Neue Nachbarn


NicoS

10
19624
4
29.01.2009
CMNF

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An einem warmen Sommerabend liegt Robert auf seiner Terrasse, als er Geräusche von der Veranda des Nachbarhauses hört - einer Villa, die seines Wissens leer und zum Verkauf steht. Durch eine Verbindungstür zwischen den beiden Grundstücken geht er hinüber und will den Eindringling zur Rede stellen.

* * *


Vorsichtig trat ich auf den Durchgang, schlich zum Ende der Garage und schaute um die Mauerecke. Nun war es an mir, überrascht zu sein - mehr als das: Ich stand wie gebannt von dem unerwarteten und faszinierenden Anblick.

Ganz offenbar waren, ohne dass ich es bemerkt hatte, neue Bewohner in die Villa eingezogen. Das war nicht weiter verwunderlich. Seit der plötzlichen Trennung von meiner Frau vergrub ich mich jeden Tag von früh bis spät in meine Arbeit, verbrachte viele Überstunden im Büro und war oft auch an Wochenenden dort. Wenn ich die Firma überhaupt einmal zu normalen Zeiten verließ, ging ich zum Sport oder - sehr viel seltener - mit Kollegen in ein Restaurant. Ich kann nicht sagen, dass ich aus dem Haus floh, in dem ich früher so glücklich gewesen war, doch ich floh vor der Einsamkeit darin, und war in den vergangenen Monaten kaum je - wie an diesem Freitag - außer zum Schlafen einmal längere Zeit zu Hause gewesen.

Der Einzug konnte erst ein paar Tage her sein. In einer Ecke der Terrasse waren einige in Kunststoff eingeschweißte Gartenmöbel zusammengeschoben. Daneben standen mehrere leere Terrakotta-Kübel, die noch die Etiketten eines Baumarkts trugen. Eine Klappliege aber war ausgepackt und aufgestellt, und sie war die Quelle des Geräuschs - oder, genauer gesagt, die nackte Frau, die darauf lag und sich in aller Ruhe und mit Hingabe selbst befriedigte.

* * *


Die Liege stand mit dem Kopfende zu mir, schräg nach vorn und zum Pool gewendet, so dass kaum eine unmittelbare Gefahr bestand, die Frau könne mich sehen. Sie hatte dunkles, langes Haar, schien relativ groß und schlank, mit kräftigen, von den nach unten greifenden Armen emporgedrückten Brüsten. Weitere Einzelheiten konnte ich auf die Distanz und im Licht der frühen Dämmerung nicht erkennen, doch der Anblick war auch so fesselnd genug.

In rhythmischen Schüben glitt ihre rechte Hand zwischen den leicht gespreizten Beinen hin und her, während sie mit der linken mal nach unten griff, mal ihre Brüste streichelte. Bei all dem machten ihre Bewegungen nicht den Eindruck, dass sie ungeübt war oder es eilig hatte. Immer wieder schien sie die Erregung bis kurz vor den Höhepunkt zu führen, erkennbar an einem leisen Stöhnen und einem Emporwölben des Oberkörpers, um dann wieder eine Pause einzulegen, in der sie ihren Körper streichelte oder auch einmal nach dem Glas griff, das neben der Liege auf dem Boden stand. 

So ging es eine ganze Weile, und fast wurde mir trotz meiner Erregung die Zeit zu lang, als sie schließlich zum Ende kam. Ein Stöhnen, viel lauter als zuvor, drang zu mir herüber, und ihr Oberkörper hob sich in den Zuckungen des Höhepunkts förmlich von der Liege. Danach lag sie still, die Arme seitlich herabhängend und atmete eine Weile sichtbar stärker.

Ich wollte schon gehen, hatte auch den Kopf bereits zurückgezogen, als ich eine helle Stimme hörte: "Bist du fertig, Mama?"
"Aber ja," antwortete eine zweite Stimme in einem angenehmen, vollen Alt. "Hast du extra gewartet? Wie lieb von dir ..."
Es waren also Mutter und Tochter da, und schon diese wenigen Worte zerstreuten jeden Gedanken, es bei meinen neuen Nachbarn mit einer Durchschnittsfamilie zu tun zu haben. Eigentlich hätte ich nun wirklich gehen sollen, doch die Dämmerung war deutlich vorangeschritten, und die Ecke, hinter der ich stand, lag im tiefsten Schatten.

"Ich will noch mal eben reinspringen," hörte ich die Tochter sagen, als ich eben meinen Kopf wieder langsam nach vorne schob, und die Mutter ergänzte in ruhigem Ton, als sei es die normalste Sache der Welt: "Ja, so eine kleine Abkühlung kann ich nach dem Orgasmus auch gebrauchen."
Mit größter Vorsicht schob ich meinen Kopf wieder um die Ecke.
"Komm, ich helf dir hoch," meinte die Tochter und streckte ihrer Mutter eine Hand entgegen. Sie war, soweit ich es im Halbdunkel erkennen konnte, etwas kleiner als die Mutter, von kräftiger, wohlproportionierter Figur - und ebenfalls splitternackt. Sie hatte von ihrer Mutter die Haarfarbe und die Größe der Brüste geerbt, die bei ihr ohne jedes Anzeichen von Erschlaffung fest nach vorne standen. Dann stand die Mutter neben ihr; fast einen Kopf größer und noch etwas schlanker, als ich vermutet hatte, mit einem betonten, doch nicht ausladenden Becken.
"Danke," meinte sie unter leichtem Lachen, griff ihrer Tochter ins Haar, zog sie ungeachtet ihrer beider Nacktheit an sich und küsste sie auf die Stirn.
"Nun aber rein ins Vergnügen!" rief sie.
Dann verschwanden die beiden aus meinem Blickfeld.

* * *


Am Nachmittag des folgenden Tages klingelte ich, eine Flasche Wein und ein Brot in den Händen, an dem schmiedeeisernen Tor des Nachbarhauses. Ich folgte keinem besonderen Plan, doch in einer fast schlaflosen Nacht war mir klar geworden, dass ich dort in dem fremden Garten mehr gespürt hatte als nur eine momentane Erregung. Irgend etwas an beiden Frauen zog mich wie in einen Bann, und mir war klar geworden, dass ich beide unbedingt kennenlernen wollte, wie auch immer die Sache ausging.

Die Sprechanlage war neu installiert.
"Ja bitte?" kam eine kühle Stimme aus dem Lautsprecher, die ich weder der Mutter noch der Tochter zuordnen konnte.
"Hallo, ich bin Ihr Nachbar zur Rechten, aus dem Bungalow. Ich wollte nur mal kurz Hallo sagen, falls es nicht stört."
"Oh ... nein ... einen Moment!" antwortete die Stimme, nun schon um einiges freundlicher. "Ich öffne das Tor. Kommen Sie zum Eingang. Ich brauche nur eine Minute."

Der Summer ertönte. Ich drückte das schwere Tor auf und ging auf den Hauseingang zu. Wie war mir entgangen, dass hier alles neu gemacht war? Das Tor hatte nicht mehr gequietscht, das hohe Gitter zur Straße glänzte frisch gestrichen; der Kies vor der Garage war ebenso neu wie die Platten auf dem Weg zu Haustüre. Ich grübelte noch, ob mir irgendwann einmal Baumaterial oder der Wagen eines Handwerkers aufgefallen war, als die schwere, massive Holztüre geöffnet wurde.

Eine junge Frau, fast noch ein Mädchen, stand vor mir, und ich hatte sie am vergangenen Abend ganz sicher nicht gesehen. Dies und ihre eigenartige, ja faszinierende Erscheinung ließen mich wohl einen Moment erstarren.
"Was ist? Kommen Sie doch herein! Oder wollten Sie gar nicht ...?"
"Äh, doch," fasste ich mich und trat auf sie zu.
Das Mädchen - oder die junge Frau - mochte um die zwanzig Jahre alt sein. Sie war so groß wie ich, schlank, fast dünn, mit schmalen Hüften, zarten Gelenken, einem hohen, schmalen Schädel und einem interessanten, ausdrucksstarken Gesicht, das durch hohe Wangenknochen und vor allem ihre hellgrauen, leuchtenden Augen geprägt war. Ihre Haut war ungewöhnlich blass, die langen Haare tiefschwarz oder schwarz gefärbt. Sie trug ein schwarzes, fast bodenlanges Samtkleid, dessen tiefer Ausschnitt so flach auf der Brust lag, dass man von der Erhebung eines Busens kaum sprechen konnte. Sie schien ungeschminkt bis auf eine kräftige, schwarze Umrandung der Augen, ergänzt durch mehrere Piercings an verschiedenen Stellen ihres Gesichts.

Sie streckte mir eine schmale, zarte Hand entgegen, die übrigens in den schönen, schlanken Füßen ihre Entsprechung fand, die barfuß unter dem Kleid hervorschauten.
"Johanna ..." und der Nachname, der auf dem Klingelschild stand. Für eine so zart wirkende Hand war der Händedruck angenehm fest.
"Robert ...", stellte ich mich meinerseits vor. "Ich wohne in dem Bungalow nebenan. Ich habe gesehen, dass hier wieder jemand eingezogen ist. Da dachte ich, ich schau einfach mal vorbei, sage Hallo und bringe eine Kleinigkeit zum Einzug ..."
Ich hielt ihr meine beiden Mitbringsel hin.
"Oh, das ist sehr freundlich. Aber kommen Sie doch erst einmal richtig herein!"
"Nur, wenn ich nicht störe!"
"Aber nein. Meine Freundin und ich sind am Auspacken, aber das wird so oder so noch eine ganze Weile dauern ..."
"Ihre Freundin ...?" fragte ich zögernd. Ich konnte schlecht direkt nach der Frau fragen, die ich am vergangen Abend gesehen hatte. "Sie wohnen ... zusammen ...?"
"Manchmal," meinte Johanna mit einem leichten Lächeln. "Aber Sie möchten natürlich wissen, wer hier eingezogen ist! Das sind meine Mutter, meine Schwester und ich. Meine Freundin wird nicht ständig hier sein."
"Oh, so war das nicht gemeint! Ich bin wirklich nur ... ein wenig neugierig," gab ich grinsend zu.
"Versteh ich. Aber kommen Sie doch! Setzen wir uns in den Salon."
Sie nahm mir die Geschenke ab und ging vor - einen vertrauten Weg, wie ich hätte annehmen können, doch es schien ein ganz anderes Haus als das meiner ehemaligen Nachbarn.

Jahrelang war ich in diesem Haus ein- und ausgegangen; selten zwar durch den Vordereingang, doch insgesamt hatte ich Räume und Einrichtung fast so gut gekannt wie in meinem eigenen Haus. Natürlich hatte sich der Grundriss nicht wirklich geändert. Räume, Türen, Fenster, die Treppe und andere Elemente der Architektur waren am gleichen Platz wie zuvor. Völlig verändert dagegen war das Dekor. Während mein Nachbar helle Farben und offene, sparsam möblierte Räume über alles geschätzt hatte, war die Einrichtung jetzt ... viele hätten es wohl altertümlich, sogar "düster" genannt, doch ich fand das Ergebnis zu reizvoll und zu vielseitig, um es als Verschlechterung zu empfinden.

So hatten die neuen Eigentümer die dunkle Holztäfelung der Diele wieder frei gelegt, die mein Nachbar irgendwann mit hellen stoffbespannten Platten verkleidet hatte. Überall auf kleinen Tischen oder dem Boden sah ich Lampen oder Kerzenleuchter, die bei Nacht hier kein sehr helles, aber ein angenehmes Licht spenden würden. Die Wände der Wohnräume waren zuvor weiß oder hell gestrichen und bis auf einige sehr teure Originalabzüge von berühmten Fotografen fast leer gewesen; nun waren sie mit seidig glänzenden, wie Stoff wirkenden Tapeten in dunklen, warmen Farbtönen bespannt. Davor standen überall Bücherregale, die bis zur Decke reichten; die vielen tausend Bücher teilweise noch in Kisten davor. Während hier früher überall derselbe, elegante, aber etwas kühle Stil ausgesuchter Designermöbel geherrscht hatte, hatte nun jeder Raum eine andere Einrichtung und Atmosphäre.

Der Salon, in den Johanna mich führte, war schon immer der zentrale Wohnraum gewesen. Der Raum war nun mit fast orientalischer Pracht und Verspieltheit eingerichtet. Die Tapete zeigte einen dunklen Goldton. Zwei echte Perserteppiche in passenden Farben lagen auf dem frisch versiegelten, dunklen Parkett. An den Seitenwände zogen sich neben und auch über den breiten Durchgängen in die Nachbarräume die erwähnten Bücherregale fast bis zur Decke; die Rückwand wurde von einem ausladenden, aber noch leeren, antiken Vitrinenschrank beherrscht. Es wäre eine schamlose Untertreibung gewesen, "Sitzgruppe" zu nennen, was den größten Teil des Raums einnahm - eine Sitzlandschaft aus mehreren breiten Couchs, die in S-Form aufgestellt waren. Auf den Sitzflächen, den Lehnen und auch auf dem Boden lagen überall große, dicke Kissen. Die Stoffe waren, in vollendeter Harmonie zu Wand und Teppichen, in Gold- und dunkleren, glänzenden Brauntönen gehalten, und vollends zu einem Raum wie aus Tausendundeiner Nacht wurde er durch die schweren, bauchigen Übervorhänge an den beiden hohen Fenstern und eine passende Stoffbahn, die sich von der Decke herabwölbte.

Johanna bot mir einen Platz an und fragte, ob ich etwas trinken wolle, und ich bat um ein Glas Saft oder Wasser. Es stellte sich heraus, dass der Kühlschrank in der Küche leer war. Johanna entschuldigte sich; sie müsse in den Keller gehen und erst einmal schauen, wo der Lieferant die Getränke in dem Einzugschaos abgestellt habe.

Ich entspannte mich und ließ die neue Atmosphäre dieses doch so vertrauten Hauses auf mich wirken. Noch war manches unklar. Offenbar hatte ich es mit einem reinen Frauenhaushalt zu tun; von einem Partner oder Vater war vorhin keine Rede gewesen. Die Information, Johanna sei mit Mutter und Schwester hier eingezogen, hatte ich unwillkürlich mit den mir bereits bekannten beiden Frauen ergänzt, doch auch das konnte ein Irrtum sein. Die Zahl und auch die Art der Bücher ließen mich darauf schließen, dass meine neuen Nachbarn von ganz anderem geistigen Horizont sein würden als ihr Vorgänger und seine Frau. Außer der - allerdings riesigen - Kollektion von Fotobänden hatte ich früher hier nie eine größere Anzahl an Büchern gesehen.

So wie ich saß, mit dem Rücken zum Speisezimmer, konnte ich durch die offenen Durchgänge alle drei Räume auf der Gartenseite der Villa sehen. Der direkt angrenzende Raum war in grüne Töne gehalten wie dieser hier in Gold und Braun. Der dritte, deutlich kleinere Raum war der dunkelste von allen, da er nur durch ein Fenster Licht erhielt. Seitlich stieß der Raum an die Garage, die scheinbar irgendwann nachträglich dort angebaut worden, denn wir hatten einmal beim Renovieren die Spuren eines zugemauerten Fensters dort gefunden. Seine Farben waren, soweit ich es von hier aus sehen konnte Silbergrau und Schwarz.

Und dort, hinter dem zweiten Durchgang, nahm ich auch plötzlich eine Bewegung wahr. Ich sah einen Schatten oder etwas Schwarzes halb im Türrahmen auftauchen und wieder verschwinden, und dann hörte ich auch Geräusche - das Schaben von Kartons und dazu ein leises metallisches Klirren. Im ersten Moment erschrak ich fast etwas, doch dann fiel mir die Freundin ein, die ja hier irgendwo sein musste. Und ich sollte auch nicht lange zu warten haben, bis sich das Rätsel lüftete ...

* * *


Es vergingen ein oder zwei Minuten, dann hörte ich dumpfes Geräusch und gleich darauf einen saftigen Fluch, der in meinen Ohren noch an Wirkung gewann, da ihn eine sehr helle, jung klingende Mädchenstimme ausstieß.

Dann kam sie um die Ecke und geradewegs auf mich zu ...

... und ich war mehr als froh zu sitzen. Wenn mich auch meine Beobachtungen von gestern abend, die Einrichtung des Hauses und auch das Äußere von Johanna auf Einiges vorbereitet hatten - diese Freundin übertraf es bei weitem.

Sie war so groß und ebenso schlank wie Johanna, eigentlich wirklich mager und knochig zu nennen. Dass ich dies auf den ersten Blick so gut sehen konnte, lag daran, dass sie praktisch nackt war. Das Klirren, das ich gehört hatte, kam von den Ketten, die sie neben einigen Lederbändern zur Befestigung als einzige "Kleidung" trug. Um ihre Hüfte, um die Brust, den Hals war je eine Kette gewickelt, andere liefen nach oben und unten, über die Schultern und unter dem Schambein hindurch. Doch die Ketten waren längst nicht das einzige Metall; ich sah Piercings an allen möglichen Stellen von der einen Brustwarze bis hinunter in den Schamlippen, die sich zwischen zwei Ketten kahl rasiert und nackt hervorwölbten. Sie besaß ein hübsches, junges Gesicht, das allerdings momentan im Zorn verzerrt war und auch zusammen mit ihrer Haartracht ... gewöhnungsbedürftig wirkte. Die bestand aus einem schmalen, relativ kurz geschnittenen, pink und schwarz gefärbten Irokesenkamm auf dem ansonsten völlig kahl geschorenen Schädel.

Das Verblüffende, ja Surreale dieses Auftretens wurde noch unterstrichen von der entspannten Selbstverständlichkeit, mit der die junge Frau auf mich zu trat.
"Du bist dieser Nachbar, hm?" begrüßte sie mich, nicht unfreundlich, doch mit einer leise mitschwingenden Ungeduld. "Weisst du, wo Johanna steckt?"
"Ähm ..." meinte ich lahm. Ich hatte immer angenommen, die Stellen in Romanen, in denen es Leuten buchstäblich die Sprache verschlägt, seien eine bequeme literarische Übertreibung. Jetzt merkte ich, dass dies ein Irrtum war.
"Sie ... ich glaube ... sie wollte ... in den Keller," stotterte ich.
"Na toll! Kannst du mir mal eben helfen? Ich pack das alleine nicht. Dieses Ding ist viel zu schwer, und ich ... äh, ach so, ich bin die Nina!"
Sie streckte mir eine Hand entgegen. Langsam setzte mein Denken wieder ein.
"Natürlich, klar!" meinte ich, stemmte mich aus der bequemen, aber tiefen Sitzposition empor und ergriff ihre Hand.
"Robert," stellte ich mich vor. Ihre Hand war schmal, doch lang und kräftig, und als ich schon loslassen wollte, packte sie noch einmal zu.
"Du hast einen angenehmen Händedruck," sagte sie, lächelte mich kurz an und ließ dann meine Hand los.

Ich folgte ihr in den kleinen, silbern und schwarz eingerichteten Raum. Auch hier reichten die Bücherregale bis zur Decke, also in eine Höhe von gut über drei Metern. Vor einem stand eine hohe Leiter, und am Fuß der Leiter ein großer Korb voller Bücher. Nina deutete auf den Korb.
"Der da! Der muss da rauf! Man kann ihn festmachen oben. Siehst du diese Haken? Die kann man an der Leiter einhängen. Aber ich krieg ihn so voll nicht rauf, und dann muss ich für jedes Buch einzeln rauf und runter ..."
"Gut, dann wollen wir's mal gemeinsam versuchen. Steig du hoch und schau, dass die Haken richtig eingehängt werden. Ich werd den Korb schon hoch genug bekommen."
Sie tat, wie ich ihr gehießen hatte, und ich machte mich bereit, den Korb emporzuwuchten. Dabei war ich fast dankbar, eine so einfache, sinnvolle Aufgabe vor mir zu haben und mich damit zumindest teilweise von der Wirkung ablenken zu können, die die pure sexuelle Ausstrahlung der Frau auf mich hatte.

Das Anheben und Einhängen des Korbes erwies sich schwieriger als gedacht. Er war nicht nur sehr schwer, sondern auch ungleich gepackt. Ferner war er nicht wirklich für solche Aufgaben vorgesehen; es war ein einfacher Wäschekorb, und zum Einhängen dienten zwei Haken, die wie Fleischerhaken aussahen und lose an seiner Seite herabhingen. Den ersten konnte Nina relativ rasch einhängen, doch der zweite verrutschte und drohte herauszufallen. Bei dem Versuch, den Haken zu erwischen, verlor sie nun aber selbst das Gleichgewicht. Ich fing sie auf, und hielt schließlich mit nur einem Arm noch den Wäschekorb, mit dem Körper stützte ich die Leiter und mit dem anderen Arm Nina selbst, die sich nun nach vorn beugte, um den zweiten Haken zu befestigen. Dabei drückte sie sich gegen mich - ihre Scham genau auf mein linkes Ohr.

"Ah, ihr kennt euch schon!" hörte ich die dunkle, kühle, jetzt leicht belustigt klingende Stimme von Johanna aus der Richtung des Durchgangs.
Nina vollendete ihre Aufgabe, den Korb fertig einzuhängen, ohne sich im Geringsten an der Position meines Ohres oder der Anwesenheit ihrer Freundin zu stören.
"So! Kannst mich loslassen," meinte sie in einem Ton ruhiger Selbstverständlichkeit, als hätte ich ihr beim Bergwandern an einer rutschigen Stelle die Hand gereicht.

Johanna gab mir ein großes Glas Apfelsaft, das sie mitgebracht hatte, und wir gingen alle drei zurück in den goldfarbenen Salon und setzten uns, ich auf meinen ursprünglichen Platz, die beiden jungen Frauen auf die Couch gegenüber.

Ein wenig verwundert über Johannas Reaktion war ich schon, wenn auch in einem positiven Sinn. Sicher war die Situation eben eindeutig und harmlos gewesen, harmlos zumindest, wenn man davon absah, in welchem Outfit Nina ihre Hilfstätigkeit verrichtete. Dennoch hätte es wohl nicht viele Menschen gegeben, die wie Johanna so völlig locker und ohne den geringsten Kommentar darüber hinweg gegangen wären. Ebenso ungewöhnlich und durchaus angenehm empfand ich die natürliche Art, wie beide mit mir umgingen, einem Mann, der wohl sicher im Alter ihrer Väter war. So nahm Johanna ohne Zögern an, als ich ihr auch das Du anbot.

Ich erzählte kurz das Nötigste über mich und erwähnte auch die gute Nachbarschaft, die hier früher gepflegt worden war. Johanna nahm diese Informationen alle interessiert und freundlich auf, sagte oder fragte dazu jedoch recht wenig. Anders Nina; sie nahm sehr lebhaft Anteil an dem, was ich erzählte, und stellte vor allem zu meiner gescheiterten Ehe einige kluge Rückfragen, dabei so direkt und offen, als seien wir gute, alte Bekannte.
Im Gegenzug erfuhr ich einiges über die Verhältnisse meiner neuen Nachbarinnen. Die Mutter namens Larissa und die jüngere Schwester Nathalie, die eine Halbschwester von Johanna war, waren tatsächlich die beiden Frauen gewesen, die ich am Vorabend beobachtet hatte - dies erfuhr ich durch eine unauffällige Frage nach Besuchern am vergangenen Abend. Die beiden waren zum Einkaufen gefahren, und Johanna erwartete sie erst am späteren Nachmittag zurück.

Johannas Vater schien bei einem Verkehrsunfall ums Leben gekommen zu sein, doch sie streifte das Thema so kurz und betont beiläufig, dass ich nicht weiter nachfragen wollte. Auch von anderen Männern, die vielleicht zu diesem Haushalt gehörten, war nicht die Rede. Johanna erwähnte zwar kurz einmal einen Freund der Mutter, doch das schien eher eine Art Mentor zu sein. Ihre Verbindung bezeichneten Johanna und Nina als "verrückte Freundschaft", ließen sich jedoch nicht auf irgendwelche Festlegungen ein und meinten, ich würde es mit der Zeit schon noch verstehen.

Ich erwiderte nichts und machte mir klar, dass ich es mit zwei jungen Damen zu tun hatte, die es offenbar faustdick hinter den Ohren hatten. Einen Mann in meinem Alter anzumachen, zu irritieren, in Verlegenheit zu bringen oder zu foppen, war für die beiden vermutlich eine ihrer leichtesten Übungen, und ich wollte mir nicht die Blöße geben, darauf allzu offensichtlich einzugehen.

Ohnehin musste ich während des Gesprächs meine ganze Willenskraft aufbieten, um nicht entweder mit einem Speichelfaden am Mund dazusitzen oder mir gleich die Hose zu öffnen und einen runterzuholen.

Nina hatte sich an Johanna gelehnt, streichelte und zupfte immer wieder an ihr herum, küsste sie auf den Hals, die nackten Schultern oder knabberte an ihrem Ohr. Zwischendurch rückte sie nicht nur öfter ihre Ketten zurecht, sondern streichelte sich auch selbst den Oberkörper, die flachen, kaum merklich vorstehenden Brüste und auch ganz beiläufig die gut entwickelten, ständig leicht erregt hervorgewölbten Schamlippen.

Johanna dagegen blieb eher ruhig. Ich hatte den Eindruck, sie beobachtete vor allem meine Reaktionen, doch das konnte auch täuschen. Irgendwann legte sie jedoch die linke Hand zwischen Ninas Beine und begann, sie dort leicht zu streicheln, bis Nina schließlich nicht mehr anders konnte und leise wohlig zu stöhnen begann.

"Soll ich nicht lieber jetzt gehen?" überwand ich mich zu fragen.
Die beiden schauten sich kurz, lächelten und meinten dann wie aus einem Munde: "Nein, nein, bleib ruhig da! Du störst uns nicht."

Ich blieb. Allerdings wurde die Hand wieder weggezogen, und das Gespräch verlief weiter im Allgemeinen. Ich steuerte ein paar Anekdoten von meinen geschäftlichen Besuchen in London bei, und mit der Zeit gelang es mir sogar, das Ungewöhnliche und äußerst Erregende der Situation teilweise zu verdrängen.

Schließlich wollten die beiden Mädchen mit dem Auspacken weitermachen, und es wurde beschlossen, dass ich gegen Abend noch einmal vorbeischauen würde, wenn die Mutter und die Schwester wieder da seien. 

>>> Diese Story ist ein Auszug aus einer längeren Erzählung, die z.Zt. an anderer Stelle veröffentlicht wird. Siehe dazu auch den Hinweis im "Geschichtenforum". >>>

Copyright by Nicolas Scheerbarth, 2008


Kommentare

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