Michel und die Huren
Der Hahn krähte schon zum zweiten mal. Nur widerwillig erhob sich Michel von seiner Lagerstatt. Er durfte nicht lange herumtrödeln. Ein anstrengender Tag lag vor ihm. Er sollte an diesem klaren Montagmorgen, dem 15. Oktober Anno Domini 1414 die Schweine in den oberen Wald treiben. Dort konnten sie sich in dem Eichenhain ein ordentliches Polster für den nahenden Winter anfressen.
Langsam erwachte das Leben in der Gesindekammer, direkt über dem Schweinestall. Die Knechte, die mit Michel in der stickigen Kammer hausten, erhoben sich von ihren Strohlagern um sich nach einem kurzen Morgengebet an ihre Arbeit zu machen.
Michel war der vierte Sohn des Bauern Johannes Welle und dessen Weib Anna- Maria. Sein ältester Bruder würde einmal den Hof übernehmen. Für Michel gab es nur die Möglichkeit sein Leben als Knecht zu fristen, oder den Hof zu verlassen und sein Glück in der Fremde zu suchen.
Als Sauhirte war Michel für die Schweine verantwortlich. Doch bevor er sich mit den Tieren auf die lange Wanderschaft in die höheren Regionen des Schwarzwaldes machte, wollte er sich in der Küche von einer der Mägde noch eine Wegzehrung geben lassen. Wenn er Klothilde, die Küchenmagd, schön anlächelte und ihr etwas schmeichelte, würde die ihm vielleicht sogar ein Stückchen Speck in sein Bündel packen.
Michel nahm den Weg über die Tenne und wollte über die Stiege im Vorderhaus in die Küche hinabsteigen. Als er am oberen Treppenabsatz stand fiel sein Blick auf einen Lichtstrahl, in dem feine Staubpartikel tanzten. Seine Augen folgten dem Lichtfinger und fanden dessen Ursprung. Er entdeckte das Astloch in der Außenwand der Tenne, durch den das Tageslicht in die schummrige Düsternis des Heuschobers fiel. Er versuchte durch die Öffnung nach draußen zu sehen. Schräg unter sich konnte er den Brunnengang mit dem geteilten Brunnentrog erkennen. Der hintere Teil war durch eine Wand mit einer schweren Holztür für das Gesinde unzugänglich. Nur sein Vater, der Bauer hatte einen Schlüssel.
In dem unzugänglichen Teil des Brunnens wurde die Milch in Tongefäßen mit dem klaren Quellwasser gekühlt. Der Vordere Bereich war für das Gesinde, die Knechte und Mägde, aber auch für das Vieh zugänglich. Vor dem Trog stand eine Frau. Es war Maria, Michels ältere Schwester.
Fast hätte er sie nicht erkannt. Normalerweise trug sie ihr Haar zu einem um das Haupt herum gewundenen Zopf geflochten. Doch nun stand sie mit offenem Haar vor dem Brunnen. Was trieb die da? Michel verhielt sich ganz ruhig. Er starrte auf den ihm zugekehrten Rücken der jungen Frau. Zwischen dem wallenden Haar sah er Haut. Nackte Haut! Seine Schwester trug nur ihren langen, sandfarbenen Rock und eine Schürze. Ihr Oberkörper war nackt! Michels Herz begann zu rasen. Er wusste, dass es Sünde war, seine Schwester so zu betrachten. Aber er konnte den Blick nicht abwenden.
Maria bückte sich über den Brunnentrog und schöpfte sich mit der Hand kaltes Wasser ins Gesicht. Dabei rutschten ihre langen Haare seitlich herunter und gaben den Blick auf ihren eher hageren Rücken frei. Michel konnte jeden Wirbel und jede Rippe erkennen. Hinter dem Vorhang aus Haaren konnte er das weiße Fleisch ihrer Brüste mehr erahnen, als sehen.
Maria wusch sich die Achselhöhlen, die Arme. Dann richtete sie sich auf und streifte die Haare zurück. Für einen kurzen Moment stand sie aufrecht, mit hinter dem Kopf verschränkten Armen. Michel ging noch näher an das Astloch heran um genauer sehen zu können. Eine Diele knarrte
Erschrocken drehte Maria sich um und präsentierte dem heimlichen Beobachter ihre Brüste in ihrer vollen Pracht. Ihre dunklen Nippel hoben sich von dem weißen Fleisch deutlich ab und wirkten auf Michel, wie zwei Augen, die ihn strafend ansahen. Seine Hose wurde von einer Steifigkeit ausgefüllt, die er sonst nur erlebte, wenn er nachts aus einem seiner sündigen Träume erwachte. Michels Herz raste immer schneller.
Seine Schwester sah genau auf die Wand der Tenne. Sie sah genau in seine Richtung. Hatte sie ihn entdeckt? Erschrocken wich er einen Schritt zurück.
Da passierte das Malheur. Er kam ins Straucheln und stürzte.
Sich rückwärts überschlagend, polterte er die Treppe hinunter. Erst unten in der Küche kam er zum Liegen. Klothilde, die Küchenmagd ließ vor Schreck eine hölzerne Schüssel fallen, weil sie einen Moment glaubte, der Leibhaftige komme, um sie zu holen.
Erst nach einer Weile erkannte sie den jüngsten Sohn des Bauern, den Schweinehirten. Sie sah auch die Beule in seiner Hose. Sofort wurde ihr klar, dass der nichtsnutzige Knabe etwas sündiges getan, oder gesehen haben musste. Noch bevor sie loszetern konnte, wurde die Tür vom Brunnengang aufgerissen und Maria stürzte in die Küche um nach der Ursache des Lärms zu sehen. Ihr Oberkörper war nur dürftig mit einem dünnen Hemdchen bekleidet, das darunter ihre weibliche Figur erahnen lies.
Klothilde dämmerte was passiert war. Der Knabe hatte zugesehen, wie sich seine Schwester am Brunnen wusch. Die Wände der Tenne waren nicht blickdicht. Da gab es Spalten und Astlöcher, durch die man eine Person am Brunnen unbemerkt beobachten konnte. Es war ein Kreuz mit dem jüngsten Knaben ihres Herrn. Versündigte der sich, in dem er sich am Anblick seiner Schwester ergötzte.
Maria starrte stumm auf ihren auf dem Boden liegenden kleinen Bruder. Sie begann zu ahnen, was sich zugetragen hatte und errötete. Dann, wie abgesprochen, begannen beide Frauen Zeter und Mordio zu schreien.
Michel rappelte sich auf und flüchtete durch die Vordertür über den Flur ins Freie. Er rannte, so schnell ihn seine Füße trugen. Wenn sein Vater von seiner Missetat erfuhr, würde er ihn erschlagen, davon war der Junge überzeugt.
Mit rasendem Puls und nach Luft ringend, überquerte er die große Wiese neben dem Haus und lief zu dem nahen Wald, in dem er sich verstecken konnte. Am Waldrand wurde er langsamer. Welcher Teufel hatte ihn geritten?
Die Mönche aus dem Kloster kamen in regelmäßigen Abständen ins Dorf. Sie erzählten Geschichten aus der heiligen Schrift. Von ihnen wusste Michel aber auch, was für schreckliche Sünden es gab und mit was für Strafen diese belegt waren. Auch wenn er bisher nicht genau verstand, wovon die frommen Brüder überhaupt sprachen, wenn sie über Wohllust und Sodomie wetterten, so ahnte er, dass das, was er getan hatte, so etwas sein musste. Das heimliche Betrachten seiner nackten Schwester war bestimmt eine Todsünde. Er wäre überhaupt nicht erstaunt gewesen, wenn ihn augenblicklich der Blitz getroffen hätte.
Es geschah jedoch nichts. Während er mit seinem Schicksal haderte, war er ein gutes Stück in den Wald hineingelaufen. Das Gelände wurde abschüssig. Unten in der Schlucht hörte er den Fluss rauschen.
Michel kannte die Stelle. Hier war er im letzten Sommer schon öfters mit seinen Schweinen. Etwas weiter unten gab es eine Furt, an der die Straße aus der Rheinebene den Bach querte um sich dann auf dieser Seite ins Dorf hoch zu winden.
Michel machte sich an den Abstieg zur Furt. Nur dort könnte er den Fluss gefahrlos überqueren.
Plötzlich hörte er Gelächter. Weiberlachen, unverkennbar.
Doch wie kommen Frauen in diesen Teil des Waldes? Der Waschplatz des Dorfes ist bestimmt noch 1000 Ellen weiter flussabwärts.
Vorsichtig näherte sich Michel dem Ursprung des Lärmes. Immer wieder wurden die Stimmen vom Rauschen des Flusses verschluckt.
Als er um einen Felsen bog, stand er plötzlich direkt vor einem Wagen. Kein Ochsenkarren, wie ihn die Leute im Dorf verwendeten um ihre Habseligkeiten zu transportieren. Dieser Wagen war teurer. Er war nicht so prunkvoll, wie die Kutsche der Ebersteiner, mit der diese gelegentlich durch das Dorf donnerten und die Leute erschreckten und das gesamte Federvieh in Panik die Flucht ergriff. Die Kinder waren dann immer mehrere Tage damit beschäftigt, die Hühner wieder mühsam einzufangen.
Nein, der Wagen, vor dem Michel stand, ähnelte eher einem der Fuhrwerke, wie sie die Händler aus Speyer besaßen und mit denen sie zweimal im Jahr ins Dorf kamen um ihre Waren feilzubieten.
Wieder hörte er das ausgelassene Lachen der Weiber.
Lautlos kletterte Michel auf eine mächtige Eiche. Von dort oben hoffte er die Fremden unbemerkt beobachten zu können.
Dann sah er sie durch das lichte Geäst. In einem Tümpel unterhalb einer Stromschnelle planschten drei Frauen. Vorsichtig schob er sich, auf dem dicken Ast robbend, noch etwas weiter bis er direkt über den Bach freie Sicht hatte. Die ahnungslosen Frauen unter ihm waren nackt!
Ihre Umrisse waren im Wasser nur undeutlich zu erkennen, aber alle drei waren eindeutig nackt.
Während sich zwei Frauen gegenseitig bespritzten, stieg die Dritte aus den Fluten.
Michel sah ihre Schultern, ihren Rücken und dann ihren nackten Hintern, als sie auf der anderen Flussseite aus dem kühlen Nass stieg. Dann drehte sie sich um und rief ihren Gefährtinnen etwas zu. Zum zweiten mal an diesem Tag sah Michel eine nackte Frau. Er sah ihre Brüste, die deutlich größer waren als die seiner Schwester. Ihre Warzen waren durch das kühle Wasser steif und zeichneten sich deutlich auf ihrem weißen Fleisch ab. Das Weib war etwas älter als seine Schwester. So 20 bis 22 Lenze mochte sie zählen.
Michels Blick wanderte weiter nach unten. Aus seiner Perspektive konnte er zwischen ihren Beinen, dort wo ein Mann sein Gemächt trägt, nur undeutlich einen Busch aus goldblonden Haaren entdecken. Sie hatten die gleiche Farbe, wie die auf ihrem Kopf, die in nassen Strähnen bis auf ihre Schultern fielen.
Michels Herz pochte wie wild und in seiner Hose machte sich wieder dieses Ziehen bemerkbar, das er erst vor kurzem, beim Anblick seiner entblößten Schwester, verspürt hatte.
Dann, ein Knall wie von einer Peitsche übertönte das Rauschen des Flusses und das Gekichere der Weiber.
Michel verlor den Halt und krachte zusammen mit dem abgebrochenen Ast, in die Tiefe
Eiskalte Finger schienen nach ihm zu greifen. Er vernahm ein Gurgeln und sah Luftblasen in dem Wasser, das seinen Körper verschluckte. Er wollte schreien und schluckte Wasser. Panisch wollte er nach Luft schnappen und schluckte noch mehr Wasser. Michel konnte nicht schwimmen. Keiner im Dorf konnte schwimmen. Er sah Sterne und seine Lungen gierten nach Luft. Wieder schluckte er Wasser. Dann wurde es dunkel. Michel wurde ohnmächtig.
*****
„Ist er tot?“
„Glaub ich nicht, komm hilf mir.....“
Nur undeutlich erreichten Gesprächsfetzen Michels Unterbewusstsein. Irgend etwas zerrte an seinen Gliedmaßen. Jemand drückte auf seinen Brustkorb und rüttelte ihn.
Michel musste husten.
Er spuckte Wasser und rang nach Luft. Dann schlug er die Augen auf und sah....
.......Brüste!
Nackte Frauentitten mit dicken, steifen Nippeln. Darüber etwas verschwommen das Gesicht einer Frau.
„Was ...., was ist passiert? Verwirrt sah sich Michel um. Hinter der nackten Frau, die neben ihm kniete und ihn scheinbar ins Leben zurückgeholt hatte, stand eine weitere Frau. Michel starrte auf ihre Beine. Langsam wanderte sein Blick nach oben. Er sah Schenkel, volle, weiche, blasse Frauenschenkel und dann ein haariges Dreieck, wie er es vor seinem Sturz schon bei dem anderen Weib erblickt hatte. Doch diese Frau stand so dicht vor ihm, dass er jedes einzelne, gekräuselte Haar genau sehen konnte. Auch die wulstige Scham, die sich hinter dem Busch verbarg konnte er erkennen.
Die Frau beugte sich über ihn und ihre üppigen Brüste baumelten hin und her.
War das alles nur ein Traum?
Oder war er tot?
„Schau mal, die Beule in seiner Hose, der Knabe ist alles, nur nicht tot“, stellte die nach vorn Gebeugte zufrieden fest, was ihre Kollegin zu einem Kichern veranlasste.
„Wir sollten ihm die nassen Kleider ausziehen, sonst holt der sich noch den Tod.“
Michel wollte protestieren, war aber noch zu geschwächt. Er spürte Hände, die an seiner Kleidung zerrten. Kurze Zeit später war er genau so nackt, wie die beiden Frauen.
Die beiden Waldelfen halfen ihm auf die Beine. Eine reichte ihm eine Decke, die sie aus dem Wagen geholt hatte. Erst jetzt begannen die beiden Weiber sich ihre eigenen Kleider wieder anzuziehen. Die eine, die Michel wiederbelebt hatte, trug ein wallendes Gewand, in dessen Saum ein gelb leuchtendes Band eingeflochten war. Das sah hübsch aus und erinnerte Michel an etwas.
Oder doch nicht?
Während Michel noch grübelte, tauchte die dritte Frau auf. Sie war in Begleitung eines Mannes. Dieser zählte bestimmt 25 oder gar 30 Lenze. Er war größer und kräftiger als Michel.
„Das ist der Kerl! Der lag da oben im Baum auf der Lauer und hatte uns beobachtet, als wir hier badeten. Dann brach der Ast und der Kerl fiel ins Wasser“, berichtete die Frau, die mit dem Mann zurückgekehrt war. „Ja und wenn Kunigunde ihn nicht herausgezogen hätte, wäre er ertrunken“, fügte das dunkelhaarige Weib, dessen Scham Michel kurz zuvor so genau inspizieren konnte, hinzu.
Der Fremde hob seine Hand und drohte. „Ich werde dich lehren, meine Weiber zu begaffen!“
„Nein, bitte nicht, der Knabe ist doch sooo süß“, versuchte Kunigunde den bedrohlich wirkenden Mann zu besänftigen. „Außerdem, vielleicht ist er ja aus der Gegend und kann uns helfen.“
„Stimmt das? Bist du aus von hier? Kennst du dich hier aus?“, überhäufte der Fremde Michel mit Fragen.
Dieser nickte nur stumm.
„Du siehst aus, als ob du eine warme Suppe brauchen könntest. Komm, esse etwas mit uns, dann können wir reden“, schlug der Fremde sichtlich besänftigt vor.
****
Eine Stunde später saßen alle Fünf an einem, neben der Straße entfachten Lagerfeuer und löffelten einen heißen Gemüsesud aus dem Kessel, der über dem Feuer hing.
Michel erfuhr, dass Jakob, so hieß der männliche Begleiter der drei Frauen, der Sohn eines ‚Frawenwirts’ aus Mainz sei. Dieser hatte seinen Sohn beauftragt, mit den drei besten Huren, die das ‚Frawenhaus’ zu bieten hatte, nach Konstanz zu reisen. Dort fand zur Zeit nämlich ein Konzil statt, zu dem Kaiser Sigismund geladen hatte. Papst Johannes XXIII hatte sein Kommen ebenfalls zugesagt. Ob die anderen beiden Päpste auch erscheinen würden, um ein für alle Mal zu regeln, welcher denn nun das einzige legitime Oberhaupt der Kirche sei, war ungewiss. Gewiss war aber, dass viele Fürsten mit ihrem Hofstaat angereist seien. So sollten sich zur Zeit über 70000 Fremde in der Stadt aufhalten. Huren aus allen Landesteilen hofften dort das Geschäft ihres Lebens zu machen.
Nun fiel Michel auch ein, worüber er zuvor vergeblich gegrübelt hatte. Das gelbe Band in Kunigundes Kleid. Es war ein Hurenband, wie es alle Huren tragen mussten, damit man sie von ehrbaren Weibern unterscheiden konnte. Er selbst hatte zuvor noch nie eine Dirne gesehen. Aber er hatte schon von ihnen gehört. Die Flößer, die das Holz aus den dunklen Wäldern des Schwarzwaldes über den Fluss hinab zum Rhein und von dort, zu großen Flößen zusammengebunden, bis nach Köln schafften, hatten im Dorf schon davon erzählt. Sie prahlten damit, dass sie sich mit ihren sauer verdienten Kreuzern in den fernen Städten die hübschesten Dirnen gekauft hatten.
Michel war verunsichert. Er saß hier mit drei Huren, vor denen die Mönche aus dem Kloster die Dorfbevölkerung immer wieder eindringlich gewarnt hatten. Sein Seelenheil war aufs äußerste gefährdet.
„Bisher war unsere Reise nicht besonders beschwerlich“, berichtete Jakob. „Wir folgten dem Rhein und überquerten diesen bei Speyer mit der Fähre. Dann folgten wir dem Strom weiter bis wir das Kloster Alba Dominorum erreichten. Von dort, so wurde uns gesagt, müssen wir den Schwarzwald durchqueren. Dies soll der gefährlichste Teil der Reise sein. Vor schlechten Wegen, tiefen Schluchten und finsteren Wäldern mit allerlei Gesindel wurden wir gewarnt. Wenn du dich hier auskennst und uns den Weg bis zum Kloster in Reichenbach zeigen könntest, soll es dein Schaden nicht sein.“
Wenn Michel auch noch nicht viel von der Welt gesehen hatte, so kannte er sich in seiner Heimat, dem Tal der Murg doch recht gut aus. Die Ebersteiner besaßen eine Burg am Eingang des Tales und weitere Besitztümer am Oberlauf des Flusses bei Reichenbach, wo sich auch das Kloster befand. Es gab einen Verbindungsweg, der sehr beschwerlich war und der auch von den Flößern benützt wurde, um in das obere Tal zu gelangen.
Michel traf eine Entscheidung.
Nach Hause konnte er sich nicht mehr wagen, nach dem Frevel den er begangen hatte. Was hatte er zu verlieren, wenn er mit den Huren und ihrem Beschützer nach Reichenbach zog. Er kannte den Weg.
Vielleicht hatte er ja sogar die Möglichkeit die Fremden noch weiter zu begleiten.
Vielleicht sogar bis Konstanz.
Vielleicht konnte er dort Buße tun.
Vielleicht sah er ja dem Papst.
Vielleicht sprach der ihn von allen Sünden frei.
Während Jakob das Feuer löschte und Kunigunde zusammen mit Gudrun und Reinhilde ihre gesamten Habe wieder im Fuhrwerk verstauten, zog sich Michel seine inzwischen fast getrockneten Kleider an.
Dann setzte sich der Tross in Bewegung. Um den beiden Pferden nicht zu viel zuzumuten, liefen alle Personen neben oder hinter dem Fuhrwerk her. Erst als sie die engen Serpentinen hinauf zum Dorf überwunden hatten, bat Michel darum, sich im Wagen verstecken zu dürfen. Er wollte auf keinen Fall gesehen oder gar erkannt werden, wenn sie sein Heimatdorf passierten. Erst als das Dorf hinter ihnen lag, kroch er wieder aus dem Wagen. Da die Straße nun relativ eben, am Berghang entlang, parallel zum Fluss verlief, erlaubte Jakob den Weibern sich auf das Fuhrwerk zu setzen, während er und Michel nebenher liefen. Erst am späten Nachmittag, als die Straße wieder in die Schlucht hinab führte, um den Fluss erneut zu queren, beschloss Jakob, dass bei der Furt ein idealer Rastplatz für die Nacht sein. Er spannte die Pferde aus und versorgte sie. Michel half den Frauen das Lager aufzuschlagen und Feuerholz zu suchen.
Nach dem Abendessen, es gab einen dicken Hirsebrei in dem Michel sogar einige Stückchen Fleisch fand, lehnte er sich entspannt an einen Baumstamm. Jakob konnte seine Neugier nicht mehr länger zügeln. Er wollte von Michel wissen, was dieser verbrochen hätte, da er es vorzog sich zu verstecken, als sie sein Heimatdorf durchquerten. Michel war sehr verlegen und bekam einen roten Kopf. Er hätte ja von Mann zu Mann mit Jakob reden und ihm seine Verfehlungen beichten können. Dass aber die Frauen neugierig darauf warteten auch von seinem dunklen Geheimnis zu erfahren, verunsicherte ihn doch sehr. Als die Weiber so gar keine Ruhe gaben und ihn bedrängten, ihnen über seinen Frevel zu erzählen, begann er zögerlich zu reden.
Beschämt schilderte er ihnen, wie er sich am Morgen versündigt hatte, als er seine Schwester mit entblößten Brüsten beobachtet hatte. Als er endete herrschte einen Augenblick Stille. Dann fing Kunigunde schallend an zu lachen. „Das war alles?“, fragte sie ungläubig.
„Aber das ist eine schwere Sünde!“
„Wer hat dir denn so einen Unsinn erzählt?“, wollte Reinhilde, die älteste der Huren, wissen.
„Die Mönche aus dem Kloster Alba Dominorum haben uns immer davor gewarnt, uns den fleischlichen Gelüsten mit den Weibsbildern hinzugeben. Und ich habe nicht irgend eine Frau mit lüsternem Blick betrachtet, nein ich habe mich mit dem Anblick meiner eigenen Schwester versündigt. Das wiegt noch viel schwerer. Dafür werde ich wohl in der Hölle schmoren müssen“, ereiferte sich Michel.
Nun fielen auch die anderen Dirnen in Kunigundes Gelächter ein. Selbst Jakob konnte sich nicht länger zurückhalten.
Michel war den Tränen nahe. Er stand kurz davor, vom Teufel geholt zu werden und diese Leute fanden das auch noch lustig.
Jakob beruhigte sich als Erster.
„Nun pass mal auf“, versuchte er dem verwirrten Schweinehirten zu erklären, „wenn das so eine große Sünde wäre, dann müssten die ganzen Mönche und Pfaffen schon längst in der Hölle schmoren. Was glaubst du, warum wir nach Konstanz wollen? Dort treffen sich viele Fürsten. Nicht nur weltliche, sondern auch hohe Kirchenfürsten. Diese werden unsere besten Kunden sein. Selbst der Papst soll mit seinen eigenen Konkubinen angereist sein.“
Diese Behauptung war die ungeheuerlichste Gotteslästerung die Michel je zu Ohren gekommen war. Das konnte unmöglich wahr sein. Michel versuchte auch gar nicht, mit seinen Zweifeln hinter dem Berg zu halten.
„Glaube mir, auch Mainz ist ein Bischofsitz und die Kirchenmänner zählen zu den besten Kunden im Frawenhaus meines Vaters“, beteuerte Jakob.
„Oh ja, auch ich kann dir bestätigen, dass es die hohen Herren mit der Keuschheit nicht so genau nehmen. Moral ist nur für die einfachen Leute“, bestätigte nun auch Kunigunde.
Inzwischen setzte die Dämmerung ein. Um diese Jahreszeit wurde es in der schattigen Schlucht schon recht früh dunkel und die ersten Sterne blinkten am Himmel. Jakob wollte sich in den Wagen zurückziehen. Er forderte Gudrun und Reinhilde auf, zu ihm in den Wagen zu kommen. So blieb nur noch Kunigunde bei Michel am immer noch glimmenden Lagerfeuer zurück.
Nachdenklich betrachtete er die Frau von der Seite. Sie war sehr schön. Sie hatte ein hübsches Gesicht und wunderbare blaue Augen. Ihre blonden Haare fielen sanft gelockt auf ihre schmalen Schultern. Sie erzählte Michel, dass sie 20 Lenze zählte und eigentlich schon lange verheiratet sein sollte.
„Und warum bist du es nicht?“, fragte dieser neugierig.
„Ich stamme aus edlem Hause und sollte eigentlich den jüngsten Sohn des Grafen Friedrich von Leiningen- Dagsburg heiraten. Doch dann machte ich einen großen Fehler. Sein verheirateter Bruder hatte mir schöne Augen gemacht. Er bot mir an, mich in der Liebeskunst zu unterweisen, da sein Bruder sehr anspruchsvoll sei. So lehrte er mich, wie ich meinem zukünftigen Gemahl viel Freude bereiten könne. Leider erkannte ich zu spät, dass es ihm nicht darum ging mir zu helfen, sondern dass er nur sein eigenes Vergnügen im Sinn hatte.
Als mein Bräutigam erfuhr, dass ich keine Jungfer mehr war, wollte er von einer Hochzeit nichts mehr wissen. Daraufhin war mein Vater so erzürnt, dass er mich verstieß.
Währe ich damals nicht Jakobs Vater begegnet, ich wäre auf der Straße verhungert. Der Frawenwirt zeigte mir, wie ich mit meinem Körper meinen Lebensunteralt verdienen konnte. Seit diesem Tage, das ist jetzt 3 Jahre her, trage ich das gelbe Hurenband in meinem Kleid.“
Aus dem Wagen ertönte ein Kichern und ein Stöhnen.
„Was tun die da?“, kam die schüchterne Frage von Michel.
„Die tun das, was Männer und Frauen eben miteinander machen. Nur tun es ehrbare Leute in ihrer Kammer, nachts, wenn es dunkel ist. Es geziemt sich für brave Bürger, dass es der Mann immer nur mit seinem eigenen Weib treibt. Jakob aber liebt die Abwechslung. Die letzte Nacht hat er mit mir verbracht und in dieser Nacht vergnügt er sich eben mit Reinhilde und ihrer Tochter.“
„Gudrun ist Reinhildes Tochter?“, fragte Michel erstaunt.
„Ja sicher. Reinhilde arbeitet schon lange als Dirne. Als ich ins Frawenhaus kam, hat sie mich gelehrt, wie eine Hure den Männern Freude bereiten kann. Als ihre Tochter alt genug war, hat sie auch diese in die Kunst der Liebe eingewiesen. Sie war eine gute Lehrerin und ich habe schon bald richtig viele Kreuzer verdient. Auch Gudrun wird es einmal weit bringen.“
Schweigend starrte Michel in die langsam verglimmende Glut des Lagerfeuers. Am Morgen dieses Tages war es für ihn das Schlimmste vorstellbare Vergehen, seine Schwester nackt zu betrachten und nun musste er erfahren, dass Unzucht für andere Leute etwas ganz normales war. Am erstaunlichsten aber fand er, dass diese Verfehlungen nicht unmittelbar vom Allerhöchsten bestraft wurden. Keine Blitze, die vom Himmel fuhren, kein Höllenschlund der sich auf tat um die Sünder zu verschlucken. Nichts!
Sollten die Patres am Ende das alles nur erfunden haben um die Dorfbevölkerung in Unwissenheit zu halten?
„Nun Michel, wie steht es mit dir? Bist du schon einmal mit einer Magd im Heu gewesen? Hast du schon bei einem Weib gelegen?“
Der Sauhirte wurde rot vor Verlegenheit. Er zusammen mit einer Frau? Das gab es bisher nur in seinen Träumen. Und jeden Morgen, wenn er aufwachte und sich an so einen Traum erinnern konnte, hatte er den ganzen Tag ein schlechtes Gewissen.
„Nein“, gestand er zögerlich.
Nach einer peinlich langen Pause fragte Kunigunde schließlich: „Willst du denn mal mit einem Weib zusammen sein?“
„Ja, schon.“
„Mit mir?“
„Aber ich hab doch überhaupt kein Geld. Ich kann dir doch nichts bezahlen.“
„Ich finde dich süß! Du brauchst mir nichts zu bezahlen. Ich werde dich in die Liebeskunst einführen. Du musst mir nur versprechen, dass du, solltest du mal eine Frau zu deinem Weib nehmen, diese respektvoll behandelst. Du sollst ihr ein guter Mann sein und sie nicht verprügeln oder in Schande verstoßen, so wie es mir widerfahren ist.“
„Das verspreche ich“, schwor Michel, der sein Glück noch gar nicht fassen konnte.
Fasziniert sah er zu, wie Kunigunde im Dämmerlicht ihr Kleid langsam über die Schultern streifte. Zunächst hielt sie den Stoff mit einem Arm über ihren Brüsten fest. Doch dann lies sie das Kleid langsam nach unten gleiten und ihre vollen, straffen Brüste kamen zum Vorschein. Gekrönt wurden die Hügel von je einer dunklen Warze, die Michel irgendwie an reife Himbeeren erinnerte. Er konnte seinen Blick nicht von diesen prächtigen Wölbungen reißen. Zögerlich hob er eine Hand um nach diesen süßen Früchten zu greifen. Doch dann stockte er. Er wagte es nicht.
„Nur Mut, greife nur zu“, ermunterte ihn Kunigunde.
Doch Michel war wie erstarrt.
Behutsam fasste ihn Kunigunde an der Hand und führte diese zu ihrer linken Brust. Als er diese berührte, hatte er das Gefühl, der Blitz würde seinen Körper durchzucken. Doch dann fing er an, das weiche Frauenfleisch zu betasten, zu streicheln. Einer weiteren Anleitung durch Kunigundes Hand bedurfte es nicht mehr. Ja, er war sogar so mutig auch seine zweite Hand zu Hilfe zu nehmen und über die verführerischen Wölbungen zu streicheln. Michel beugte sich nach vorn und berührte einen Nippel mit den Lippen. Vorsichtig umspielte er die Warze mit seiner Zunge. Begierig zog er den betrörenden Duft, den der Frauenkörper verströmte, durch seine Nase. „Du riechst fein“, flüsterte er.
„Das ist ein Geheimnis meines Erfolges. Die meisten, billigen Pfennighuren stinken ganz einfach. Sie nehmen es mit der Körperpflege nicht all zu genau. Aber auch ihre Freier sind nicht viel besser. Ein gepflegter, wohlriechender Körper aber macht die Männer verrückt. Viele sind bereit, einen viel höheren Preis zu bezahlen.
Kunigunde befreite sich aus der Umarmung Michels und erhob sich. Michel blickte auf und sah ihre Silhouette, die sich im fahlen Mondlicht klar abzeichnete.
Langsam lies die Frau ihr Kleid herabsinken. Schon konnte Michel ihren Bauch und ihren Nabel erkennen. Das Kleidungsstück rutschte weiter herab und gab den Blick auf die Haare frei, hinter der sich ihre Weiblichkeit verbarg. Ihre vollen Hüften und ihre wohlgeformten Schenkel kamen zum Vorschein und ehe Michel es richtig fassen konnte, stand die schönste Frau, die er je gesehen hatte greifbar nahe splitternackt vor ihm.
Michel richtete sich auf und kniete direkt vor ihr. Mit seinen Armen umfasste er ihre Hüften und packte sie bei den Pobacken. Sanft zog er sie ganz dicht zu sich heran. Er spürte die Hitze ihres Schoßes und er konnte sie riechen. Da war ein geheimnisvoller Duft, der ihn in nie gekannter Weise erregte. Er spürte sein Gemächt wachsen und in seiner Hose begann etwas fürchterlich zu spannen. Tief zog er die Luft durch die Nase und versuchte dabei so viel von ihrem Duft in sich aufzunehmen, wie er nur konnte. Auch von ihrem Nektar, der aus ihrer Spalte tropfte, wollte er kosten und so begann er, ohne dass ihn jemand angewiesen hätte, die geheimnisvolle Grotte zwischen ihren Schenkeln, mit seiner Zunge zu erkunden. Kunigunde stöhnte leise auf, während sie zärtlich durch Michels Haare kraulte.
„Oh, guuuut machst du das! Bist du sicher, dass ich die erste Frau bin, mit der du zusammen bist?“
Michel gab nur ein paar Grunzlaute von sich. Er war zu sehr damit beschäftigt, Kunigundes Körper mit seiner Zunge zu erforschen. Langsam zog sie den Jüngling an den Haaren zu sich hoch. Als er dann in seiner vollen Größe vor ihr stand, küsste sie ihn auf dem Mund. Ihre Zunge drang in seinen Mund vor und vollführte einen aufregenden Tanz mit der Michels.
Ihre Finger zupften an seinen Kleidern. Als er erfasste, was sie vor hatte, kam er ihr zu Hilfe. Kurze Zeit später sanken zwei nackte, eng umschlungene Menschenleiber in das vom Tau feucht gewordene Gras. Mit weit geöffneten Schenkeln harrte ein heißer Frauenkörper darauf, seine starke Männlichkeit in sich aufzunehmen. Auch wenn Michel noch nie mit einer Frau geschlafen hatte, so wusste er doch genau, was zu tun war. Zum Einen hatte er schon öfters zugehört, wenn die älteren Knechte auf dem Hof seines Bruders ihre derben Zoten rissen. Zum Anderen hatte er als Schweinehirte schon oft zugesehen, wenn der Eber eine seiner rauschigen Sauen bestiegen hatte.
Fast widerstandslos glitt seine Lanze in ihre Scheide. Nach vier oder fünf Stößen geschah es dann. Michel glaubte zu zerspringen. Kunigunde spürte eine heiße Flut aus Michels Lenden in ihren Unterleib fließen. Auch wenn sie etwas enttäuscht war, über das abrupte Ende so lies sie sich dennoch nichts anmerken. Für den Knaben war es immerhin das erste Mal. Mit etwas Übung würde er bestimmt einmal viele Frauen beglücken können. Talent hatte er.
Nachdem die Hitze ihrer Körper verflogen war, spürten beide die Kühle der Nacht. Es war immerhin Oktober und der nahende Winter machte sich bemerkbar. Gemeinsam kuschelten sie sich in eine dicke Wolldecke unter dem Fuhrwerk. Auch aus dem Wagen über ihnen, aus dem zuvor immer wieder das Kichern Reinhildes und die spitze Schreie von Gudrun zu hören waren, war inzwischen Ruhe eingekehrt. Nur das gleichmäßige Schnarchen Jakobs war noch zu vernehmen. Eng an Kunigunde geschmiegt, die Wärme ihres weichen Körpers genießend, schlief Michel ein.
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Ende Teil 1
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