Weeslower Chroniken V - 2002 - Jasmin - Kapitel 1 Das Garten Eden-Resort
Weeslower Chroniken V - 2002 - Jasmin - Kapitel 1 – Das Garten-Eden-Resort
"Jasmin, bist Du das?! - Gut, dass Du da bist! Du kommst wie gerufen!"
Unschlüssig blieb Jasmin in der halb geöffneten Hintertür stehen. Dieser euphorische Empfang kam doch recht überraschend - und ebenso ungelegen, roch es doch irgendwie nach Arbeit, und das an ihrem ersten Urlaubstag. "Ich wollte nur...", begann sie zaghaft in den Flur hinein zu rufen, "ich wollte mich nur kurz nochmal in den Urlaub verabschieden, Louise. Du warst gestern ja schon weg."
Louise schien gar nicht hingehört zu haben. "Du, Jasmin, ich habe ein Riesenproblem." rief sie aus dem Büro heraus.
"Welches denn?" Die gerade erst achtzehn Jahre alt gewordene Auszubildende stand noch immer in der Hintertür zum Hof, wo sie ihr Fahrrad abgestellt hatte. Auf dem Weg zurück von einigen letzten Urlaubsvorbereitungen hatte das Büro der kleinen PR-Agentur von Louise Waldmann, in der Jasmin ihre Ausbildung machte, geradewegs auf ihrem Weg gelegen.
Aus dem Büro ihrer Chefin hörte sie hektisches Papierrascheln und eilige Schritte. Blitzschnell überlegte sie sich diverse Ausreden, warum sie eigentlich gar nicht erst hereinkommen konnte und gleich weiter müsse. So gern sie für Louise, die gleichzeitig eine gute Freundin ihrer Mutter war, arbeitete - heute hatte sie noch ganz viel vor dem Abflug am übernächsten Tag vorzubereiten und außerdem wollte sie sich, wenn es noch reichte, am Nachmittag ein bisschen im Freibad weiter bräunen.
"Das ´Garden Eden´..." antwortete Louise seufzend.
Bei diesem Stichwort allerdings wurde Jasmin doch hellhörig. Das `Garden Eden Romantik Hotel`, wie es vollständig hieß, war nicht nur der derzeit wichtigste Auftrag der Agentur, sondern auch Jasmins erklärtes Lieblingsprojekt.
Sie gab sich einen Ruck und kam herein. "Was ist denn damit?"
Louise sah kaum richtig auf, so sehr war sie in hektischer Aktion. "Das Foto-Shooting heute Nachmittag. Ich habe doch Weber zugesagt, dass ich dabei bin. - Und nun", sie wies ohne hinzuschauen auf eine Ecke, in der ganz still ein kleiner Hund lag, "muss ich unbedingt mit Baldo zum Tierarzt, seine Pfote hat sich wieder entzündet, ganz schlimm." Sie ging hinüber zu ihrem kleinen Terrier und streichelte ihn sanft. Dann sah sie mit flehendem Blick zu Jasmin herüber. "Könntest Du für mich dahin fahren?! Ich weiß, Du hast eigentlich schon Urlaub, aber..."
"Ich?!" rief Jasmin überrascht aus. Damit hatte sie nie und nimmer gerechnet. "Natürlich!" hörte sie sich selbst sofort zusagen. - Dafür opfere ich sogar gern einen Urlaubstag, fügte sie in Gedanken hinzu. "Aber, was soll ich denn da machen?"
"Nur dabei sein, einfach zuschauen. Ich will nur Weber das gute Gefühl geben, dass das jemand von uns beaufsichtigt. Schließlich haben wir das alles organisiert. Er selbst kann ja nicht dabei sein."
Diese Information gab Jasmins Vorfreude noch mehr Auftrieb. Das Garten Eden fand sie großartig. Diesen Weber jedoch konnte sie nicht ausstehen.
Dieser Weber, Hans Weber, war ein sehr wohlhabender Bauunternehmer irgendwo aus Westfalen. Mit dem „Garden Eden Romantik Hotel“, das im Nordosten Brandenburgs an einem wunderschönen stillen See entstehen sollte, wollte er sich – zusammen mit seinem Kompagnion Dr. Ulf Berg, den Louise und Jasmin aber noch nie zu Gesicht bekommen hatten - erstmals im Bereich Hotelerie versuchen. Und das mit einem beeindruckend noblen Vorhaben, einem Wohlfühl-Hotel in einem renovierten Herrenhaus mit angeschlossener Luxus-Therme, ein Schönheits-Tempel, ein kleines, exquisites Refugium für gestresste Großstadt-Ehefrauen und vor allem wohl auch für Liebespaare.
An die kleine Berliner Agentur von Louise Waldmann hatte er sich gewandt, da er stets eine regionale Anbindung bevorzugte und diese Agentur insbesondere einen guten Ruf in der Vermarktung von Wellness-Oasen hatte. Für Louise versprach dieser in der Branche viel beachtete Auftrag ein enormes Renommee, daher war der Auftrag so wichtig für sie, und damit natürlich auch für Jasmin, ihre einzige Auszubildende.
Einige Monate schon arbeitete man nun zusammen. Es war Mitte Juni, und der Komplex stand nach immer neuen Verzögerungen, die zumeist den Denkmalschutzauflagen geschuldet waren, kurz vor der Eröffnung. Die derzeitige allgemeine Verunsicherung, die man überall spürte, jetzt im Jahr Eins nach 09/11 schien nicht auf dieses Projekt auszustrahlen. Dem Vernehmen nach gab es schon jede Menge Vorbuchungen für den Rest der Saison, und Weber verbreitete lärmenden Optimismus. Was noch fehlte, waren die Echtfotos. Bislang hatte man mit Computerfotos auf der Homepage und in den Broschüren gearbeitet. Nun, da alles so gut wie fertig war, sollten die echten Fotos vom Hotel, der Therme und dem riesigen Park geschossen werden. Dazu hatte Louise für den heutigen Freitag einen Fotografen und zwei Models engagiert, die ein junges Pärchen als Hotelgäste darstellen und in verschiedenen Stationen fotografiert werden sollten.
Obwohl Jasmin erst im zweiten Lehrjahr war, hatte sie in diesem Projekt schon viele Aufgaben übernehmen dürfen, denn die Agentur war klein, alle zusammen nur fünf Personen. Da Jasmin zum einen so viel Interesse und Engagement, zum anderen so viel Talent zeigte, durfte sie einiges schon selbständig organisieren und immer auch mit dabei sein - wenn auch nur im Hintergrund. Was sie allerdings zunehmend gut fand, je öfter sie auf Weber, den Bauherrn, selbst traf.
Selbst Louise stimmte ihr zu, dass dieser Mann gelinde gesagt ein arrogantes Arschloch war, so ein Paradebeispiel für den eingebildeten, wichtigtuerischen Wessi. Und die bildhüsche Jasmin mit ihrer sagenhaften Figur, ihrem schönen Gesicht und den sehr langen engelblonden Haaren gaffte er permanent unverwandt und irgendwie lüstern an. Eklig fand sie ihn, diesen kleinen Möchtegern mit seiner piepsigen Stimme.
Aber er war nunmal einer der Auftraggeber, und der Auftrag sehr wichtig. Also gab man sich freundlich und dienstbeflissen.
Nun denn, dachte sie, dann halt ohne ihn, umso besser. Immerhin, sie würde beim Foto-Shooting dabei sein können, etwas, was sie sich vorher kaum zu erträumen gewagt hatte - denn natürlich war das Chefinnen-Sache... Eigentlich... Danke, Baldo, dachte sie und streichelte dem kläglich winselnden Hund kurz über den Kopf.
"Wie soll ich da hinkommen?" fragte Jasmin nun.
"Ich leihe Dir mein Auto, kein Problem. Du müsstest auch jetzt gleich los fahren, eine Stunde brauchst Du bei dem Verkehr mindestens."
Dass Louise ihrer Auszubildenden so freigiebig ihr Auto, immerhin einen brandneuen Audi A4, anbot, war der nächste Vertrauensbeweis. Jasmin durfte überhaupt erst seit sechs Wochen, seit sie achtzehn geworden war, allein Auto fahren. Doch Louise hatte sie seitdem schon ein paar Mal fahren lassen, und sie wusste, sie konnte sich auch da auf ihr Mädchen verlassen.
Das blonde Mädchen zuckte mit den Schultern. "Danke! - Aber so kann ich ja wohl kaum los..."
"Hmm." machte Louise und betrachtete ihre Auszubildende, die neben ihrem Hund hockte, nachdenklich. Jetzt erst schien sie zu bemerken, wie sommerlich-freizügig ihre Auszubildende Jasmin gekleidet war.
Deren knappes Outfit passte perfekt zu diesem im bisher verregneten Sommer ausnahmsweise mal sehr heißen Tag, der gerade die 30-Grad-Marke überstiegen hatte, und ebenso perfekt zu Jasmins Urlaubsstimmung: Sie trug ein sehr kurzes, hellblaues, weiß geblümtes Trägerkleidchen. Es bedeckte, wenn sie stand, so gerade eben ihren Schoß und Po, und gab jetzt, da das Mädchen vor ihr in der Hocke saß, Louise den uneingeschränkten Blick auf ein blütenweißes Unterhöschen frei. Vorn am weiten Ausschnitt hatte das Kleidchen eine lose gebundene Schnürung, die tiefe Einblicke auf Jasmins schöne Brüste zuließ, die ganz offensichtlich nicht von einem BH umfasst waren. Dazu trug Jasmin einfach ein Paar Ballerinas, auch etwas, was eher nach Urlaub aussah.
"Nein. Wohl kaum..." stimmte Louise ihr endlich nach längerem Nachdenken zu.
Louise legte bei sich und ihren Mitarbeiterinnen - es waren allesamt nur Frauen - Wert auf seriöse Business-Kleidung, dunkle Hosenanzüge oder Kostüme in gedeckten Farben, kombiniert mit braven Blusen – selbstverständlich auch bei Außenterminen.
Und so wie Jasmin jetzt vor ihrer Chefin stand oder besser hockte, kannte diese sie noch gar nicht. Ihre sonst so adrette, elegant und diskret gekleidete Auszubildende Jasmin schien ihr plötzlich wie verwandelt in einen ganz andereren Typen von jungem Mädchen.
Jasmin sah in diesem ultraknappen Kleidchen eher so aus, als wäre sie bereits auf Mallorca, auf dem Weg zum Strand oder in eine Bar. Und wäre dort ein wahrlich bezaubernder Blickfang gewesen. Denn sie war ganz einfach ein sehr hübsches Mädchen. Nicht so eines von dieser Art, die man eher auf dem Laufsteg in Paris oder Mailand vermuten würde, dafür war sie zu klein mit einem Meter siebzig. Eher eines, das man am Nebentisch eines Restaurants inmitten einer lustigen Gruppe entdeckte, lachend, sympathisch, mit einem bildhübschen Gesicht, natürlichen Gesten, einer warmen, schönen Stimme, und zu dem man immer wieder herüber schaut und sich wünscht, es würde zurückschauen, lächeln, und sich später dazu setzen. Ob nun auf Mallorca oder eben in Berlin.
Sie war sehr schlank und schmal, aber an den richtigen Stellen durchaus fraulich, vor allem an Busen und Po. Sie besaß wunderschöne, große, dunkelblaue Augen mit markanten Augenbrauen. Vor allem diese Augen waren es, die dieses schöne ovale Gesicht prägten, sie gaben ihm etwas Warmherziges und Liebevolles und gleichzeitig Strahlendes und Fröhliches. Dazu kam ein breiter, sinnlicher Mund mit einer schmalen Oberlippe und einer volleren Unterlippe, mit perfekten weißen Zähnen - mit einem leichten, charmanten Überbiss, ihrem einzigen ´Schönheitsfehler´. Ihre Nase war eher klein, schmal, fein geformt, ihre Haare engelblond, sehr lang und leicht gewellt, zumeist, wie jetzt streng zurückgekämmt und zu einem wogenden Pferdeschwanz zusammengebunden. Man hätte sie für eine Schwedin oder so halten mögen, obwohl sie doch eine waschechte Berlinerin war (was man ihr auch anhörte). Und den Eindruck von Urlaubslaune unterstrich ihre reine, makellose und schön gebräunte Haut, von der sie gerade sehr viel zeigte.
Und da sie heute nichts weiter vorgehabt hatte, als sich im Solarium noch etwas weiter vorzubräunen und sich in dem in der Straße neu eröffneten Waxing-Studio, das sogleich ihre Neugierde erweckt hatte, von jeglichen Härchen jenseits des blonden Schopfes komplett befreien zu lassen, hatte sie zudem auf einen BH verzichtet. Und das, obwohl das schlanke Mädchen eine durchaus ansehnliche Oberweite besaß. Doch so jugendlich fest, wie ihre schön runden Brüste waren, konnte sie sich das absolut erlauben. Aber es war eben auch nicht zu übersehen. Das locker fallende Kleid zeichnete oben herum die Rundungen ihres Busens und ihre aufrechten, festen Nippel unter dem dünnen Stoff sehr fein und deutlich nach. Nach dem Sonnen und dem Waxen und mit dem reinen, gepflegten, intensiven Körpergefühl danach hatte sie es total genossen, so wenig Stoff auf der Haut zu tragen - bis zu diesem Moment jedenfalls.
Louise stand immer noch vor ihr, in andächtiger Verwunderung.
"Ich könnte ja noch schnell zu Hause vorbeifahren und mich umziehen." schlug Jasmin vor.
Louise schüttelte den Kopf. "Das wird nichts. Es ist schon sehr spät, Du müsstest eigentlich genau jetzt losfahren, wenn Du dort pünktlich um halb elf ankommen willst. Und wir müssen noch beim Tierarzt vorbei. - Ich habe eine andere Idee. Ziehe das mal an!" Sie ging zu ihrer Garderobe, und reichte Jasmin einen dunklen Blazer. "Notfalls gehe ich halt ohne den nach Hause."
Die beiden Frauen waren gleich groß und hatten dieselbe schlanke Figur, obwohl Louise fast ein Vierteljahrhundert älter war. Jasmin bewunderte sie dafür.
Jasmin zog ihn über und schloss den einzigen Knopf, der etwa in der Mitte kurz unterhalb der Rippen lag. Der Blazer passte wie angegossen.
"Perfekt!" meinte Louise. "Passt auch eigentlich prima zueinander."
"Aber ist das nicht etwas zu gewagt?" fragte Jasmin noch immer zweifelnd und deutete auf ihren hellblauen Rocksaum, der nur eine Handbreit unter dem Blazer hervorschaute.
Louise wusste, dass die Situation ihr Kompromisse abverlangte, und sie fand sich schnell damit ab. "Ach was... Das ist eine tolle Kombi, nur halt mit einem etwas kürzeren Kleid darunter. Für einen casual friday geht das voll in Ordnung, noch dazu bei der Hitze. Und wer könnte sowas tragen, wenn nicht Du?!"
Jasmin trat zum Spiegel, der im Flur hing, und versuchte, sich selbst davon zu überzeugen. Auch sie musste zugeben - wenn auch vielleicht nicht ganz so euphorisch wie Louise - dass sich Kleid und Blazer farblich toll ergänzten und sie darin sehr gut aussah.
Jasmin hatte schon immer sehr viel Sport gemacht, hatte wegen ihrer sehr guten Leistungen im Schwimmen und im Laufen sogar ein Sport-Internat besucht, aber im Gegensatz zu früher, als sie sich immer als ein wenig zu kräftig, ja pummelig empfunden hatte, hatte sie mittlerweile keine Probleme mehr mit ihrem Äußerem. Sie fühlte sich in ihrem schönen Körper mitsamt seiner an den richtigen Stellen weiblichen Rundungen wohl. Einzig Po und Schenkel empfand sie selbst als ein wenig zu rund und stämmig, doch jeder andere als sie selbst schüttelte dann nur verständnislos den Kopf, denn sie war dort perfekt geformt, straff und fest, mit der ihr eigenen makellosen Haut, all das wunderbar zu ihrer Gesamterscheinung passend.
Jetzt drehte sie sich mehrfach um und beschaute sich von allen Seiten. Gern würde sie so mal abends mit Max, ihrem Freund, ausgehen, vielleicht mal ins Theater. Aber zu einem geschäftlichen Termin? Sie zweifelte noch, ob das das Richtige war.
Doch Louise bestärkte sie weiter, und sie hatte auch objektiv gute Argumente, denn Jasmin sah wirklich bezaubernd aus.
"Jetzt sieht man auch nicht mehr, dass Du darunter keinen BH trägst."
Sofort regte sich in Jasmin das Bedürfnis, sich zu rechtfertigen. "Hey, ich konnte ja nicht ahnen, was mich hier erwartet! Ich hab schließlich schon Urlaub, und wollte auch nur kurz ´tschüß´ sagen!"
"Schon gut!" beschwichtigte sie ihre Chefin. "Aber ein Höschen trägst Du doch wohl, oder?"
Jasmin schaute sie zuerst entgeistert an, dann grinste sie, als sie sah, dass das nur Frotzelei gewesen war. "Na klar. Sonst würde man mich in dem Kleid wohl auch sofort verhaften!" Dann warf sie noch einmal einen Blick in den Spiegel. "Also gut, wenn Du meinst." sagte sie schließlich.
Da sie nunmal die ausdrückliche Genehmigung ihrer Chefin hatte, sollte es ihr auch nichts mehr ausmachen, direkt so in das Hotel zu fahren. Also war es abgemacht.
Louise freute sich, dass es nun doch noch so kurzfristig eine Lösung gab. Und sie freute sich an dem schönen Anblick, den ihre gerade erst achtzehnjährige Auszubildende bot. Das Mädchen ist selbst die allerbeste Werbung für meine Agentur, dachte sie insgeheim.
Auch wenn Louise zunächst große Bedenken gehabt hatte, ausgerechnet die Tochter ihrer besten Freundin zur „Kauffrau für Marketingkommunikation“, wie es jetzt offiziell hieß, bei sich auszubilden, denn so etwas konnte unvorhersehbare Konflikte mit sich bringen, so war sie mittlerweile doch umso glücklicher darum, da sie in Jasmin eine gelehrige, wissbegierige, kluge und dabei ungeheuer charmante junge Mitarbeiterin gefunden hatte. Jasmin hatte sich in den bisherigen anderthalb Jahren enorm entwickelt, war sichtlich gereift, und ihre im richtigen Maße zurückhaltende, aber offene und immer höfliche, aufmerksame Art kam auch bei den Kunden sehr gut an.
Und auch ihr einnehmendes Äußeres hatte sich als durchaus verkaufsfördernd erwiesen. Denn nach dem ersten und stets nachhaltigen äußeren Eindruck, der seine Wirkung selten verfehlte, egal ob bei den männlichen oder den weiblichen Kunden, gewann Jasmin schnell die Sympathien mit ihrer eher stillen, aber zugewandten und gleichsam interessierten Art, die sofort alle für sie einnahm. Louise Waldmann nahm Jasmin gern zu Verhandlungen mit und übertrug ihr schon so manche Aufgabe, denn als drittes kam hinzu, dass Jasmin die Kundinnen und Kunden stets mit einem hohen Maß an Kreativität und Lösungskompetenz beeindruckte - und damit die "Studierten" in ihrer Agentur oftmals übertraf.
Jasmin war genau die Richtige für diesen Beruf, und Louise konnte auf "ihr Mädchen" stolz sein.
Nur das Projekt „Garden Eden Romantik Hotel“, das derzeit größte, war bislang allein Chefinnensache gewesen, denn es erforderte viel Erfahrung und ein hohes Maß an Verhandlungsgeschick.
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Zu gewagt? Als Jasmin kurz vor der Ankunft am Hotel in der Nähe des kleinen Städtchens Weeslow an einer Ampel anhielt, schaute sie noch einmal mit prüfendem Blick an sich herunter, auf ihr kurzes hellblaues geblümtes Sommerkleid, das direkt über ihrem Schoß endete, das ihre schlanken nackten Beine vollkommen frei ließ und das selbst im Stehen kaum länger war.
Zu gewagt? Nein, hörte sie Louises Stimme sagen, perfekt! Sie lächelte und schüttelte dabei den Kopf. Weber ist ja eh nicht da, und die anderen - egal...! Es ist schließlich Sommer!
Jasmin traf tatsächlich gerade noch pünktlich um halb elf Uhr ein. Sie stellte den Wagen auf dem fast leeren Parkplatz ab, und zog sich den dunkelblauen Blazer über.
Und dann stellte sie fest, dass er doch da war.
Hans Weber winkte ihr schon vom Haupteingang aus zu.
Ihr blieb fast das Herz stehen. Wie gern hätte sie das vermieden! Und doch, jetzt, so urplötzlich, so unerwartet...
„Fräulein… äh… hallo! Endlich!" rief er ihr mit seiner viel zu hellen, schrillen Stimme schon von weitem zu.
Sie schluckte. Sie bemerkte beim Entgegengehen sofort seinen unverblümten Blick auf ihre nackten Beine. Und ihren Namen hatte er natürlich auch vergessen.
Und die Gewissheit, das Richtige zu tragen, schwand in Bruchteilen von Sekunden. Dafür wuchs das Gefühl, auf ein Zusammentreffen mit ihm innerlich überhaupt nicht vorbereitet zu sein. Schon gar nicht in diesem superkurzen Kleid. Automatisch strich sie sich ihren kurzen Rocksaum vor dem Schoß zurecht.
Mit weichen Knien kam sie auf ihn zu. Und dann noch dieses blöde Kopfsteinpflaster, dachte sie ärgerlich, wie soll man darauf laufen mit diesen hohen Schuhen, ohne lächerlich zu wirken?!
Die beiden gaben einander die Hand. Sie versuchte, ihre Aufregung ebenso wie ihre Abneigung so gut es ging zu verbergen
"Frau Waldmann rief mich vorhin an und erzählte mir, dass Sie heute für sie einspringen, Fräulein…."
„Bischoff.“ antwortete sie knapp. - Kein Dank, kein Willkommen. Fängt ja gut an, dachte sie, Louise hätte mich ja gern noch vorwarnen können, dass er heute doch dabei ist. Doch dann sagte sie sich selbst, dass das ja auch nichts mehr geändert hätte.
„Sind die anderen schon da?“ fragte sie.
„Der Fotograf richtet sich schon ein. Wir warten noch auf die beiden Models, aber sie müssten jeden Moment eintreffen.“
Er geleitete Jasmin ins Hauptgebäude. Es war ein altes Herrenhaus, komplett entkernt und renoviert, in dem die Rezeption, die Bar und das Restaurant untergebracht waren. Die Hotelzimmer lagen in zwei neu gebauten, im gleichen Stil gehaltenen Seitentrakten jeweils links und rechts vom Hof, die ebenfalls nur zwei Stockwerke umfassten, sowie in einem separaten, aus dem alten Bestand übernommenen Stallgebäude, das etwas abseits am Rande der Auffahrt lag. Der Haupttrakt hatte insgesamt eine U-Form, in dessen Mitte eine Grünfläche mit Springbrunnen und davor der Parkplatz lag. Man konnte allerdings auch einmal rundherum direkt vor den Eingang mit dem Wagen vorfahren.
Hinter dem Hauptgebäude erstreckte sich der wunderbare, von Kastanien, Linden und Weiden umgebene Park mit einer alten Scheune mittendrin, in der nun ein Schwimmbad, die Saunen und andere Wellness-Elemente untergebracht waren. Der Park als Liegewiese reichte hinunter bis zu einem stillen Badesee, der bis auf ein paar Bootshäuser auf der anderen Seite vollkommen unverbaut war, nur von Bäumen umrahmt. Dort hinein führte ein langer Holzsteg mit einer breiten Liegefläche. Vollendet wurde das ganze durch einen zweiten, noch größeren Wellness- und Badetrakt, der sich rechterhand hinter einer Reihe von Linden befand und nochmals rundherum von einer großen Liegewiese umfasst war.
Jasmin hatte sich schon lange vorgenommen, hier auf diesem herrlichen Gelände mal ein langes Wochenende verbringen zu wollen, koste es, was es wolle. Tatsächlich hatte Weber Louise dazu eingeladen, aber Jasmin rechnete nicht damit, dass Weber das auch ihr anbieten würde.
An der Rezeption warteten der Fotograf Ralph und ein Assistent namens Aron. Jasmin kannte Ralph schon von einem vorherigen Auftrag, man duzte sich. Dass er schwul war, daran blieb nicht einen Moment lang Zweifel. Ralph, Ende Dreißig und spindeldürr, zeigte immer zwei Seiten: Er war freundlich und angenehm, bis er anfing zu fotografieren, dann tänzelte er wie eine Karikatur aus der Pariser Modeszene hin und her, war ernsthaft, beinahe schroff und kaum ansprechbar.
Seinen Assistenten Aron kannte sie dagegen noch nicht. Er kam aus Weeslow und war von Ralph engagiert worden. Wie die beiden zueinander standen, wusste Nadine nicht, aber sie vermutete, dass dieser Aron ebenfalls schwul war. Schön anzuschauen jedenfalls war er. Etwa Ende zwanzig und mit dem durchtrainierten Körper eines Zehnkämpfers, kümmerte er sich gerade schweigend um die Technik.
Außerdem war noch Frau Bodenhein, von allen Daniela genannt, anwesend, die neue Geschäftsführerin des „Garden Eden Romantik Hotel“. Jasmin schätzte sie auf Ende vierzig. Sie musste mal sehr hübsch gewesen sein, dachte Jasmin, doch nun war sie für ihren Geschmack viel zu auffällig blondiert und viel zu sehr geschminkt, außerdem schon ein wenig rundlich, was die viel zu enge Kleidung nicht kaschieren konnte. Und manchmal etwas zickig, fand Jasmin, jedenfalls ihr gegenüber. Sie konnte sich vorstellen, dass diese Daniela gut mit Weber auskam, jedenfalls waren sie beide gleich unsympathisch.
Zuletzt war da noch eine junge, verdammt hübsche Angestellte, Nadine, die sie auf Anfang zwanzig schätzte, dunkelhaarig, schlank, langgliedrig. Sie hatte die Aufgabe, im Hotel und im Wellnessbereich für die Fotos alles herzurichten, Hotelzimmer, Restauranttisch, Saunatücher und so weiter. Außerdem sollte sie nachher die Bedienung im Restaurant spielen. Sie trug das obligatorische pinkfarbene T-Shirt und den weißen Minirock, die Sachen, die alle weiblichen Angestellten hier tragen würden, und zeigte darin sagenhaft schöne lange Beine.
Daniela begrüßte Jasmin recht kühl und meinte in die Runde. „So, dann wären wir ja fast komplett. Ich hoffe, die beiden kommen bald."
Die beiden, damit waren die beiden gebuchten Models für die Aufnahmen gemeint, eine junge Frau, ein junger Mann, die als Hotelgäste in den verschiedenen Stationen aufgenommen werden sollten, an der Rezeption, in der Honeymoon-Suite, die extra schon hergerichtet wurde, in der Sauna, im Pool, im Sonnengarten, am See. Das Wetter dafür war ideal, und die Zeit wurde knapp. Das Shooting hatte schon zweimal verschoben werden müssen, nun sollten bald die Werbematerialien in Druck gehen und die Homepage aufbereitet werden.
Daniela und Ralph gingen hinaus zum Rauchen, Aron holte die restliche Fotoausrüstung aus dem Auto. Als Weber Nadine zum Kaffeeholen hinaus schickte, fand sich Jasmin plötzlich mit ihm allein im Foyer wieder. Sie fühlte sich noch nicht bereit dafür, mit ihm einen so langweiligen, gequälten Small Talk zu halten, wie es ihre Chefin immer zu tun pflegte.
Lieber lief sie Nadine hinterher, um ihr zu helfen. Sie hatte die bildhübsche Dunkelhaarige schon bei einer vorherigen Begehung gesehen, als das Hotel noch Baustelle war.
„Wie heißt Du nochmal?“ fragte Nadine.
„Jasm´n.“ Sie betonte dabei die erste Silbe „Jes“ und endete mit einem stummen „m´n“ und kaum hörbaren i dazwischen. Sie hasste es, ´Jasmiiin´ gerufen zu werden. Da gefiel ihr ihre eigene Variante, angelehnt an das Englische, besser.
Wie zu erwarten war, verstand Nadine nicht sogleich. Das passierte beim ersten Mal öfter, also erklärte Jasmin ihr es.
„Stimmt, so klingt es schöner.“ fand auch Nadine. „Werd´s mir merken.“
Wie die hübsche Blonde nun von der hübschen Dunkelhaarigen erfuhr, war diese zweiundzwanzig Jahre alt und lebte halb in Weeslow, halb in Berlin, wo sie studierte. Und sie hatte eine einjährige Tochter, Sara, um die sich im Augenblick der Vater, ein gewisser Michael, kümmerte. Sie kannte Weber schon länger, daher hatte sie angeboten, heute hier auszuhelfen und in der Startphase des Hotels in ihren Semesterferien als Rezeptionistin zu arbeiten. Nicht auszuschließen, erzählte sie, dass sie nach dem Studium hier als Managerin arbeitete. Wie sie sich mit Weber vertrage, wollte Jasmin wissen. Den fand Nadine ganz nett, aber sie wisse auch, wie er auf andere wirkte. Man gewöhne sich an ihn. Und an Daniela auch, die sei viel angenehmer als sie im ersten Moment wirke. Jasmin hatte schon bemerkt, dass diese Studentin mit einem gewissen Respekt von Daniela behandelt wurde. Nadine selbst trat auch entsprechend selbstbewusst auf, und Jasmin mochte sie bereits für ihre fröhliche, manchmal sogar recht kecke, freche Art, die sie sogar Weber gegenüber zeigte. Darin lag ein bisschen Bewunderung und ein wenig Neid.
Als alle fünf wieder im Foyer versammelt waren, klingelte Ralphs Telefon. Alle schauten gebannt, als sie sein zunehmend verstörtes Gesicht bemerkten. Er legte auf.
„Die beiden hatten einen Auto-Unfall. Wohl nichts Schlimmes, aber er muss zur Beobachtung ins Krankenhaus.“
„Scheiße!“ entfuhr es Daniela. "Das heißt, die kommen nicht?!"
Ralph nickte wortlos.
Hans Weber schlug mit der Handfläche gegen einen Türrahmen. „Oh nein! Nicht das Ganze nochmal verschieben! Kommt gar nicht in Frage!“
Auf den Schreck hin setzte sich Jasmin. Sie hatte sich so darauf gefreut, bei diesem Fotoshooting zusehen zu dürfen. Und nun diese Enttäuschung.
Ralph meinte nach kurzem Nachdenken. „Wir können natürlich trotzdem Fotos machen. Nur ohne lebendiges Material da drauf sieht das nach nichts aus.“
Sie sahen einander an.
„Und andere Models?“ fragte Nadine.
„So schnell nicht mehr. Heute jedenfalls nicht. Frühestens morgen. Wenn überhaupt, ist ja Wochenende. Also eher Montag. Und dann müssten wir alle wieder hier herauskommen.“
„Montag geht nicht.“ meinte Jasmin mit einer Bestimmtheit, die sie selbst überraschte. Als sie nun plötzlich allesamt anschauten, wurde sie ein wenig nervös. „Meine Chefin hat gleich Montag früh schon den Termin mit dem Layouter. Und Sie, Herr Weber, Sie müssen ja noch die Fotos mit ihr zusammen auswählen.“ Und außerdem, dachte sie für sich, fliege ich übermorgen in den Urlaub und bin zwei Wochen weg.
„Tja dann…“ meinte Daniela resigniert. Da blitzte noch ein Funken Hoffnung auf. "Und wenn nur die Frau käme?!" fragte sie Ralph.
Der schüttelte den Kopf. "Sie ist ja bei ihm im Krankenhaus, irgendwo in Berlin. Und sie wird auch bei ihm bleiben, sie ist auch seine Freundin."
Für einen kurzen Moment trat nachdenkliche Stille ein.
Schließlich schaute Ralph seinen Assistenten Aron an. „Du könntest ja einspringen.“
"Okay..." meinte Daniela gedehnt. Erst nahm sie es als Scherz, doch sogleich begann sie, sich Aron als Model vorzustellen. So wie der aussah, war das gar nicht so schwer.
Nun richteten sich plötzlich alle Blicke auf Nadine.
„Wie wär´s mit Dir?“ fragte Daniela.
Nadine winkte ab. "Ich habe ja schon eine Rolle als Rezeptionistin. - Außerdem: Ich arbeitete später hier! Das sähe ja blöd aus, wenn mich dann jemand wiedererkennt. So als hätten wir nicht das Geld, um uns Models zu leisten." Sie nickte Jasmin zu. "Aber Du vielleicht?"
„Ich?!“ Jasmin schaute erschrocken auf. „Wieso denn ich?!"
Kommentare
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