Fräulein Else


baer66

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15.01.2012
Voyeurismus

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Else verbindet in ihrer überraschenden Entscheidung ihre exhibitionistische Sehnsucht mit dem von Dorsday ausgeübten Entblößungs-Zwang: Im Musiksalon des Hotels – in Anwesenheit Dorsdays zeigt sie der versammelten Abendgesellschaft ihren zu Beginn von einem schwarzen Mantel verhüllten nackten Körper und fällt anschließend in eine Schein-Ohnmacht.

I. sitzt mir gegenüber auf der Couch und betrachtet versonnen das Buch "Fräulein Else" von Arthur Schnitzler. "Wahnsinn, findest Du nicht auch? Ein 19jähriges Mädchen aus gutem Haus. Sie zeigt sich nackt vor all den vornehmen Leuten und das um 1900!"

Ich schaue I., die mit ihrem süßen Blondschopf und roten Backen ganz aufgeregt in Schnitzlers Monolog-Novelle liest, tief in die Augen. "Sie hat einen vornehmen Grund. Sie will ihren Vater, einen Anwalt, der Geld veruntreut hat, vor der Schande, vor dem Gefängnis oder gar vor dem Selbstmord retten."

"Aber sie genießt es doch auch irgendwie ihren schönen nackten Körper öffentlich zur Schau zu stellen!", meint I. und liest laut vor:

"Keine Zeit mehr verlieren, nicht wieder feig werden. Herunter das Kleid. Wer wird der Erste sein? Wirst Du es sein, Vetter Paul? ... Wirst du diese schönen Brüste küssen heute Nacht? Ah, wie bin ich schön. Bertha hat ein schwarzes Seidenhemd. Raffiniert. Ich werde noch viel raffinierter sein. Herrliches Leben. Fort mit den Strümpfen, das wäre unanständig. Nackt, ganz nackt. Wie wird mich Cissy beneiden! Und andere auch. Aber sie trauen sich nicht. Sie möchten ja alle so gern. Nehmt euch ein Beispiel. Ich, die Jungfrau, ich traue mich."

"Würdest Du das auch tun für Deinen Vater? Dich öffentlich bloßstellen vor allen?", frage ich.

Ich sehe, wie sich I.s schöner Busen hebt und senkt. Sie atmet schneller. Die Vorstellung, in der Öffentlichkeit nackt zu sein, und das noch dazu aus einem edlen Motiv, erregt sie sehr. Ihre blauen Augen glänzen verräterisch.

"Wie geil der Dorsday auf Elsa ist!", hör zu:

"Wenn Sie wirklich einmal eine Million brauchen sollten, Else, – ich bin zwar kein reicher Mann, dann wollen wir sehen. Aber für diesmal will ich genügsam sein, wie Sie. Und für diesmal will ich nichts anderes, Else, als – Sie sehen.« – Ist er verrückt? Er sieht mich doch. – Ah, so meint er das, so! Warum schlage ich ihm nicht ins Gesicht, dem Schuften! Bin ich rot geworden oder blaß? Nackt willst du mich sehen? Das möchte mancher. Ich bin schön, wenn ich nackt bin. Warum schlage ich ihm nicht ins Gesicht? Riesengroß ist sein Gesicht. Warum so nah, du Schuft? Ich will deinen Atem nicht auf meinen Wangen. Warum lasse ich ihn nicht einfach stehen? Bannt mich sein Blick? Wir schauen uns ins Auge wie Todfeinde. Ich möchte ihm Schuft sagen, aber ich kann nicht. Oder will ich nicht? – »Sie sehen mich an, Else, als wenn ich verrückt wäre. Ich bin es vielleicht ein wenig, denn es geht ein Zauber von Ihnen aus Else, den Sie selbst wohl nicht ahnen. Sie müssen fühlen, Else, daß meine Bitte keine Beleidigung bedeutet. Ja, ›Bitte‹ sage ich, wenn sie auch einer Erpressung zum Verzweifeln ähnlich sieht. Aber ich bin kein Erpresser, ich bin nur ein Mensch, der mancherlei Erfahrungen gemacht hat, – unter andern die, daß alles auf der Welt seinen Preis hat und daß einer, der sein Geld verschenkt, wenn er in der Lage ist, einen Gegenwert dafür zu bekommen, ein ausgemachter Narr ist. Und – was ich mir diesmal kaufen will, Else, so viel es auch ist, Sie werden nicht ärmer dadurch, daß Sie es verkaufen. Und daß es ein Geheimnis bleiben würde zwischen Ihnen und mir, das schwöre ich Ihnen, Else, bei – bei all den Reizen, durch deren Enthüllung Sie mich beglücken würden.« – Wo hat er so reden gelernt? Es klingt wie aus einem Buch. – »Und ich schwöre Ihnen auch, daß ich – von der Situation keinen Gebrauch machen werde, der in unserem Vertrag nicht vorgesehen war. Nichts anderes verlange ich von Ihnen, als eine Viertelstunde dastehen dürfen in Andacht vor Ihrer Schönheit. Mein Zimmer liegt im gleichen Stockwerk wie das Ihre, Else, Nummer fünfundsechzig, leicht zu merken."

"Else überlegt, sich zu versteigern!", liest I. weiter:

"Paul, wenn du mir die dreißigtausend verschaffst, kannst du von mir haben, was du willst. Das ist ja schon wieder aus einem Roman. Die edle Tochter verkauft sich für den geliebten Vater, und hat am End' noch ein Vergnügen davon. Pfui Teufel! Nein, Paul, auch für dreißigtausend kannst du von mir nichts haben. Niemand. Aber für eine Million? – Für ein Palais? Für eine Perlenschnur? Wenn ich einmal heirate, werde ich es wahrscheinlich billiger tun. Ist es denn gar so schlimm? Die Fanny hat sich am Ende auch verkauft. Sie hat mir selber gesagt, daß sie sich vor ihrem Manne graust. Nun, wie wär's, Papa, wenn ich mich heute Abend versteigerte? Um dich vor dem Zuchthaus zu retten."

"Das macht mich heiß! Wie gerne würde ich mich versteigern lassen!", seufzt I.

"Wir könnten das Ganze ja einmal ausprobieren!", schlage ich vor. "Wir gehen in ein vornehmes Stadtcafé und ich erzähle den Gästen, daß Du dringend Geld brauchst, weil Dein Vater schwer krank ist und eine Operation in einer Spezialklinik benötigt. Die Anwesenden können bieten und der Gewinner darf Dich nackt sehen. Die Auktion beginnt bei € 1000."

I. ist begeistert: "Ja, das möchte ich tun! Das wird sehr aufregend!"

***

Samstag abends ist das Café im Grand Hotel immer gut besucht. Hier trifft sich die vornehme Gesellschaft der Stadt vor dem Konzert oder der Oper. Man nimmt einen kleinen Imbiß und trinkt ein Glas Champagner, um sich passend auf einen schönen Abend mit exquisitem Kunstgenuß einzustimmen.

Das Hotel ist das umgebaute Stadtpalais einer deutschen Fürstenfamilie im Ringstraßenstil und dementsprechend luxuriös ausgestattet: Kristallluster, Seidentapeten, echte Bilder in Goldrahmen, Marmortische, Damastservietten, edles Silberbesteck und geschliffene Kristallgläser.

Am Flügel spielt ein Pianist Schumanns Karneval. Ausgerechnet!

I. trägt ein kurzes tief dekolletiertes blaues Kleid von D & G, schwarze Seidenstrümpfe und Highheels von Jimmy Choo.
Wir setzen uns in eine Loge am Fenster, von wo wir den gesamten Raum gut überblicken können.

I. zitiert aufgeregt aus "Fräulein Else":

"Lustig, lustig, jetzt fängt ja das Leben erst an. Ihr sollt Euere Freude haben. Ihr sollt stolz werden auf Euer Töchterlein. Ein Luder will ich werden, wie es die Welt noch nicht gesehen hat. ... Du sollst deine fünfzigtausend Gulden haben, Papa. Aber die nächsten, die ich mir verdiene, um die kaufe ich mir neue Nachthemden mit Spitzen besetzt, ganz durchsichtig und köstliche Seidenstrümpfe. Man lebt nur einmal. Wozu schaut man denn so aus wie ich. Licht gemacht, – die Lampe über dem Spiegel schalt' ich ein. Wie schön meine blondroten Haare sind, und meine Schultern; meine Augen sind auch nicht übel. Hu, wie groß sie sind."

Ich lächle: "Kennst Du die Musik?", und nehme ihr das Buch aus der Hand, um ihr die Antwort auf meine Frage vorzulesen:

"Schumann? Ja, Karneval . . . Hab' ich auch einmal studiert. Schön spielt sie. Warum denn sie? Vielleicht ist es ein Er? Vielleicht ist es eine Virtuosin? Ich will einen Blick in den Musiksalon tun."

Die Musik endet. Ich erhebe mich, trete zusammen mit I. in die Mitte des Raumes: "Meine Damen und Herren, ich bitte Sie für einen Augenblick um Ihre geschätzte Aufmerksamkeit. Sie können heute Abend noch etwas Gutes tun bevor Sie sich der Kunst widmen. Fräulein I. hier, benötigt dringend Geld für die Operation ihres schwerkranken Vaters in einer Privatklinik. Helfen Sie ihr bitte!"

Ein Raunen geht durch den Raum, die gutangezogenen Gäste starren die junge schöne I. interessiert an. "Seltsam! Unverschämt!", flüstert eine über und über mit Juwelen behängte Dame ihrem Mann zu.

"Sie sollen ihre Freigiebigkeit nicht bereuen!", fahre ich fort. "Derjenige, der am großherzigsten spendet, kann diese Nacht über den nackten Körper von I. verfügen! Das geringste Gebot ist € 1000!"

Jetzt ist es heraußen! I wird etwas rot, fühlt sich zur Schau gestellt, ist aber sichtlich erregt von der pikanten Situation.

Einige Gäste erheben sich protestierend und verlassen das Café. Da steht ein elganter weißhaariger Herr im Smoking auf und sagt laut: "Da es sich um einen guten Zweck handelt, biete ich die verlangten € 1000!"

I. strahlt ihn an, das Spiel scheint ihr zu gefallen.

Eine Dame in einem grünen Seidenkleid ruft: "Mein Kind, ich will dich vor der Lüsternheit dieser Männer bewahren und biete € 1500."

Fast scheint I. enttäuscht zu sein, blickt aber weiter gespannt in den Raum.

Ein dicker rotgesichtiger Herr mit einer Zigarre hebt seinen Cognacschwenker und schaut mich herausfordernd an: "Ich biete € 2000, wenn sich die Dame jetzt und hier vor uns allen nackt auszieht!"

Aufgeregtes Getuschel, erregtes Gemurmel, gespannte Erwartung!

Kein höheres Gebot ist zu hören.

"Die Dame steht Ihnen für € 2000 heute Nacht zur Verfügung, mein Herr!", beschließe ich die Versteigerung mit einem Grinsen in die Richtung von I.

Zur allgemeinen Überraschung, läßt I. ihr Kleid fallen unter dem sie keine Dessous trägt und steht in der Mitte des hellerleuchteten Raumes nackt bis auf Strümpfe und Highheels vor allen Gästen und präsentiert ihre festen runden Brüste und ihren knackigen Arsch.

Verführerisch nähert sie sich dem Dicken, der sie ersteigert hat und schaut ihm in die Augen: "Ich stehe Ihnen zur Verfügung, mein Herr!"

Der Dicke wird immer röter im Gesicht, reicht ihr einen Packen Hunderteuroscheine und führt sie, nackt wie sie ist, durch die Hotelhalle zum Aufzug.

Ich bemerke wie ein bekannter Gesellschaftsreporter die Szene mit seiner Digitalkamera festhält.

"Hat sich die Welt in den letzten 100 Jahren nicht geändert?", sinniere ich, nehme den Schnitzler zur Hand und lese:

"Du hast ja deine herrlich gewachsene Tochter. ... Ich werde eine Sammlung einleiten. Mit dem Teller werde ich herumgehen. Warum sollte nur Herr von Dorsday zahlen? Das wäre ein Unrecht. Jeder nach seinen Verhältnissen. Wieviel wird Paul auf den Teller legen? Und wieviel der Herr mit dem goldenen Zwicker? Aber bildet Euch nur ja nicht ein, daß das Vergnügen lange dauern wird."

und weiter:

"Was wollen Sie, Herr von Dorsday? Sie schauen mich an, als wenn ich Ihre Sklavin wäre. Ich bin nicht Ihre Sklavin. Fünfzigtausend! Bleibt es bei unserer Abmachung, Herr von Dorsday? Ich bin bereit. Da bin ich. Ich bin ganz ruhig. Ich lächle. Verstehen Sie meinen Blick? Sein Auge spricht zu mir: komm! Sein Auge spricht: ich will dich nackt sehen. Nun, du Schuft, ich bin ja nackt. Was willst du denn noch?  . . . Es rieselt durch meine Haut. Die Dame spielt weiter. Köstlich rieselt es durch meine Haut. Wie wundervoll ist es nackt zu sein. Die Dame spielt weiter, sie weiß nicht, was hier geschieht. Niemand weiß es. Keiner noch sieht mich. Filou, Filou! Nackt stehe ich da. Dorsday reißt die Augen auf. Jetzt endlich glaubt er es. Der Filou steht auf. Seine Augen leuchten. Du verstehst mich, schöner Jüngling. »Haha!« Die Dame spielt nicht mehr. Der Papa ist gerettet. Fünfzigtausend!"


Kommentare

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