten hielten Sektgläser in der Hand und standen in kleinen Gruppen beieinander, die vielen Stimmen hallten laut von den hohen Wänden wieder.

Kaum, dass Jasmin den Raum betrat, wurde es leiser. Alle Blicke richteten sich nacheinander auf sie. Was war los? Jasmin wurde unruhig. Sie schaute sich um.

 

Garden Eden Romantic Clothing Optional Hotel 

 

 

 

Und dann sah sie es. Zwei fast zwei Meter hohe Plakate. Lebensgroß und wirklichkeitsgetreu erblickte sie darauf sich selbst. Und das splitternackt. Unverkennbar. Auf dem ersten frontal aufgenommen, lässig an einen Holzpfahl gelehnt - der Schriftzug des Hotels sinnigerweise erst direkt unterhalb ihrer blank rasierten Scham.

 

Und da, auf der anderen Seite des Raumes, ein Foto, wie sie auf der Seite liegend am Rand des Außenpools lag, mit Rücken und vor allem dem Po zur Kamera, das Gesicht genießerisch nach oben zum Himmel gestreckt, ihre langen blonden Haare vom Kopf herabwallend, und, kaum zu übersehen, mitten im Bild, ihr Po und darunter ihre blanken Schamlippen im Schritt. Die Hauptdarsteller auf diesem Bild waren somit ihr schönen Haare und ihr rosa Pfläumchen. `Nudists welcome` stand dort in großen Lettern, wo ihre Füße hätten sein müssen.

"Oh nein!" Sie wäre sogleich wieder hinausgelaufen, wenn nicht Webers Arm sie am Rücken festgehalten und Louise ihr den Weg versperrt hätte - beinahe wie abgesprochen.

„Sehen Sie nur, Jasmin, Sie sind jetzt das Gesicht unseres ´Garden Eden Romantik CO Hotels´.“

„Und der Körper…“ ergänzte lachend Aron, der sich ihr leise von der Seite her genähert hatte. „Herzlich willkommen!“

Seine Hand fand sofort ihre Pobacke. Er küsste sie leicht auf die Wange. „Einen Prosecco?“

„Oh ja, bitte!“ seufzte Jasmin und sah ihn verzweifelt an. „Hättet Ihr mich denn nicht vorwarnen können?“ Sie entriss ihm sein Glas und leerte es in einem Zug.

„Warum?“ fragte Louise, die all das mit geplant hatte. „Wir wollten Dich überraschen.“

„Oh ja - das ist Euch gelungen!!“ Sie schaute sich nochmals um, erkannte überall ihr eigenes Abbild und erfasste erst jetzt so richtig die ganze Tragweite.

 

An Flucht war nicht mehr zu denken. Aber ihre Knie wurden so weich, dass sie sich unbedingt setzen musste, es fühlte sich an, als würde sie ohnmächtig werden. Aron und Louise führten sie behutsam in den angrenzenden, noch leeren Speisesaal, der zu einem Festsaal hergerichtet war, Weber folgte ihnen. Jasmin fiel in den ersten Stuhl, den sie erreichten, sank in sich hinein, brauchte einige Augenblicke, um wieder richtig zu sich zu kommen. Dann löste sie als erstes die Schnüre ihrer High Heels und stieg aus ihnen heraus. Sie schaute zu den andern hoch, die sie umringten.

„Musste das sein?“ fragte sie eher enttäuscht als ärgerlich, ohne jemanden direkt anzuschauen. Eine Träne stand in ihrem Auge.

„Sorry, es war meine Idee.“ erklärte Louise, von den Folgen ihres Tuns sichtlich überrascht und berührt.

„Und ich fand´s gut.“ gestand nun auch Weber. „Die Fotos sind großartig, und...“

Er wollte fortfahren, doch dann drehte er sich um und machte Platz für jemanden. „Herzlich willkommen, Süße!“ Nadine trat zu ihr und küsste Jasmin auf die Wangen. Unbekümmert erzählte sie: „Ist viel passiert in der Zeit, als Du ihm Urlaub warst.“

„Ja, vor allem, seit wir die Pressemitteilung rausgegeben haben.“ meinte Weber, nicht ganz ohne Stolz. „Es hat sich ganz viel Presse angekündigt. Nicht die üblichen Verdächtigen, die Lokalen, sondern auch Überregionales, Privatfernsehen und so. Und ich denke, das hat auch mit Ihnen zu tun…“

 "Wir wollten Dir das aber nicht schon vorher erzählen", ergänzte Nadine, "und Dich in Deinem Urlaub mit Deiner neuen Popularität nervös machen.“

„Ach, ja, danke auch! Sehr rücksichtsvoll“ meinte Jasmin spöttisch. „Ich gehe da nicht wieder raus!“

„Wieso das denn?“ Aron sah sie entgeistert an. „Du bist der Star des Abends!“

„Ja, ein Nackt-Star!“ rief Jasmin laut und sprang empört auf. „Presse! Fernsehen! Sag mal, spinnt Ihr?!“

„Komm mal mit!“ meinte Aron, ergriff ihre Hände, zog sie mit Kraft vom Stuhl und führte sie schon am Arm ab in den hinteren Saal. Jasmin wehrte sich erst, aber dann folgte sie ihm widerstrebend, barfuß wie sie nun war.

Ein paar Schritte weiter blieb er mit ihr stehen, hielt sie an den Schultern fest, mit sanftem Druck, aber bestimmt. „Jasmin, hör mal, das hat sich nun mal alles so entwickelt. Ganz so wollten wir das auch nicht. Aber jetzt müssen wir alle das Beste daraus machen. Sieh mich an! Mir geht´s doch genauso mit den Fotos.“

Sie konnte sich ein spöttisches Grinsen nicht verkneifen. „Du genießt das doch! Dir macht das alles doch absolut nichts aus."

Er zuckte mit den Schultern. „Dann versuche es genauso zu sehen. Und vergiss das mit der Presse und so! Darauf musst Du gar nicht reagieren!“

„Du hast gut reden. Wie soll ich das alles meinem Freund erzählen? Der liest auch die Zeitung und sieht fern…“

Aron schaute sie amüsiert an: „Und, was würde er sagen, wenn er Dich so sähe?“

Jasmin sah zu Boden und atmete tief durch. „Zumindest würde er erwarten, dass ich es ihm vorher erzählt hätte.“

„Dann erzähle es ihm! Und jetzt komm! Du bist nun mal jetzt Teil der Kampagne… Das geht auch alles wieder vorbei.“

Jasmin seufzte. "Aron! Halt mich fest!" Sie umarmte ihn und presste sich dicht an seinen Körper. "Was ist das mit diesem `OC?` Was meinte Weber da vorhin?" wollte sie plötzlich wissen.

"CO meinst Du. Clothing Optional. Ach so, das weißt Du ja noch gar nicht, Du warst ja im Urlaub. Also, Weber hat letzte Woche das gesamte Konzept tatsächlich noch einmal mit Daniela, Nadine und Louise zusammen umgekrempelt. Nicht mehr Wellness-Hotel mit angeschlossenem FKK-Bereich, sondern FKK-Hotel mit angeschlossenem Wellness-Bereich. Ich glaube, unsere Fotos haben ihn inspiriert."

"Und was heißt das?"

"Dass die Gäste jetzt überall nackt herumlaufen können, auch im Hauptgebäude, sogar im Restaurant. Deshalb jetzt der Zusatz CO."

"Und daher also diese Fotos von uns." sprach Jasmin, mehr zu sich selbst.

"Genau. Komm, Jasmin, Augen zu und durch. Ich bin bei Dir!"

Doch Jasmin wurde plötzlich vielmehr richtig wütend. "Ich bin jetzt plötzlich das Kampagnen-Girl für ein FKK-Hotel, oder was?! Das sollten alles mal ganz harmlose Saunafotos und so werden, mit menschlichem `Beiwerk`... `Man wird höchstens sehen können, dass Du nackt bist, aber mehr nicht...`" zitierte sie in ihrem Ärger den Fotografen Ralph. "Ihr hättet mich wenigstens fragen können, verdammt!"

"Das habe ich denen allerdings auch gesagt." stimmte ihr Aron zu. "Aber Du seist ja im Urlaub, meinten die - und Du würdest die Idee bestimmt gut finden."

Jasmin vergrub ihr Gesicht in ihren Händen. "Ich hasse Euch!" Sie klang nun eher enttäuscht als wütend. "Ich träume das alles, oder?!" murmelte sie in ihre Hände hinein.

Er lachte. "Soll ich Dich zwicken? - Komm, Süße, machen wir ein Fest daraus. Und in ein paar Stunden bist Du hier wieder weg. - Wir beiden nehmen das jetzt wie Profis, okay?!"

Ihre großen blauen Augen schienen jetzt irgendeinen Punkt vor sich auf dem glatt gebohnerten Holzboden zu fixieren."Hol mir noch einen Prosecco. Bitte!"

Nach einer Minute war er wieder da. Ohne hochzuschauen nahm sie ihm das Glas ab, seufzte erneut und trank es wieder in einem Zuge leer.

Aron entdeckte Louise, wie sie in der Tür stand und anscheinend auf die beiden wartete. "Na los, komm jetzt!"

Jasmin schaute mit einem resignierten Blick zu ihm auf, dann hinüber zu ihrer Chefin. Sie erhob sich langsam und meinte matt: "Okay. Also los, wir können ja nicht die ganze Zeit hier so abseits hocken."

 

Sie folgte ihm zu den anderen, mit denen zusammen sie wieder in die Vorhalle ging. Sie gab Louise mit der Faust einen kleinen Stups in die Seite, als diese ihr ihre High Heels wieder überreichte. "Verräterin!" zischte sie ihr zu. Aber das klang schon nicht mehr allzu böse, eher sehr, sehr müde.

Von überall her spürte Jasmin die neugierigen Blicke, und in ihrem zarten Kleidchen fühlte sie sich diesen irgendwie besonders schutzlos ausgeliefert. Sie fanden Daniela, die sie auch sehr herzlich begrüßte.

Mein Gott, merken die nichts, oder wollen die mich alle verarschen? Die muten mir hier die größte Peinlichkeit meines Lebens zu - und tun total nett und super locker.

 

Doch zumindest inmitten dieses schützenden Kreises ihrer Vertrauten, der um sie herumstand, ging es ihr allmählich wieder etwas besser. Sie schaffte es tatsächlich, auf ein paar Fragen nach ihrem Urlaub zu antworten, sie erzählte und wurde dabei etwas ruhiger und lockerer.

Weber löste sich von der Gruppe und nahm den Wirtschaftsminister des Landes in Empfang, der gerade eingetroffen war. Während er mit ihm sprach, bewunderte der Minister nach und nach die beiden Plakate. Weber zog ihn zu der kleinen Gruppe.

„Darf ich vorstellen: Jasmin Bischoff. Sie ist sozusagen das weibliche Gesicht unseres Hauses, wie Sie sehen können.“ Weber wies nochmal auf die Plakate links und rechts.

„Sehr angenehm, Frau Bischoff! Wunderschöne Aufnahmen.“

Jasmin wusste selbst nicht, wie es ihr gelang, sich derart zusammenzureißen, aber sie machte sogar einen angedeuteten Knicks. Und das alles auch noch in diesem Hauch von Kleid, dachte sie gleichzeitig fast resigniert.

Weber stellte dem Minister auch Aron und die anderen vor. Dann lud er alle Gäste – es waren mittlerweile schon über fünfzig – zu einem Rundgang ein.

 

Jasmin wäre gern zurück geblieben, aber ausgerechnet der Minister bat sie, sie zu begleiten. So ging sie denn in der ersten Gruppe mit, der auch noch der örtliche Landrat und Bürgermeister Dreyer angehörten. Hauptgebäude, Nebentrakt eins, Nebentrakt zwei. Dort warfen sie alle einen Blick ausgerechnet in die Luxus-Suite, in der sie die Fotos gemacht hatten und in der Jasmin ihre Liebesnacht mit Aron verbracht hatte. Und was musste sie dort sehen? Ein weiteres lebensgroßes Bild von ihr und Aron, als Aufsteller vor dem Fenster, jene Szene, in der die beiden eng umschlungen im Bad standen. Wenigstens sieht man hier nicht auch noch meinen Schoß, dachte sie nur. Oh Mann, was denken die hier wohl alle von mir?!

Ihre Aufmerksamkeit wurde kurz auf eine Frau gelenkt, vielleicht Ende vierzig, sehr blond, sehr gebräunt, sehr schlank, in einem hübschen Sommerkleid, die ihr beim Herausgehen aus der Suite verschwörerisch zuzwinkerte. Die zum Beispiel, was denkt die wohl?

 

 

Garden Eden Romantic Hotel 

Nudists welcome!

 

Es ging weiter, hinunter und hinaus in den mit Fackeln erleuchteten Park und den Thermen-Bereich. Und weitere Aufsteller erwarteten Jasmin und die Besuchergruppe mit vielen weiteren expliziten Nacktfotos von Aron und ihr. Vor allem vor dem Massage-Foto, das wirklich alles von ihr in Nahaufnahme zeigte, schloss Jasmin verzweifelt die Augen.

 

Ihre innere Stimme sprach: Ja, meine Damen und Herren, das da sind meine Titten, das da sind meine  blitzeblanken Schamlippen, leider etwas schmal, sie öffnen sich nur allzu leicht und verdecken nicht immer alles, ja, und das da, das ist also meine Klitoris. Ja, leicht geschwollen, ziemlich feucht, sorry, aber wenden Sie sich bitte in dieser Sache vertrauensvoll an Herrn Aron Sommer, der hatte da seine Finger im Spiel...

Die Neugierde in den Blicken der anderen ließ nicht nach.

"Lass das bloß bald vorbei sein." flüsterte sie Louise und Aron zu, als sie ein Stück hinter den anderen zurückblieben.

Louise umfasste ihre Schultern. "Komm, Kleine, das ist tatsächlich ein bisschen heavy, das sehe ich ein. Wir hätten Dich doch besser vorwarnen sollen. Aber Du machst Dich super! Die Fotos sind großartig. Und Du bist einfach umwerfend schön, Du hast einen traumhaften Körper! Ich bin stolz auf Dich, dass Du all das mitmachst."

Jasmin seufzte nur matt. "Was tut man nicht alles..." sagte sie leise, mehr zu sich selbst.

"Nimm es wie ein Profi!" wiederholte Aron, aber es war diesmal nicht spöttisch gemeint, er ließ sie dabei spüren, dass er ihre Gefühle zwar nicht teilte, aber gut nachvollziehen konnte.

Arons Gegenwart tat ihr gut. Sie nahm seine Hand, aus ihrem liebevollen Blick sprach aufrichtige Dankbarkeit, ihre schönen Augen drückten dabei all die Verletzlichkeit und Hilfebedürftigkeit ihrer Seele aus. Und ein Zittern durchlief ihren ganzen Körper.

 

Zusammen mit Aron, Daniela und Louise versuchte sie, stets am Ende der Gruppe zu bleiben. Sie tuschelten miteinander, und Jasmin konnte ab und zu schon wieder über Arons witzige Bemerkungen zu einigen der hoch gestellten und dennoch so gar nicht würdevollen Herrschaften lachen.

Eines musste sie Ralph tatsächlich lassen: Die Fotos hatten hohen künstlerischen Wert, und sie gaben immer den Zusammenhang – Wellness, Entspannung, Erholung – wieder. Nie wirkten Aron oder sie dabei anzüglich oder aufreizend, sondern immer entspannt und natürlich, ihre Nacktheit an sich war immer nachvollziehbar, erklärbar und der Situation nach vollkommen angemessen.

Nadine kam wieder hinzu und stellte Jasmin ihren Freund und Vater ihrer Tochter, Michael Schneider, vor. Im Stillen gratulierte Jasmin ihr zu ihrem guten Geschmack. Zu der kleinen Gruppe, die sich zusammen mit Nadine genähert hatte, gehörten auch wieder der Landrat und der Bürgermeister.

Irgendwie sind ja wohl alle scharf darauf, mich mal anzusprechen, dachte Jasmin zunächst etwas missmutig, wäre sie doch am liebsten weiter möglichst unbehelligt von den anderen Gästen geblieben. Aber dann stellte sich zumindest dieser Dreyer als recht charmant und sogar witzig heraus. In seiner Begleitung war eine junge Frau, Mitte, vielleicht Ende zwanzig, sehr hübsch, ebenso blond und groß wie sie selbst, doch sehr viel üppiger. Er stellte sie als Lissy vor - ihr Nachname wurde gar nicht erst erwähnt -, seine ´persönliche Assistentin´, wie er sie bezeichnete, seine `Büroleiterin´, wie sie ihn sogleich verbesserte. Sie war Jasmin schon gleich zu Anfang in der Menge der vielen durchaus gutaussehenden Frauen an diesem Abend aufgefallen, trug sie doch von allen den mit Abstand kürzesten Rock – bei beeindruckend langen, wunderbar schlanken Beinen – als Teil eines perfekt geschnittenen engen Kostüms, das ihre ausladenden weiblichen Formen unterstrich.

„Wir müssen uns unbedingt mal miteinander unterhalten.“ konnte Lissy nur kurz andeuten, denn schon wieder wurde Prosecco gereicht und die Gruppen setzten sich wieder in Bewegung. Jasmin bekam allmählich ein Gefühl beschwipster Leichtigkeit. Sie trank viel zu schnell. Als sie wieder beim Thema Urlaub waren, erzählte Jasmin der Runde freimütig, dass sie sich ausschließlich textilfrei gesonnt habe.

"Also, dann ist das nahtlose Bräune, die ich die ganze Zeit an Dir – darf ich Du sagen? - bewundere?" fragte diese Lissy.

"Ja, darfst Du. Und ja, vollkommen nahtlos, durch und durch." sagte sie nicht ganz ohne Stolz, und zu Nadine hin ergänzte sie: „Wie versprochen.“ Nadine prostete ihr schmunzelnd zu.

"Dann hat Dich unser Foto-Shooting wohl inspiriert?" wollte nun Daniela wissen. Auch sie schien schon leicht beschwipst zu sein.

"Ja, offenbar!" antwortete Jasmin schon wieder ganz fröhlich. Und zur anderen Seite hin meinte sie leise zu Aron: "Sehr sogar."

„Dann sind Sie also nicht nur Model, sondern tatsächlich auch FKK-Anhängerin?“ interessierte sich nun der Bürgermeister.

„Ja.“ gab Jasmin lächelnd zurück. „Absolut.“

„Das freut mich. Passt zu uns in Weeslow.“

„Sie auch?“

„Na, und ob!“

Alle lachten.

„Trägst Du ein Höschen?“ fragte Aron sie zwar leise, doch laut genug, dass die Umstehenden ihn hören konnten.

"Hey! Was geht Dich das an?" erwiderte sie keck.

"Also nein?"

Die ganze Runde schaute sie neugierig an.

"Also…“ druckste sie gespielt verlegen herum, „na ja…"

„Also nicht.“ konstatierte Aron lachend.

Er strich sachte über ihren Po. Jasmin grinste.

Es ging ihr schon besser. Diese kleine Gesellschaft hatte sie zwei Wochen lang vermisst, das spürte sie nun umso mehr, jetzt, da sie sie alle wiedersah. Doch lieber wäre es ihr gewesen, es wäre unter anderen Umständen geschehen. Oder siebzig - oder wieviel es jetzt sein mochten - andere Leute würden einfach verschwinden.

 

 


Kommentare

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