Das Ende aller Sorgen
Vorwort: Hier nun meine dritte erotische Geschichte. Sie wurde innerhalb von 6 Tagen geschrieben. Es schön, wenn mir Rechtschreibfehler gemeldet werden könnten.
SB.de: Ich gebe zu, es hat mich in den Fingern gejuckt, mal wieder etwas zu schreiben. Und in meiner Eigenschaft als Moderator war es irgendwie auch komisch, nichtmal mit einer einzigen Geschichte hier vertreten zu sein. Es handelt sich allerdings nicht um eine CMNF-Geschichte, sorry.
Danke für das Interesse und viel Spaß beim lesen - Peter Carsten
Das Ende aller Sorgen
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Kopfschmerzen. Dumpf pochende Kopfschmerzen im Hinterkopf, die einfach nur da waren. Seit wie lange schon? Wann auch immer sie angefangen hatten, sie wurden jedenfalls weder stärker, noch schwächer. Müde schloss Andy die Augen und horchte in sich hinein. Ihm fiel auf, dass auch die Augen wehtaten.
Er machte sich nicht die Mühe aufzustehen und im Medikamentenschränkchen nach einer Aspirin zu suchen. Er wusste, es war keine mehr da. Wenn die Kopfschmerzen wenigstens die Folge einer durchzechten Nacht gewesen wären, aber Alkohol kostete Geld - und das Geld war alle.
Andy saß an seinem Schreibtisch und betrachtete das ausgebreitete Schlachtfeld vor sich. Neben und vor dem alten 15“-Röhrenmonitor lagen seine Probleme, wild durcheinander, auf Papier - fein säuberlich nach DIN-Norm getippt und gedruckt. „Letzte Mahnung“ war da zu lesen, oder „Inkasso-Unternehmen Soundso“.
Während sein Blick über die vielen Briefe und Einschreiben schweifte, fing er an seine Schläfen zu massieren. Wieder war die letzte Woche des Monats angebrochen, wieder würden zum Monatswechsel die vielen Raten und monatlichen Kosten anfallen, die er längst nicht mehr bedienen konnte.
Wie sollte es nur weitergehen?
Er hob den Kopf. Sein Blick schweifte über die leeren Regale, über den Platz hinweg, an dem vorher der Fernseher gestanden hatte. Wenigstens sah seine Wohnung nun relativ ordentlich aus. Alles was halbwegs Wert gehabt hatte, war inzwischen im Internet versteigert oder beim Pfandleiher untergebracht.
Dieses Mal war wirklich nichts mehr übrig.
In seinem Kopf wälzte Andy die üblichen Ideen. Zum Beispiel enge Freunde oder Verwandte aus der Familie anpumpen. Welche Freunde und welche Familie? Er war ein Einzelgänger. Früher, als er noch seine kleine Firma hatte, da war er noch unter die Leute gekommen, hatte manche Runde geschmissen. Wie war er gefeiert worden - ein weiterer junger Start-Up-Unternehmer mit einer verheißungsvollen Zukunft.
Aber nach der Pleite hatte er sich zurückgezogen, sich bei seinen Freunden mit Ausreden bewusst selbst ins Aus manövriert, alle Brücken hinter sich und zu ihm abgebrochen. Ja, auch er hatte seinen Stolz. Und offen zu zeigen, dass er sich nicht einmal mehr ein Bier in der Kneipe mehr leisten konnte, das kam nicht in Frage. Selbst wenn er inzwischen gewollt hätte, niemand mochte mehr mit ihm etwas zu tun haben, geschweige denn, ihm Geld leihen.
Harz IV - Natürlich hatte nie einer dieser Bürohengste oder Politiker versucht, mit so wenig Geld einen ganzen Monat auszukommen. Ein sarkastisches Lächeln stahl sich auf sein Gesicht. Aber immerhin wurde ihm recht gut vorgeschrieben, wo er wann zu erscheinen hatte. Zu sinnlosen Maßnahmen oder auch nur, um im Amt solange stundenlang zu warten, bis er von einem, auf ihn herabblickenden Beamten aufgerufen wurde. Andy ballte die Fäuste. Auto-Konzerne wurden mit Abwrackprämien gestützt und die Schulden anderer Staaten mit Schwindel erregenden Milliardenpaketen aufgefangen. Sein kleines Unternehmen dagegen, hatte man natürlich nicht gerettet. Nicht, dass er ernsthaft Hilfe erwartet hätte, aber er empfand es einfach als ihm gegenüber ungerecht.
Sein Magen knurrte. Er hatte noch etwas Brot, allerdings seit Tagen keinen Aufstrich mehr. Der Kühlschrank war leer und daher nicht einmal an der Steckdose angeschlossen. Das sparte Strom.
Nein, jetzt lieber nichts essen. Morgen war auch noch ein Tag. Wieder streifte Andys Blick über die vielen Briefe. Dieses Mal steckte er endgültig in einer Sackgasse. Am liebsten hätte er laut geschrieen – so laut wie möglich. Den Frust und die Wut aus sich heraus gebrüllt. Aber dann riss er sich zusammen.
„Am besten gar nicht mehr darüber nachdenken“, sagte er sich.
Sein Blick fiel wieder auf den alten Computer-Monitor. Zur Ablenkung einen Film gucken, das wäre doch eine Möglichkeit. Andy beugte sich unter den Tisch und schaltete den Computer ein. Der Monitor sprang mit einem vertrauten Knallgeräusch an. Dann wurde der Ladebildschirm des Betriebssystems sichtbar. Er grinste in sich hinein, als ihn das Windows 98 Logo auf blauem Grund anleuchtete. Wenigstens Computer-Viren brauchte er nicht fürchten, denn die konnten mit seinem betagten Betriebssystem nichts anfangen.
Leider wollte der Pfandleiher partout den alten Rechner nicht in Zahlung nehmen. Aber eigentlich war Andy froh darüber. Immerhin hatte er dadurch wenigstens die Möglichkeit im Internet zu surfen, und zwar über das WLAN-Netz seines Nachbarn. Eigentlich war abgemacht, dass er sich dafür mit zehn Euro monatlich an den Providerkosten beteiligte, aber das Geld hatte er schon über ein halbes Jahr nicht mehr übrig gehabt - und sein Nachbar fragte zum Glück auch nicht nach.
Ziellos scrollte sich Andy durch den Download-Ordner. Er lud sich regelmäßig mit einem Filesharing-Programm die aktuellsten, aber auch ältere Filme herunter. Das war natürlich illegal. Der Titel „Inside Man“ fiel ihm ins Auge. Der Name sagte ihm überhaupt nichts. Er zuckte die Achseln und öffnete die Datei.
Andy hatte Glück. Tatsächlich konnte er wenigstens für knappe zwei Stunden die reale Welt mit ihren Sorgen hinter sich lassen, denn die Handlung war spannend. Clive Owen spielte einen charismatischen Bankräuber, der mit einem genialen Coup den perfekten Banküberfall durchführte. Und das mit Spielzeuggewehren! Andy schmunzelte. Im wahren Leben würden diese maßgeschneiderten Pläne, erdacht von irgendwelchen Hollywoodautoren, natürlich niemals funktionieren. Aber wenn, das hätte schon was. Reich sein… Mit einem Schlag. Ja, wenn er soviel Geld hätte. Als erstes würde er, quasi mit einem Fingerschnipsen, alle seine Ausstände bezahlen und das völlig überzogene Konto ausgleichen. Und dann... endlich mal wieder richtig fein essen gehen. Cool und lässig „mal eben“ ein Auto kaufen – natürlich einen Sportwagen. Und eine Luxusvilla mit Swimmingpool wollte er auch. Am liebsten in Kalifornien, denn da gab es Dauersommer und Strand. Er könnte auf Reisen gehen und in der Weltgeschichte herumgondeln. Natürlich würden auch die Frauen wieder auf ihn aufmerksam werden…
Zum ersten Mal seit langer Zeit lächelte Andy. Überrascht bemerkte er, dass die Kopfschmerzen verschwunden waren.
Die Uhr unten rechts in der Monitorecke zeigte an, dass es bereits kurz vor 23 Uhr war. Am Computer schien die Zeit immer viel schneller zu vergehen. Er beschloss zu Bett zu gehen.
Obwohl er müde war, konnte Andy nicht einschlafen. Immerzu musste er an den Film denken. Er hatte ihm wirklich gut gefallen. Aber nicht das beschäftigte ihn so sehr, dass es ihm den Schlaf raubte, sondern der Gedanke, wie es wäre reich zu sein. Was, wenn er anstelle von Owen die Bank ausgeraubt hätte.
Andy schüttelte den Kopf. „Mann Andy, mach dich nicht lächerlich. Eine Bank ausrauben. So etwas geht nur im Film. Du würdest schneller im Knast landen, als du gucken kannst.“ Andy runzelte die Stirn: „Jetzt führe ich schon Selbstgespräche. So ein Unsinn!“.
Bis spät in die Nacht wälzte Andy die Gedanken. Dann schlief er endlich ein.
Er betrat das Gebäude. Zielstrebig näherte er sich dem Schalter. Der Bankangestellte schaute ihn desinteressiert an. Dann zog Andy seine Waffe, eine schwarze Pistole. Lässig zog er den Abzugschlitten durch und richtete sie auf sein Gegenüber. Der Angestellte erstarrte.
„Kein Mucks! Ich will, dass du alle Scheine aus deiner Kasse rüberreichst. Los jetzt und keine Dummheiten! Sonst...“ Andy hob eiskalt die Waffe ein Stückchen höher. „Ja - ja, bitte nicht schießen!“, flüsterte der Angestellte entsetzt und schob sofort ein dickes Geldbündel nach dem anderem über den Tisch. Andy packte alles seelenruhig in einen mitgebrachten Aktenkoffer, bis schließlich keine Geldscheine mehr hineinpassten. Er schloss ihn und warf einen kurzen Blick über die Schulter. Noch hatte niemand bemerkt, was hier vor sich ging. Andy nickte dem Bankangestellten zu: „Wenn du etwas sagst oder den Alarm auslöst, bevor ich draußen bin, komme ich zurück und lege dich als ersten um – egal was danach passiert!“ Als hätte er nur „Guten Tag“ gewünscht, drehte er sich seelenruhig um und verließ die Bank.
Kurz darauf ertönte lautes Sirenengeheul, aber Andy saß schon längst hinter dem Steuer seines klapprigen Kleinwagens. Auf dem Beifahrersitz lag der Aktenkoffer mit dem Geld und Andy streichelte immer wieder über das Kunstleder. Aber dann merkte er, dass seine Hand nur über ein Bettlaken strich. Er öffnete die Augen. Tageslicht blendete ihn. Und ihm wurde klar, dass er geträumt hatte. Wie ein Film hatte es gewirkt – und er war der Hauptdarsteller gewesen.
Nach dem spärlichen Frühstück überlegte Andy, was er mit dem heutigen Tag anfangen wollte. Eigentlich hätte er Bewerbungen schreiben müssen – eine Vorgabe "der ARGE", wie sich das Sozialamt neuerdings nannte. Aber noch war nicht der letzte Tag des Monats und Andy beschloss, diese sinnlose Arbeit auf morgen zu verschieben.
Lieber ein wenig durch die Stadt laufen, raus aus der Wohnung und frische Luft schnappen. Er mochte es, die Mitmenschen zu beobachten, Teil des allgemeinen Treibens zu werden und durch die Geschäftsstrassen zu bummeln. Leider war die Innenstadt ein gehöriges Stück entfernt und seinen alten Kleinwagen zu benutzen stand angesichts der hohen Benzinpreise und der Parkgebühren außer Frage. Auch die öffentlichen Verkehrsmittel waren zu teuer. Also blieb nur Schusters Rappen.
Das Wetter war ausgesprochen gut und die Sonne stand strahlend am Himmel. In der Innenstadt war allerhand los. Viele Schüler schienen den Unterricht zu schwänzen, um lieber Eis essend an Denkmälern und Brunnen kleine Gruppen zu bilden und sich lachend zu unterhalten.
Es waren auch viele hübsche junge Frauen unterwegs, den sommerlichen Temperaturen entsprechend luftig und manchmal recht knapp bekleidet. Andy kam nicht umhin, sie heimlich zu beobachten und zu mustern. Seine Freundin hatte ihn damals kurz nach der Pleite seiner kleinen Firma verlassen. So wie alles in dieser Zeit den Bach runter gegangen war. Eins kam zum anderem. Seitdem war er Single und hatte leider auch keine anderen weiblichen Bekanntschaften gemacht. Es hatte sich einfach nichts ergeben. Was hatte er auch schon zu bieten?
Gerade schaute er einem jungen Mädchen in kurzen, engen Jeans-Hot-Pants nach, dessen endlos lange Beine ihn wie magisch in seinen Bann gezogen hatten, da sah er sie: Die Bank aus seinem Traum!
Auf jeden Fall sahen sich die Gebäude sehr ähnlich. Vorher war es ihm nie aufgefallen. Die Vorderfront bestand hauptsächlich aus mehreren großen Fenstern mit klassischen Rundbögen. In dem einen warb ein Breitbildfernseher für das Bausparen. In einem anderen Fenster waren auf einer Tafel Informationsblätter zu Immobilien, die zum Verkauf standen, ausgestellt. Jalousien verhinderten, dass man ungehindert in das Innere der Bank hineinschauen konnte. Zwischen den Fensterreihen gab es mittig eine große bronzene Doppeltür mit vergoldeten Griffen. Über der Tür sorgte ein kleines Oberlicht in Form eines Halbkreises dafür, dass wenigstens etwas natürliches Tageslicht in die Bank hinein scheinen konnte. Das Oberlicht trennte auch den aus goldfarbenen Buchstaben bestehenden Schriftzug, der an der Fassade angebracht war: „Goldmeier“ und „Privatbank“. Auf Andy wirkte das Gebäude durch das Spitzdach, die cremeweiße Farbe und die Steinverzierungen an den Gebäudekanten klassisch und elegant. Links und rechts neben dem Gebäude waren Geschäfte in deutlich kleineren Häusern, aber in ähnlichem Baustil untergebracht: eine Fahrschule und eine Änderungsschneiderei.
Neugierig änderte Andy die Richtung, überquerte die Straße und trat durch die große Doppeltür. Von innen wirkte die Bank noch eleganter. Er staunte über die unvermutet große Eingangshalle mit den vielen kleinen Säulen aus Marmor, die in gleichmäßigen Abständen die Decke stützten. Offenkundig wurde nur das Erdgeschoss geschäftlich genutzt. Der Schalterbereich war mit schwer gedrehten roten Seilen an vergoldeten Ständern abgegrenzt. Es gab drei Schalter, von denen momentan nur zwei besetzt waren. Weiter hinten waren ebenso abgegrenzte Bereiche mit Tischen und Stühlen, die für Beratungsgespräche genutzt wurden.
Nur ein Kunde war anwesend. Ein offensichtlich gut betuchter Geschäftsmann im Anzug stand am Schalter und wurde von einem älteren Angestellten bedient. Plötzlich wurde Andy bewusst, dass auch er gemustert wurde. Und zwar von einer freundlich wirkenden Angestellten am anderem Schalter. Die Frau lächelte ihm zu. „Kann ich Ihnen behilflich sein?“
Andy war für einen Augenblick verwirrt und ein Anflug von Panik kam in ihm auf. Doch dafür bestand kein Grund, er tat schließlich nichts Verbotenes. Er räusperte sich und trat einen Schritt auf den Schalter zu: „Ich… Entschuldigung, aber ich suche eine Toilette…?“ Sie nickte verständnisvoll. „Kein Problem, dort in der Eingangshalle zu Ihrer Linken, sehen Sie?“, dabei wies sie in eine Richtung. Andy wandte den Kopf und tatsächlich, dort waren deutlich sichtbar die üblichen Toilettenschilder auf zwei nebeneinander liegenden Türen zu sehen. „Oh, das hatte ich glatt übersehen, Entschuldigung. Danke sehr!“ Hastig wandte sich Andy um, ging hinüber und betrat die Herrentoilette.
Er wusch sich lediglich die Hände und während er sich im Spiegel anschaute, wurde ihm klar, dass er tatsächlich darüber nachdachte, dass es zwischen Schalter und Kunde kein Sicherheitsglas gab.
Andy hatte genug vom Stadtbummel. In Gedanken versunken kehrte er zurück zu seiner Wohnung. Nach einem kargen Mittagessen setzte er sich an seinen Schreibtisch. Lange saß er einfach nur da.
Schließlich schaltete Andy seinen Computer an. Natürlich würde er nicht ernsthaft eine Bank überfallen. Aber das Gedankenspiel reizte ihn. Zum Handwerkzeug eines jeden Bankräubers gehört in erster Linie eine Waffe. Und er besaß keine, er wusste nicht einmal, wie man so eine Pistole bedient.
Endlich war sein Computer fertig mit Laden. Er öffnete den Browser und gab in der Suchmaschine die Suchbegriffe „Pistole“ und „kaufen“ ein.
Neben all den kommerziellen Angeboten von diversen Waffenhändlershops fand er schließlich eine Auktionsplattform, auf der Waffen von Privat an Privat verkauft wurden. Von Luftgewehren bis hin zu großkalibrigen Kurzwaffen. Andy staunte, die Preisspanne reichte von 30 Euro bis hoch zu 3000 Euro und mehr. Das Angebot beinhaltete bekannte Namen, wie Sig Sauer, Smith & Wesson und Walther PPK bis hin zu weniger bekannten Herstellern und Sondermarken. Dann fiel Andy der Zusatz „EWB“ auf, der hinter jeder Pistole vermerkt war. Schließlich fand er die Erklärung für das Kürzel. Für den Kauf einer Pistole war bei jeder einzelnen Auktion eine „Erwerbsberechtigung“ erforderlich. Also ein Nachweis, dass er einen Waffenschein besaß.
Andy wollte schon die Seite schließen, als ihm eine Werbung für eine „Softair-Variante“ einer Heckler & Koch Pistole ins Auge fiel:
„Der Spaß für jung und alt! Bis zu 0,5 Joule und ab 14+! Detailgetreue Nachbildung des Orginalmodelles!“.
Von Softair hatte Andy schon gehört. Mit diesem Spielzeug konnte man kleine Plastikkugeln verschießen. Auf dem Bild sah die Pistole tatsächlich wie eine richtige Waffe aus. Andy lehnte sich zurück und überlegte. In dem Film von gestern hatte Clive Owen lediglich echt wirkende Spielzeuggewehre benutzt, damit niemand ernsthaft verletzt werden konnte.
Andy schaltete den Computer aus. Mit einem Ruck stand er auf und ging zu seiner kleinen Kochnische. In der leeren Kaffeedose bewahrte er seinen allerletzten Notgroschen auf, einen Fünfzig-Euro-Schein, den er eisern aufgespart hatte. Er nahm das Geld an sich und machte sich erneut auf den Weg in die Stadt.
Es gab mehrere Spielwarenläden. Der nächstgelegene gehörte zu einer riesigen bekannten Ladenkette. Dort war die Auswahl sicherlich am größten.
Andy betrat das Geschäft. Hier war was los! Kinder plärrten, zogen ihre Eltern an der Hand zu den verschiedensten Spielzeugen oder rannten spielend durch die Gänge. Nach kurzer Zeit hatte er das Regal mit den Spielzeugpistolen gefunden. Cowboypistolen, Piratenpistolen, kindlich gemachte Polizeipistolen, alles war vorhanden. Nur keine Softair-Waffen. Enttäuscht ging Andy weiter, als ihm ein Mitarbeiter entgegen kam. „Entschuldigung. Mein Neffe wünscht sich zum Geburtstag eine Softair Pistole. Wo finde ich so etwas?“ Der junge Mann blieb stehen: „Wir führen Federdruck und AEG betriebene Softairs, die sind im nächsten Gang auf der rechten Seite.“ Andy runzelte die Stirn. „AEG? Waschmaschinen?“
Der junge Mann lachte. „Softair ist ein Hobby von mir. Kommen Sie mit, ich zeig’ Ihnen das Regal. Mit AEG sind elektrisch betriebene Softairs gemeint.“
Von den Federdruckpistolen war Andy enttäuscht. Diese waren zwar günstig, aber sie hatten entweder ein futuristisches Design, oder man sah ihnen die Herstellung aus Kunststoff an. Die elektrischen Pistolen waren deutlich teurer und sahen auch besser aus. Der junge Mitarbeiter musterte mit ihm zusammen die Auswahl. „Hat Ihr Neffe Ihnen vielleicht in etwa gesagt, was für eine Pistole er möchte?“, wandte er sich schließlich an Andy.
„Hm… er wollte eine Pistole, die aussieht, wie eine echte Waffe. Um bei seinen Kumpels anzugeben. Sie wissen ja, wie Kinder sind. Aber mehr als 30 Euro wollte ich eigentlich nicht ausgeben.“
Der Mitarbeiter lächelte und bückte sich, um unten rechts aus dem Regal eine kleine Schachtel hervorzuziehen. „Sie haben Glück. Da habe ich tatsächlich etwas.“ Er öffnete die Verpackung und reichte ihm eine gefährlich aussehende schwarze Pistole.
Sie lag gut in der Hand und war schwerer als erwartet.
„Das ist die Beretta Mod. 92 mit Blow-Back System. Ein Schmuckstück. Ihr Neffe wäre bestimmt begeistert! Es sind außerdem 1000 Plastikkügelchen inklusive. Und 39,90 Euro ist ein unschlagbarer Preis, das garantiere ich Ihnen!“ Stolz und durchaus enthusiastisch sah er Andy an.
Andy saß auf seinem Bett. Was zum Teufel hatte ihn geritten? Vierzig Euro für so einen Blödsinn vertändelt. Wie konnte er nur so dumm gewesen sein! Um die zwanzig Brote hätte er davon kaufen können. Oder Kartoffeln. Ob er morgen den Kauf rückgängig machen konnte? Aber die Verpackung war beschädigt, er hatte beim Aufmachen der Schachtel aus Versehen die falsche Seite geöffnet.
Andy ärgerte sich über sich selbst. Unentschlossen spielte er mit der Pistole herum. Sie fühlte sich wirklich gut an in seiner Hand. Er zielte auf ein imaginäres Ziel, zögerte kurz und drückte ab. Der Schlitten der Waffe schob sich mit einem schnalzenden Geräusch automatisch vor und zurück. Echt cool. Für jeden kleinen Jungen ein Traum.
Ja. Er könnte es schaffen. Man musste nur selbstsicher und überzeugend auftreten. Schnell rein und schnell wieder raus. Und dann weg, raus aus der Stadt. Wenn er unerkannt blieb, wie sollten sie ihn dann fassen? Wie viel war auf diesem Wege zu erbeuten? Zehn-, zwanzigtausend oder vielleicht sogar fünfzigtausend? Für eine Bank immer noch ein Bagatellbetrag! Außerdem sind die doch alle versichert, bestimmt würde die Polizei nicht einmal ernsthaft nach ihm suchen.
Nein, die vierzig Euro durften nicht vergeudet gewesen sein. Wer A sagt, muss auch B sagen. Andy stand auf. Seine Hände waren verschwitzt und das Herz klopfte ihm bis zum Hals. Sein Entschluss stand fest.
Er brauchte seine alte Skimütze. Wo hatte er die zuletzt gesehen? Während er sich versuchte zu erinnern, warf er seine beiden Reisekoffer auf das Bett und fing an zu packen. Er suchte nur die wichtigsten Habseligkeiten zusammen. Das war nicht weiter schwer, denn seine Wohnung war bereits so gut wie leer. Er packte die Fotos ein, diverse Erinnerungsstücke aus besseren Zeiten, die Papiere und Akten. In dem anderen Koffer verstaute er seine Anziehsachen.
Er legte sich für den morgigen Coup extra das ockerfarbene Hemd und eine Hose heraus. Sachen, die er nicht besonders mochte, aber aus der Not heraus hin und wieder anzog. Nach dem Raub würde er das Hemd irgendwo in den Müll werfen und ein anders anziehen. Dadurch würde eine Beschreibung seiner Person zumindest etwas verfälscht. Ein unechter Bart wäre eine tolle Sache gewesen. Aber so etwas besaß Andy nicht. Er fand die Skimütze in der untersten Schublade seines Nachttisches und legte sie zu den bereitgelegten Sachen. Obendrauf die Beretta. Dazu stellte er seinen alten leeren Aktenkoffer.
Andy lud die Koffer in sein Auto. Zurück in seiner Wohnung sah er sich noch einmal in Ruhe um. Ja, er hatte alles Wichtige eingepackt. Den Computer würde er zurücklassen. Er startete den Rechner ein letztes Mal, schrieb die Kündigung für seine Mietwohnung und druckte sie aus. In dem Text versprach er, die ausstehenden Mieten in Kürze zu überweisen.
Andy legte sich auf sein Bett und ging mit geschlossenen Augen noch einmal den Plan durch.
Morgen gegen 12:20 Uhr würde er zur Bank fahren. Das Auto musste in der übernächsten Seitenstraße geparkt werden. Um 12:30 Uhr begann die Mittagspause der Bank, so dass hoffentlich beim Überfall kaum noch Kunden da waren.
Er würde zum Schalter gehen, mit dem leeren Aktenkoffer und natürlich mit der Skimütze maskiert, um dann dem Angestellten am Schalter die Pistole unter die Nase zu halten. Die Geldbündel in den Koffer packen, wie bei seinem Traum die Warnung mit dem Erschießen aussprechen und dann so schnell wie möglich zum Auto. Als nächstes raus aus der Stadt. Vielleicht zum Flughafen einer anderen Großstadt. Dort würde hoffentlich nicht nach ihm gefahndet werden. Sobald er eine Bleibe gefunden hatte, vielleicht im Ausland, würde er von dort aus seine Schulden bezahlen. Sonst würden ihn seine Gläubiger sicher suchen. Es wäre eine Ironie des Schicksals, wenn er dadurch als Bankräuber entlarvt werden würde. Er wollte endlich noch einmal ganz von vorne anfangen.
Wie selbstverständlich, verschwendete Andy kaum einen Gedanken daran, dass der Überfall auch misslingen könnte. Denn das durfte einfach nicht passieren. Ein Typ wie er und Gefängnis, das passte nicht zusammen. Wenn er sich vorstellte, wie ihn ein massiger, tätowierter Knastie… Andy verscheuchte die Bilder in seinem Kopf.
Am nächsten Morgen wachte er früh auf. Im Lebensmittelmarkt in seiner Nähe kaufte er sich etwas Wurst, Butter und ein Brötchen. Er genoss das Frühstück, aber die Stunden schienen sich in die Unendlichkeit zu dehnen. Quälend langsam schleppte sich der Minutenzeiger der Wanduhr Stück für Stück vorwärts, vom Stundenzeiger ganz zu schweigen. Tausendmal war er seinen Plan wieder und wieder durchgegangen. Es musste einfach klappen.
Endlich war es 11:00 Uhr – Zeit, loszufahren. Andy war längst umgezogen. Mit dem Aktenkoffer in der Hand schaute er sich ein letztes Mal in seiner Wohnung um. Dann schloss er die Tür. Als er den Schlüssel herumdrehte, kam es ihm vor, als würde er sein verkorkstes Leben einsperren und es hinter sich lassen.
Er legte die Kleidung von gestern auf den Rücksitz seines Autos. Den Aktenkoffer, der die Beretta und die Skimütze enthielt, legte er griffbereit auf dem Beifahrersitz ab. Andy atmete noch einmal tief durch und fuhr los. Zuerst zum Postamt, um die Kündigung für seine Mietwohnung einzuwerfen. Danach tat er etwas, das er ewig nicht mehr getan hatte. Er fuhr bei dem nächsten Fast-Food-Restaurant durch den Drive, für ein vorgezogenes Mittagessen.
Später, auf der Flucht würde er sicherlich andere Sorgen und vielleicht auch nicht die Nerven haben, irgendwo essen zu gehen.
Andy hielt auf dem Parkplatz und ließ es sich schmecken. So hatte er schon lange nicht mehr mit Geld um sich geworfen. Aber bald würde er genug davon haben. Mit dem Sparen war es vorbei!
Er ließ sich Zeit. Als die Uhr Fünf vor Zwölf anzeigte, startete er den Wagen und fuhr in die Innenstadt.
Kurz darauf parkte er das Auto in einer Seitenstraße. Der Schweiß stand ihm auf der Stirn. Und das lag nicht an der Hitze der Sonne, die wie gestern ihr schönstes Sommergesicht zeigte. Und wie gestern hämmerte auch sein Herz wieder vor Aufregung. Am liebsten hätte er das Auto gewendet und die ganze Sache vergessen. Aber er wusste, es gab kein Zurück. „Sei kein Feigling, Andy. Fünf, vielleicht zehn Minuten und du hast ein neues Leben!“
Er schaute sich nervös um, es war niemand zu sehen. Also öffnete er den Aktenkoffer einen kleinen Spalt und stopfte sich die Skimaske schnell in die Hosentasche. Mit einem mulmigen Gefühl stieg er aus, steckte die Beretta in den hinteren Hosenbund, schloss den Aktenkoffer und nahm ihn an sich. Er kratzte seine letzten verbliebenen Münzen zusammen, löste einen Parkschein und legte ihn gut lesbar hinter die Windschutzscheibe seines Autos. Dann machte er sich auf den Weg.
Vor der Bank wartete er erneut. Es war nun genau 12:20 Uhr. Andy ließ den Blick umherschweifen. Als niemand in seiner Nähe war, stülpte er sich die Skimaske über den Kopf, holte ein letztes Mal tief Luft und betrat die Bank.
Verflucht, gestern war nur ein einziger Kunde da gewesen. Heute mussten es natürlich deutlich mehr sein! Er zog die Pistole hervor und brüllte laut. „Dies ist ein Überfall! Alles auf den Boden, sofort!“ Wieder waren die beiden Bankmitarbeiter von gestern an den Schaltern. „Hände weg von den Alarmknöpfen, oder es knallt!“.
Tatsächlich legten sich alle Personen in der Bank nach und nach auf den Boden. Die Mutter, die ihre kleine Tochter an sich gedrückt hielt, reagierte als erste. Die Oma, die trotz des Sommerwetters einen Schirm dabei hatte, brauchte dafür etwas länger. Dann gehorchten auch der südländisch aussehende Geschäftsmann, die elegant gekleidete Frau und zu guter Letzt die beiden Bankangestellten.
Andy hatte Angst. Er hatte sich vorgestellt, ganz cool an den Schalter zu gehen und das Geld zu verlangen. Aber bereits nach den ersten Sekunden hatte er sich nicht mehr an den eigenen Plan gehalten.
Egal. Nur nichts anmerken lassen. Es musste weitergehen – und zwar schnell.
„Sie da!“, winkte er mit der Beretta der Frau am Schalter zu. Er erkannte sie, mit ihr hatte er gestern bereits gesprochen. „Los, stehen Sie auf. Aber Finger weg vom Alarmknopf!“ Andy war sich sicher, dass irgendwo Alarmknöpfe vorhanden waren. Er ließ die Waffe auf sie gerichtet und wollte gerade den Aktenkoffer auf den Schaltertisch legen, als er hinter sich ein Geräusch hörte.
Alles ging blitzschnell. Andy fuhr herum. Ein Wachmann, der offensichtlich für die Sicherheit der Bank zuständig war, hatte sich bis auf wenige Meter herangeschlichen. Er musste gerade auf der Herrentoilette gewesen sein. Er hatte seine Pistole im Anschlag und offensichtlich nur darauf gewartet, dass Andy mit seiner Waffe nicht mehr auf die Mitarbeiterin zielte. Von seiner Entdeckung überrascht hielt der Wachmann einen Augenblick erschrocken inne. Diese Sekunde rettete Andy das Leben. Er schleuderte seinen Aktenkoffer auf den Mann zu und sprang hinter den Schalter in Deckung. Der Wachmann drückte ab, verriss aber wegen des heran fliegenden Aktenkoffers die Waffe. Die Angestellte hatte im selben Augenblick, als Andy sich von ihr abwandte, einen unter dem Schaltertisch versteckten Knopf gedrückt, woraufhin ein Stiller Alarm losging, von dem Andy nichts mitbekam. Die Kugel, die der Wachmann abgefeuert hatte, bohrte sich tief in die rechte Schulter der Angestellten, die herumgerissen wurde und zu Boden fiel.
Entsetzt realisierte der Wachmann, dass er seine Kollegin getroffen hatte. Mit den sich überschlagenden Ereignissen völlig überfordert, ließ der Wachmann geschockt seine Waffe sinken. Andy fasste sich als erster. Noch immer kauerte er hinter dem Schalter, die Frau lag blutend und wimmernd neben ihm. „Ich habe hier eine Geisel. Ich werde ihr den Gnadenschuss verpassen, wenn Sie nicht aufgeben! Haben Sie verstanden?“
Der Wachmann legte die Waffe auf den Boden und hob die Hände. „Schon gut, ich ergebe mich, ich ergebe mich. Um Gottes Willen, nicht schießen!“
Andy hatte hinter dem Schaltertisch hervorgelugt und ihn nicht aus den Augen gelassen. „Stoßen Sie Ihre Waffe mit dem Fuß zu mir und legen Sie sich zu den anderen auf den Boden. Los jetzt!“
Der Wachmann tat wie geheißen. Die einzige echte Pistole im Gebäude schlitterte über den Marmorboden. Andy hob sie auf. Noch immer lagen alle auf dem Boden. Niemand hatte es gewagt aufzustehen und zu fliehen. Das Risiko, in den Schusswechsel zu geraten, war zu groß gewesen. Sein Blick fiel auf die Angestellte zu seinen Füßen. Ihr Gesicht war leichenblass und sie hielt die Hand auf die verletzte Schulter gepresst. Blut sickerte zwischen ihren Fingern hervor.
Linda war genervt. Von ihm – wie immer. Am liebsten hätte sie ihren Kollegen erwürgt. Oder wenigstens auf den Mond geschossen. Sie hielt den Blick stur auf die Straße gerichtet und umklammerte das Steuer des Streifenwagens.
„Bald schon Baby, bald gehör’ ich zur Elite. Ist nur noch ’ne Frage der Zeit.“ Erik lachte wiehernd. „Ich habe einen Kumpel bei der Verwaltung, der hat mir gesteckt, dass meine Bewerbung durch ist und es bald grünes Licht geben wird.
Die junge Frau hoffte wirklich, dass Erik die SEK-Ausbildung bald antrat und auch erfolgreich hinter sich brachte. Als er damit angab, sich beim SEK beworben zu haben, hatte sie in Gedanken drei Kreuze gemacht und drückte ihm ehrlich und nicht ganz uneigennützig die Daumen. Nur so würde sie ihn auf Dauer und vor allem zeitnah loswerden.
„Hey Kleines, ich mach’ mal die Klimaanlage an, sonst ersticken wir noch in dieser Karre.“ Erik drückte bereits den Knopf. Linda zuckte die Achseln. „Meinetwegen. Es ist wirklich etwas warm.“ Sie ärgerte sich. Unzählige Male hatte sie ihm schon gesagt, dass sie nicht mit „Baby“ oder „Kleines“ angesprochen werden wollte. Aber er nahm sie nicht ernst. Auch eine Beschwerde bei der Dienstaufsicht hatte nichts bewirkt. Man müsse auch mal „Fünfe grade sein lassen“. Pah!
Seit 5 Monaten waren sie nun schon Partner, fuhren gemeinsam auf Streife. Erik war schon als Macho auf die Welt gekommen. Die Chemie hatte von Anfang an nicht gestimmt. Aber er sah das ganz anders. Vor allem sah er viel zu oft und viel zu lange in ihre Richtung. Linda mochte es nicht, so angestarrt zu werden. Doch was sollte sie tun? So sehr, wie sie ihn ablehnte, so sehr schien er in gleichem Maße einen Narren an ihr gefressen zu haben. Viel zu offensichtlich verweilte sein Blick immer wieder auf ihrem Körper.
Das Funkgerät rauschte und knackte. Dann erklang die Stimme von Michaela, die meistens einen mürrischen Unterton hatte. „Wagen 23, hier Zentrale, kommen!“ Erik beugte sich vor und beantwortete den Ruf. „Hier Wagen 23, Zentrale, wir hören.“ Wieder ein lautes Rauschen. „Wagen 23, bitte einen Stillen Alarm bei der Goldmeier Privatbank überprüfen. Ihr seid am nächsten dran. Verstärkung ist bereits auf dem Weg.“ Erik nickte, obwohl Michaela ihn ganz bestimmt nicht sehen konnte. „Verstanden, Zentrale, sind unterwegs.“ Erik lehnte sich zurück, ließ den Blick an Linda hoch wandern und sagte lapidar. „Dann gib’ mal Stoff, ist nur drei Straßen weiter.“
Kurz darauf trafen die beiden Beamten bei der Bank ein.
Linda parkte direkt vor der Eingangstür. Zu zweit betraten sie das Gebäude, wachsam und die Hand an der Dienstwaffe.
Einen Augenblick lang starrten sich der maskierte Mann und die Polizisten überrascht an. Reflexartig ging Andy erneut neben der verletzten Angestellten in die Hocke, um hinter dem Schalter Deckung zu suchen, während Erik seine Waffe zog und „Hände hoch, Polizei!“ brüllte.
„Waffen runter, oder ich erschieße die Frau!“, rief Andy zurück. Er kam sich mies vor, alle paar Minuten die Schwerverletzte als Druckmittel zu benutzen, aber er hatte leider keine Wahl. „Ich zähle bis drei - entscheidet euch!“
Auch Linda hielt ihre Pistole im Anschlag. Sie sah nicht viel von der Frau, die hinter dem Schalter lag. Ihr Oberkörper war verdeckt. War sie vielleicht schon tot? Dann glaubte sie eine Bewegung der Beine bemerkt zu haben und auch ein schmerzerfülltes leises Wimmern.
Andy kam bis zur Zahl „Zwei“, als Linda die Waffe senkte und Erik mit einem eindeutigen Blick zu verstehen gab, es ihr gleich zu tun. „Nicht schießen. Wir tun, was Sie sagen.“ Sie steckte ihre Pistole langsam und deutlich sichtbar zurück in die Pistolentasche und knüpfte die Schlaufe zu. In diesem Augenblick warf sich Erik herum und verschwand durch die Eingangstür. Überrascht starrte Linda ihm nach. Da ergriff der Bankräuber bereits das Wort: "Folgen Sie Ihrem Kollegen…"
Linda stutzte. Mit der Skimaske über dem Kopf sah der Mann extrem gefährlich aus, aber so wie er es betont hatte, klang es wie eine Mischung aus Aufforderung und Frage. Wieso verzichtete der Bankräuber freiwillig auf eine Geisel? War sie ihm als Polizistin zu gefährlich, zu gut ausgebildet? Gedankenschnell reagierte sie. „Ich werde gehen, aber nur wenn ich die verletzte Frau mitnehmen darf.“ Herausfordernd sah sie dem Mann in die Augen.
Andy wünschte sich, nie die Bank betreten zu haben. Es war ein Alptraum. Zu seinen Füßen lag eine verletzte Frau, die wahrscheinlich kurz vorm Verbluten war. Auf dem steinkalten Boden lagen mehrere Menschen, die alle Angst vor ihm hatten. Die Polizei war da, und somit konnte er den Gedanken, einfach aus der Bank zu flüchten, auf jeden Fall abschreiben. Und dann noch diese verflucht attraktive Polizistin, die seine Unsicherheit genau zu durchschauen schien.
Der verletzten Frau zu seinen Füßen musste geholfen werden. Vielleicht war es ganz gut, wenn die Polizistin sie mitnahm.
Inzwischen schien draußen vor der Tür der Teufel los zu sein. Jede Menge Fahrzeuge hielten. Er lauschte. Es war irgendwie faszinierend zu hören, wie Sirenengeheul in Gruppen und manchmal auch einzeln näher kam, um dann schließlich vor dem Gebäude zu verstummen. Auf einmal war das Laufgeräusch von mehreren schweren Stiefeln auf dem Asphalt deutlich zu hören. Verdammt!
Andy riss sich aus den Gedanken. „Ich kann nicht mehr riskieren, Sie gehen zu lassen. Sie werden denen da draußen zu viel über mich verraten.
Linda schüttelte den Kopf. „Mein Kollege dürfte den Einsatzkräften da draußen längst einen Überblick über die Lage gegeben haben. Es gibt nichts zu befürchten. Ich bitte Sie inständig, geben Sie der Frau eine Überlebenschance!“
Andy zögerte. Die verwundete Angestellte war noch bleicher geworden und ihre Schusswunde blutete noch immer stark. Ein riesiger roter Fleck hatte sich auf ihrer weißen Bluse von der Schulter her ausgebreitet.
Er trat ein paar Schritte vom Schalter weg, stellte sich aber so, dass er die junge Polizistin und die Menschen auf dem Boden gleichermaßen gut im Blick behalten konnte. Er winkte dem Wachmann, der die Frau niedergeschossen hatte mit dessen eigener Waffe zu. „Sie tragen die Frau hinaus!“ Dann wandte er sich wieder an die Polizistin. „Richten Sie Ihren Leuten da draußen aus, dass sie Abstand halten sollen. Ich habe nichts zu verlieren und einen nervösen Finger am Abzug. Wenn sie versuchen die Bank zu stürmen, gibt es hier ein Blutbad!“ Er fuchtelte kurz mit den beiden Pistolen, die er links und rechts in der Hand hielt.
„In Ordnung, ich werde es ausrichten. Bitte bleiben Sie ruhig. Wir werden eine Lösung finden. Und… danke, dass wir der Frau helfen dürfen.“ Linda wartete, bis der Wachmann mit der Bankangestellten auf den Armen bei ihr war. Sie öffnete die Eingangstür einen Spalt und rief laut hinaus: „Nicht schießen. Wir kommen raus!“
Linda hielt dem Wachmann die Tür auf und nacheinander verließen sie die Bank.
Draußen vor dem Gebäude war weiträumig abgesperrt worden. Wohin man sah, waren Streifenwagen abgestellt und die Kollegen hatten alle Mühe, die vielen Schaulustigen zurückzuhalten. Kaum waren sie aus der Tür getreten, da wurden sie auch schon von vier vermummten Gestalten in Kampfanzügen, die plötzlich aus dem Boden zu wachsen schienen, in Empfang genommen. Sie nahmen dem Wachmann die verletzte Frau ab und zerrten ihn und Linda im Laufschritt aus dem Eingangsbereich. Die Frau wurde der Obhut eines Notarzt-Teams übergeben. Mit Sirenengeheul bahnte sich der Krankenwagen einen Weg durch die Menge und raste davon.
Linda und der Wachmann wurden zum Einsatzwagen des SEK geführt, wo sie von Hauptkommissar Glockner empfangen wurden. Der Leiter des Spezialeinsatzkommandos war ein Mann mit einem feinen Gespür für Menschen. Auch deshalb hatte er schon viele schwierige Einsätze meistern können.
Er schüttelte erst Linda und dann dem Wachmann die Hand. „Mein Name ist Glockner, ich bin hier verantwortlich.“
Der Mann war Linda auf Anhieb sympathisch. Sie schätzte ihn auf Anfang fünfzig. Er strahlte Autorität aus, die durch seine leicht angegrauten Schläfen noch unterstrichen wurde. Am auffälligsten an ihm war sein wacher Blick, der in Sekundenschnelle sein Gegenüber genau einzuschätzen schien.
Linda und der Wachmann stellten sich kurz vor. Anerkennend zog sie eine Augenbraue hoch. „Sie waren in weniger als fünf Minuten hier. Ich hätte nicht gedacht, dass das SEK eine so kurze Reaktionszeit hat, auch wenn wir eine Großstadt sind.“
Glockner lächelte. „Haben wir auch nicht. Wir waren grade auf dem Weg, um…“ Der Hauptkommissar hielt kurz inne. „Jedenfalls wurden wir dann hierhin umgeleitet. Ein glücklicher Zufall. Hoffen wir, dass uns das Glück treu bleibt und wir das hier schnell und sauber über die Bühne bringen. Dafür brauche ich Ihre Hilfe.“
Mit diesen Worten zückte er einen kleinen, in braunes Leder gebundenen Notizblock.
Zuerst ließ er sich vom Wachmann den genauen Tathergang schildern. Er notierte die Beschreibungen und Beobachtungen, die den beiden aufgefallen waren. Als Linda erzählte, wie sie um die verletzte Frau verhandelt hatte, nickte Glockner anerkennend.
„Das war sehr gute Arbeit. Von ihrem Partner dagegen habe ich leider nicht allzu viel erfahren können. Aber nun habe ich wenigstens einen groben Überblick über die Lage.“
Er wandte sich an den Wachmann. „Am besten lassen Sie sich medizinisch zur Sicherheit noch einmal durchchecken. Sie sollten auch darüber nachdenken, unsere psychologische Betreuung in Anspruch zu nehmen.“
Glockner gab einem seiner Leute einen Wink, sich um den Wachmann zu kümmern.
Linda überlegte. Und nun? Sie gab sich cool und gelassen, aber in Wirklichkeit war sie aufgewühlt und aufgeregt – und orientierungslos. Was machte man, nachdem man gerade eine Geisel gerettet hatte? Ins Auto steigen und mit dem normalen Streifendienst weitermachen? Quatsch. Bei den Kollegen da draußen untätig herumstehen? Hm. Sie wollte gerade den beiden Männern folgen und sich von Glockner verabschieden, als Erik den Wagen betrat.
„Herr Hauptkommissar, auf ein Wort bitte.“ Er näherte sich mit weit ausholenden, federnden Schritten. Neugierig wartete Linda ab. Erik schien sie überhaupt nicht wahrzunehmen, geschweige denn sie zu begrüßen oder sich dafür zu interessieren, wie es ihr ergangen war. Nicht, dass sie Wert auf seine Aufmerksamkeit gelegt hätte.
Hauptkommissar Glockner nickte ihm zu. „Ist ihnen noch eine wichtige Beobachtung eingefallen?“ Erik stutzte. Schweiß stand ihm auf der Stirn. Aufgeregt knetete er seine Hände. „Wie? Was? Äh nein. Hören Sie, ich habe mich draußen mit Ihren Kollegen unterhalten. Ich weiß, dass Ihnen ein Mann kurzfristig ausgefallen ist. Magen-Darm oder so. Ist ja auch egal, jedenfalls, ich bin SEK Bewerber und bringe bereits diverse Qualifikationen mit. Zum Beispiel bin ich ein ausgezeichneter Scharfschütze. Geben Sie mir eine Chance, ich kann helfen!“
Glockner lächelte milde. „Danke für das Angebot, aber so einfach ist das nicht. Außerdem heißt es korrekt: „Präzisionsschütze“. Ich kenne…“ Er unterbrach sich, als Wespe, sein Teamführer herantrat und ihn am Arm antippte. Eigentlich hieß Wespe mit richtigem Namen Udo Schröder. Wie er zu dem Spitznamen Wespe gekommen war, wusste niemand mehr, am wenigsten Wespe selber.
“Einen Augenblick bitte“, entschuldigte sich der Hauptkommissar.
Als die beiden SEK Leute sich ein Stück weit entfernt hatten, nahm Erik endlich seine Kollegin wahr. Jedenfalls ließ er seinen Blick einmal an ihr herunter und wieder heraufwandern, um sie dann schmierig anzugrinsen. „Na, an deiner Reaktionszeit musst du aber noch arbeiten. Sich als Geisel nehmen zu lassen. Genau das, Kleines, ist eben der Unterschied, warum ich SEK-tauglich bin und du nicht.“
Linda starrte ihn fassungslos an. Vor Wut fehlten ihr die Worte, als er ihr auch schon eine Hand auf die Schulter legte. „Brauchst dich nicht zu schämen, aber das Rot im Gesicht steht dir.“
Am liebsten hätte sie ihm das arrogante Grinsen aus dem Gesicht geohrfeigt.
Glockner trat wieder heran und musterte Erik mit scharfem Blick. „Also gut. Wie mir soeben gesagt wurde, haben Sie bereits mit Wespe darüber gesprochen. Er hat Erkundigungen über Sie eingeholt und laut ihrem Vorgesetzten sind Sie tatsächlich ein qualifizierter Präzisionsschütze. Er hat Sie ausdrücklich als fähigen Mann empfohlen. Wespe wird Sie also einweisen. Denken Sie immer daran, geschossen wird nur auf meinen direkten Befehl.“
Er sah den beiden Männern nach. Schließlich wandte er sich an Linda. „Ich bin guter Dinge, dass wir die Präzisionsschützen nicht brauchen werden. Sie haben ihn dazu bewegt die Bankangestellte, den Wachmann und Sie selbst freizulassen. Das war hervorragende Arbeit. Hoffen wir also, dass das ein Zeichen ist, dass er mit sich reden lässt. Wenn Sie nichts dagegen haben, bleiben Sie bitte noch etwas hier. Sie haben ihm Auge in Auge gegenüber gestanden. Ich hätte gerne Ihre Unterstützung, um ihn korrekt einzuschätzen, wenn wir mit ihm verhandeln.“
Andys Hände, in denen er die Pistolen hielt, zitterten. Beide. Hoffentlich bemerkte niemand, wie unsicher er war. Vielleicht war es besser, nur mit der Spielzeugpistole herumzufuchteln, damit nicht noch jemand verletzt werden konnte. Aber sich eine echte Waffe in Actionheld-Manier in die Hose zu stecken, das traute er sich nicht. Zum einen aus Angst, dass sie aus Versehen losgehen könnte und zum anderen war die Waffe deutlich schwerer und er würde sie vielleicht verlieren. Das wäre ziemlich peinlich. Er kam sich sowieso schon vor wie ein Amateur. Verdammt, er war ein Amateur! Und wieso machte er sich überhaupt über solche Selbstverständlichkeiten so viele Gedanken? Er steckte die Spielzeugpistole hinter seinen Rücken in den Hosenbund und wandte sich seinen Geiseln zu.
Diese hatten inzwischen ihre Handys abgeben müssen und saßen in dem Bereich, der für die Beratungsgespräche vorbehalten war. Die Oma hatte das auf dem Boden liegen einfach nicht mehr ertragen können. Und das kleine Mädchen hatte das Spiel „Still-Liegen“ auch sehr schnell satt gehabt. Nun waren die Leute an einem der Tische versammelt, starrten ihn an und unterhielten sich leise.
Er winkte dem verbliebenen Bankangestellten. „Sie da. Wie stellt man das Kamerasystem ab?“
Der hagere Mann richtete sich auf. „Die Kameras sind Attrappen. Wir haben aber im nächsten Quartal eine Modernisierung geplant.“
Die Modernisierung war Andy herzlich egal. Er schaute argwöhnisch nach oben. Es schien allerdings wahr zu sein. Fast schon eine Ironie, ein Banküberfall mit einer unechten Pistole, während er von unechten Kameras gefilmt wurde.
Andy sah sich die Pistole, die er dem Wachmann abgenommen hatte, genauer an. Irgendwie musste man die Knarre doch sichern können? Nach einigem Suchen, fand er einen kleinen Hebel. Das musste es sein. Mit seinem Daumen legte er ihn um. Eine laute Melodie ertönte. Erschrocken fuhr er zusammen. Fast hätte er die Pistole fallen gelassen.
Es war eines der Telefone, das auf einem Schreibtisch stand. Bewegungslos stand Andy da. Das Telefon klingelte wieder und wieder. Die Melodie schien immer lauter und von Mal zu Mal eindringlicher zu werden.
„Wollen Sie nicht langsam mal abnehmen?“ rief der südländisch aussehende Geschäftsmann ihm schließlich genervt zu. „Das ist sicher die Polizei, die mit Ihnen verhandeln will.“ Wie in Trance setzte Andy sich in Bewegung. Wahrscheinlich hatte der Typ Recht. Endlich nahm er den Hörer ab. „Hall…Hallo?“
„Hier spricht Hauptkommissar Glockner. Bitte bleiben Sie ganz ruhig, wir finden eine Lösung. Es muss niemand mehr verletzt werden. Ich bin hier, um mit Ihnen zu verhandeln. Aber zuerst muss ich wissen, ob es allen gut geht. Brauchen Sie vielleicht medizinische Unterstützung?“
Andy schloss kurz die Augen. Grandios. Schnell rein, schnell raus. So war es geplant gewesen. Und jetzt stand er hier, als Geiselnehmer und verhandelte mit der Polizei. Ein Desaster. Ein Alptraum. Er wünschte, er könnte die Zeit zurückdrehen und alles ungeschehen machen.
„Hallo, sind Sie noch dran?“, fragte die Stimme des Hauptkommissars.
„Ja, ja ich bin noch da. Es geht allen gut.“, beeilte er sich zu sagen.
„Wie gesagt, mein Name ist Glockner. Wie soll ich Sie ansprechen?“ Andy stutzte. Seinen echten Namen konnte er natürlich nicht nennen. Obwohl, eigentlich war es auch egal. Was sollten die schon mit seinem Vornamen anfangen können.
„Sie können mich… also, nennen Sie mich einfach Andy.“
„Also gut - Andy. Wenn Sie die Geiseln freilassen, verspreche ich, dass Ihnen nichts geschehen wird. Wenn Sie kooperieren, wird sich das strafmildernd auswirken und ich kann mich für Sie einsetzen.“
Andys Hand krampfte sich um den Telefonhörer. Schweiß brach ihm aus. Er wollte nicht ins Gefängnis. Auf gar keinen Fall.
„Nein, das kommt nicht in Frage.“ antwortete er knapp.
Kurz war es still in der Leitung.
„In Ordnung, das muss ich akzeptieren. Hauptsache, Sie bewahren die Ruhe. Haben Sie irgendwelche Forderungen?“
„Nein. Doch. Vielleicht später…“. In Andys Kopf kreisten die Gedanken. Wie konnte er aus dieser Situation entkommen? Er brauchte erst einmal Zeit.
Glockner wartete, doch Andy war nicht gewillt, oder nicht in der Lage, irgendwelche sinnvollen Diskussionen mit der Polizei zu führen. Also ergriff der Beamte erneut die Initiative.
„Gut, das ist in Ordnung. Wir kriegen das schon hin. Wie wäre es, wenn Sie uns ein Zeichen des guten Willens geben und eine Geisel freilassen? Das würde es mir deutlich einfacher machen mich hier für Sie einzusetzen.“
„Nein, lieber nicht.“ Andy wusste gar nichts mehr. Am liebsten, hätte er einfach aufgelegt. - Am liebsten wäre er gar nicht hier.
Glockner runzelte unwillig die Stirn. So kam er nicht weiter. „Geduld ist eine Tugend“, ermahnte er sich.
Dieses Mal beendete Andy die Gesprächspause.
„Ich werde jetzt auflegen. Wenn Sie irgendetwas unternehmen, werden hier Menschen sterben!“ Mit diesen Worten legte Andy tatsächlich auf.
Glockner gab seinem Techniker einen Wink, die Aufzeichnung zu beenden. Dann wandte er sich Wespe zu, der inzwischen zurückgekehrt war.
„Das war garantiert eine ungeplante Geiselnahme“, überlegte der Hauptkommissar. „Und ich glaube, er macht das zum ersten Mal. Wir müssen vorsichtig sein, wenn er sich in die Enge getrieben fühlt, schnappt er vielleicht über.“
Wespe nickte. „Ja, unser Andy scheint reichlich unentschlossen. Den Namen hat er sich garantiert ausgedacht.“
Linda rieb sich gedankenverloren die Nasenspitze. „Vielleicht auch nicht.“
„Woher wollen Sie das wissen?“, hakte Wespe nach.
Linda zuckte die Achseln. „Es ist einfach nur so ein Gefühl.“
„Wie sieht der Plan aus, Chef?“ Abwartend sah Wespe seinen Vorgesetzten an.
Glockner kratzte sich am Kopf. Er hatte bereits das eine oder andere graue Haar, und irgendwie war er sich sicher, dass er heute noch ein paar mehr bekommen würde.
„Ich glaube, er ist nicht unmittelbar gefährlich. Die Frage ist, stürmen oder weichkochen. Klar ist, unser Andy ist unsicher. Das bedeutet, wenn wir anfangen die Scheiben einzutreten, ergibt er sich vielleicht. Genauso gut kann es aber sein, dass er in Panik gerät und wahllos um sich ballert. Ich glaube, die beste Taktik ist das Verhandeln. Jedenfalls solange er keine Anzeichen macht Amok zu laufen.“
Linda gab sich Mühe ihre Erleichterung zu verbergen. Andy war zwar kriminell, aber als sie sich gegenüber gestanden hatten, war ihr die ganze Zeit klar gewesen, dass sie keinem kaltblütigen Mörder gegenüberstand. Das wurde ihr erst jetzt zum ersten Mal richtig bewusst.
Wespe wiegte überlegend den Kopf hin und her. „Ist schon richtig, Chef, aber dieser Andy ist dermaßen unsicher, dass er nicht einmal weiß, was er am Telefon sagen soll.“
Glockner rieb sich das Kinn. „Ja, das Verhandeln ist wirklich kompliziert, wenn nur eine Seite redet. Ich muss irgendwie einen Draht zu ihm finden.“ Sein grübelnder Blick fiel Linda. „Und, was meinen Sie dazu?“, fragte er schließlich.
„Ich glaube auch, dass man mit ihm verhandeln kann. Das Schlimme ist ja, dass ein kleines Mädchen unter den Geiseln ist. Ich würde auf jeden Fall weiter mit ihm reden.“ Mehr fiel ihr irgendwie nicht ein.
Glockner lächelte. „Sie würden mit ihm reden?“ Linda verstand erst nicht, worauf der Hauptkommissar anspielte, aber dann wurde ihr klar, dass sie sich missverständlich ausgedrückt hatte. „N…. Nein, so war das nicht gemeint.“, stotterte sie. „Ich wollte damit sagen, dass er mit sich reden lässt, schließlich hat er doch auch die Frau und den Wachmann gehen lassen…“
„Ja, nachdem Sie mit ihm verhandelt haben. Ich bin für ihn nur ein gesichtsloser Anrufer. Sie dagegen kennt er bereits. Die Idee ist doch gar nicht so schlecht. Vielleicht vertraut er Ihnen mehr als mir. Wir können Sie bei den Verhandlungen unterstützen, Ihnen Zeichen geben oder aufschreiben, wie Sie jeweils reagieren sollen. Was meinen Sie, trauen Sie sich das zu?“
Wespe zog eine Augenbraue hoch, sagte aber nichts.
Linda versuchte ihre Unsicherheit zu verbergen. Schließlich nahm sie all ihren Mut zusammen und fasste sich ein Herz.
„In Ordnung, ich mach’s. Was soll ich sagen?“
Glockner griff zum Hörer und gab dem Tontechniker das Zeichen, die Aufnahme des Gesprächs vorzubereiten. „Versuchen Sie beruhigend auf ihn einzuwirken. Im Zweifelsfall stimmen Sie ihm zu, Streit müssen Sie auf jeden Fall vermeiden. Verbreiten Sie Optimismus, auf keinen Fall darf er denken, dass es keinen Ausweg mehr gibt. Und wie Sie bereits sagten: Versuchen Sie das Kind frei zu bekommen.“ Mit diesen Worten drückte er die Wahlwiederholung und reichte ihr den Hörer.
Linda biss sich aufgeregt auf die Lippen, während sie den Hörer ans Ohr presste.
„Ja, Hallo?“ meldete sich Andy.
„Hallo Andy, hier spricht Linda. Ich bin die Polizistin, die bei Ihnen in der Bank war. Sie können sich doch an mich erinnern?“
„Ja, natürlich.“ Eine kurze Pause. „Ich hoffe, der Bankangestellten geht es gut und sie ist nicht gestorben?“ Linda musste ein Lachen unterdrücken, denn Glockner und Wespe zogen synchron die Augenbrauen hoch und wirkten etwas fassungslos.
Der Geiselnnehmer war besorgt um seine Ex-Geiseln?
„Ihr geht es soweit gut, sie ist ärztlich versorgt worden.“ Mit jedem Wort wurde Linda selbstsicherer. „Andy, wir müssen über Ihre Situation sprechen…“
Wieder wurde es still in der Leitung. „Ja, in der Tat.“, stimmte ihr Andy dann zu.
„Die Bank ist umstellt und hier ist überall Polizei…“, begann Linda. Hektisch schrieb Wespe etwas auf eine kleine Tafel und hielt sie ihr hin. „Keine Auswegslose Lage suggerieren!“, stand da in schnell gekritzelter, fast unleserlicher Schrift.
Linda ignorierte die Tafel. „Andy, die Bank ist umstellt. Hauptkommissar Glockner will Ihnen wirklich helfen, aber er braucht Argumente. Verstehen Sie?“
Andy räusperte sich. „Ja, ich denke schon. Wollen die die Bank stürmen? Dann gibt’s aber Tote!“
„Nein, nein“, versicherte Linda schnell. „Andy, können Sie mir bitte entgegenkommen und das Kind freilassen? Seien Sie kein Unmensch!“
Die Sekunden verstrichen, und schienen sich zu Minuten auszudehnen.
„Helfen Sie uns, dann verschaffen wir uns allen etwas mehr Zeit!“
„Das klingt gut“, kam zögernd die Antwort. „In Ordnung, ich lasse das Kind laufen.“
Glockner schüttelte stumm aber begeistert die Faust, fast könnte man meinen, er würde Fußball gucken und Deutschland hätte ein Tor geschossen.
Wespe dagegen grinste nur breit. Sein Chef war ein verdammtes Genie!
Doch Linda war noch nicht fertig. „Die Mutter muss natürlich auch mitkommen dürfen.“, meinte sie lapidar.
Andy fühlte sich etwas überrumpelt. „He, so war das aber nicht abgemacht. Mir gehen hier so langsam die Geiseln aus…“.
Linda tat entrüstet. „Na hören Sie mal, Sie können das Kind doch nicht ohne seine Mutti rausschicken. Hier stehen lauter bewaffnete maskierte Männer rum, was meinen Sie, was das Kind da für eine Angst bekommt.“
Darauf wusste er keine Antwort. Linda verwirrte ihn.
„Meinetwegen, ich schicke die beiden dann jetzt raus.“ Andys Stimme wirkte leicht resigniert. „Es war schön mit ihnen zu sprechen.“ Dann legte er auf.
Ungläubig starrten die beiden Männer Linda an. „Er muss die Mutter freilassen, weil das Kind sonst Angst hat?“, stieß Wespe schließlich hervor.
Linda lächelte ihm zu. „Frauenlogik. Diskutieren zwecklos!“ Sie fühlte sich großartig.
Glockner lachte schallend. „So steht das in keinem Polizei-Lehrbuch, aber der Erfolg gibt Ihnen Recht. Fantastische Leistung, dann wollen wir mal sehen, ob sich was an der Tür tut.“ Er nahm das Funkgerät, das vor ihm gelegen hatte. „Achtung an alle. Bereitschaft. Vermutlich kommen zwei Geiseln heraus.“
Andy schüttelte den Kopf. Hatte er wirklich gesagt, dass es schön gewesen war mit ihr zu reden? Er war ein Volltrottel!
Trotzdem, sie hatte eine Art an sich, die ihm gefiel. Oder aber es lag daran, dass er sich schon sehr lange nicht mehr mit einer so gut aussehenden Frau unterhalten hatte. So oder so, sie hatte eine sehr schöne Stimme.
Er unterbrach seine Gedanken und wandte sich seinen Geiseln zu. „Das Mädchen und ihre Mutter dürfen gehen. Alle anderen bleiben sitzen!“. „Wir wollen auch gehen“, rief die elegant gekleidete Frau. Zustimmendes Gemurmel kam auf. „Ruhe jetzt!“, rief Andy. Mit der Pistole winkte er der Mutter mit ihrem Kind zu. „Gehen Sie. Machen Sie schon, gehen Sie endlich.“ Er schaute das kleine Mädchen grimmig an. Es fing an zu weinen. Das tat ihm leid. „Die Polizei weiß Bescheid, es wird nichts geschehen. Jetzt kümmern Sie sich um ihre kleine Tochter, sie ist zur falschen Zeit am falschen Ort.“ Er zwinkerte dem Kind zu, damit es keine Angst mehr hatte. Die Frau stand auf, nahm ihre Kleine an die Hand und drückte sich ängstlich an ihm vorbei. „Danke!“, hauchte sie, als sie ihn passierte.
Andy nickte ihr zu. „Ist schon in Ordnung. Bitte öffnen Sie die Tür nur einen Spalt, wenn Sie hinausgehen und schließen Sie sie hinter sich!“
Es dauerte nicht lange und das Telefon klingelte erneut. Zu Andys Enttäuschung war es nur der Hauptkommissar. „Vielen Dank für Ihre Kooperation. Brauchen Sie noch irgendetwas? Medizinische Versorgung vielleicht?“
„Nein, es geht allen gut.“ Andy hielt kurz inne. „Kann ich mit ihrer Kollegin reden? Ich weiß nur Ihren Vornamen, sie heißt Linda.“ Kurz war ein leiser Satz zu hören „… hier, er will mit Ihnen sprechen…“, da knackte es auch schon in der Leitung und Lindas glockenhelle Stimme erklang. „Ja Andy? Was ist los?“
„Sagen Sie dem Mädchen, dass es mir leid tut, ja? Sie hatte Angst vor mir und geweint.“
Linda wiegelte ab. „Nicht wegen Ihnen. Ich glaube es war einfach zu viel Aufregung für die Kleine. Ist ja auch verständlich, oder?“
„Ja schon.“
Eine Weile schwiegen sie beide.
„Linda?“
„Ja?“
„Sie denken sicher, ich bin ein Krimineller. Ein schlechter Mensch.“
„Nein Andy, sicher nicht. Na ja, kriminell schon, aber ein schlechter Mensch… Ich kenne Sie doch gar nicht. Und bisher wirken Sie nicht wie ein „Bad Boy“ auf mich.
„Danke“, meinte Andy lapidar. „Das baut auf. Freundlich, lieb und nett, kriegte nie… - Naja, das ist ’nen Insider.“
Linda lachte. „Das Lied kenne ich!“
Der verbliebene Bankangestellte winkte. „Hallo. Entschuldigung. Ich will ja nicht stören, aber einige von uns müssen mal auf die Toilette!“
„Entschuldigen Sie, ich muss leider aufhören“, verabschiedete sich Andy hastig. Er hörte gerade noch ein „Ja, ok…“, dann legte er auf.
Die Zeit verging. Andy grübelte unentwegt darüber nach, wie er aus der vertrackten Situation entkommen konnte. Ging das überhaupt noch?
Die Geiseln begannen sich zu langweilen. Der Geschäftsmann hatte sich seinen Laptop, erbeten. Nachdem Andy sich überzeugt hatte, dass das Gerät keinen Internetzugang besaß, durfte der Mann sich seiner anscheinend sehr wichtigen Arbeit widmen. Die übrigen Geiseln vertrieben sich die Zeit inzwischen mit albernen Spielen. „Ich sehe was, was du nicht siehst!“ Andy schüttelte den Kopf. Als wenn sie auf einer Autofahrt wären. Das waren erwachsene Menschen! Überhaupt, eine richtige Geiselnahme müsste ja eigentlich ganz anders aussehen. Wie im Film halt.
Wie entkam man denn im Filmen? Sollte er sich einen Jumbo-Jet bestellen? Quatsch. Vielleicht einen Hubschrauber? Aber dann brauchte er auch einen Piloten und Hubschrauber waren sicherlich per Radar zu orten. Nein, er brauchte etwas Realistisches. Etwas, das funktionieren konnte. Ein Auto vielleicht. Aber wann hatte ein Geiselnehmer schon mal erfolgreich per Auto flüchten können? Sicher würde er bereits beim Einsteigen ins Auto erschossen, vollständig konnte man sich schließlich nicht hinter einer Geisel verstecken, es sei denn mit einer Tarnkappe. Und die waren noch nicht erfunden. Dieser Glockner hatte nach Forderungen gefragt. „Toll. Am besten hätte ich von ihm eine Idee gefordert, wie ich von hier entkommen kann.“, murmelte Andy vor sich hin. „Mir fällt jedenfalls nichts ein.“
Es war verdammt heiß unter der Skimaske. Für die sommerlichen Temperaturen war so ein Textil gänzlich ungeeignet. Das Atmen fiel ihm schwer und mit dem Ding auf dem Kopf Denkarbeit zu leisten war unmöglich. Fast glaubte er zu ersticken. Also zog er sie ab und legte sie neben das Telefon. Sollten die Geiseln ihn doch ruhig sehen, das war jetzt auch egal.
Andy musterte die Wand. Die große Uhr, die dort aufgehängt war, besaß einen Sekundenzeiger, der mit einem leise klackenden Geräusch Strich für Strich vorwärts sprang. Andy beobachtete eine volle Umrundung. Und dann noch eine.
Erik warf einen Blick auf seine Uhr. Was für eine langweilige Vorstellung. Er hatte gedacht, beim SEK war Action angesagt. Stattdessen lag er hier auf einem Flachdach herum. Würde er nicht gerade in der glühend heißen Sonne braten, er hätte inzwischen Moos angesetzt. Liebevoll streichelte er über die PSG-1 von Heckler & Koch. Das Gewehr fühlte sich geil an und sah auch geil aus. Genau das richtige für einen geilen Typen wie ihn. Er grinste.
Seine Abschussquote bei Frauen war enorm. Nur bei dieser Scheiß-Linda war er noch nicht gelandet. Die hielt sich für was Besseres. Aber er würde es der Alten schon noch besorgen. Er sah wieder durchs Zielfernrohr. Am liebsten hätte er nochmal reihum geschaut, zu den anderen Scharfschützen, aber das hatte dieser Wespe ihm strikt verboten. Was hatte der gesagt? „Nicht rumspielen, immer das Ziel im Auge behalten!“
Genauso ein Spießer wie dieser Glockner. „Präzisionsschütze“. Was für ein umständliches Wort. Scharfschütze klang viel bedrohlicher. Und für einen scharfen Hund wie ihn auch passender. Wieder grinste er. Dann verzerrte sich sein Grinsen zu einer ärgerlichen Grimasse. Die hatten ihn doch mit Absicht hier postiert. Direkt gegenüber der Bank. Aber von so weit oben gab es nichts zu sehen, die Fenster da unten waren mit Jalousien versehen, die jeden Blick in die Bank verwehrten. Aus seiner Position war der Winkel so spitz, dass er höchstens jemanden erschießen könnte, wenn der sich da unten auf die Fensterbank setzte. - Wenn die Jalousien nicht wären. Seine Position hier oben war seiner Meinung nach total nutzlos.
Dann gab es da noch dieses halbkreisförmige Oberlicht. Aus Klarglas. Extra dick zwar, aber für die Durchschlagskraft seiner PSG-1 kein Problem. Das blöde war nur, auch hier war der Winkel so spitz, dass er durch sein Zielfernrohr grade mal etwas weniger als einen Quadratmeter Boden sehen konnte. Und dieser Quadratmeter befand sich in der Eingangshalle. Zum einen rannte so weit vorn niemand herum, schon gar nicht ein Bankräuber, zum anderen, selbst wenn der Typ durch sein Blickfeld laufen würde, so schnell würde er kaum reagieren können, um einen sauberen Abschuss zu erzielen. Vor allem, wenn er vorher noch Meldung machen musste, dass er schießen konnte und dann noch auf die Freigabe Glockners warten musste. Scheiß Vorschriften!
Erik mahlte mit den Zähnen. Egal, er war hier, er hatte dieses scheißgeile Gewehr – und wenn er Geduld hatte, dann würde er diesem Scheißkerl Wespe und seinem Scheißvorgesetzten beweisen, dass er zum SEK gehörte. Er konnte zum Helden werden, einen Menschen abknallen – und seine Kollegin würde gar nicht mehr anders können, als mit ihm, dem Retter der Geiseln, zu vögeln.
Erik schnaubte wütend durch die Nase. Er wusste, dass er sich etwas vormachte. Aus dieser Position war kein Abschuss zu erzielen. Glockner und Wespe hatten ihn verarscht.
Andy saß auf einem Bürostuhl, behielt die Geiseln im Auge und war mit seinem Fluchtplan noch immer keinen Schritt weiter. Aber einfach aufgeben war keine Option. Im Knast würde er kaputt gehen. Andy konnte sich nichts Schlimmeres vorstellen.
Er fing an umher zu laufen. Die Pistole hatte er die ganze Zeit über in der Hand gehalten. Der Griff fühlte sich verschwitzt an. Die Softair-Pistole hinter seinem Rücken schmerzte. Bestimmt hatte er da schon eine Druckstelle.
Er durchquerte den Besprechungsbereich. Der Oma schien es nicht gut zu gehen, das konnte man sehen. Der Bankangestellte kümmerte sich um sie und tupfte ihr mit einem nassen Taschentuch die Stirn ab. Andy machte sich Sorgen. Nicht, dass die betagte Dame jetzt einen Herzinfarkt oder Kreislaufkollaps bekam. Wegen zuviel Aufregung war schon so mancher im Krankenhaus gelandet. Oder sogar schlimmer.
„Was ist mit ihr?“, fragte er.
„Frau Schenk hat Diabetes. Der Blutzucker ist zu hoch, wahrscheinlich wegen der Aufregung. Ihr geht es wirklich schlecht.“
Andy wurde nervös. Die Oma zitterte am ganzen Körper und sah sehr krank aus. „Was können wir tun?“
Mathilda Schenk hob müde den Kopf. „Nichts, junger Mann. Dauert das hier denn noch lange? Ich wollte doch nur eben schnell ein bisschen Geld abheben. Mein Insulin liegt im Handschuhfach, das brauche ich.“ Sie seufzte schwer.
Die alte Dame tat ihm leid. Irgendwie schien sich alles gegen ihn verschworen zu haben. Ob er die Oma auch noch gehen lassen sollte? Aber sie schien nicht in der Verfassung zu sein, allein die Bank verlassen zu können. Also müsste er die Oma und noch jemand anderes gehen lassen. Andy runzelte die Stirn. Wenn er so weiter machte, hatte er wirklich kaum noch Geiseln übrig. Wahrscheinlich würden dann die restlichen Leute anfangen, Krankheiten zu simulieren, damit er sie ebenfalls frei ließ. „Nein, ich muss Härte zeigen, eine klare Grenze ziehen“, ermahnte er sich.
„Kümmern Sie sich um sie, so gut Sie können.“, befahl er dem Bankangestellten, der das eigentlich sowieso schon tat.
Wieder kreisten seine Gedanken. Wie, zum Teufel, kam er hier mit heiler Haut raus?
Er begann erneut herum zu laufen. Sein Blick fiel wieder einmal auf die Wanduhr. Das Gespräch mit Linda war jetzt genau eine Stunde her.
In diesem Augenblick klingelte das Telefon. Andy stürzte zum Apparat.
„Linda?“
„Erraten! Ihre Stimme klang freundlich, fast fröhlich. „Wie geht es uns so?“
Andy fühlte sich gleich besser. „Ach, Sie sind wohl Krankenschwester. Und ich hatte Sie als Polizistin in Erinnerung. Aber eine Krankenschwester… Mhhh. Auch nicht schlecht!“
„Das hätten Sie wohl gerne!“, lachte sie. „Aber wo wir schon beim Thema sind: Wie geht es denn unseren „Patienten“?“
Andy wurde ernst. „Nicht so gut. Wir haben hier eine ältere Dame. Sie sagt, sie hat Diabetes und braucht Insulin. Sie hat ihr Insulin-Zeug aber im Auto vergessen.“
„Könnten Sie sie nicht freilassen?“, kam es prompt zurück.
„Tut mir leid, aber dieses Mal lasse ich nicht mit mir reden. Keine Chance, sorry!“, entgegnete Andy.
„Einen Moment, Andy.“, sagte Linda. Dann hörte er, wie sie kurz mit einem Mann sprach, wahrscheinlich Glockner. Dann war sie wieder da. „Wir können das Auto öffnen, das ist kein Problem. Wo parkt sie denn? Dann können wir es Ihnen bringen.“
Andy roch sofort eine Falle. „Nein, das geht nicht. Ich will nicht, dass ein Polizist hier hereinkommt. So blöd bin ich nicht.“
„Und eine Polizistin?“, fragte sie ganz unschuldig.
„Hm!“, machte Andy. Zu gern hätte er „ja“ gesagt, um sie wiederzusehen. Verflixte Kiste.
„Bitte, bitte…“ machte Linda.
Andy stöhnte innerlich. Zuckersüß. Verflixte Kiste aber auch!
„Na gut. Wenn Sie es sind! Aber Sie kommen unbewaffnet. Nur Sie und das Insulin. Und die Tür nur einen kleinen Spalt aufmachen!“
„Danke, Sie haben mein Wort. Wo parkt sie denn, haben Sie ein Kennzeichen für mich?“
„Moment!“
Er fragte Frau Schenk nach Ihrem Auto und hob dann den Hörer wieder ans Ohr.
„An ihr Nummernschild kann sie sich nicht erinnern. Sie sagt es sei ein Mercedes und sie hat direkt vor der Bank geparkt. Hinten muss 240 D drauf stehen. – ich hoffe die Beschreibung reicht.“
„Ich glaube schon. Bis gleich, Andy.“ Dann legte Linda auf.
„Gute Nachrichten, Frau Schenk“, rief Andy zu den Geiseln herüber. „Jemand wird das Insulin bringen, dann geht’s Ihnen schnell wieder besser.“
Hauptkommissar Glockner schaute unglücklich drein. „Sie hätten das mit uns vorher absprechen müssen, bevor Sie einfach so in die Bank spazieren wollen.“
Wespe grinste anerkennend. „Aber wie Sie ihn um den Finger gewickelt haben, fantastisch! Ich glaube, das sollte ins Handbuch für Verhandlungen mit Geiselnehmern aufgenommen werden. Meinen Respekt, Frau Kollegin!“
Glockner stand auf. „Ja und ich sehe schon, wie sämtliche Frauenbewegungen das Handbuch wegen Sexismus in der Luft zerreißen und wir beide vorzeitig zwangspensioniert werden, wenn wir das vorschlagen.“, brummte er. „Organisieren Sie das Insulin." Dann wandte sich der Hauptkommissar wieder Linda zu. „Bevor Sie da rein gehen, müssen wir Sie noch verkabeln.“ Er winkte einem der Techniker zu, ihm die benötigten Gerätschaften zu bringen.
Linda legte ihre Dienstwaffe ab. Dann bekam sie ein kleines Mikro, das sie unter ihrem blauen Uniformhemd durchzog und mit einer kleinen Klammer vorne am Mittelstück ihres Büstenhalters befestigte. Hinter ihrem Rücken wurde ein kleines Kästchen in den Gürtel gesteckt und mit dem Mikrofonkabel verbunden. Außerdem erhielt sie einen hautfarbenen Ohrstöpsel. Sie steckte ihn in ihr linkes Ohr und löste ihren Pferdeschwanz. Mit offenen Haaren ließ er sich problemlos verstecken.
„Sehr gut, damit können wir Ihnen direkte Anweisungen geben oder Sie vorwarnen, falls wir eingreifen müssen. Versuchen Sie keine Einzelaktion. Bringen Sie einfach das Insulin herein. Machen Sie sich ein Bild von der Lage. Wo hält er sich am meisten auf, wo befinden sich die Geiseln. Halten Sie Ausschau nach Gegebenheiten, Umständen, nach allem, was wir verwenden können. Sehen Sie es als Aufklärungsmission. Alles klar?“ Hauptkommissar Glockner sah die junge Frau forschend an.
„Kein Problem“, nickte Linda leichthin.
Kurze Zeit später kehrte Wespe zurück. Er hatte ein kleines schwarzes Etui in der Hand und reichte es Linda. „Das ist das Insulin, samt Pen.“
Glockner drückte ihr kurz die Hand. „Seien Sie bitte vorsichtig. Und jetzt los, viel Glück!“
Die beiden Beamten sahen der jungen Frau nach, als sie den Einsatzwagen verließ.
„Sie wird das schon schaffen“, meinte Wespe.
Hauptkommissar Glockner sah seinen langjährigen Kollegen und guten Freund an. „Ja, das denke ich auch. Und jetzt Ruhe, wollen wir mal hören, was unser Freund da drinnen zu sagen hat.“
Andy saß nervös vor dem Telefon und trommelte wartend mit den Fingern der rechten Hand auf dem Schreibtisch vor ihm. Dann öffnete sich endlich die Eingangstür und eine schlanke Frauengestalt schlüpfte durch den Spalt. Andy stand auf, die Waffe in der Hand.
„Hallo Andy“, begrüßte ihn Linda und kam mit selbstsicherem Schritt näher. Neugierig sah sie ihn an. Sie hatte sich schon gefragt, wie Andy wohl unter seiner Skimaske aussah. Eigentlich war er ein gut aussehender Typ. Hoffentlich bedeutete die abgelegte Maske nicht, dass er einen genialen Fluchtplan in der Hinterhand hatte und sowieso alle erschießen würde, die ihn später identifizieren konnten.
Aber das kam ihr unwahrscheinlich vor. Als sie ihm in die Augen sah, war sie sich dessen sicher und atmete auf.
„Hallo Linda“, grüßte er zurück. Er wartete, bis sie nur noch ungefähr drei Meter entfernt war.
„Warten Sie. Halt! Legen Sie das Insulin auf den Boden und stoßen Sie es zu mir herüber.“ Linda tat wie geheißen. Mit dem Fuß bremste Andy die kleine Stoffmappe ab und hob sie auf. Er kontrollierte sie flüchtig, ohne Linda dabei aus den Augen zu lassen. Es war keine Waffe darin, aber mit den Ampullen und dem stiftähnlichen Ding, damit konnte er nichts anfangen.
Linda las in seinem Gesicht. „Ich weiß, wie das geht. Soll ich helfen?“
Andy nickte. „Also gut. Aber die Hände nach oben, so dass ich sie sehen kann. Und dann einmal drehen!“ Der Lauf seiner Pistole beschrieb eine kreisende Bewegung.
Linda tat wie geheißen. „Wir wechseln ständig zwischen Du und Sie hin und her, ist Ihnen das aufgefallen?“, fragte sie, während Andy sie musterte.
„Hm? Ja. Entschuldigen Sie bitte. Also soll ich Sie jetzt nicht mehr mit „Linda“ ansprechen?“ Andy genoss es, die junge Frau ganz ungeniert betrachten zu dürfen. Sie trug die goldbraunen Haare jetzt offen, was ihm gut gefiel. Genauso wie ihr dunkler Teint, vielleicht vererbt von einer spanischen Mutter. Sein Blick wanderte von ihrem hübschen Gesicht abwärts über den Hals und streifte über das blaue Uniformhemd. Was für eine Figur! Er erwischte sich, dass er ihr unverblümt auf den Po starrte.
Sie beobachtete ihn über ihre Schulter! Schnell hob er den Kopf - und schluckte verlegen.
„Doch, Sie können ruhig Linda zu mir sagen.“ Sie lächelte. „Und, überzeugt, dass ich unbewaffnet bin?“
Andy nickte und deutete auf die geöffnete und offensichtlich leere Pistolentasche an ihrem Gürtel. „Bitte entschuldigen Sie. Vorsicht ist besser als Nachsicht.“
Linda deutete auf die Geiseln, die sie weiter hinten entdeckt hatte. „Darf ich?“
Andy trat beiseite und machte so den Weg für sie frei. Er folgte ihr in einigem Abstand.
„Eigentlich schade, dass er auf die schiefe Bahn geraten ist“, dachte sie. Sich von ihm betrachten zu lassen, hatte ihr nichts ausgemacht. Und wie er ein bisschen rot geworden war, als sie ihn erwischte hatte, als er ihr auf den Po starrte, das war schon süß. Generell hatte sie sich Bankräuber anders vorgestellt. So grobschlächtige unrasierte Brutalos halt. Oder dürre hakennasige Geiergesichter mit stechendem Blick. Andy dagegen wirkte gepflegt. Gut, seine Kleidung war nicht mehr die neueste und dieses ockerfarbene Hemd war in ihren Augen eine Zumutung, aber vermutlich hatte er sich die Sachen selbst zusammengestellt. Manche Männer konnten in dieser Hinsicht unglaublich unbegabt sein. Er war größer als sie, mit einer athletischen Figur, an der kein Gramm Fett zu viel zu sein schien. Ihn zu überwältigen war ausgeschlossen. Wenn, dann brauchte sie seine Waffe.
Sie stellte sich den Geiseln vor. Zum Glück war niemand hysterisch, alle wirkten gefasst und ruhig. Aber die alte Dame sah zum Fürchten aus.
Andy lehnte sich an einen Tisch. Frau Schenk wirkte apathisch, sie war leichenblass und schien nur noch vor sich hin zu dösen. Er bekam es mit der Angst zu tun. Sie reagierte auch nicht, als Linda sie ansprach.
Kurz entschlossen wandte sie sich Andy zu. „Ich verstehe ja, dass Sie Geiseln brauchen, aber sie muss so schnell wie möglich in ein Krankenhaus!"
„Aber wir haben doch das Insulin“, schaute er sie verzweifelt an.
„Die Frau braucht professionelle Hilfe, einen Notarzt, sehen Sie sie sich doch bitte mal an!“
„Ja, ja, ich seh’s ja selbst.“ Mit der Pistole in der einen Hand und der Insulinmappe in der anderen massierte sich Andy mit den Daumenrücken die Schläfen und dachte nach.
„Was muss ich tun, damit Sie sie gehen lassen?“ Linda sah ihn verzweifelt an.
Das erste, was Andy spontan in den Sinn kam, war, dass er einen Kuss von ihr wollte. Er rief sich zur Ordnung. „Du bist ein Spinner“, schalt er sich im Stillen. Jetzt, in dieser Situation so einen Blödsinn zu denken. Er musste sich zusammenreißen. Gut, er war schon viel zu lange solo, aber eine seiner stärksten Charaktereigenschaften war doch immer gewesen, sich auf das Wesentliche konzentrieren zu können, wenn es darauf ankam. Auf Linda.
Nein, auf die Geiseln, natürlich!
„Dauernd lasse ich Geiseln gehen, ohne etwas dafür zu bekommen. Das kann doch so nicht weitergehen.“ Fast entschuldigend hob er die Achseln.
„Und wenn Sie mich dafür bekommen?“, schoss es intuitiv aus ihr heraus. Der Gedanke war ganz plötzlich da gewesen und ohne weiter darüber nachzudenken, hatte sie ihn auch schon ausgesprochen.
„Wie meinen Sie das?“, fragte Andy perplex.
„Ich schlage einen Austausch vor. Sie lassen die Geiseln gehen und behalten mich dafür hier.“
Im Einsatzwagen schlug Hauptkommissar Glockner mit der Faust auf den Knopf, der das Tischmikrofon aktivierte. „Was machen Sie denn? Wir hatten das doch ganz anders abgesprochen.“ Aber Linda konnte natürlich nicht antworten.
„Abwarten, Chef. Ruhig Blut.“ Wespe grinste. „Inzwischen glaube ich, die Frau würde sogar den Eskimos Kühlschränke aufschwatzen können, wenn sie wollte.“
„Mag ja sein, aber ich trage für diese unausgebildete junge Dame die Verantwortung. Wenn das schief geht…“ Glockner formulierte den Gedanken nicht aus.
Andy schüttelte den Kopf. „Kommt mir spanisch vor. Ich soll also sämtliche Geiseln gehen lassen und behalte dafür eine waschechte ausgebildete Polizeibeamtin hier. Außerdem sind Sie doch bereits in meiner Gewalt. Irre ich mich, oder kann ich Sie nicht sowieso als Geisel hier behalten!“ Triumphierend sah er die junge Beamtin an.
Linda kam ihre eigene Idee inzwischen auch wahnwitzig vor. Kein Wunder, dass Glockner ihr ins Ohr gebrüllt hatte. Was hatte sie sich nur gedacht! Natürlich hatte Andy abgelehnt. Aber sich selbst als Geisel anzubieten war das eine, unfreiwillig als Geisel genommen werden, das schmeckte ihr dagegen gar nicht. Angriffslustig funkelte sie ihn an: „Das würde ich an Ihrer Stelle nicht tun! Wenn Sie mich gegen meinen Willen als Geisel nehmen, wird gestürmt, das kann ich Ihnen versichern! Dann ist die Sache hier aus und vorbei! Aber egal, es war nur ein Vorschlag, geben Sie mir die Insulinmappe, damit ich meine Aufgabe erledigen kann und dann gehe ich wieder.“
Andy wollte nicht, dass Linda ging. Und das sie jetzt so unfreundlich klang, tat ihm fast körperlich weh. Und wenn er schon eine Geisel brauchte, dann war ihm Linda sowieso viel lieber. „Also Sie bleiben hier, wenn ich die anderen gehen lasse?“
Sie stemmte die Hände in die Hüften. „Ja. Und glauben Sie mir, auf eine einzelne Geisel aufzupassen ist auch unproblematischer, als auf deren vier. Ich gebe Ihnen mein Wort, wenn Sie dem Austausch zustimmen, wird auch nicht gestürmt. Also?“
„Also gut!“ Er winkte mit der Pistole seinen Geiseln zu. „Ihr könnt gehen.“
Im Einsatzwagen schlug sich Wespe auf den Schenkel. „Die Frau ist der Wahnsinn! Falls wir stürmen, werden wir auf keinen Fall zivile Opfer haben. Jetzt müssen wir nur noch unsere Polizistin da wieder herauskriegen. Und abhören können wir ihn auch noch!“ Er drückte die Sprechtaste auf seinem Funkgerät. „Bereit machen, vier Geiseln kommen raus.“
Glockner rieb sich die Augen. „Ich hätte nie geglaubt, dass er sich darauf einlässt. Sie hat dem Mann acht von acht Geiseln aus den Rippen geleiert! So wie die Sache läuft, braucht sie einfach nur Zeit zum Verhandeln. Üben wir uns in Geduld und lassen sie machen. Vielleicht kann sie ihn zur Aufgabe überreden. Wir halten uns natürlich trotzdem in Bereitschaft.“
Er aktivierte erneut sein Tischmikrofon. „Gut gemacht, Linda. Machen Sie weiter!“ Dann lehnte sich der Hauptkommissar zurück und schüttelte ungläubig den Kopf.
Das Funkgerät, das vor ihm auf dem Tisch lag, rauschte kurz. „Achtung, sie kommen! Werden abgeholt!“, meldete einer seiner Männer. Glockner und Wespe eilten zur Tür und spähten ins Freie. Tatsächlich, mehrere SEK-Kollegen zerrten im Eilschritt zwei Männer und eine Frau über die Strasse. Eine ältere Frau wurde getragen.
Zufrieden kehrte Glockner zurück in die Einsatzzentrale. Wespe machte sich auf, um die befreiten Geiseln zu befragen. Kurz darauf raste ein Krankenwagen mit Sirenengeheul los.
Wespe kam wieder herein und winkte direkt ab. „Keine neuen Erkenntnisse. Frau Schenk wird sich wieder erholen. Den Anderen geht’s soweit ganz gut, sie werden jetzt psychologisch betreut. Unglaublich! Alle vier hatten Sorge, dass wir den Kerl erschießen. Vielleicht erste Anzeichen fürs Stockholm-Syndrom." Er deutete zum Lautsprecher: "Und, gibt’s in der Bank was Neues?“
Glockner schüttelte den Kopf. „Immer langsam mit den jungen Pferden.“ Ob er damit die junge Beamtin meinte, die auf dem besten Wege war, in sein Team aufgenommen zu werden, ließ er offen.
Linda hatte sich gesetzt und die Beine überschlagen. Andy lehnte lässig an einem Tisch und betrachtete sie stumm. Die Pistole hielt er locker in einer Hand.
Linda ließ den Blick in der Bank herumschweifen. Immer wieder kehrte ihr Blick zu Andy zurück, der sie nicht aus den Augen ließ. Schließlich ergriff sie das Wort: „Und nun?“
Andy verlagerte das Gewicht von einem Fuß auf den anderen. „Ich weiß auch nicht“.
„Ja aber, Sie müssen doch irgendeinen Plan haben, wie lange wollen Sie denn hier ausharren?“, fragte sie.
Andy lachte humorlos auf. „Wie heißt es so schön: Kein Plan überlebt die erste Feindberührung. - Ich hatte nie vor Geiseln zu nehmen, das müssen Sie mir glauben.“
Linda schüttelte den Kopf. „Ich verstehe gar nicht, warum man so etwas überhaupt versuchen kann. Von fünf Bankräubern wandern laut Statistik vier ins Gefängnis.“
„Aber ich hatte keine Wahl, ...“, versuchte sich Andy zu verteidigen.
Sie wischte den Einwand beiseite: „Man hat immer eine Wahl! Es tut mir leid, wenn ich das so ehrlich sagen muss, aber der Überfall war eine Dummheit. Das Beste, was Sie jetzt noch machen können, ist sich zu ergeben.“
Andy versteifte sich. „Das kommt nicht in Frage, dann lande ich ja im Knast bis ich alt und grau bin – und wofür? Nichts, ich stehe mit leeren Händen da! Es kann doch nicht alles umsonst gewesen sein.“
„Was heißt alt und grau. Wenn ich schätzen müsste, würde ich sagen, dass Ihnen um die fünf bis zehn Jahre Gefängnis drohen. Dann sind Sie immer noch mitten im Leben, wenn Sie wieder auf freien Fuß sind.“
„Was nützt mir das? Ich bin verzweifelt. Ich habe nichts zum Leben, ersticke in Schulden und bin arbeitslos. Und was wäre in zehn Jahren besser? Ich hätte wieder nichts zum Leben, nach wie vor meine Schulden, wäre immer noch arbeitslos und als Bonus dazu, ein Ex-Knacki.“
Zuerst hatte Andy sich nur rechtfertigen wollen. Aber je mehr er erzählte, desto mehr kam er in Fahrt. Viel zu lange schon hatte er niemanden gehabt, mit dem er „einfach Mal reden“ konnte. Eine Person, die sich seine Sorgen anhörte. Er erzählte von seiner erfolgreichen Zeit, als er noch sein kleines Unternehmen gehabt hatte. Wie er von skrupellosen Geschäftspartnern betrogen und in den Ruin getrieben worden war, weil er sich zu dieser Bürgschaft hatte überreden lassen. Und von seiner damaligen Freundin, die ihn, nachdem er sie nach seiner Pleite nicht mehr mit Geschenken überhäufte, prompt für ein arrogantes, Porsche fahrendes Schwein verlassen hatte. Er ließ sich aus, über die Augenwischerei der Politiker, die auf der einen Seite generös debattierten und beschlossen, dass man fünf Euro mehr im Monat bekam, aber unter den Tisch fallen ließen, dass auf der anderen Seite die Preise immer höher stiegen und man zugleich immer weniger Zusatzleistungen beantragen konnte.
Linda war eine verständnisvolle Zuhörerin. Sie ermunterte ihn mit kleinen Zwischenfragen oder Bemerkungen weiterzusprechen. Das war kein „taktisches“ Manöver oder eine Frage der Höflichkeit, sondern ehrliches Interesse. Natürlich war ihr klar gewesen, dass Andy aus Geldnot die Bank überfallen hatte. Aber als sie nun die Hintergründe und seine Lebensgeschichte erfuhr, fühlte sie sich allmählich mit ihm verbunden. Nicht jeder Kriminelle war ein böser Mensch. Das wurde ihr mit aller Deutlichkeit bewusst. Je länger sie mit ihm zu tun hatte, desto mehr war sie sich sicher, dass er eigentlich ein herzensguter Kerl war.
Mehr zufällig fiel Andys Blick auf die Wanduhr. Dann wurde ihm bewusst, dass er Linda zuschwafelte – und das seit geraumer Zeit. Er stieß sich vom Tisch ab.
„Entschuldigung, das alles interessiert Sie sicher gar nicht.“
„Das ist in Ordnung, wirklich“, beeilte sich Linda zu sagen.
Andy deutete auf die Wanduhr. „Komisch, sonst hat man mich zu jeder vollen Stunde angerufen. Aber Glockner ist seit 40 Minuten überfällig.“
„Ich bin ja jetzt hier, vielleicht deswegen“, versuchte Linda eine Erklärung zu liefern.
Hauptkommissar Glockner richtete sich auf. Die Unterhaltung der beiden war nicht wirklich interessant gewesen. Natürlich hätte er anrufen müssen. Er schaute Wespe an, der ihm prompt den Hörer reichte und die Wahlwiederholung drückte.
„Trotzdem komisch, dass es Ihre Kollegen gar nicht kümmert, wie es Ihnen hier geht“, wunderte sich Andy. Doch in diesem Augenblick klingelte das Telefon.
„Ob man bei Ihrem Kollegen wohl auch etwas zu essen bestellen kann?“, witzelte Andy. Ohne darüber nachzudenken lief er an Linda vorbei um abzunehmen.
Linda war überrascht. Die ganze Zeit hatte er einen sicheren Abstand eingehalten. Sollte sie versuchen nach der Pistole in seiner Hand zu greifen? Aber dann war die Chance auch schon vertan und er war an ihr vorbei. Hinter seinem Rücken hatte er eine zweite Waffe, die im Hosenbund steckte. Ohne groß darüber nachzudenken sprang sie auf, ergriff die Waffe und hielt sie ihm in derselben Bewegung an den Hinterkopf: „Stopp!" Andy blieb wie angewurzelt stehen.
Sie musste den Überraschungsmoment ausnutzen, die Initiative behalten. „Lass die Waffe fallen!“, befahl sie, während sie versuchte den Sicherungshebel an der Pistole mit dem Daumen zu lösen.
„Was ist da los?“, plärrte es in Ihrem Ohr. „Sollen wir stürmen?“ Das war Glockner und er klang ziemlich aufgeregt.
Der verdammte Sicherungshebel ließ sich einfach nicht betätigen. Sie sah genauer hin. Der Hebel war kein Hebel, sondern Teil des Pistolenmetalls. Die Waffe war eine Attrappe! Sie schloss vor Entsetzen die Augen. Als sie sie wieder öffnete, begegnete sie Andys Blick. Stumm und offensichtlich schwer enttäuscht sah er sie an, während er auf ihre Magengegend zielte. Mit einem Schlag wurde ihr klar, dass er die Dienstwaffe des Wachmanns auf sie gerichtet hatte – und die war ohne jeden Zweifel echt.
Sie fühlte sich schuldig, dabei hatte sie doch nur ihre Pflicht erfüllen wollen.
Noch immer klingelte das Telefon. Andy ging rückwärts zum Schreibtisch und nahm ab. „Ja?“
„Andy?“, fragte Glockner.
„Wer sonst?“, fragte Andy grantig zurück.
„Ähm, ist alles in Ordnung bei Ihnen?“ Der Hauptkommissar klang besorgt.
„Ja. Aber ich habe die Waffe im Anschlag. Wenn Sie die Bank stürmen, werde ich die Geisel erschießen.“ Er knallte den Hörer auf den Apparat.
Linda fühlte einen kleinen Stich im Herzen. Zur bloßen Geisel degradiert zu werden, das fühlte sich so falsch an. Es kam ihr vor, als würden sie sich bereits seit Jahren und nicht erst seit ein paar Stunden kennen.
„Bitte…“, begann sie.
„Nehmen Sie die Handschellen aus Ihrem Gürtel!“, unterbrach er sie in schroffem Ton. „Und werfen Sie die Schlüssel rüber.“
Sie reagierte wie in Trance. Er fing die Schlüssel mit einer kurzen Handbewegung auf. Andy wirkte irgendwie kalt. Ruhig und entschlossen.
Im Einsatzwagen herrschte Aufregung.
„Verdammt, was war das?“ Glockner war aufgestanden, stützte sich mit beiden Händen am Tisch ab und versuchte anhand dessen, was Lindas Sender übermittelte die Situation einzuschätzen.
„Klang fast so, als hätte sie ihm eine Pistole abgenommen.“, warf Wespe ein.
„Ruhe“, befahl Glockner. Er runzelte die Stirn. Jetzt war zu hören, wie Andy Anweisungen gab. Zumindest schien es Linda gut zu gehen.
Linda fühlte den kalten Marmor an Ihrem Rücken. Sie stand an einer der dünnen Säulen und legte sich ihre eigenen Handschellen an, so wie Andy es befohlen hatte. Sie beugte sich kurz zur Seite um zu zeigen, dass sie sich wirklich an die Säule gefesselt hatte. Andy legte die Pistole auf den Schreibtisch. Dann trat er näher. Langsam öffnete er seinen Gürtel und zog ihn aus den Schlaufen.
Linda wurde mulmig zumute. Was hatte Andy vor? Wollte er sie vergewaltigen? Aber dafür machte man den Gürtel ja nur auf und zog ihn nicht gleich aus der Hose. Ihre Gedanken rasten. Das Herz hämmerte wie wild in Ihrer Brust. „Er wird mich auspeitschen“, dachte sie noch. Dann war er auch schon hinter sie getreten ... und band ihre Füße mit dem Gürtel an die Säule fest.
„Geht nicht anders“, erklang Andys Stimme hinter ihr. Nicht, dass du Karate kannst und mich K.O. trittst.
„Warum machst du das?“, fragte sie zaghaft.
„Ich habe da inzwischen so einen Verdacht.“ Andy kam hoch und baute sich vor ihr auf.
„Ich muss dich durchsuchen. Und da du offensichtlich nur auf eine Chance wartest um mir in den Rücken zu fallen, geht es nur auf diese Weise.“ Linda schwieg betroffen. Plötzlich fiel ihr das Sendegerät ein, das sie auf ihrem Rücken trug. Natürlich würde er es finden – und ihn in seinem Glauben, sie spiele ein falsches Spiel nur noch bestärken.
Wie würde er reagieren? Sie war ihm wehrlos ausgeliefert! Linda versuchte die aufkommenden Schreckenszenarien aus ihren Gedanken zu verdrängen. Aber das flaue Gefühl in ihrer Magengrube blieb.
Andy ging in die Hocke und fing mit dem rechten Fußgelenk an. Langsam und vorsichtig tastete er sich an ihrem Bein hoch. Je höher er kam, desto unruhiger wurde Linda. „Jetzt press die Beine nicht so zusammen, ich tu schon nichts!“, erklang es von unten. Sie versuchte sich etwas zu entspannen.
Jetzt war er an ihrem Oberschenkel. Mit leichten klopfenden Bewegungen arbeitete er sich an ihr hoch.
Andy schüttelte in Gedanken den Kopf. „Warum nur hatte sie ihn so hintergangen? Weil sie es musste, weil es ihr Job ist!“, gab er sich selbst die Antwort. Er konzentrierte sich auf die Durchsuchung. Lindas Nähe verwirrte ihn. Und er musste sich eingestehen, dass es ihm gefiel sie zu berühren. Sein Zorn verflog, es zu genießen war viel wichtiger!
Hilflos stand Linda vor ihm. Nun war das andere Bein dran. Dieselbe Prozedur, nur dieses Mal streichelten sein Hände mehr, als dass er sie abklopfte. Es gab sicher Unangenehmeres. Linda beobachtete gebannt, wie Andy sich der Innenseite ihres Oberschenkels widmete – und wieder anständigerweise ab einer gewissen Höhe seine Hände wegnahm.
Sie atmete auf und wurde wieder selbstsicherer. Ein Glück, dass er ein Gentleman war.
Andy strich über ihre Hüftseiten, umfasste dann ihren Po – und drückte einmal herzhaft zu.
„He!“, protestierte sie.
„Entschuldigung“, kam es von unten genuschelt. „Ich konnte nicht widerstehen“.
Linda verdrehte die Augen. Soviel zum Thema „Gentleman“, lächelte sie in sich hinein.
Er richtete sich auf und setzte die Durchsuchung fort. Seine Hand ertastete den Funksender, der hinten in ihrem Hosenbund steckte.
„Hab’ ich’s mir doch gedacht.“ Er zog das Kabel ab und holte das kleine Gerät hervor. „Da hätte ich schon eher drauf kommen müssen. Andy legte den Funksender auf den Tisch ab, kam zurück und schaute sie prüfend an.
„Oje“, schoss es ihr durch den Kopf.
Sie war froh, dass er nicht mehr böse auf sie war. Vorhin noch, hatte sie die schlimmsten Befürchtungen vor seiner Reaktion gehabt. Nun verspürte sie ein leichtes Kribbeln im Bauch und wie er sie jetzt ansah… Schüchtern senkte sich ihr Blick.
Langsam und bedacht setzten sich seine Hände wieder in Bewegung und öffneten den obersten Knopf ihres Uniformhemdes.
Linda stockte der Atem. „Was machst du da?“
„Wonach sieht es denn aus?“, entgegnete er ruhig. Ohne sich aufhalten zu lassen, machte er sich an dem zweiten Knopf zu schaffen. Er konzentrierte sich, nur an dem Knopf herumzunesteln. Er hatte ihr zwar an den Po gefasst, aber an ihrem Busen herum zu drücken, das erschien ihm dann doch zu aufdringlich. Leider war der Preis für diese Rücksichtsnahme, dass er wie ein Tollpatsch mit einem einfachen Knopf kämpfte. Mit jedem Atemzug, den sie tat, hob und senkte sich Lindas Brust immer deutlicher. Andy rang um seine Konzentration. Endlich war es geschafft. Der Stoff eines schwarzen BH blitzte durch.
Der dritte Knopf ließ sich sofort öffnen und der vierte sowieso. Als würde er ein Geschenk auspacken, zog er die Hemdhälften auseinander und ein Stück über ihre Schultern. Linda schloss die Augen.
In der ganzen Bank herrschte eine gespannte Stille.
Das schwarze Kabel kam hinter ihrem Rücken hervor, führte links über die Hüfte zu ihrem Bauch und von dort hoch zu ihrem BH, aus dem sich Ihre Brüste mit jedem Atemzug etwas hervorwölbten.
Andy konnte nicht widerstehen. Mit der Spitze seines Zeigefingers glitt er an dem Kabel entlang. Linda hielt die Augen geschlossen und konzentrierte sich darauf, wie er von ihrer Hüfte aufwärts über ihre Haut strich, bis zu jener Klammer, mit der das Mikrofon befestigt war. Dann nahm er das kleine Ding ab.
Plötzlich klingelte wieder das Telefon. Linda schrak zusammen. Genauso wie Andy. Er lächelte ihr zu, dann ging er zum Schreibtisch und nahm ab.
„Oh Gott“, dachte Linda. „Was tun wir hier!“ Es kam ihr so surreal vor. Aber was er da machte… Es gefiel ihr. Hoffentlich kam jetzt nicht die Einsatztruppe herein! Die würde sich über den Anblick, den sie bot, sicher wundern. Sie sah sich schon als Kantinengespräch sämtlicher Reviere.
Andy presste den Hörer ans Ohr. „Ja?“
„Hier Glockner. Sie haben offensichtlich Lindas Funkempfänger entdeckt. Geht es meiner Kollegin gut?“
Andy hielt den Hörer in Lindas Richtung. „Er will wissen, ob es dir gut geht.“
„Äh ja“, rief Linda verdattert. „Es geht mir sehr gut!“
„Danke für Ihren Anruf“, sagte Andy und beendete das Gespräch. Er hatte schließlich viel Wichtigeres zu tun, als herumzutelefonieren.
Dann kehrte er mit langsamem Schritt zu Linda zurück. Es war ziemlich offensichtlich, dass er dabei den Anblick, den sie ihm bot, in vollen Zügen genoss. „Langsam kommt er mir vor wie ein Vater, der Angst hat, dass seine Tochter nicht pünktlich wieder zu Hause abgeliefert wird.“
Sie kicherte. „Dabei bist du doch der perfekte Gentleman“.
„So? Meinst du? Ich kann auch anders“, lachte Andy.
Linda nickte. „Ich merke schon, du könntest mir gefährlich werden.“
Andy schmunzelte. Dann sah er sie fest an. „Du bist wunderschön.“
„Ähm, danke!“ Linda versuchte einen Knicks. Das ging nur leider nicht, gefesselt wie sie war.
Unvermittelt wurde Andy wieder ernst. Er trat noch dichter an sie heran und schwieg.
Mit einer sanften Bewegung strich er ihr das Haar hinter das linke Ohr. - Und entdeckte den Ohrstöpsel.
Es kam ihm vor, als würde er aus einem Traum gerissen. Das kleine Gerät auf seiner Handfläche war wie ein Symbol, ein Weckruf zur bitteren Realität.
Linda war hier bei ihm, weil sie Polizistin war. Was machte er sich vor? Er war ein Verbrecher! Nur deshalb gab sie sich mit ihm ab. Er war nur ihre Arbeit. Eine so intelligente und atemberaubend schöne Frau wie sie, mit einem so wunderbaren Wesen – und diesen schalkhaft blitzenden Augen, wenn sie lachte…
Es war fast Frevel, dass er … etwas für sie empfand.
Mit einem Ruck drehte er sich um, ging zum Schreibtisch und legte den Ohrstöpsel ab. Es war an der Zeit, der Wahrheit ins Auge zu blicken. Ihm wurde bewusst, dass es keine Flucht geben würde.
Aber das Schicksal hielt noch ein allerletztes Geschenk für ihn bereit.
Andy kehrte zu ihr zurück und blickte ihr fest in die Augen.
Sie sah zu ihm auf und wartete.
„Ich kann dich nicht länger als Geisel benutzen. Du bist etwas Besonderes.“ Mit diesen Worten beugte er sich vor und küsste sie. Als sich ihre Lippen berührten wurde Linda fast schwindelig. Es war so viel Gefühl in diesem Kuss. Und er schmeckte so gut.
Seine Nähe, sein Geruch… Sie genoss es und wünschte sich, der Augenblick würde nie vergehen.
Dann war es vorbei.
„Du Schuft!“ schimpfte sie.
Andy sagte nichts. Sie spürte, irgendetwas stimmte nicht.
Er wandte sich ab, ging zum Schreibtisch und nahm die Pistole an sich.
„Was hast du vor?“
„Ich gehe etwas vor die Tür“, entgegnete er ruhig.
„Du willst dich ergeben?“
„Es macht keinen Sinn, jahrelang ins Gefängnis zu gehen, nur um auf ein noch mieseres Leben, als es jetzt bereits ist, zu warten. Ich habe keine Zukunft mehr. Mein Banküberfall nimmt jetzt ein kurzes, aber aufregendes Ende.“
„Nein! Das darfst du nicht tun!“, flüsterte sie entsetzt.
„Linda, du bist keine Geisel mehr. Ich ziehe einen Schlussstrich. Danke, dass du mir zugehört hast. Und danke für den schönsten Kuss meines Lebens. Für mich das beste Ende, das es geben konnte!“
Mit diesen Worten wandte er sich um und ging.
„Geh’ nicht! Lass mich deine Zukunft sein!“, verzweifelt beugte sie sich vor.
Aber er ging weiter.
Traurig schlug sie die Augen nieder. Es war vorbei. Was immer sie jetzt noch sagte, es würde ihn nicht mehr aufhalten. Sie konnte nicht mit ansehen, wie er sie verließ - wie sie ihn für immer verlor.
Andy wusste, wenn er jetzt nicht weiterging, würde es ihm nur noch schwerer fallen, es durchzuziehen. Er entschloss sich, mit den Gedanken an Linda zu sterben. Noch einmal sah er vor seinem inneren Auge, wie er das Telefon auflegte und langsam auf sie zuging. Wie sie dagestanden hatte, in ihrem geöffneten Uniformhemd. Atemberaubend schön und verführerisch. Wenn er erst einmal tot war, würden ihre Kollegen sie befreien. Sie halbnackt vorfinden...
Andy blieb abrupt stehen.
Das ging natürlich nicht!
Schließlich drehte er sich um, ging noch einmal zurück und begann ihr Hemd zu schließen. Sie war blass und hatte ihr hübsches Gesicht weggedreht. Und sie weinte. Um ihn? Mit dem Rücken seines Zeigefingers strich er die Spuren ihrer Tränen fort. Doch es kam sofort eine neue nach. Er küsste die Träne weg.
Sie öffnete die Augen, suchte seine Lippen und fand sie. Andy ließ die Pistole achtlos fallen. Ihre Küsse wurden immer leidenschaftlicher. Sie biss ihm leicht in die Unterlippe. Er küsste sich an ihrem Kinn herunter. Linda bot ihm den Hals dar und seufzte. Während sich seine starken Hände unter ihr Hemd schoben und über ihren nackten Bauch streichelten, wanderten seine Lippen immer tiefer, fanden den Weg zu Ihren Brüsten und fingen an auch diese zu liebkosen.
„Mach mich los.“, hauchte sie.
Andy fiel es schwer aufzuhören. Aber er ließ von ihr ab.
Sie bog leicht den Rücken durch. Der Anblick raubte ihm den Atem und er wurde zu Wachs in Ihren Händen. Was immer sie von ihm verlangte, er würde alles tun!
Noch immer streckte sich ihr Oberkörper ihm auffordernd entgegen und sie atmete schwer. Wie verlockend sie aussah. Mit zitternden Händen nahm er die Schlüssel vom Tisch, kehrte zu Linda zurück und befreite sie von den Handschellen und dem Gürtel.
Linda war kaum frei, als sie auch schon in seine Arme flog. Sie küssten sich immer wilder und leidenschaftlicher. Er drängte sie zum Schreibtisch, während sie ihm das Hemd über den Kopf zog und es seitlich fallen ließ, wobei es ganz aus Versehen im Papierkorb landete. Andy packte sie an den Hüften und setzte sie auf den Tisch. Zarte Hände streichelten über seinen Oberkörper und ertasteten die Muskeln seiner starken Arme. Unbewusst reagierte sie auf sein leises Knurren mit einem leichten Stöhnen.
Das Blut jagte durch seine Adern, sie brachte ihn damit um den Verstand! Das Uniformhemd, das er vorhin zur Hälfte geschlossen hatte, ließ sich schon wieder nicht aufknöpfen. Mit einem Ruck riss er es auf und schleuderte es fort. Er küsste ihre Kehle, spürte mit den Lippen ihren Puls, während seine Hände an dem Verschluss ihres Büstenhalters nestelten. Er öffnete ihn und streifte ihn ab. Gierig nahm er den Anblick ihrer bloßen Brüste in sich auf. Dann senkte er den Kopf, umschloss mit seinem Mund eine der Brustwarzen und begann sie spielerisch zu umkreisen und zärtlich an ihr zu saugen.
Linda streichelte mit einer Hand über seine breiten Schultern, mit der anderen fasste sie in seinen Schopf und zerzauste sein Haar. Keck hatten sich ihre Brustwarzen aufgerichtet und er konnte kaum genug von ihnen bekommen.
Als er den Kopf hob, fanden sich ihre Lippen ein weiteres Mal. Erneut kämpften und balgten die Zungen miteinander, während sie sich an seiner Hose zu schaffen machte.
Andy wollte sich revanchieren, hatte aber Schwierigkeiten mit dem Polizeigürtel.
Linda half ihm und streifte, noch immer auf dem Tisch sitzend, auch die Uniformhose ab. Mit einem wölfischen Lächeln im Gesicht, begann er langsam an ihrem Stringtanga zu ziehen. Sie hob beide Beine an und ließ ihn gewähren. Mit aufmerksamem Blick verfolgte er, wie der dünne Stoff über ihre Haut glitt und schließlich die Schamlippen freigegeben wurden. Sein Adamsapfel hüpfte aufgeregt auf und ab, als er realisierte, dass ihre Vulva komplett haarlos war. Wieder jagte Feuer durch seine Adern, mit ihrem traumhaften Körper machte sie ihn schier wahnsinnig vor Lust.
Der Stringtanga fand ebenfalls seinen Weg zum Boden. Linda richtete sich auf und zog Andy zu sich heran. Sie streifte seine Unterhose ein ganzes Stück weit herunter und umfasste seinen hervorspringenden, steil aufragenden Luststab mit ihrer Hand. Er spürte die Kühle ihrer schlanken Finger, die an seinem heißen Glied spielten. Es war unbeschreiblich schön. Sie drückte leicht zu und fuhr dann mit dem Daumen über den Rand seiner freigelegten Eichel. Das Gefühl war so intensiv, dass ihm der Atem stockte und er sie unkontrolliert mit einem Ruck an sich presste.
Dann drückte Andy ihren Oberkörper auf die Tischplatte.
Seine Hand glitt an ihr herunter und ruhte schwer auf ihrem Busen, während sein Kopf sich in ihren Schoß senkte. Mit der anderen Hand umfasste er ihre Körperseite. Sie legte die Beine auf seinen Armen ab und genoss die wilde und forschende Zungenspitze, die sich einen Weg zwischen ihren Schamlippen suchte. Gleichzeitig massierte er mit langsamen aber kraftvollen Bewegungen ihren Busen. Als Andy ihre Liebesperle fand und malträtierte, bäumte sich Linda auf und bog mit einem lauten Stöhnen ihren Rücken durch. Ihre Hände wühlten in seinen Haaren und hielten ihn dort unten fest. Für Andy gab es nun kein Halten mehr. Unablässig spielte sich seine Zunge durch ihre Lustspalte, um dann wieder ihre empfindlichste Stelle zu suchen. Für ihre überreizte Klitoris gab es kein Entkommen, vergebens versuchte sie seinen Kopf etwas wegzuschieben. Es fühlte sich unglaublich gut an. Ihr Unterleib begann unkontrolliert zu zucken und dann spürte sie, wie die Gefühle in ihr explodierten. Ein Orgasmus löste den nächsten ab und sie schrie ihre Lust ungehemmt und unkontrolliert heraus. Nach einer kleinen Ewigkeit ebbten die Orgasmuswellen endlich ab und mit zitternden Beinen fand sie ihre Sprache wieder. „Nicht… weiter… das ist so empfindlich“, bettelte sie.
Andy hob den Kopf und sah sie lächelnd mit einer Mischung aus Stolz und Zufriedenheit an. Seine Schultern brannten. Wie eine Wildkatze hatte sie sich in sein Fleisch gekrallt und dabei mehrere blutige Striemen hinterlassen.
Linda hätte nie geglaubt, dass das eben Erlebte überhaupt möglich war. Glücklich umschlossen ihre Hände sein Gesicht. Sie zog ihn über sich, bereit sich ihm hinzugeben. Sie wollte ihn tief in sich spüren, ihn mit all ihrer Liebe umfangen.
Ihre Unterkörper pressten sich aneinander, während ihre Zungen miteinander spielten. Mit einer Hand griff Andy herunter und half etwas nach, sein Glied an ihrem Scheideneingang anzusetzen. Dann endlich teilte seine Eichel ihre Schamlippen und er schob langsam den Unterkörper immer weiter vor. Er beobachtete sie, schaute in ihr hübsches Gesicht, als er behutsam in sie eindrang. Linda war aufregend eng, er dagegen hatte die größte Erektion seines Lebens. Ihre Blicke trafen sich, hielten sich aneinander fest. Vorsichtig glitt er ein Stück zurück um dann von neuem tief in sie einzudringen. Nach einigen Stößen wurde sein Tempo immer schneller. Dabei stieß er eine Mischung aus leisem, aber kraftvollem Knurren und Ächzen aus, während sie ihn mit lockendem Stöhnen immer mehr anspornte. Linda fühlte, wie sich schon wieder ein Höhepunkt anbahnte, wieder begann tief in ihr drin das vertraute Zusammenziehen, als sich plötzlich zu ihrem Lustschreien das Läuten des Telefons mischte.
„Geh nicht dran.“, brachte sie ohne groß darüber nachzudenken hervor, aber Andy griff bereits zum Hörer.
Er hielt inne und genoss das Gefühl in ihr zu sein, während er sich meldete.
„Ja, was gibt’s?“, fragte er, etwas außer Atem.
Glockner schien das nicht mitzubekommen.
„Ich bin etwas besorgt. Meine Männer haben gemeldet, dass sie vielleicht einen oder mehrere Schreie gehört haben.“
„Komisch.“, meinte Andy trocken. „Ich weiß auch nicht wie das … gekommen ist…“.
Er stockte, denn Linda bewegte ihren Unterleib und räkelte sich aufreizend vor ihm auf dem Tisch. Dabei umspielte ein kleines teuflisches Lächeln ihre Mundwinkel.
Der Hauptkommissar schien Andys Antwort überhaupt nicht lustig zu finden.
„Ich muss mit Linda sprechen und mich überzeugen, dass es ihr gut geht!“, erklang es in scharfem, ungeduldigem Tonfall.
„Für dich“, meinte Andy lapidar und reichte Linda den Hörer.
Während Linda sich meldete, beschloss Andy sich zu rächen und fing genüsslich an, sich wieder in ihr hin- und her zu bewegen.
Linda schüttelte wild verneinend den Kopf und legte ihren Zeigefinger auf die Lippen.
„Sie können mir… glauben… hpff…, es geht mir gut.“
Als sie das sagte, legte Andy grade seinen Daumen auf ihren Kitzler, um ihn zu reiben, während er sie in aller Ruhe nahm. Ohne es verhindern zu können, entfloh ihr ein unwillkürliches Keuchen.
Glockner klang irritiert: „Linda, sie klingen, als ob Sie keine Luft mehr bekommen. Ist wirklich alles in Ordnung?
Mit einem sadistischen Grinsen stieß Andy besonders tief zu und massierte zugleich erbarmungslos ihren Kitzler immer weiter, so dass sie beim besten Willen nicht sprechen konnte, ohne dass sie dabei lauthals aufgestöhnt hätte.
„Linda?“
Sie riss sich kurz zusammen und jappste, „Ja, das ist nur … weil wir uns Witze erzählen und ich … uhm… vor Lachen nicht mehr kann. Er … nimmt mir den Hörer weg...“
Damit legte sie auf und knurrte Andy an.
„Das…“, beschwerte sie sich: „…war ganz schön gemein!“.
„So ist das bei den Bad Boys“, stöhnte er lapidar.
Sie umklammerte ihn mit ihren Beinen, während er etwas Neues versuchte und nun langsam, aber sehr fest und besonders hart zustieß. Linda krallte sich in seine Arme. Als es ihr kam, schrie sie auf, überstreckte sich und verdrehte leicht die Augen, während sie sich heftig unter ihm wand. Ihre Hände rutschten unkontrolliert über die glatte Tischfläche und stießen Schreibutensilien, ein gerahmtes Foto, das längst umgefallen war und letztlich auch das Telefon herunter.
Ihr Gesicht hatte einen schmerzlichen, unglaublich erregenden Ausdruck angenommen und Andy spürte, er konnte es nicht länger zurückhalten. Sein Glied schwoll noch größer an und er spürte ein ungeheuer starkes Ziehen in seinen Lenden.
„Ich komme“, brachte er hervor.
Linda sah in sein angestrengtes Gesicht und streichelte über die Adern, die an seinem Armen deutlich hervor getreten waren. Dann war es soweit, er knurrte animalisch und stieß nur noch tief und vereinzelt zu. Dabei spürte sie, wie sein Glied in ihr pulsierte und anfing zu zucken. Er verteilte sein heißes Sperma in ihr. Und noch ein weiteres und ein drittes Mal. Seine Bewegungen verebbten.
Still lagen sie da und Linda fühlte seinen Pulsschlag in sich.
„Ich hab’ mich in dich verliebt.“, stellte sie fest, während sie mit einer Hand seine Gesichtszüge nachzeichnete.
Entspannt und glücklich sah sie ihn an und er erwiderte ihren Blick.
„Ich liebe dich!“, sagte er mit leiser Stimme und sah ihr dabei fest in die Augen.
Mehr Worte waren nicht nötig. Er blieb in ihr und sie genossen beide die Nähe des anderen. Jede Sekunde war kostbar.
Als Linda sich zu regen begann, zog er sich vorsichtig aus ihr zurück und half ihr auf.
Linda stand erst einmal auf etwas unsicheren Beinen da, erholte sich dann aber zusehends.
Er reichte ihr die zu Boden gefallene Kleidung. Die Stille des gemeinsamen Glückes wandelte sich zu bedrücktem Schweigen und als sie sich anzogen, hing jeder seinen eigenen schweren Gedanken nach.
An Lindas Uniformhemd fehlten zwei Knöpfe. Sie zog das Hemd notdürftig zusammen.
„Du musst dich ergeben“, brachte sie schließlich hervor. „Du hast gemeint, du hättest nichts Lebenswertes, aber das ist falsch. Du hast mich!“
Er nahm sie in den Arm. „Ich liebe dich, ich würde alles für dich tun, und wenn ich für dich sterben müsste. Hätten wir uns doch nur früher kennen gelernt, aber nun ist es zu spät.“
„Du sollst für mich leben, hörst du? Rede doch nicht so einen Unsinn!“, fuhr sie auf.
Traurig sah er in ihr Gesicht. „Ich möchte leben, für dich da sein. Aber ich werde für lange Zeit ins Gefängnis müssen. Außerdem, du kennst mich doch erst seit ein paar Stunden.“
Entschlossen schüttelte Linda den Kopf. „Ich werde auf dich warten. Und für dich kämpfen. Wir nehmen die besten Anwälte. Du bist nicht vorbestraft, oder? Mit etwas Glück bleibt es bei fünf Jahren, vielleicht sogar weniger. Fünf Jahre sind keine Ewigkeit, aber genug Zeit um sich genauestens kennen zu lernen.“ Sie lächelte ihn an. „Und weglaufen kannst du mir ja nicht. Ich weiß einfach, du bist der richtige!“
Andy schmunzelte. Ihr Optimismus war ansteckend. „Nur schade, dass wir uns nicht die besten Anwälte leisten können. Wovon sollen wir das bezahlen, denn soviel verdienst du als Polizistin doch auch wieder nicht.“
Linda winkte ab. „Papperlapapp. Das ist doch kein Problem, ich komme aus einer reichen Familie.“
Andy fühlte sich überrumpelt. So einfach konnte es nicht sein. „Ich kann das nicht annehmen. Ich bin doch der Mann.“
„Du rückständiger Chauvinist!“, fauchte sie ihn an. „Du wirst gar nicht gefragt!“
Fassungslos sah Andy, wie sich seine unlösbaren Probleme in Wohlgefallen auflösten. Mal eben so. Das war doch nicht möglich! Er suchte schon fast nach Argumenten, die dagegen sprachen.
„Und nach dem Knast? Ich habe ganz sicher nicht vor, mich auf deine Kosten durch zu schmarotzen. Ich kann mir das Gerede deines Umfeldes schon jetzt vorstellen. Und sie hätten Recht!“
Linda überlegte kurz. Dann hellte sich ihre Miene auf und sie schnipste mit den Fingern. „Wie ich es verstanden habe, hat deine Firma Gewinn abgeworfen. Was spricht gegen einen Neuanfang? Das Startkapital ist kein Problem. Und dann verdienst du dein eigenes Geld. Sonst noch irgendwas?“
Keinen weiteren Widerspruch mehr duldend, stemmte sie die Arme in die Hüften und sah ihn mit funkelnden Augen herausfordernd an.
„Was soll ich sagen?“ Andy zog die Schultern hoch.
Mit einem Mal umarmte er sie und drückte sie fest an sich.
„Danke!“, brachte er mit belegter Stimme hervor.
„Uff!“, ächzte sie, als sie die Umarmung erwiderte. Sie war glücklich. Mit Andy hatte sie den fehlenden Teil in ihrem Leben gefunden, nach dem sie schon so lange gesucht hatte. Sie würde ihn nicht wieder hergeben.
Es wurde Abend. Linda und Andy unterhielten sich immer noch, schmiedeten kurzfristige und weit entfernte Zukunftspläne und erklärten dem regelmäßig anrufenden Hauptkommissar Glockner, dass sie nur noch etwas Zeit brauchten.
Zum Glück war der ein geduldiger Mann. Da keine Zivilisten in Gefahr waren und er spürte, dass sich die Lösung des Falles näherte, gewährte er Ihnen Stunde um Stunde. Außerdem hatte ihn seit einem bestimmten Telefonat eine gewisse Ahnung beschlichen, die er aber niemandem, nicht einmal gegenüber Wespe, in Worte zu fassen gedachte.
Andy spürte, es wurde Zeit. Linda hatte sich in seine Arme gekuschelt und sich an ihn gelehnt. Nun fasste er sie sanft an den Schultern, drehte sie zu sich und küsste sie ein letztes Mal.
„Wir müssen gehen.“
Sie seufzte.
„Ja“, stimmte sie ihm schließlich zu.
Andy gab sich einen Ruck. „Dann mal los.“
Er legte den Arm um sie und gemeinsam machten sie sich auf den Weg. Linda schmiegte sich fest an ihn.
Sie hatten die schwere Bronzetür schon fast erreicht, als ihr noch etwas Wichtiges einfiel. Also blieb sie stehen und streifte seinen Arm ab.
„Warte kurz!“ Sie wandte sich um und lief noch einmal zum Schreibtisch zurück.
„Was ist den los?“, wollte Andy verdutzt wissen.
Linda steckte sich den Ohrstöpsel ins Ohr und griff dann nach dem Sendegerät, um den Mikrofonstecker wieder in die Buchse zu stecken.
„Es ist zu gefährlich, wenn wir da einfach so heraus spazieren. Da draußen sind eine Menge nervöser Finger am Abzug.“, erklärte sie.
Er verstand. Das war eine kluge Vorsichtsmaßnahme.
Während Andy zuhörte, wie Linda Kontakt mit Hauptkommissar Glockner aufnahm, bemerkte er, dass er einen Schatten warf, obwohl es im Eingangsbereich generell etwas dunkler war. Er drehte sich um und blinzelte durch das kleine Fenster über der Tür in das grelle Licht der Abendsonne hinauf. Eine Wolke hatte sich an der Sonne vorbei geschoben und so war er mit einem Mal in einen Lichtstrahl gehüllt. Es wirkte fast wie ein himmlisches Zeichen, das ihm zeigen sollte, dass ab jetzt alles besser werden würde.
In diesem Augenblick zersprang das Oberlicht in tausend kleine Scherben.
- Ende -
©2012 by Peter Carsten
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