Görtlers Christkind
Mit 73 Jahren erwartete Görtler nicht mehr viel vom Leben. An einem nasskalten, unfreundlichen Tag Anfang November begann er zu merken, dass das ein Irrtum war.
Er war er um sieben aufgestanden, hatte gefrühstückt, die Zeitung gelesen und sich für den Tag fertig gemacht wie fast jeden Morgen. Eile hatte er keine, doch seit dem Tod seiner Frau füllten sich seine Tage so sehr mit häuslichen Pflichten, dass er manchmal glaubte, mehr zu arbeiten als vor der Pensionierung. Nach außen dachte er wie viele Männer seiner Generation. Hausarbeit war keine richtige Arbeit und überdies Frauensache. Insgeheim aber fragte er sich, wie diese modernen, berufstätigen Frauen das alles bewältigten.
Dann überkam ihn oft die Wehmut. Denn seine Tochter war so eine moderne, berufstätige Frau. Gerne hätte er an ihrem Leben Anteil genommen. Doch sie lebte in Buenos Aires, und nachdem er der Verbindung mit einem windigen Argentinier deutlichen Widerstand entgegengesetzt hatte, war es zum Bruch zwischen ihnen gekommen. Nach der dramatischen Trennung von dem Windbeutel hatten die große Distanz und der beiderseitige Görtlersche Dickschädel verhindert, dass der Bruch gekittet wurde. Irgendwann war es dann zu spät gewesen. Auch seine Enkeltochter war ja inzwischen fast erwachsen! Vielleicht wurde er bald Urgroßvater und würde es nicht mal erfahren.
Heute stand also Einkaufen auf seinem Tagesplan, und er wollte es hinter sich bringen, bevor es in den Geschäften zu voll wurde. Ohne große Begeisterung und in der feuchten Kälte fröstelnd stapfte er durch die Siedlung hinunter zur Einkaufspassage, kaufte Fernsehzeitschrift und Brot, und füllte im Supermarkt seinen Einkaufswagen. Schließlich packte er die Einkäufe in seinen Rolli und machte sich auf den beschwerlichen Rückweg.
Seine Wohnung hatte eine herrliche Aussicht, doch die hätte er gerne getauscht, wenn er nur nicht mehr diesen Hang hinauf müsste! An der Aussicht hatte er sich längst satt gesehen, und die Gegend war auch nicht mehr die beste. Immer mehr Ausländer zogen in die Siedlung, und unten an der Passage sah man neuerdings sogar Bettler. Da hockte tatsächlich schon wieder so eine Figur vor dem Eingang!
Ohne besondere Absicht schaute Görtler hinüber zu der dick vermummten Gestalt. Eigentlich ganz sauber, war sein erster Gedanke. Echte Bettler, so seine feste Überzeugung, trugen Lumpen, mindestens aber verschmutzte, übel riechende Kleidung. Das Wesen da hätte er nicht als Bettler eingestuft, wäre nicht die offene Plastikdose mit dem Kleingeld und einem eng beschriebenen Schild gewesen, die vor ihm auf dem Pflaster stand. Es trug ganz gewöhnliche Alltagskleidung von der Art, wie man sie heute ohne Unterschied von Herkunft oder Geldbeutel bei jungen Menschen sah.
Görtler blieb stehen. Er wusste nicht weshalb. Er wendete sich der Gestalt zu - und riss erstaunt die Augen auf. Unter der dunklen Wollmütze lugte das leicht gerötete, frische, saubere Gesicht einer jungen Frau hervor! Unwillkürlich trat er näher, eher aus Neugier als aus plötzlich erwachtem Mitleid.
"Bitte! Hätten Sie etwas Kleingeld für mich?" drang eine leise Stimme an sein Ohr. Es klang schüchtern, nicht wie die abgeleierten oder aufdringlich frechen Sprüchlein der berufsmäßigen Bettler in der Innenstadt. "Nur ein paar Cent?"
"Äh, ja, Moment," hörte er sich antworten. Das war völlig gegen seine Gewohnheit. Normalerweise ging er an solchen Leuten einfach vorbei, und wenn er doch mal eine Münze herausrückte, tat er das wortlos. Er zog seinen Geldbeutel hervor. Dann fiel ihm ein, dass er eben fast alles Kleingeld ausgegeben hatte.
"Das sind wirklich nur ein paar Cent. Mehr hab ich gerade nicht," erklärte er unnötigerweise, als er seine letzten Münzen in die Plastikdose legte.
"Trotzdem vielen Dank!" piepste die Bettlerin. Sie schien noch jünger, als er im ersten Moment angenommen hatte. Er richtete sich wieder auf und blickte sie an, statt weiterzugehen. Was war nur heute los mit ihm?
"Sie sind noch sehr jung," meinte er. Eigentlich wollte er gar nicht hier in der Kälte stehen und mit einem Mädchen sprechen, die seine Enkelin hätte sein können. Doch irgendetwas hielt ihn fest. Immerhin hatte er sich mit seinen paar Cent die Dankbarkeit dieses Wesens erkauft. Im Gegenzug konnte er ein klein wenig Unterhaltung erwarten. Er unterhielt sich immer seltener in letzter Zeit. Die Nachbarin auf dem Flur, sein Hausarzt und ein Neffe, der ab und zu anrief, waren seine einzigen regelmäßigen Gesprächspartner. "Haben Sie denn kein Zuhause?"
"Ich hab es nicht mehr ausgehalten!" brach es aus ihr hervor. "Glauben Sie mir, das ist nicht so schön, seit Wochen auf der Straße bei diesem Wetter." Sie sprach immer noch leise, aber nun schneller, voller Not sich mitzuteilen. Und voller Hoffnung, Gehör zu finden. "Ich mach das bestimmt nicht freiwillig! Ich würde lieber arbeiten. Oder in die Schule gehen. Das ist verdammt schwer, hier draußen zu hocken und einfach fremde Leute anzusprechen."
"Ja, das glaube ich Ihnen. Man macht sich das gar nicht klar, wenn man es nicht nötig hat."
"Das ist scheißschwierig, wissen Sie. Und jetzt bei dem Wetter."
"Ja, allerdings." Und dann erkannte Görtler sich endgültig selbst nicht wieder. "Wissen Sie was? Jetzt machen wir das richtig! Hier sind erstmal zehn Euro." Er warf den Schein in die Dose. Das Mädchen starrte ihn an. Dann traten Tränen in ihre Augen. "Und Sie schreiben hier, dass Sie Hausarbeit übernehmen, richtig?"
"Oh Gott danke! Danke vielmals! Ja, ich mache alles, was so anfällt. Putzen, Wäsche, Fenster."
"Können Sie auch bügeln?"
"Ja."
"Dann können Sie meine Wäsche bügeln. Ich gebe Ihnen acht Euro für die Stunde, und es ist ziemlich viel. Einverstanden?"
"Ja, oh ja, gerne!"
"Wann können Sie kommen? Heute noch?"
Es sollte schnell gehen, das spürte er deutlich, sonst würde er diese Verrücktheit bereuen.
"Gern, ja! Heute mittag?"
"Gut, kommen Sie um zwei." Er würde dann "zufällig" noch etwas von dem Braten übrig haben, von dem er seit Sonntag seine Mittagessen bestritt. "Ich wohne hier den Hang hoch, gleich diese Straße, und dann die dritte rechts. Sterntalerstraße 3a. Görtler."
Sie zog einen Zettel und einen Stift aus ihrer Tasche. Anerkennend lächelte er, während sie die Adresse wiederholte und aufschrieb. Immerhin war sie vorbereitet. Ein intelligentes Mädchen, dachte er.
"Achso, wie heißen Sie eigentlich?"
"Lisa. Lisa Mertens."
* * *
Es klingelte tatsächlich Punkt Zwei. Er war überrascht, wie groß sie war, fast so groß wie er. Seine Überraschung wuchs, als Lisa sich aus ihrer Vermummung schälte. Unter Wollmütze und Kapuze kamen ein frecher, blonder Wuschelkopf und ein wirklich hübsches Gesicht zum Vorschein. Als sie ihre wattierte Jacke, den dicken Pullover und den Kapuzen-Sweater abgelegt hatte, zeichnete sich eine schmale, doch unzweifelhaft weibliche Figur unter der restlichen Kleidung ab.
Den hohen Wäschestapel, den er im Arbeitszimmer gerichtet hatte, musterte Lisa zu seiner stillen Zufriedenheit ohne Erschrecken.
"Aber kommen Sie erstmal. Ich hab noch was vom Mittagessen übrig. Rinderbraten und Kartoffelbrei. Sie haben doch bestimmt Hunger, oder?"
"Echt? Ja, gerne, danke! Das ist toll!"
Ohne Ziererei nahm sie an seinem Küchentisch Platz und machte sich über das Essen her, das er kurz in der Mikrowelle aufwärmte und ihr vor die Nase stellte. Er setzte sich zu ihr. Sie gab sich Mühe, Tischmanieren zu zeigen. Doch der Hunger und vielleicht auch mangelnde Erziehung ließen sie ihren Teller mit der ungelenken Hast eines Bauarbeiters leeren. Für Görtler war es eigenartig, eine junge Frau so zulangen zu sehen. Er wusste nicht, ob er amüsiert oder abgestoßen sein sollte.
Mit Eifer drängte sie nach dem Essen aufs Bügeln. Das gefiel ihm. Er begleitete sie ins Arbeitszimmer und begann, Belege abzuheften und einige alte Prospekte durchzusehen. Er empfand kein greifbares Misstrauen. Er wollte sie nur nicht gleich am ersten Tag alleine lassen. Fast zwangsläufig kamen sie ins Gespräch.
"Ja, ich bin abgehauen," antwortete sie auf seine entsprechende Frage. "Wissen Sie, ich konnte das einfach nicht mehr aushalten. Meine Mutter säuft den ganzen Tag. Sie kümmert sich um nichts und kreischt mich wegen jeder Kleinigkeit an. Zu Essen hab ich von ihr seit Wochen nichts bekommen. Die Wohnung wäre total verdreckt, wenn ich nicht ab und zu wenigstens ein bisschen sauber gemacht hätte. Dann kriegt sie einen Anfall. Ich würde mir was anmaßen und es sei immer noch ihre Wohnung. Kürzlich hat sie dann tatsächlich den Müll zusammengesucht und weggeworfen. Ich war richtig glücklich - bis ich gemerkt hab, dass sie bei der Aktion gut die Hälfte meiner Schulsachen mit weggeworfen hat. Stellen Sie sich das mal vor! Hefte, Bücher, Stifte, alles. Und das war natürlich an dem Tag, an dem die Müllabfuhr kam. Als ich sie dann fragte, wie ich jetzt weiter in der Schule mitarbeiten sollte, hat sie eine Flasche nach mir geworfen und mir gesagt, ich könnte ja arbeiten gehen, damit ich endlich auch meinen Beitrag leisten könnte und sie mich nicht mehr durchfüttern muss. Wissen Sie, wenn ich nicht immer mal bei meiner Freundin essen könnte, wäre ich längst verhungert!"
Görtler wusste nicht, was er sagen sollte. Lisa wirkte echt; er glaubte ihr die Geschichte. Er wusste ja aus Zeitung und Fernsehen, dass es solche Schicksale gab. Hier in seinem Arbeitszimmer diese junge, gut aussehende Frau zu sehen und zu erfahren, dass sie selbst davon betroffen war, erschien ihm dennoch seltsam unwirklich. Einerseits spürte er Furcht vor dem Eindringen solcher Probleme in sein beschauliches Rentnerleben. Andererseits wirkte ihre Lebendigkeit und Jugendfrische auf ihn belebend. So jung sie war, bügelte sie mit einem Schwung und einer Genauigkeit, die einige Übung verrieten.
"Gebügelt hab ich immer gern," vertraute sie ihm an. "Das ist so eine von den Sachen, bei denen man hinterher sieht, was man getan hat. Die Sachen sind so schön glatt. Und fertig. Wenn Sie den Boden wischen, sieht man hinterher wenig davon, jedenfalls da, wo meine Mutter wohnt."
"Und Sie? Wo wohnen Sie jetzt?"
Lisa traten Tränen in die Augen. Sie antwortete nicht, blickte nach unten und bügelte verbissen weiter.
"Sie sind ..." Görtler machte eine Pause, um die erschreckende Erkenntnis in seine Gedanken einzulassen. Dann sprach er es aus: "... obdachlos?"
Lisa schwieg, bügelte weiter und kämpfte mit den Tränen.
"Entschuldigen Sie! Es tut mir leid. Ich wollte Sie nicht in Verlegenheit bringen. Aber nach allem was Sie mir erzählt haben, müssen Sie sich nicht schämen deswegen."
"Das ist es auch nicht!" brach es aus ihr hervor. "Sie glauben ja nicht, was das ein Kampf ist mit den Ämtern. Ich bin nirgendwo gemeldet und bekomme deswegen keine Unterstützung und nichts. Ich schlafe bei meiner Freundin Julia, aber das ist auch nichts. Ich hab schon ganz schön Stress mit ihrer Mutter, und wenn ich dort raus muss ..." Der Rest des Satzes verschwand in einem leisen Schluchzen.
Als Lisa gegangen war, setzte Görtler sich wieder in sein Arbeitszimmer und begann, vor sich hin zu grübeln. Eigenartig, wie leer und still seine Wohnung plötzlich wirkte. Lisa hatte so viel Leben mitgebracht! Trotz aller Probleme stand sie noch ganz am Anfang, verdiente eine Chance. Welch ein Unterschied zu seinem eigenen Leben, in dem nichts mehr geschah, nichts mehr zu erwarten war. Doch das musste ja nicht sein. Unwillentlich hatte Lisa ihm einen Weg gezeigt. Am übernächsten Tag sollte sie wiederkommen und ihm bei der Hausordnung helfen. Wenn Sie pünktlich kam und bei der Reinigung von Wohnung und Treppe den gleichen Eifer zeigte wie beim Bügeln, wollte er ihr helfen.
* * *
Sie kam pünktlich, begrüßte ihn fast überschwenglich, und bearbeitete dann zwei Stunden seine Böden und das Treppenhaus, als gälte es, einen Putzwettbewerb zu gewinnen. Sie gewann. Görtler bot ihr eine regelmäßigen Beschäftigung an, und überdies Unterstützung im Umgang mit den Behörden. Denn damit kannte sich Görtler aus.
Womit er sich nicht auskannte, war die fröhliche Bedenkenlosigkeit, mit der diese Generation Konventionen über Bord warf. Es begann mit dem Duzen. Irgendwann rutschte Lisa das erste "Du" heraus, und ab diesem Moment blieb es dabei.
Nach und nach wuchs zwischen ihnen die Vertrautheit. Bald ließ er sie ohne Aufsicht in seiner Wohnung schalten und walten. Danach saßen sie oft zusammen. Er erzählte aus seinem Leben, und auch Lisa öffnete sich zusehends. Sie behandelte ihn wie den Großvater, den sie nie gehabt hatte, manchmal auch ungezwungen wie einen Gleichaltrigen.
"Kann ich meine Sachen mal bei dir waschen?" fragte sie ihn Anfang Dezember.
"Sicher!" antwortete er. "Warum nicht? Ich freue mich, dass du so auf dich achtest."
"Findest du?"
"Ja. Du hältst dich und deine Kleidung sauber. Das zeigt, dass du deine Selbstachtung nicht verloren hast. Das ist wichtig, um wieder auf die Füße zu kommen."
"Stimmt! So hab ich das noch gar nicht gesehen."
Es war ein milder, regnerischer Tag, als sie mit einer prall gefüllten Sporttasche zu ihm kam. Er ließ sie herein und nahm sich dann im Wohnzimmer wieder seine Zeitung vor. Er hörte sie im Bad rumoren, dann ihre Stimme direkt vor ihm.
"So, alles drin!" verkündete sie fröhlich. "Es macht dir doch nichts aus, wenn ich gleich alles wasche? Ich kann's ja anschließend direkt trocknen in deiner tollen Maschine. Aber so lange die Wäsche läuft, musst du mich jetzt so ertragen!"
Irgendetwas machte ihn stutzig. Er ließ die Zeitung sinken - und erstarrte. Sie stand vor ihm ohne einen Faden Stoff am Leib!
Lisa besaß eine gute Figur; das hatte er durchaus schon bemerkt. Doch die Art ihrer Bekanntschaft hatte bei ihm nie Gefühle jenseits einer gewissen, großväterlichen Fürsorglichkeit aufkommen lassen. Sie war für ihn ein Mädchen, keine Frau, kein Objekt erotischer Vorstellungen. Nun jedoch kam seine Haltung ins Wanken. Sie war etwas zu mager, um seinen Idealvorstellungen zu entsprechen, doch ihre Jugend und völlige Nacktheit machten das Fehlende wett.
"Wie ..." stotterte er.
"Sorry, ich wollte dich nicht erschrecken! Ich hab nur nicht so viel Zeug zum Wechseln, und das hat alles schon gestunken."
"Aber ..." Er konnte den Blick nicht abwenden von der schlanken Erscheinung mit den spitzen Brüsten, der schmalen Taille und den beeindruckend langen, geraden Beinen.
"Ich nehm mir die Wolldecke, ok?"
Ohne eine Antwort abzuwarten, ließ sie sich auf die Couch gleiten und wickelte sich in die weiche Decke, die dort für ein gelegentliches Mittagsschläfchen lag.
"Du kannst doch nicht hier so ...", begann er, ohne jedoch die richtigen Worte zu finden. Die Überraschung und auch eine lange nicht gespürte Erregung machten ihn sprachlos.
"Es macht dir doch was aus, hm?" meinte sie leise. "Aber keine Angst! Ich bleib hier unter der Decke, bis die Maschine fertig ist. Tut mir ja leid, aber anders ging es nicht. Mir macht es ja nix aus. Ich bin zu Hause immer nackig rumgelaufen, oder beim Baden am See. Aber Julias Mutter ist so etepetete. Dort hätte ich das nicht bringen können."
"Und du denkst, beim altem Görtler kannst du das?"
"Ach komm, jetzt sei doch nicht so! Du kannst auch gerne gucken! Schau her, mir machts nix aus."
Sie hob die Decke und bot ihm ihren Körper zur Betrachtung. Er konnte nicht anders; er schaute hin, bis sie die Decke wieder senkte. Im Liegen wirkte sie fast noch dünner und zarter als im Stehen.
"Wirklich Lisa, du machst mich ganz verrückt! Was, wenn ich mich jetzt auf dich stürze?"
"Du doch nicht! Ich kenn dich doch! Du bist lieb. Du verstehst mich. Du lässt mich einfach mein Zeug waschen, und weiter nichts."
"Das nennst du 'nichts'? Du ziehst dich einfach so vor mir aus und zeigst dich mir! Weißt du eigentlich, dass es bestimmt dreißig Jahre her ist, dass ich das letzte Mal eine nackte Frau gesehen habe?"
"Na, dann wird's aber Zeit!" versetzte sie trocken. "Seid ihr, also deine Frau oder deine Tochter, denn nicht mal nackig aus dem Bad gekommen? Oder im Schlafzimmer rumgelaufen?"
"Nein, das gab es in meiner Familie nicht. Ganz früher hat meine Frau das ein paar Mal gemacht. Als wir frisch verheiratet waren. Naja, im Schlafzimmer vielleicht auch später noch. Meine Tochter habe ich seit ihrem 12. oder 13. Geburtstag nie mehr nackt gesehen. Ich glaube, meine Frau hat das verhindert. Als wäre das nötig gewesen!"
"Oh je, das klingt ja nach einem ganz schönen Krampf! Egal was man über meine Mom sagen kann, so verkrampft war sie nie."
"Verkrampft nennst du das? Junge Frau, bei uns nannte man das 'anständig'!"
"Langweilig, meinst du?" kam es frech zurück. "Nee wirklich, da ist doch nichts dabei, solange man nicht will, dass was dabei ist. Klar, vor den Lovern meiner Mom bin ich nicht so rumgelaufen. Das waren teilweise echt eklige Typen. Aber du, du bist nicht so. Ja, irgendwie hab ich bei dir da keine Angst. Weißt du, es ist manchmal einfach praktischer, wenn man ohne Krampf durchs Leben geht. Zum Beispiel, wenn man kaum Sachen zum Wechseln hat und mal alles waschen will."
"Ich will dich nicht kränken, aber für mich ist so viel Freizügigkeit doch sehr ungewohnt. Und nicht so leicht zu ertragen!"
"Ach, da gewöhnst du dich dran! Willst du noch mal gucken?"
"Ich, äh, nein, Lisa, du machst mich ganz närrisch!"
"Na gut, dann eben nicht. Ich will dir ja auch keinen Stress machen. Wenn das so unangenehm ist für dich, dann bleib ich hier einfach liegen, und wenn nachher die Maschine fertig ist, dann schaust du kurz weg und - auweia, ich muss die Sachen ja noch trocknen!"
"Ja, das musst du. Nein wirklich. Was soll ich noch sagen? Früher war das schlicht schamlos. Aber heute macht ihr jungen Leute einfach nur, was euch gefällt."
"Sag nur, dir gefällt es nicht!"
"Ja. Nein. Doch!" stammelte er. Die Situation erschien ihm völlig surreal. Auf seiner Couch lag eine blutjunge Frau, nur in eine Wolldecke gehüllt, und er spürte, dass es gegen seine Überzeugung anfing, ihm zu gefallen.
"Was denn jetzt?"
"Lisa, ich bin ein alter Mann. Und Witwer. Natürlich gefällst du mir. Du bist hübsch. Und jung. Aber trotzdem ist das nichts mehr für mich. Du bist für mich so etwas wie eine Tochter. Oder Enkeltochter. Dich nackt zu sehen, ist sehr schwierig für mich."
"Ui, das will ich nicht. Ich dachte, es gefällt dir. Ein bisschen frischer Wind in deinem Leben. So alt und abgemeldet bist du nämlich noch gar nicht."
"Findest du, ja? 'Frischer Wind'. Hm."
"Weißt du was? Ich hab da eine Idee! Also ..."
* * *
Auch nach zwei Wochen konnte Görtler es nicht fassen. Eine junge Frau putzte, wusch und bügelte bei ihm. Immer gut gelaunt - und splitternackt.
Es war Lisas Idee gewesen. Als Gegenleistung für die zusätzliche Hilfe, die er ihr bei ihrem Papierkrieg mit den Behörden leistete. Anfangs hatte er gar nicht gewusst, was sie meinte. Sie zeigte ihm Zeitungsanzeigen, in denen Nacktputzen angeboten wurde: "Ich mach das nur für dich. Ohne Sex natürlich. Du darfst zugucken, so viel du willst. Aber nur gucken, nicht anfassen!"
Dann geschah es tatsächlich. Als sei es die normalste Sache der Welt: Es klingelte, und er öffnete ihr die Türe. Zuerst waren da die blonde Wuschelfrisur und das fröhliche Strahlen aus dem runden Gesicht mit der lustigen Stupsnase. Dann trat sie an die Garderobe und legte ab. Nur, dass es nicht bei Mütze, Schal, Jacke, Pullover und Winterstiefeln blieb. Sie zog sich auch ihr Sweat-Shirt aus. Dann das Top. Dann den Büstenhalter. Ihre Brüste waren nicht sehr groß. Zwei feste, flache Kegel, die auch ohne BH keine Neigung zeigten, der Schwerkraft zu folgen.
Überhaupt war ein bisschen wenig an ihr dran für Görtlers Geschmack. Nicht, dass er sich beklagt hätte. Er sah den mageren Oberkörper, die Wirbel und Rippen, die sich unter der glatten Mädchenhaut abzeichneten, die dünnen Arme mit den zarten Handgelenken und den schlanken, beweglichen Händen. Er wünschte ihr nur, dass sie bald etwas mehr Fleisch drauf bekäme, etwas besser im Futter stünde.
Nun stieg sie aus ihrer Hose, unter der Shorts und darunter Leggins zum Vorschein kamen. Beides streifte sie ab. Und auch der schmale Schlüpfer fiel ohne das geringste Zögern. Der Bauch bot eine glatte, straffe Fläche; rechts und links zeichneten sich die Kanten des Hüftknochens ab. Der Po bot zwei feste Halbkugeln, die Görtler von allen Körperteilen am liebsten gestreichelt hätte, wäre er nicht durch sein Versprechen gebunden und im übrigen so fassungslos staunend gewesen von diesem Anblick.
Vorne verbarg ein blondes Büschlein die intimsten Bereiche. Doch damit konnte Görtler leben. Er wollte ja nichts von ihr. Er spürte zwar eine allgemeine, milde Erregung bei diesem Anblick, mehr jedoch nicht. Er war nie ein sexbesessener Draufgänger gewesen. Seine eigene Frau hatte er vor dreißig Jahren das letzte Mal angefasst. Seine letzte intime Begegnung mit dem anderen Geschlecht war eine halb betrunkene Knutscherei am Ende einer Firmenfeier gewesen. Hannah hieß sie, eine stämmige Frau Mitte fünfzig aus der Buchhaltung.
Und jetzt stand dieses unverständliche Wesen vor ihm. Lachte ihn an.
"Na, das macht doch Laune, oder?"
Seine Antwort blieb unverständlich. Sein Mund war trocken, und passende Worte fielen ihm sowieso keine ein.
"Ich leg dann gleich mal los! Hast du die neuen Staubbeutel gekauft?"
Diese nüchternen Haushaltsfragen machten das Ganze noch absurder. Er nahm an, dass Nacktputzen im Allgemeinen nur ein Vorwand für sexuelle Dienstleistungen war. Lisa nahm die Hausarbeiten, die sie übernommen hatte, jedoch völlig ernst. Sie zog den Staubsauger aus dem Putzschrank und begann, die Teppiche im Wohnzimmer zu bearbeiten. Er folgte ihr, blieb in der Türe stehen und beobachtete sie. Das Spiel ihrer Muskeln, wenn sie Möbelstücke herumzog. Die Krümmung ihres Körpers beim Saugen, wenn auf dem Rücken Rippen und Wirbel hervortraten und ihre Brüste leicht zitternd herabhingen.
"Die neuen Beutel sind im Schrank," sagte er, als sie den Staubsauger abstellte, um einen Sessel zu verschieben.
"Oh gut! Ich glaub, der hier machts nicht mehr lange."
"Soll ich schon mal einen neuen holen?"
"Gute Idee, mach mal!"
Er fühlte sich fremd in seiner eigenen Wohnung. Lisa veränderte alles. Sie strahlte so viel Energie und Körperlichkeit aus! Ihre Verrücktheit ließ seine bisherige Existenz grau und leer erscheinen. Sein Leben löste sich langsam aus dem gewohnten Alltag und begann, sich in etwas Neues zu verwandeln.
In der folgenden Woche hörte Görtler auf, sie ohne Pause zu beobachten. Er entdeckte, wie reizvoll es war, wenn er seinen gewöhnlichen Alltagsbeschäftigungen nachging, während eine junge Frau unbekleidet um ihn war. Er konnte von seiner Zeitung aufblicken, beim Essenmachen eine Pause einlegen oder seinen Papierkram unterbrechen: Jedesmal wirkte ihr Anblick erstaunlich, fast unglaublich und gleichzeitig belebend.
* * *
Dann geschah, was er hatte kommen sehen. Lisa bezog gerade sein Bett neu, als es an seiner Wohnungstüre klingelte und gleich danach klopfte. Die Nachbarin. Wahrscheinlich mit einer Dose selbstgebackener Plätzchen, wie jedes Jahr. Bei solchen Gelegenheiten war es zwischen ihnen seit langem üblich, den Besuch hereinzubitten und je nach Tageszeit auf einen Kaffee, einen Saft oder sogar ein Glas Wein einzuladen.
Die Nachbarin war eine kräftige Frau Anfang fünfzig, mit der Görtler schon seit fast zwanzig Jahren die Etage teilte. Hella Kleiber hatte sich nach ihrem Einzug rasch mit Frederike Görtler angefreundet, und als seine Frau starb, erbte Görtler diese Freundschaft. Hella war geschieden und lebte wie Görtler allein. Sie würde ihn wie eine Glucke bemuttern, wenn er es zuließe. Jedenfalls konnte er sie unmöglich an der Türe abfertigen. Und dabei hingen Lisas Kleider, der Büstenhalter obenauf, direkt hinter ihm an der Garderobe! Ohnehin hatte Hella sicher längst den Neuzugang bei Görtler bemerkt und würde nachdrücklich auf die Befriedigung ihrer Neugier drängen.
Wie gelähmt öffnete er mit hölzernen Bewegungen die Türe.
"Oh, Hella! Schön dich mal wieder zu sehen!" begrüßte er sie, ohne dass der Klang seiner Stimme zu seinen Worten passte. "Und deine tollen Plätzchen! Jetzt kann Weihnachten kommen!"
"Fröhliche Weihnachten, ja! Aber was stehst du so in der Türe? Bist du in Eile?"
Hella schaffte es, ihre Frage harmlos klingen zu lassen. Doch ihr Blick strafte sie Lügen. Ohne den Versuch, dies zu verbergen, schielte sie schräg an Görtler vorbei auf die Garderobe, an der Lisas Kleidung hing. Dann kam der Moment, in dem sie den Büstenhalter entdeckte. Ihre Augen wurden groß, und sie blickte Görtler an.
"Ich störe wohl wirklich," meinte sie heiser.
"Nein, nein, du störst nicht. Wieso auch. Komm rein!" hörte er sich sagen. Wie sollte er mit dieser Situation fertig werden?
Dann saßen sie in der Küche bei einem Kaffee. Es war Tradition, dass er die Plätzchen sofort probierte, und sie sich dabei über ihre Pläne für die Feiertage unterhielten. Heute aber kam das Gespräch nur schleppend voran. Hella, die halbtags in einer Bank arbeitete, ließ sich über ihre Kollegen aus. Görtler spielte den interessierten Zuhörer, während seine Gedanken arbeiteten. Schließlich glaubte er, eine einigermaßen plausible Geschichte gefunden zu haben.
"Übrigens - das weißt du ja noch gar nicht: Eine Verwandte von Frederike ist aufgetaucht, so ein junges Ding. Sie ist ab und zu bei mir und hilft mir im Haushalt."
"Wie? Eine Verwandte? Ich wusste gar nicht, dass Fredrike Verwandte hatte! Sie hat nie jemanden erwähnt."
"Es ist die Enkeltochter ihrer Kusine. Lisa. Mit dem Teil ihrer Familie hatte sie lange keinen Kontakt. Da hat es früher mal einen Riesenkrach gegeben. Aber die Kusine lebt nicht mehr, und Lisa ist sowieso eine andere Generation. - Warte mal. Ich geh und hol sie. Es kann einen Moment dauern; sie wollte sich gerade umziehen."
Mit weichen Knien verließ er die Küche, zog die Türe bei und ging hinüber ins Schlafzimmer. Da stand Lisa - angezogen mit einer seiner älteren Hosen und einem seiner Hemden. Die Hose passte ihr sogar. Nur das Hemd war zu weit und blähte sich über ihrem Oberkörper.
"Hey, da bist du ja!" begrüßte sie ihn. "Ich hab mir gedacht, dass du kommst. Hör mal, ich bin hier, weil du mir ein paar deiner Klamotten schenken willst. Oder was hast du der Frau erzählt?"
"Du bist meine Großnichte."
"Na dann kann ich mich ja wieder ausziehen!"
"Das wirst du schön lassen! Das mit dem Sachenschenken ist aber gar nicht so dumm. Du bist eben eine arme Studentin, die Hilfe braucht. Komm, ich stell dich vor."
* * *
Zu weißen Weihnachten würde es in diesem Jahr nicht reichen, doch ungemütlich genug war das Wetter schon seit Tagen. Graue, frostige Tage wechselten sich mit grauen, verregneten ab. An Heiligabend hatte Görtler seine letzten Einkäufe erledigt und war durch einen Schneeregenschauer nach Hause gestapft. Dabei war seine Laune gut, ja, weit besser als je zuvor in den letzten Jahren. Zum ersten Mal seit langem hatte er an Weihnachten Gesellschaft, auf die er sich wirklich freute.
Es war schon fast dunkel, als Lisa kam. Vermummt wie immer und dennoch frierend stand sie vor seiner Türe.
"Mein Gott, haben sie dich an einem Tag wie heute nicht reingelassen?" fragte er. Er spielte auf die Familie ihrer Freundin an, wo Lisa ab und zu ein Obdach fand. Doch sie strahlte ihn nur an: "Was denkst du, was heute ist? An keinem Tag im Jahr sitzt den Leuten das Geld so locker. Das hätt ich mir nie entgehen lassen!"
"Na, du bist ja eine ganz Ausgekochte! - Aber was sage ich? Ich falle ja selbst auf dich herein ..."
"Kein Wunder. Du hast ja auch viel mehr von mir als alle anderen!" neckte sie ihn.
"Ob ich das glauben soll? Die anderen, bei denen du putzt, bekommen vielleicht das gleiche Spezialprogramm."
"Hey, eifersüchtig? Aber wer weiß ..."
"Na egal. Jetzt komm erstmal richtig rein und leg ab!"
"Gleich alles?"
"Nur nicht frech werden, junge Frau! Stell deine Sachen ab und komm in die Küche. Du kannst mir beim Essenmachen helfen."
Lisa brachte die prall gefüllte Reisetasche, die sie mitgebracht hatte, ins Arbeitszimmer. Denn das war Görtlers Weihnachtsgeschenk an sie: Die Feiertage über durfte sie bei ihm wohnen. Er hatte sich spontan zu dieser Einladung entschlossen und hoffte nun, sie nicht zu bereuen. Um Lisa machte er sich dabei keine Sorgen; sie war ihm mehr als dankbar und nur zu bereit, sich seinen Wünschen anzupassen. Er selbst war es, um den er sich Gedanken machte. Er war ein alter Mann mit festgefügten Gewohnheiten; wie würde ihm das Zusammenleben mit einer junger Frau bekommen? Doch ihr Jubel, ihre Begeisterung und nicht zuletzt ihre attraktive Erscheinung hatten ihn seine Bedenken vergessen lassen. Und jetzt war sie tatsächlich gekommen!
Dann tönte ein schriller Schrei durch die Wohnung: "Du hast einen Baum!"
"Ja, naja, ich hab mir gedacht ..." Er verstummte, denn Lisa war ihm um den Hals gefallen und drückte ihn. "He, ich bekomm keine Luft mehr!"
"Das ist ja der Wahnsinn! Weisst du, wie lange ich schon keinen Weihnachtsbaum mehr hatte? Der ist ja so süß! Richtig hübsch, nicht mit so billigem Plastikzeug."
"Ja, das ist der alte Schmuck aus meiner Familie. Vieles davon stammt noch von meinen Eltern. Ich hab die Sachen nicht mehr rausgeholt, seit Frederike tot ist. Ich wollte ja schon lange mal wieder einen Baum, aber allein für mich hatte ich dann doch keine Lust."
"Der ist wirklich toll! Danke!"
"Bedank dich nicht zu sehr! Du hast mich ja erst drauf gebracht, einen zu besorgen."
Nach dem Abendessen legte Görtler im Wohnzimmer eine CD mit Weihnachtsmusik ein.
"Komm, setz dich her," sagte er zu Lisa und deutete auf die Couch. "Die Tage jetzt sind ja dein eigentliches Weihnachtsgeschenk, aber eine Kleinigkeit hab ich noch für dich."
Mit diesen Worten zog er einen Umschlag hervor und hielt ihn Lisa hin. Sie schaute ihn überrascht an. Dann traten Tränen in ihre Augen.
"Oh Mann, du bist so ..." stammelte sie. "Du gibst mir so viel! Ich kann das alles gar nicht annehmen."
"Nun nimm schon!" erwiderte er. Zögernd nahm sie den Umschlag an sich und zog seinen Inhalt hervor: Essensschecks für eine stadtbekannte Pizzeria. "Und mach dir keine Gedanken. Du gibst mir ja auch etwas: Du vertreibst einem alten Mann die Einsamkeit."
"Oh, das hab ich ja fast vergessen!" rief sie und sprang auf. "Ich hab kein Geschenk, aber ich hab mir was überlegt. Etwas, wie ich dir eine Freude machen kann. Jetzt so an den Weihnachtstagen."
Mit diesen Worten zog sie ihren Pullover über den Kopf. Darunter trug sie - nichts. Keck und wie selbstverständlich ragten ihre spitzen Brüste nach vorn. Und Lisa war noch nicht fertig. Lässig kickte sie die Sneakers von den Füßen und stieg aus ihrer Hose.
Splitternackt stand sie vor Görtler. "Lisa!" entfuhr es ihm überrascht. Dass das Mädchen ein klein wenig verrückt war, dachte er schon seit einiger Zeit. Nicht, dass er sich deswegen beschwert hätte! Er profitierte schließlich aufs Angenehmste davon. Doch bisher hatten sie beide es wie ein Spiel behandelt, das nach unausgesprochenen Regeln funktionierte. Sie putzte, und er guckte - meistens aus der Distanz.
Heute hatten sie keinen Vorwand. Und sie war weniger als eine Armeslänge von ihm entfernt. Er sah ihre glatte, weiche Haut, die im Licht der Christbaumkerzen einen dunklen, warmen Goldton annahm. Er roch ihren Duft. Etwas süßlich, mit einem Hauch von Schweiß und Frau.
"Du machst einen alten Mann noch ganz verlegen, junge Frau," sagte er leise. Nun standen auch ihm Tränen in den Augen. "Du musst verrückt sein!"
"Vielleicht, ja. Aber komm, setz dich erst mal!" Leicht legte sie ihre schmale Hand auf seine Brust, dirigierte ihn zum Sofa. Er ließ sich fallen. Sie glitt neben ihn, die blonde Wuschelmähne an seiner Schulter, den Körper schräg auf dem Sofa ausgestreckt, das linke Bein über die jenseitige Armlehne hängend, während das rechte noch auf dem Boden stand. Er saß ganz still und blickte starr geradeaus. Ihm war, als könne allzu genaues Hinsehen den wunderbaren Anblick vertreiben.
"Du bist wirklich verrückt," murmelte er leicht heiser.
"Ach, das haben schon viele gesagt," antwortete sie leichthin. "Stört mich aber nicht. Mir geht's gut so. Ich bin, wie ich bin. Und bei dir kann ich das auch - so sein, wie ich bin." Sie wendete sich um und lächelte ihn von schräg unten an. Vorsichtig zog er seinen linken Arm hinter ihr hervor, legte ihn auf ihren nackten Rücken. Er spürte ihre warme, glatte Haut unter seiner Hand. Sachte bewegte er seine Finger. "Weil du auch verrückt bist," fuhr sie fort. "Weil du mich so sein lässt, wie ich bin."
"Ja."
Mehr war nicht zu sagen. Er spürte keine Lust, nicht dieses fordernde Brennen zwischen den Beinen, das er früher gekannt hatte. Er fühlte nur eine angenehme Wärme, die von ihrem Körper kam und sich in ihm ausbreitete. Es war verrückt. Ihre Anwesenheit, Ihr Anblick, Ihre Zuneigung und Wärme reichten ihm. Er saß mit einem nackten Mädchen auf seinem Sofa und hatte keinen anderen Wunsch, als weiter da mit ihr zu sitzen!
Sie drehte sich wieder, schob sich unter seinem Arm höher. Der lag nun über ihre Schultern, während sie halb an ihm, halb an dem Sofa lehnte. Den linken Fuß hatte sie auf die Armlehne gestellt, der rechte stand weiter auf dem Boden. In dem hellen Büschlein zwischen ihren Beinen hatte sich ein Spalt geöffnet. Wie beiläufig rieb und zupfte sie mit ihren langen, schmalen Fingern dort herum.
"Du bist wirklich verrückt," wiederholte er, und fuhr dann stockend fort: "Und trotzdem - ein Geschenk Gottes für einen alten Mann ..."
"Lass mich bloß mit dem in Ruhe! Mit dem hab ich echt nix zu schaffen. Der war noch nie für mich da, oder für irgendjemanden, den ich kenne."
Görtler wendete nun doch seinen Kopf, blickte auf sie herab. "Ach, ich bin ja auch kein gläubiger Mensch. Aber immerhin bist du hier. Irgendetwas hat uns zusammengeführt," erwiderte er. Mehr denn je war er erstaunt über sich selbst. Solche tiefsinnigen Gedanken waren sonst nie seine Art gewesen. Erst recht hätte er sie nicht laut ausgesprochen. Doch das Bild vor seinen Augen - die beiden spitzen Brüste, der flache Bauch, die Finger in der Spalte und die langen, glatten Schenkel - war wie aus einer anderen Welt, die nichts gemein hatte mit der grauen Welt jenseits dieses Zimmers, jenseits dieses Heiligabends.
Für einen Moment durchfuhr ihn der Gedanke, wie es wohl werden würde, wenn er mehr versuchte. Sie streichelte, an sich zog, küsste. Schließlich irgendwann in sie eindrang. Ob das überhaupt noch ging? Seine Erektionen waren schon lange nicht mehr das, was sie mal gewesen waren. Eher Halbmast als Rammdorn. Aber es war die Sache auch nicht wert. Lisa vertraute ihm, weil er sie verstand. Sie schenkte ihm ihren Anblick, das Gefühl, die Nähe, aber nicht ihren Körper. Diese Nähe, dieses Verstehen waren intimer als Sex.
Irgendwann wurde es Zeit zu schlafen. Lisas Bett war im Arbeitszimmer gerichtet.
"Oder willst du bei mir ...?" fragte er vorsichtig.
Sie wollte. Sie holte Decke und Kissen aus dem Arbeitszimmer und kuschelte sich neben Görtler.
"Fröhliche Weihnachten," sagte sie und hauchte einen Kuss auf seine Wange.
>>> Ende <<<
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Kommentare
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Vielen Dank für diese großartige Geschichte. Geschichten die anders sind wie Diese finde ich klasse :-)
Ich bin selber mitte 60, Rentner und alleinstehend. Ich würde gerne die Geschichte real werden lassen und überlege wie ich es am besten anstelle..... Hat jemand eine Idee ? konstantin.wecker@web.de
Und bitte eine Fortsetzung ;-)
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