Die lebendige Statue
Der verliebte Bildhauer begehrt sein schönes nacktes Modell so sehr, daß er es durch die erotischen Berührungen seiner Hände zur körperlichen Vereinigung bereit macht.
Pygmalion betritt voller Vorfreude sein Atelier. Wie er seine Galathea anbetet! Sie ist der Inbegriff der Schönheit für ihn, schlank, mit kleinem festen Busen, rundem Arsch, straffen Schenkeln. Und sie ist sein! Nur er darf sie nackt sehen. Er ganz allein!
Behutsam folgen seine Hände der Figur der Nackten. Er nimmt mit den Fingern Maß, ertastet die Körperformen. Seine Hand streicht vorsichtig über die kühlen Brüste und die vorstehenden Nippel und dann weiter über den flachen Bauch. Wie überirdisch, göttlich, begehrenswert sie ist!
Er tritt einen Schritt zurück, mustert ihren ebenmäßigen Rücken aus der Entfernung, berührt ihre Arschbacken und fühlt mit seinem Finger plötzlich die Feuchtigkeit zwischen ihren Beinen.
Pygmalion massiert langsam und vorsichtig ihre blanke Spalte. Er hört ein leises Stöhnen aus den wohlgeformten Lippen seiner Angebeteten.
Da küßt er gierig ihren Mund und betet zur Göttin der Liebe: "Laß mich diese Frau, meine schöne Geliebte, besitzen! Sie ist die Einzige, die meine ganze Liebe verdient."
Lange war Pygmalion mit keiner Frau zusammen, schamlos und lüstern, ja sexuell zügellos, erschienen sie ihm alle. Diese hier, Galathea, Γαλατεία „die Milchweiße", hält er allein für rein.
Weil er gesehn, wie die ihr Leben in Schande verbrachten,
Wollte, zurück durch die Fehler geschreckt, die dem weiblichen Sinne
Zahlreich gab die Natur, Pygmalion ohne Gefährtin
Ehlos bleiben, und lang auch teilt' er mit keiner das Lager.
(Ovid, Metamorphosen, 10. Buch, 243ff)
"Göttlich bist Du, meine Nereide!", spricht er. "Ich möchte in Deine Schönheit eintauchen und Deinen überirdischen Leib bewundern." Sehnsüchtig umfaßt er ihre schlanke Hüfte und schmiegt sich ganz eng an sie.
Küsse auch gibt er und glaubt sie erwidert und spricht und umarmt sie,
Wähnt gar, daß sich die Haut den berührenden Fingern bequeme,
Und ist besorgt, daß Bläue vom Druck anhafte den Gliedern.
(Ovid, Metamorphosen, 10. Buch, 256ff)
Zärtlich und behutsam faßt Pygmalion sein Ideal an. Kaum wagt er es, Ihre schlanken Arme zu drücken. Seine ganze Zärtlichkeit legt er in seine Berührungen.
Er überlegt, wie er der Geliebten Freude bereiten könnte.
Bald liebkost er sie auch, bald bringt er ihr artige Gaben,
Wie sie den Mädchen genehm, Meermuscheln, gerundete Steinchen,
Vöglein niedlich von Wuchs, buntfarbige Blumen in Menge,
Lilien, Bälle dazu mit Streifen und Tränen vom Baume,
Die Heliaden geweint. Mit Gewand auch schmückt er die Glieder,
Fügt langreichende Schnur an den Hals, an die Finger Gesteine;
Perlen enthangen dem Ohr, und es schwankt ein Gehenk' vor dem Busen.
All dies schmückt sie; doch nackt ist sie ebenso reizend.
Sorgsam legt er sie hin auf den Pfühl von sidonischer Farbe,
Nennt sie Genossin des Betts und gibt dem gelehneten Nacken,
Gleich als hätt' er Gefühl, nachgiebige Flaumen zur Ruhstatt.
(Ovid, Metamorphosen, 10. Buch, 259ff)
Pygmalion ist entrückt von der Schönheit seiner Galathea. Er legt sie auf sein Bett und bedeckt ihren Leib mit Küssen, seine Lippen beginnen ihre intimsten Stellen zu erkunden. Er leckt hinter ihren kleinen Ohren, in ihren glatten Achselhöhlen, ihre Poritze, ihre Zehen.
Galathea scheint dahinzuschmelzen. Wie Wachs ist sie in seinen Händen. Sie haucht ihm Küsse zu und vergeht vor Sehnsucht.
Galathea beginnt für Pymalion zu sprechen und erkennt ihren Schöpfer als ihr Spiegelbild: Sie berührt sich und sagt „ich“, berührt eine andere Statue und sagt „nicht ich“. Daraufhin berührt sie Pygmalion und sagt: „Nochmals ich.“
Neigte sich über das Bett und küßte sie. Wärme verspürt er.
Wiederum nahte sein Mund; mit der Hand auch prüft er den Busen.
...
Sinkt an den Fingern es ein, fügsam wie Wachs vom Hymettos,
Das, von der Sonne erweicht, sich unter dem knetenden Daumen
Schmiegt in manche Gestalt und brauchbar durch den Gebrauch wird.
Während er staunt und zagend sich freut und Täuschung befürchtet,
Naht er mit liebender Hand der Ersehneten wieder und wieder:
Ja, es ist Leib. Aufbeben, geprüft mit dem Daumen, die Adern.
(Ovid, Metamorphosen, 10. Buch, 281ff)
Pygmalion wird immer heißer und geiler. Sein erregter Schwanz ist hart wie parischer Marmor. Nichts kann ihn mehr an der Vereinigung mit seiner Geliebten hindern.
Da nun richtet beglückt an Venus der paphische Heros
Worte des Danks volltönenden Mundes. Nun endlich vereint er
Wirklichem Munde den Mund, und die Jungfrau fühlt mit Erröten,
Wie er sie küßt, und, scheu aufschlagend zum Lichte die lichten
Augen, erblickt sie zugleich mit dem Himmel des Liebenden Antlitz.
Selber erscheint bei dem Bund, dazu sie verholfen, die Göttin.
Als neun Male sodann sich die Hörner geschlossen zum Vollmond,
Bracht' sie die Paphos zur Welt, von welcher der Insel der Name.
(Ovid, Metamorphosen, 10. Buch, 290ff)
Doch schon bald soll Pymalion seinen Wunsch an die Göttin bereuen.
Franz von Suppé zeigt uns das Ende der großen Liebe in seiner komisch-mythologische Operette in einem Akt "Die schöne Galathée".
Der junge, begnadete Bildhauer ist natürlich darauf angewiesen, daß er Käufer für die von ihm erschaffenen Kunstwerke findet, aber eines davon ist unverkäuflich: die Statue der Nymphe Galathea. In sie ist er nicht nur verliebt, sondern regelrecht vernarrt. Deshalb verbirgt er sie hinter einem Vorhang, damit sie keiner seiner Kunden zu Gesicht bekomme. Seinem Diener Ganymed befiehlt er, sie niemandem zu zeigen.
Dem Kunstliebhaber Mydas ist zu Ohren gekommen, welch prächtiges Werk Pygmalion besitzen soll. Weil dieser gerade außer Haus ist, gibt er Ganymed ein reichliches Trinkgeld, damit er ihm die Statue zeige. Dies wirkt. Mydas ist begeistert. Sofort will er die Statue kaufen. Plötzlich kehrt Pygmalion zurück und bemerkt, wie ihn sein Diener hintergangen hat. Wütend jagt er den Kunstsammler zur Tür hinaus.
Pygmalion hat die Göttin Venus angefleht, sie möge sich erbarmen und seiner Statue Leben einhauchen. Kaum hat er seinen Wunsch geäußert, da ist er auch schon erfüllt worden. Aber ach: Galathea entpuppt sich als mannstoller Vamp. Erst betört sie Pygmalion, dann seinen Diener Ganymed und – als schließlich wieder der penetrante Kunstliebhaber auftaucht – auch noch diesen. Pygmalion wird wütend. Er hat geglaubt, in einem schönen Körper müsse auch eine gute Seele stecken. Nun muß er Venus nochmals um Hilfe bitten. Sie soll die Metamorphose rückgängig machen. Venus erhört ihn erneut. Als die schöne Galathea wieder zu Marmor erstarrt ist, verkauft Pygmalion das Luder mit Freuden an Mydas.
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