Der Verlag 3.Teil


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12.10.2009
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Der Verlag   3. Teil

 

Ich hab wieder einmal versucht, die Ereignisse der letzten Tage aufzuarbeiten. Zum Verständnis der Handlung ist es ratsam, die ersten beiden Teile zu kennen.

 

Die Handlung und die Charaktere der Geschichte sind wie immer fiktiv. Ähnlichkeiten mit lebenden Personen sind durchaus möglich. Wer sich nicht erkennt, mag das bitte entschuldigen. Die Risiken und Nebenwirkungen der Geschichte sind bekannt.

 

*

 

Eine Stunde nach dem großen Donnerwetter im Chefbüro lief im kleinen SB-Verlag die Produktion des richtigen Wochenheftes auf Hochtouren. Herr Kahn war nach der dringend notwendigen Einnahme seiner Herzpillen wieder in den Urlaub entschwunden. Luigi und Viole arbeiteten in der Druckerei.

„Hör mal Mädchen, wo ist eigentlich der Severinus hin? Der sah ja leichenblass aus, nachdem der Chef ihn zusammengefaltet hatte.“, erkundigte sich besorgt Frau Schmidt.

Monika hob die Schultern. „Keine Ahnung. Vielleicht in seinem Büro? Oder auf der Toilette?“ Fragend schaute sie die kleine Dicke an, die hinter ihrem Schreibtisch thronte. „Soll ich mal nachsehen?“

„Keine schlechte Idee. Versuche mal, mit ihm zu reden.“

Monika machte sich auf die Suche und fand ihn schließlich in einer Ecke des Konferenzraumes auf dem Boden sitzend, den Kopf auf den Knien in embryonaler Haltung. Hörte sie da ein Schluchzen?

„Hey, da bist du ja!“ Langsam näherte sie sich dem Häufchen Elend in der Ecke.

„Lass mich … schluchz … in Ruhe! Bitte!“

Sie setzte sich einfach neben ihn und schwieg. Irgendwann würde er von selber anfangen, zu reden. So kam es dann auch.

„Warum? Warum immer ich?“

Leise mit beruhigender Stimme, wie mit einem kleinen Kind, begann Monika das Gespräch. „Was meinst du? …. Na, komm schon, rede mit mir!“

„Warum mache ich immer alles falsch? Ich wollte doch hier nur was verbessern!“ Langsam hörte er auf mit seiner Schluchzerei.

„Naja, vielleicht solltest du mal drüber nachdenken, wie dein Verhalten auf deine Umwelt wirkt. Sieh mal, hier arbeiten die Leute schon einige Jahre recht erfolgreich. Dann kommst du hier reingeschneit, und willst alles umkrempeln. Du versuchst hier, deine Vorstellungen ohne Rücksicht auf Verluste durchzusetzen. Das kannst du doch nicht bringen! Verstehst du?“

„Ich hab’s doch nur gut gemeint.“, kam fast schon trotzig zwischen den Knien heraus.

„Also, wenn ich ehrlich sein soll, hat mir deine Auswahl der Storys auch nicht unbedingt gefallen. Da gibt es wesentlich Besseres.“

„Und was hat dir nicht gefallen?“ Severinus hob endlich den Kopf und schaute zu Monika. „Sag schon, was?“

„Hm, weißt du, deine Texte waren nicht wirklich erotisch oder auch nur ansatzweise … sexy. Bei deiner Auswahl wurden die Frauen immer nur benutzt, erniedrigt, missbraucht und die Männer haben sich dran aufgegeilt.“

„Und? Ist es nicht genau das, was Frauen brauchen? Eine harte Hand, die zeigt, wo es langgeht?“

„Wo hast du denn diesen Stuss her? Du hast scheinbar keine Ahnung von Frauen, oder?“

„Natürlich hab ich Ahnung von Frauen, was denkst du denn!“

„Also, die Frauen, mit denen du zusammen warst, wollten so behandelt werden? Das kann ich mir kaum vorstellen, Severinus.“

„Ach du, du bist doch viel zu jung, du hast doch keinen Plan, was abgeht!“

Monika nickte zustimmend. „Klar bin ich jünger als du. Wie alt bist du eigentlich? Dreiundzwanzig?“

„Vierundzwanzig.“

„Und du hattest schon … viele Frauen?“, bohrte Monika weiter.

„Natürlich! Was denkst du denn von mir? Sehe ich aus, als ob ich schwul wäre?“

Monika lachte leise. „Das könnte man fast glauben, so wie du rum läufst!“

Severinus wollte schon protestieren, doch er blieb zu ihrer Verwunderung ruhig. „Was … wie meinst du das?“

„Sieh dich doch mal an, wie du ausschaust. Deine Klamotten sind schauerlich. Diese Sandalen mit den schwarzen Socken sind ein absolutes No-Go. Dazu die restlichen Sachen und dann die Frisur! Schaust du ab und zu auch mal in einen Spiegel?“

„Was hast du gegen meine Sachen, die hat meine Mama rausgesucht…“

„Ich hab’s befürchtet!“, unterbrach ihn Monika. Plötzlich, sie wusste auch nicht, welcher Teufel sie da gerade ritt, doch sie hörte sich weiter sagen: „Pass auf, ich mach dir einen Vorschlag. Wir gehen mal zusammen einkaufen und zum Friseur. Okay? Hast du Knete dabei oder deine EC-Karte?“

Widerstrebend war Severinus nach weiteren zwanzig Minuten Diskutiererei bereit, das Wagnis einzugehen. Da es für ihn und Monika an diesem Tag keine weiteren Aufgaben gab, entließ Frau Schmidt die jungen Leute vorzeitig.

„Bis morgen!“, rief sie ihnen hinterher.

Severinus drehte sich um. „Wieso, ich bin doch gefeuert!“

„Ich denke nicht! Davon war jedenfalls keine Rede. Sie sollten morgen früh hier wieder pünktlich auf der Matte stehen, wenn Sie ihren Onkel nicht ganz verärgern wollen. Immerhin ist ja kein Schaden entstanden, bisher wenigstens nicht.“

 

*

 

„Guten Morgen.“ Schüchtern betrat Severinus am Freitagmorgen als letzter den Konferenzraum zu morgendlichen Dienstbesprechung. Schnell erstarb das allgemeine Gemurmel. Nur Monika strahlte über das ganze Gesicht. „Guten Morgen Severinus.“

„Oh, Mama mia, welch ein Wandel! Vom schwuchteligen Paradiesvogel zum Provinz-Marc-Wahlberg!“, entfuhr es Luigi. Ein neuer Severinus betrat das Zimmer. G-Star Jeans, Puma-Schuhe, klasse T-Shirt und die Haare erst! Nicht mehr lang und schmierig angeklatscht, sondern modisch kurz mit blondierten Spitzen, leicht hoch gegelt. Ein völlig anderer Kerl stand da vor ihnen.

Als Erste fing sich Frau Schmidt. Anerkennend lächelte sie in Monikas Richtung. „Kindchen, wie hast du das denn hinbekommen?“

„Ooch, das war gar nicht so schlimm, er hat sich fast alles ganz alleine ausgesucht. Naja, ein wenig Beratung war schon dabei.“, wehrte Monika ab.

 

*

 

Bereitwillig übernahm Severinus die Aufgabe, zusammen mit Monika die Hefte in die Umschläge zu stecken. Im Konferenzraum stapelten sich die Berge von ein paar tausend Exemplaren und die zugehörigen Umschläge. Im Verlag herrschte hektische Betriebsamkeit. Herr Viole druckte noch schnell die Adressetiketten, Luigi hatte sich noch mal in seinen Keller verdrückt.

Hefte eintüten ist eine den Geist wenig fordernde Tätigkeit. Darum verwickelte Monika ihren Mitstreiter wieder in ein Gespräch.

„Sag mal, was findest du so gut an den Geschichten, die du ausgesucht hattest?“

„Was soll ich da schon dran finden? Die sind halt geil. Weißt du, ich bin ein fast völlig sexgesteuertes Individuum.

„Ach so?“ Monika hätte beinahe laut losgelacht. „Ich verstehe! Doch warum stehst du dann auf diese … Fick-und-Sperma-Storys und nicht auf niveauvolle Erotik? Weil du dir dabei einen runter holen kannst?“

„Nicht unbedingt … doch … ja schon, auch.“

Monika wollte nicht locker lassen. „Warum noch? … Komm schon, wir sind hier unter uns.“

„Naja, da kann man sich gut vorstellen, was die Weiber so mit sich machen lassen, wenn man sie nur richtig anpackt.“

„Es macht dich also an, wenn Frauen unter Zwang gefickt werden? Dass sie fast würgen müssen, wenn der Dödel bis zum Anschlag in ihren Hals geschoben wird, oder wie?“

„Wieso unter Zwang? Ihr Weiber wollt das doch so! Außerdem braucht ihr es doch ständig und überall!“

„Wie kommst du denn da drauf? Das hat mich gestern schon interessiert!“

„Das weiß man halt.“, plapperte Severinus kleinlaut.

„Also, entweder du schaust die falschen Pornofilme oder du hast absolut keine Ahnung von Frauen! Das ist doch völliger Quatsch!“ Sie schaute ihn entrüstet an. „Sei mal ehrlich, wie viele Frauen hast du schon gehabt?“ Ihre Körperhaltung war eine einzige Herausforderung. Doch Severinus senkte verlegen seinen Blick und blieb stumm.

In Monika begann es zu dämmern. „Du … langsam komme ich glaube dahinter … du hast bisher noch keine … du hast noch nie mit einer Frau … so richtig, meine ich … das muss es sein!  Stimmt`s?“

Ganz leise kam ein zaghaftes: „Nein, noch nie.“

Monika schwankte zwischen Belustigung und Mitleid hin und her. „Jetzt wird mir allerdings einiges klar. Mein Gott, eine 24-jährige männliche Jungfrau, das halt ich nicht aus! Du solltest dich beim Vatikan bewerben, da wird demnächst sicher wieder mal ein Stuhl frei. Du hättest als Jungfrau wahrscheinlich gute Chancen, die suchen da solches Personal … Spaß bei Seite. Die Wichsvorlagen sind also der Ersatz für … Ihr Kerle geilt euch auf dem Klo an solchen … kranken Fantasien auf, weil euch eine echte Frau nicht ranlässt, oder wie? … Ist das der Ausgleich, damit dir die Eier nicht explodieren? … Und warum dann dieser Kinderpornomist? Die können sich ja nun überhaupt nicht wehren!“

Severinus legte das Heft, welches er gerade verpacken wollte und den Umschlag wieder auf den Tisch. „Genau kann ich das auch nicht sagen. Kinder sind so rein und unschuldig, so verletzlich… Stimmt, die können sich nicht wehren, da hat man … Macht, da ist man stark, die machen einfach, was man denen sagt, verstehst du?“

„Nein, absolut nicht! … Na gut, in einigen Storys haben die Kids angeblich Spaß an der Sache und werden aufgeklärt. Jetzt kann man sich drüber streiten, ob es ästhetisch ist, wenn sich eine notgeile, allein erziehende Mama den kleinen Pimmel ihres pubertierenden Sohnes zu Gemüte führt. Doch wie kann man sich daran aufgeilen, wenn Kinder dabei Schmerzen haben … weinen und … und leiden? Macht? Erkläre es mir, komm schon!“

Severinus schwieg lange. Scheinbar hatte er ein schlechtes Gewissen.

„Schau mich an, los!“, forderte sie ihn auf. Sein Kopf ging allmählich nach oben.

Monika nestelte an ihrer Bluse herum, öffnete den Knoten und präsentierte sich ihm in ihrem Halbschalen-BH. „Was macht dich mehr an? Das hier oder die kleinen Tittchen einer Zwölfjährigen, die es nur in deinem Kopf gibt? …. Sag es mir! Sind richtige Titten nicht besser, als diese bescheuerten Fantasien?“

Severinus Augen traten fast aus den Höhlen heraus. Sein Adamsapfel tanzte auf und ab. Starr fixierte er die dargebotene Fülle. Fassungslos beobachtete er, wie sich die großen, braunen Höfe langsam zusammen zogen, zarte Fältchen bildeten und sich aus ihrer Mitte kleine Berge erhoben, die sich ihm immer weiter entgegen reckten.

„Ist dir kalt?“, fragte er schüchtern.

Monika sparte sich eine Antwort, ihr Gesichtsausdruck und Augenrollen waren eindeutig genug.

Unwillkürlich sah Severinus vor seinem geistigen Auge plötzlich den Frauenanalysten Mario Schnauzer auf der Bühne rum springen, der mit einem weit ausholenden Binggg in die Luft die virtuelle Gebirgswelt seiner virtuellen Freundin in Schwingung versetzte. Severinus Mundwinkel bogen sich etwas nach oben.

Monika hielt mit den Händen die Bluse weit geöffnet und sah ihm direkt in die Augen. Der Tisch zwischen ihnen bildete eine Barriere. Zum Glück war er breit genug! Fast flehend streckte Severinus seine Hände in ihre Richtung.

Draußen klapperten Absätze über den Flur. Gerade rechtzeitig schaffte es Monika, ihren Knoten wieder zu verschließen. Enttäuscht, mit Tränen in den Augen, lehnte sich Severinus in seinem Stuhl zurück.

„Na, Kinder, wie weit seid ihr gekommen?“, platzte eine sichtlich aufgekratzte Frau Schmidt mit einer Kaffeekanne in der Hand in den Konferenzraum. „Ich bin jetzt soweit. Frau Pieper kommt auch gleich, die bringt die Tassen mit.“ Sie stellte die Kanne auf den Tisch. „Dann wollen wir mal!“ Sie rieb sich die Hände und schob das erste Heft auch schon in den zugehörigen Umschlag.

 

*

 

Montagmorgen im Lektorat.

„Also gut, Severinus, versuchen wir es. Wir drei werden jetzt die Shortstorys für die nächste Ausgabe zusammenstellen. Dios mio, hoffentlich geht das gut!“ Luigis Augen richteten sich flehend an die Decke.

Severinus saß erwartungsvoll auf seinem Holzstuhl unter dem Kellerfenster. „Ich  bin hier, um zu lernen. Das hab ich begriffen, okay?“

„Dank Monika haben wir hier eine kleine Vorauswahl. Vier Storys sind gesetzt, die diskutieren wir nicht mehr. Bleiben noch drei oder vier andere.“ Er wandte sich nun direkt an Monika. „Bella mia, du mir können reichen der Kiste mit die Druck?“

„Luigi, bitte. Wir wissen doch alle, dass du der italienischste aller Italiener bist und dazu noch ausgezeichnet Deutsch sprichst. Lass doch diesen Akzent, du bist hier nicht in der Gelateria, bitte!“

„Bene, bene, wenn es dich nervt, werde ich es lassen.“ Resignierend schob er den Stapel Papier in die Tischmitte. „Wir werden zuerst der Reihe nach die in Frage kommenden Geschichten lesen und danach drüber diskutieren. Fangen wir an!“

*

 

„Alle fertig mit lesen? Können wir anfangen?“ Monika und Severinus nickten zustimmend. „Als erstes nehmen wir die Story von … Wie hieß der noch mal? … aha, Reader nennt er sich. … Gut, die beiden Freundinnen treffen sich zu Cappuccino und so weiter. Was meint ihr denn dazu?“

Monika traute sich zuerst. „Naja, ich fand es erotisch, schöne Dialoge, gefühlvoll …“

„Ich fand es langweilig, da passiert doch nichts. Die eine holt sich einen runter, sonst nichts.“, mischte sich Severinus ein.

Nachdenklich trommelte Luigi mit dem Bleistift auf der Unterlage herum. „Ihr habt beide Recht. Gefühlvoll, erotisch, ja Monika, das sehe ich auch so. Sprachlich gut gemacht. Was der Leser nicht erfährt, sind Informationen über die Lokation und den persönlichen Hintergrund. Die Charaktere bleiben blass, weil genau das fehlt. Was mir persönlich noch fehlt, ist Spannung. Ich fühle mich nicht animiert, auf eine Fortsetzung zu spekulieren.“

„Verstehe ich nicht, Luigi!“ Monika schaute ratlos drein.

„Ich werde es versuchen, dir zu erklären. Nehmen wir hier diese Geschichte.“ Er hielt ein paar Zettel hoch. „Da eröffnet die Autorin mit einem Paukenschlag. Ein Flugzeug stürzt im Dschungel  ab. Eine junge Frau überlebt. Sofort ist der Leser gefesselt, was wird mit ihr geschehen? Da würden sich jetzt viele Möglichkeiten anbieten…“

„Au ja, da kommen ein paar Eingeborene und verschleppen sie. So in zerfetzten Klamotten hängt sie mit Händen und Füßen an einer Bambusstange und wird in ihr Lager getragen. Dort schlagen sie auf dem Versammlungsplatz vier Pflöcke in die Erde, binden die jetzt nackte Tusse dran fest. Die Dorfweiber rasieren sie mit Muschelschalen und betatschen sie überall. Dabei wird sie richtig geil. Bei einem wilden Fest in der Nacht, wo sich alle Männer solche Halo-Pilze reinziehen, wird sie von allen der Reihe nach vergewaltigt. Sie findet das total supergeil, ein Orgasmus jagt den nächsten. Anschließend kommt sie in den großen Kupferkessel Made in GDR, den deutsche Entwicklungshelfer dem Dorf gesponsert haben.“ Severinus Augen sprühten Funken, so ging er in seiner Fantasie auf.

„Och, Junge, so was kann doch nur von dir kommen! Wo bleibt da die Romantik?“, empörte sich Monika.

„Dann mach es doch besser, wenn du es kannst! Hast du überhaupt schon mal eine Story geschrieben? Dann erst kannst du mitreden!“

„Mach mal halblang, Severinus! Warum muss man eine Geschichte geschrieben haben, um andere zu kritisieren? Die Leser, also die Konsumenten, sind auch so durchaus in der Lage, eine fundierte Kritik zu artikulieren, meinst du nicht?“ Fragend ruhten Luigis Augen auf Severinus. Der Zurechtgewiesenen brummelte nur leise vor sich hin.

„Also Monika, wie würde bei dir die Geschichte weiter gehen?“

Monika räusperte sich. „Okay Luigi, bei mir würde die hilflose Frau von einem strahlenden Helden gerettet werden, nicht von Tarzan, das wäre Quatsch. Nein, mein Held wäre der Sohn von JFK, der natürlich nicht vor zehn Jahren in den Atlantik gestürzt ist mit seinem Flugzeug. Das war nur Show für die Presse. Nein, der wollte aussteigen. Er flog also nach Südamerika, wo er inkognito leben wollte. Leider fiel sein Flieger auch in den Wald. Dabei kam seine Frau um. Die Ehe soll sowieso gekriselt haben, war also halb so schlimm für ihn. Der Kennedy jr. rettet nun unsere Holde. Sie verlieben sich unsterblich. Er bettet sie auf sein Lager aus Blättern und Blüten ...“ Versonnen verklärte sich ihr Blick. „Ja, und dann …“ Ein Stift fiel zu Boden und zerriss die kurze Stille. „Ähm ja, da sie Geologin ist, kennt sie sich mit Geografie und so aus. Nach einigen Abenteuern kommen sie aus dem Dschungel in die Zivilisation zurück. Er hat sie gerettet und sie ihn irgendwie auch. Happy End!“

„Das ist doch total öde! Keine Action, viel zu wenig Sex, viel zu langatmig.“

Luigi mischte sich ein, bevor die Situation sich hochschaukeln konnte. „Stopp, stopp, ihr zwei. Was ich erreichen wollte, hat funktioniert. Der Anfang dieser Geschichte  erzeugt eine unwiderstehliche Spannung, regt die Fantasie an und macht Appetit auf den Rest. Genau das fehlt mir bei der Story von Reader. Versteht ihr jetzt?“

Beide nickten zustimmend.

„So Luigi, jetzt wollen wir aber auch von dir hören, wie die Geschichte bei dir weiter gegangen wäre!“, stichelte Monika. Auch Severinus saß erwartungsvoll auf seinem Stuhl.

„Nein, nein, Kinder, ich werde nichts erzählen.“

Sofort verzog Monika den Mund zu einem Flunsch. „Das ist unfair Luigi. Wir mussten erzählen und du kneifst!“

„Okay, okay, schon gut. Wer kann diesem Gesicht widerstehen!“ Luigi lehnte sich weit zurück und verschränkte die Hände hinter dem Kopf. „Bei mir würde die junge Frau nach dem Absturz erwachen und einem alten Silberrücken in die Augen schauen. Der wäre sofort in sie verliebt…“

„Hey, italian Macho, du schaust dir wohl immer wieder King Kong an, oder was? Nebenbei bemerkt, viel Spaß würde da bei der Tante nicht aufkommen. Gorillas haben einen super Minipenis! Nicht gerade förderlich für eine ordentliche Runde auf dem Blätterbett.“ Monika und Luigi schauten verblüfft über seine speziellen zoologischen Kenntnisse auf Severinus. „Äh, Entschuldigung, war nicht so gemeint. … also was passiert dann mit dem Affen?“

„Natürlich nichts! Sie würde von einem netten, gut aussehenden Forscher gerettet. Vorher gäbe es noch einige Abenteuer zu bestehen, versteht sich.“ Luigi hüstelte leise. „Aber was macht die Autorin aus ihrem Flugzeugabsturz? Eine kleine Beziehungskiste, die Bäume rauf und runter. Jeder der anderen Überlebenden darf dann irgendwann mal, weil sich die ohnehin mannstolle Heldin zu einer mitleidigen Samariterin entwickelt, die die armen Männer nicht leiden lassen will.“

Monika schob die beiden Geschichten über den Schreibtisch. Der Stapel zum Einsortieren im großen Regal wurde immer größer.

Luigi kramte im Blätterberg. Ach ja hier, Agentin Jane Blond 00SEX ….“

Monika holte tief Luft. „Ja, die! Mit 30 noch Jungfrau, wer es denn glaubt. Halte ich für sehr unrealistisch …“

„Wann hast du denn das erste Mal gepoppt?“, platzte Severinus dazwischen.

Luigi versuchte zu vermitteln. „Also, das gehört …“

„Lass nur, auch wenn jetzt mit Sicherheit Neid aufkommen wird, mit 15, wenn du es genau wissen willst, mein Lieber!“, betonte Monika sehr selbstbewusst. „Was sagst du denn zu dem Plott?“

Severinus überlegte nicht lange. „Als sie endlich entjungfert werden soll, da hätte ich dafür einen Baseballschläger oder so was genommen. So schön langsam reindrehen, versteht ihr? Denn das Jungfernhäutchen ist doch da sicher schon verhornt, in dem Alter, meine ich.“

Nach Luft schnappend antwortete Monika sofort: „Was soll das denn jetzt? Du … du … Brutalo! Eine Schampooflasche wäre dir sicher auch Recht gewesen, oder was? Das konnte wieder nur von dir kommen…“

Sicherheitshalber würgte Luigi die Diskussion an der Stelle ab. „Stopp, Schluss jetzt! Kommen wir zur nächsten Story: Party for Artists von Pius. Wer möchte zuerst?“ Der Blick Luigis wanderte zwischen Monika und Severinus hin und her.

„Geile Story! Stell dir vor: Riesenbilder von Mösen an den Wänden, da könntest du glatt den ganzen Kopf reinstecken, so groß sind die. Den Bauchnabel küssen, aber von innen! Das geilt doch richtig auf, oder? Und dann überall in der Bude die nackten Weiber, die alle nur eins wollen: flachgelegt werden. Da kommt doch Stimmung auf! Alles liegt offen da, sogar auf den Behandlungsstühlen lungern die feuchten Muschis rum. Gute Idee, finde ich, sollte unbedingt mit in die nächste Ausgabe!“

Kommentarlos forderte Luigi mit einem Augenaufschlag Monika zu ihrem Kommentar auf.

„Wo soll ich anfangen? Reine Männerfantasie! Was mir nicht gefallen hat, der Pius schwankt immer zwischen direkter und indirekter Rede hin und her. Die Anführungsstriche fehlen oft. Das strengt an beim Lesen. Dann dieser Satz am Ende:  vor allem die Mädchen stürmen gleich begeistert dorthin - zum Ficken, Poppen, Vögeln und was es noch an schönen Sex-Beschäftigungen so gibt.  Das sagt doch schon alles aus, was dem anscheinend triebgesteuerten Autor so im Kopf rumschwirrt. … Ja und sonst kommt es mir nicht wie eine Party von Künstlern vor, eher wie ein Gruppenbesuch beim Gynäkologen mit Erlebniscoupon für allein stehende Privatpatientinnen!“

Luigi schlug sich lachend auf die Schenkel. „Gut …. richtig gut! Das muss ich mir merken!“ Er beruhigte sich allmählich wieder und warf die Seiten auf den großen Haufen mitten auf dem Tisch. „Was haben wir noch, Kinder?“

„Da wäre noch die geile Nutte, die von ihrem Mann an seinen Chef vermietet wird für spezielle Geschäftstreffen. War glaube ich von der Kokosnuss oder so ähnlich.“, warf Severinus in die Runde.

„Oh je, da hab ich schon drauf gewartet. Ja, der ach so tolerante Ehemann wirft seine dauergeile Gattin seinem Chef zum Fraße vor. In welcher Branche ist die Firma eigentlich? Küchenmöbel stellen die wahrscheinlich nicht her, eher Pornofilme. Is` eh Banane! Die Ehefrau jedenfalls kann sich natürlich kaum retten vor Geilheit und saugt jeden Schwanz gleich in sich rein. Statt Körperlotion nimmt sie, wie soll es anders sein, Sperma! Soll ja verjüngend auf die Haut wirken. Spart im Alter den Chirurgen, wenn man sich nur oft genug damit einschmiert. Welche Geschäfte der Boss mit den polnischen Klempnern am Schluss machen will, hab ich auch nicht verstanden. Hauptsache die Polen bekommen zur Begrüßung erst mal einen geblasen, auch wenn sie sich nur in der Hausnummer geirrt haben sollten.“ Monika hatte sich in Rage geredet und Luigi grinste vor sich hin.

„Eine wirklich tief schürfende Kritik. Bravo! Wenn da noch Fortsetzungen kommen, brache ich eine weitere neue Plastikkiste unter dem Regal. Vorn drauf klebe ich eine Kokosnuss“

Mit verbissenem Gesicht schielte Severinus über den Tisch. „Was ist Junge? Stimmt etwas nicht?“

„Ich hab so das Gefühl, wir werden niemals denselben Geschmack haben. Was ich geil finde, wird von euch sofort verrissen.“

„Severinus, hier kommt es nicht auf deinen oder meinen Geschmack an. Wir produzieren hier eine Zeitschrift, die den Geschmack seiner zahlenden Leserschaft treffen muss. Die große Mehrheit von Sexgeschichtenlesern wird wohl so in etwa deine Vorstellungen von geilen Storys teilen. Diese Leute können all die Geschichten hier ja im Internet lesen. Nur gibt es Leute, die haben eben andere Ansprüche. Genau die bedienen wir hier mit unserem Heft.“

Die Tür des Lektorats öffnete sich und Frau Schmidt brachte einen neuen Stapel Umschläge.

„Hoffentlich ist da was dabei, was wir für die nächste Ausgabe nehmen können, bisher war ja alles nicht so prall!“

 

 


Kommentare

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