Sonntag Abend (neue Fassung)
"Papa, gehen wir heute noch spazieren?" "Ja klar mein Schatz, die Steiners wollen gerade gehen, Du kannst Dich schon mal ausziehen." Ups! Da war mir wohl was rausgerutscht. Jochen Steiner, der Mann der Schulfreundin meiner Frau schaute mich erstaunt an. Simone, seine Frau, war zu sehr in das Gespräch mit meiner Frau Inge vertieft als dass ihr etwas an meiner Wortwahl hätte auffallen können. Trotzdem drohte der gemütliche Sonntag Nachmittag eine gefährliche Wendung zu nehmen...
Aber von Anfang an. Wie jedes Jahr wenn es in den Herbst geht, haben meine Frau und ich auch dieses Jahr wieder regelmäßig Sonntag Abends darauf bestanden dass Susanne, unsere gerade 16 gewordene Tochter, uns zum Spazierengehen begleitet. Wie viele andere berufstätige Paare haben wir unter der Woche, und speziell in der stressigen Zeit bis Weihnachten, nicht sehr viel Zeit uns mit unserer Tochter auszutauschen, und deshalb ist uns die Institution des wöchentlichen Spaziergangs so wichtig.
Natürlich hat unsere Tochter mittlerweile andere Interessen als mit ihren Eltern am Sonntag Abend spazieren zu gehen, wo doch das Wochenende schon fast wieder verflogen ist und man noch so viele Sachen machen möchte, bevor man tags darauf wieder in die Schule muss. Susanne ist eigentlich der angenehmste Teenager den man sich als Vater vorstellen kann. In der Schule eher der Streber-Typ, keine Protestaktionen im Kopf wie Piercing, Tatoos, zerrissene Kleider oder nuttenhaftes Makeup. Dabei ist sie durchaus ein typisches Mädchen, sitzt stundenlang schnatternd mit ihren Freundinnen zusammen und wenn meine Frau oder ich mal ein paar Wortfetzen mitbekommen dann geht es um die Jungs von Tokio-Hotel, Promi-Themen, Mode oder Tierschutz.
Eigentlich sollte man dem Herrgott danken für so eine Tochter (und natürlich auch ein bisschen stolz sein auf die eigene Erziehungsleistung). Aber unter vier Augen haben meine Frau und ich jetzt schon ein paar mal darüber gesprochen dass Susanne offenbar extrem schüchtern ist wenn sie sich nicht unter ihren langjährigen (und zumeist 2-3 Jahre jüngeren) Freundinnen befindet. Außerdem ist sie wirklich total verklemmt, so dass sie im Sommer kaum mal einen Bikini anzieht sondern lieber bei 32°C im einteiligen Badeanzug ins Freibad geht. Für ihre 16 Jahre ist sie nicht nur körperlich eigentlich zu zierlich, auch sonst passte sie eigentlich mehr in die Reihe der eher 12-13 Jährigen die im Fernsehen zu sehen sind wenn sie bei einem Tokio-Hotel Konzert von ihren Müttern begleitet in der ersten Reihe stehen, heulend vor Begeisterung. Während viele der anderen Mädchen in ihrer Klasse bereits mit dem Roller in die Schule fuhren, war sie viel zu schüchtern um bei einem fremden Fahrlehrer den Führerschein zu machen.
Wie wohl alle Eltern waren wir ein bisschen hin- und her gerissen. Natürlich lieben wir unsere Tochter über alles und möchten alles gefährliche von ihr fern halten (hormongesteuerte 16jähre Jungs aus dem Plattenbau am äußeren Stadtrand zum Beispiel). Aber wir haben auch ein bisschen Angst dass wir sie zu lange in unserem goldenen Käfig, unserem Einfamilienhaus in einem schönen Wohngebiet am Waldrand, vor der Welt abschirmen. Meine Frau und ich haben schon alles mögliche besprochen, aber so richtig sind wir noch nicht zu einer Lösung gekommen wie wir unsere Tochter behutsam etwas auftauen können ohne sie gleich in schlechte Gesellschaft zu bringen. Im Jugendklub in der Innenstadt gab es regelmäßig Nachmittagspartys am Wochenende, aber da sind uns beim Vorbeifahren besagte Jungs aus der Plattensiedlung aufgefallen. Dort wollten wir unsere Tochter eigentlich nicht ermutigen hinzugehen. Wir waren fast froh dass sie bisher nicht von selbst darauf gekommen war.
Aber vor 2 Wochen kam mir dann eine spontane Idee als wir zum x-ten mal am Sonntag Nachmittag die Diskussion mit Susanne hatten, ob sie denn unbedingt wieder Abends zum Spazierengehen mit müsse, es käme doch irgendeine wichtige Sendung auf VIVA. Das Spazierengehen sei total langweilig und die Ratespiele die wir immer beim Laufen machen wären doch etwas für kleine Kinder und sie sei ja schließlich schon 16. Oho, dachte ich, meine Tochter wir doch nicht selbst bemerkt haben dass sie anfängt erwachsen zu werden? Und ohne auch nur eine Sekunde darüber nachzudenken sprach ich spontan einen Plan aus der urplötzlich in meinem Kopf war. Ich sagte ihr dass ich ihr jetzt einen Vorschlag von Erwachsenem zu Erwachsenem machen würde und dass sie jetzt zeigen könnte dass sie vernünftige Vorschläge zu schätzen weiß. Und das war mein Vorschlag: "Wenn Du die nächsten 4 Wochen ohne Diskussion mit uns spazieren geht's, dann darfst Du danach selbst entscheiden ob Du weiter mitgehen möchtest oder nicht. Aber Du musst mir die Chance geben die Ratespiele die Du so langweilig findest durch lustigere Spiele zu ersetzen. Und Du musst natürlich auch mitspielen. Ich bin fest davon überzeugt dass ich Dich in 4 Wochen davon überzeugen kann dass Spazierengehen nicht langweilig sein muss."
Das war jetzt erst mal etwas viel für unseren Teenager. Sie hatte eigentlich gedacht dass durch ausreichend langes Nörgeln wir ihr irgendwann den gemeinsamen Spaziergang erlassen würden. Jetzt stand sie vor der Wahl ob sie weiternörgeln sollte, auf die Gefahr dass sie so nie weiter kam, oder die nächsten 4 Wochen in den sauren Apfel beißen sollte um danach zu verkünden dass jetzt ein für alle mal Schluss sei. Ich versicherte ihr noch einmal dass es in 4 Wochen ihre völlig freie Entscheidung sei und dass ich mich ganz sicher an mein Versprechen halten würde sie dann nicht mehr zu behelligen. Obwohl sie wusste dass sie sich auf mein Versprechen verlassen konnte, holte sie trotzdem ihre Mutter aus der Küche um sie als Zeugen für meinen Vorschlag zu haben. Meine Frau hatte natürlich keine Ahnung was ich vor hatte, aber sie hatte die Diskussionen um dieses Thema ebenso satt wie ich, so dass sie schon aus reinem Harmoniebedürfnis heraus keine Fragen stellte. Mit ihrer Mutter als Zeugen konnte sich Susanne tatsächlich durchringen für die nächsten 4 Wochen zu versprechen dass sie ohne zu Murren am Sonntagsspaziergang teilnahm.
Es war vielleicht so 17 Uhr durch als wir uns einig waren. Normalerweise gingen wir nicht vor 18 Uhr los, häufig hatten Inge und ich noch Gäste am Sonntag Nachmittag oder wir gingen ins Museum oder auf Trödelmärkte oder ähnliches. Der Spaziergang beschloss dann den Sonntag und danach gab es noch eine Kleinigkeit zu Essen, ausnahmsweise am Sonntag vor dem Fernseher und nicht im Esszimmer. Aber heute wollte ich keine Zeit verlieren, meine Tochter hatte ihr Ziel (nie mehr Spazierengehen) so fest vor Augen dass ich die Gelegenheit nicht verstreichen lassen wollte. Ich sagte ihr sie solle jetzt Duschen gehen und sich die Haare waschen (sie hat die gleichen schönen langen schwarzen Haare wie ihre Mutter) und dann könnten wir los. Duschen und Haare waschen war sowohl für meine Frau als auch für meine Tochter das Ritual mit dem sie normalerweise den Sonntag Abend final beschlossen, nachdem wir vor dem Fernseher gegessen hatten. Meistens ging Susanne zuerst ins Bad um dann noch im Schlafanzug von ihrem Zimmer aus mit ihren Freundinnen zu telefonieren.
"Aber wieso soll ich denn vor dem Spazierengehen Duschen? Wollen wir irgendwo hin wo ich frisch gewaschene Haare brauche?" Susanne schaute mich erstaunt an. Normalerweise gingen wir ein kurzes Stück Richtung Ortskern um dann irgendwo in die Felder und den Wald einzubiegen der hinter unserem Haus lag. Nur selten trafen wir in der knappen Stunde die wir unterwegs waren jemanden den wir kannten. Und es lag uns fern in besonders guter Kleidung unterwegs zu sein. Im Wald war es häufig etwas matschig und in die engen Trampelpfade hingen auch schon mal tief hängende Zweige. Warum also sollte es notwendig sein mit frischer Föhnfrisur loszugehen? Ich sagte ihr nur dass ich ihr heute mit meinem Angebot schon sehr entgegen gekommen wäre und dass es jetzt an ihr war nicht wegen Kleinigkeiten zu diskutieren. "Ich halte mich an meinen Teil der Abmachung wenn Du Dich an Deinen hältst und den Sonntag Abend nicht mit endlosen Diskussionen belastest." Die verlockende Sonntagabendfreiheit in 4 Wochen vor Augen zuckte Sie mit den Schultern und verschwand in Richtung Badezimmer.
Da so lange Haare schon ein paar Minuten brauchen bis sie gewaschen und geföhnt sind, hatte ich zumindest genug Zeit um meine Frau im Telegrammstil in meinen Plan einzuweihen. Sie war sich nicht sicher ob das alles klappen würde aber ein bisschen hatte sich glaube ich auch den Schalk im Nacken und so stimmte sie zu mitzumachen. Sie ging sofort los in Susannes Zimmer, holte ihren Schlafanzug und ging damit zu Susanne ins Badezimmer, wo gerade der Fön anfing zu laufen. Ich hörte nur dass der Fön ausging, dann wurde einige Minuten gesprochen. Der Fön lief wieder an und meine Frau kam mit einem zufriedenen Lächeln aus dem Badezimmer zurück. "Na ja, zumindest der Anfang ist gemacht. Aber jetzt bist Du wieder dran" sagte sie. So ca. 10 Minuten später kam Susanne im Schlafanzug ins Wohnzimmer und machte einen etwas genervten Eindruck. "Sag mal Papa, jetzt blicke ich echt nicht mehr durch. Zuerst machst Du einen riesen Aufriss wegen dem Spazieren gehen und jetzt soll ich wohl schon um 6 Uhr in mein Zimmer verschwinden, oder was?"
"Nein nein, mein Schatz. Bleib mal ganz ruhig. Wir gehen jetzt gleich los dann bist Du früher wieder da und kannst noch den ganzen Abend telefonieren." In dem Moment reichte ihr ihre Mutter auch schon den langen Wintermantel den wir Susanne erst eine Woche vorher beim Samstagsshopping gekauft hatten (zu dem sie uns auch nur deshalb begleitet hatte weil sie dringend ein paar neue Winterklamotten brauchte). Ihr Unverständnis ging langsam in Protest über. "Häh, jetzt wird es aber total abgefahren. Soll ich im Schlafanzug unter dem Mantel zum Spazierengehen mit, nur damit ich danach schneller zum Telefonieren komme? Papa, Du musst ja echt total Schiss davor haben dass ich in 4 Wochen nicht mehr mitgehe." Aber bis sie lang widersprechen konnte hatte meine Frau sie schon in den Mantel gepackt und hielt ihr ihre hohen Winterstiefel hin. Das war alles so merkwürdig für unseren Teenager dass sie es langsam aufgab weiter zu protestieren. Nur noch ein "Und die Stiefel ziehe ich auch gleich ohne Socken an, oder was? Na ihr seit ja krass drauf." kam von ihr während sie ihre Stiefel mit einem Ruck hochzog. "Von außen bist Du top gekleidet" sagt ich zu ihr, "kein Mensch sieht dass Du einen Schlafanzug drunter hast. Jetzt lass uns gehen es dämmert schon." Mir war klar dass es jetzt schnell gehen musste bis Susanne den ersten Schock verdaut hatte und evtl. doch noch stärkeren Protest anmelden würde. Nullkommanichts hatten Inge und ich unsere Mäntel an und schon schoben wir unsere Tochter aus der Haustüre auf die Straße. Es war etwas ungemütlich jetzt Ende Oktober, vielleicht so 10°, aber es regnete nicht und am Himmel waren sogar ein paar blaue Flecken zwischen den Wolken. Die Straßenlaternen gingen gerade an aber durch die Wolkenlücken war es noch ganz passabel hell. Wir waren schon so oft den Weg durch den Wald gegangen dass ich keine Bedenken hatte es trotz der Dämmerung jetzt noch anzugehen.
Die ersten 15 Minuten unseres Spaziergangs in Richtung Dorfkern verliefen sehr ruhig. Es kamen uns gelegentlich Leute entgegen, so dass meine Tochter es vermied das Thema nochmals aufzubringen warum sie im Schlafanzug unter dem Mantel mitgehen musste. Nach ein paar Minuten gelang es mir sogar ein normales Gespräch in Gang zu bringen wie wir es immer am Anfang unseres Spaziergangs führten. Wie lief es in der Schule, gab es etwas neues aus dem Squash Training, wann wird dieses Jahr die Vereinsmeisterschaft stattfinden und all die Dinge für die man unter der Woche keine Zeit hat. Als wir dann in das kleine Wäldchen einbogen war Susanne offenbar trotzdem froh dass uns jetzt nur noch ganz selten ein paar Spaziergänger oder Jogger entgegen kamen. Irgendwie musste sie befürchtet haben es könnte doch jemand bemerken dass sie keine Straßenkleidung sondern ihren Schlafanzug unter dem Mantel trug.
Hier im Wäldchen beendeten wir für gewöhnlich den für Susanne "nervigen Frageteil" wie sie es nannte und machten ein paar Ratespiele im Stil von "ich sehe was was Du nicht siehst". Zugegeben, ein bisschen kindisch kam mir das auch schon seit einiger Zeit vor, aber mir war wichtig das wir uns alle drei beschäftigten damit es nicht langweilig wurde. Heute hatte ich aber ein etwas anderes Spiel vor. "Also pass auf", sagte ich zu meiner Tochter, "das erste Spiel für heute ist dass Du es irgendwie schaffen musst Deinen Schlafanzug in Mamas Umhängetasche zu bekommen. Das kannst Du machen wie und wo Du möchtest aber Du hast nur 3 Minuten Zeit." Ich schaute in die großen Augen meiner Tochter die überhaupt nicht realisierte was jetzt auf einmal los war. Bevor sie protestieren konnte schaute ich auf meine Uhr und sagte "Dein Teil der Abmachung ist bei den Spielen mitzumachen, nur dann bin auch ich an die Abmachung gebunden. Du hast 3 Minuten, die Zeit läuft." Es war nicht gerade ein Kickstart den Susanne an den Tag legte. Zuerst kamen noch ein paar Wortfetzen des Widerspruchs aber ein strenger Blick von mir und ein "die ersten 15 Sekunden sind gleich rum" lies sie dann tatsächlich in Richtung eines Dickichts loslaufen. Das war höchstens 20 Meter entfernt so dass wir sie wenige Sekunden später nicht mehr sahen, weil sie schon zwischen den Büschen verschwunden war. Mein Frau schaute mich mit einem beeindruckten Gesichtsausdruck an und meinte nur leise "Respekt, hätte ich nicht gedacht dass Du das hinbekommst." Es dauerte nicht mal eine Minute da sah man schon etwas zwischen den Zweigen und kurz darauf erschien unsere Tochter in ihrem Mantel und den Stiefeln, aber in der Hand hatte sie wie gefordert ihren Schlafanzug. Mit einem Siegerlächeln ging sie direkt auf ihre Mutter zu, nahm deren Tasche und stopfte den Schlafanzug hinein. Dann schaute sich mich an und sagte fast hämisch "Das hättest Du nicht gedacht, was Papa?". Ich war wirklich ein bisschen Stolz auf sie und sagte dass ich schwer beeindruckt wäre und dass die Aufgabe mit Bravur gelöst sei, weil sie nur gut 2 Minuten gebraucht hätte.
Als sie wieder zur Tasche ihrer Mutter greifen wollte hielt ich bremsend meinen Arm dazwischen. "Langsam, Aufgabe Nummer zwei ist dass wir jetzt noch ein Stück gehen, Du gehst voraus". Das erste Erfolgserlebnis tat noch seine Wirkung, sie zuckte mit den Schultern und ging los in Richtung unseres Hauses. Bis dorthin waren es bestimmt noch 20 Minuten zu gehen und wir gingen einen flotten Schritt weil die Dämmerung jetzt schon langsam stärker wurde. Nach einigen Minuten Stille machte ich weiter in meinem Plan. "Ok, die 2. Aufgabe ist auch bestanden, jetzt kommt Aufgabe Nummer 3. Wir haben schon seit 10 Minuten hier niemanden mehr gesehen. Da kannst Du im vorauslaufen ruhig mal kurz Deinen Mantel aufmachen und ein bisschen Luft an Deinen Körper lassen." Während ich das sagte ging Susanne immer noch vor uns, deshalb konnte ich leider ihre Gesicht in dem Moment nicht sehen. Nach einem kurzen Moment kam nur "Wenn Du glaubst ich lass Dich jetzt doch noch gewinnen hast Du aber Pech gehabt Papa". Mit diesen Worten knöpfte sie Ihren Mantel auf und wedelte ein paar mal mit den beiden Vorderseiten des Mantels. Da wir hinter ihr liefen konnten wir das natürlich nicht richtig sehen, aber es war zumindest klar dass sie es echt gemacht hatte. Jetzt musste ich schnell nachlegen "Die Aufgabe sagt dass der Mantel 30 Sekunden am Stück weit offen sein muss. Achtung es geht los, ich schaue auf die Uhr. Und los!" Im Kopf meiner Tochter mussten die Gedanken gerade Purzelbäume schlagen, aber wie dem auch sei, sie hielt rechts und links mit den Händen die Vorderseiten des Mantels zur Seite. Ich zählte alle 5 Sekunden an damit sie ein Gefühl dafür bekam wann sie es überstanden hatte. Ich bilde mir ein dass ich von hinten ihre Ohren rot werden sah, aber das kann auch von den 10°C gekommen sein. Die kühle Luft führte natürlich auch dazu dass nach den, für sie sicher endlos erscheinenden, 30 Sekunden nur ein "Puh, ist das kalt" ausstieß und den Mantel ganz schnell wieder zuknöpfte und den Gürtel fest zuzog. Sie grinste über ihre Schulter und "Tja, das hättest Du mir nicht zugetraut, oder?". Während der ganzen Zeit war sie eisern weiter gelaufen und auch jetzt machte sie keine Anstalten stehen zu bleiben.
"Ok," sagte ich. "Wir haben schon gut die Hälfte des Wegs und 3 Aufgaben hinter uns. Aber die Mama und ich haben ja die Aufgaben alle nicht richtig beurteilen können. Deshalb wird die 4. Aufgabe etwas ganz einfaches das wir aber auch mitverfolgen können. Heb' die Rückseite Deines Mantels hoch bis zum Rücken. Und weil es dabei natürlich nicht so kalt wird wie eben, ist die Zeitvorgabe jetzt 60 Sekunden. Achtung! Die Zeit läuft." Susanne war auf Autopilot. Ohne jeglichen Kommentar hob unsere Tochter von rechts und links die Rückseite ihres Wintermantels hoch, man konnte ihre Kniekehlen und einen Teil ihrer Oberschenkel sehen. Ich musste noch mal kurz nachhaken "Das ist noch nicht bis zum Rücken, das gilt noch nicht!" Sie schob noch etwas nach und jetzt konnten wir den Po unserer Tochter in der Dämmerung des Oktoberabends sehen als sie im Wald vor uns herging. Ich konnte mir einfach nicht verkneifen bei er Zeitnahme etwas zu schummeln. Sicher hatte Susanne in der Stresssituation ohnehin kein gutes Zeitgefühl mehr. Und so machte ich aus den 60 Sekunden fast zwei Minuten. Zwischendurch schaute ich kurz meine Frau an die übers ganze Gesicht grinste. Eine Mischung aus Freude über unseren Erfolg und über den etwas ulkigen Anblick der sich uns beiden bot.
"Na ja, damit geht die 4. von 5 Aufgaben auch an Dich mein Engel. Ich bin wirklich beeindruckt muss ich sagen" beendete ich die Aufgabe als sich die Gänsehaut bereits deutlich auf den Pobacken meiner Tochter abzeichneten. Sie lies den Mantel kommentarlos herunterfallen, aber ich bin mir sicher einen Gewinnerblick von seitlich hinten erkannt zu haben. "Damit kommen wir zur letzten Aufgabe von heute und Deiner Chance auf einen Sieg auf ganzer Linie" verkündete ich meiner Tochter die noch immer vor uns her lief ohne anzuhalten oder sich umzudrehen. "Die Aufgabe ist Deine ganze Rückseite für eine Minute freizulegen. Es steht bei Dir wie Du das machst aber Du darfst den Weg nicht verlassen. Die Zeit läuft so wie ich Dich von den Beinen bis zum Hals sehen kann." Irgendwie merkte ich dass sie jetzt kurz davor war einzuknicken, deshalb kam sofort von mir in festen und bestimmten Ton: "Komm schon, nicht überlegen, mach’s einfach!". Und schon begann sie die Arme durch die Ärmel des Mantels nach innen zu ziehen. Von innen knöpfte sie den Mantel auf, hatte aber vergessen dass der Gürtel außen noch verknotet war. Sie zerrte ein bisschen an dem aufgeknöpften Mantel, um an den Knoten heranzukommen. Dann knotete sie den Gürtel auf und begann den Mantel um sich zu drehen so dass die Knopfleiste bald hinten war. Der Plan war gar nicht schlecht, aber da der Mantel natürlich nicht mehr richtig auf ihren Schulten auflag und sie ihn auch nur mittig vor sich festhielt, schleiften die Seiten schnell auf dem Boden. Mein Frau (ganz Frau, und vor allem auf die Sauberkeit der Wäsche bedacht) griff sofort ein "He, Vorsicht! Nicht den neuen Mantel durch den Dreck schleifen. Halt ihn ordentlich zusammen." Während dessen hatte ich bereits freien Blick auf den Rückens und den Po meiner Tochter. An die Zeitnahme dachte ich überhaupt nicht mehr. Das war auch egal, ich würde die Minute einfach für beendet erklären wenn ich es für richtig hielt. Susanne hatte auf die Schelte ihrer Mutter hin bereits damit begonnen den Mantel zusammenzuraffen so dass schlussendlich nur noch ein großer Wäscheknäuel vorhanden war den sie an ihrer Brust presste. Der Waldweg machte einen leichten Knick und ich konnte die Silhouette meiner praktisch nackten Tochter von der Seite sehen als sie um die Ecke bog. Sie riss mich aus meinem Gedanken: "Und Papa, wie lange ist es noch? Es wird saukalt." Bestimmt war die Minute schon deutlich rum, aber ich konterte ganz trocken "na die letzten 25 Sekunden wirst Du jetzt auch noch schaffen, oder?". Nach fast einer weiteren Minute erlöste ich sie dann. "Ok, die Minute rum. Und weil wir fast da sind, kannst Du gleich Deinen Schlafanzug wieder anziehen. Aber für einen Zusatzpunkt möchte ich dass Du das gleich hier auf dem Weg machst. Es ist schon fast dunkel und wir müssen zusehen dass wir nach Hause kommen." Ich bedeutete meiner Frau sie möge die Tasche vorgeben und Susanne nahm sie und reichte das Mantelbündel nach hinten ohne sich umzudrehen. Und dann ging doch wirklich auch noch das letzte Detail meines Plans auf. Der Verschluss der Tasche meiner Frau ist eine echte Zumutung. Der hakelt total und mit kalten Fingern bringt man ihn erst recht schwer auf. Aber es ist die Lieblingstasche meiner Frau und so hakelt der Verschluss eben, aber eine der vielen anderen Taschen die sie hat benutzt sie nicht. Für unseren nackten Teenager bei 10°C an einem Oktoberabend auf dem Waldweg war der hakelnde Verschluss mehr als ein Ärgernis. Bereits nach ein paar Sekunden war sie der Panik nahe. Nach vielleicht 20 Sekunden drehte sie sich halb zu mir um, hielt mir die Tasche hin und bat fast flehentlich "Da, mach mal auf Papa, ich krieg das Scheißding nicht auf und es ist echt arschkalt hier". Ich konnte mir den Gedanken nicht verkneifen dass 'arschkalt' zwar ein recht vulgärer aber für die Situation durchaus treffender Ausdruck war. Ihr Po war seit bestimmt 5 Minuten im Freien und selten zuvor hatte ich eine so ausgeprägte Gänsehaut gesehen wie auf den Backen meiner Tochter. Der kurze Blick auf ihre Brust als sie sich umdrehte verriet dass es mit der Temperatur ihrer schon ganz ansehnlichen Oberweite auch nicht weit her sein konnte. Ich fummelte noch ein bisschen an dem Verschluss rum (manchmal bin ich aber auch ungeschickt) und gab ihr dann das Knäuel ihres Schlafanzugs nach vorne. Sofort schlüpfte sie in ihre Schlafanzugjacke, wobei die Hose auf den Boden fiel. In anbetracht der Situation verkniff sich sogar meine Frau darauf hinzuweisen. Wie sie mir hinterher erzählt hat machte sie sich vor allem Sorgen dass Susanne sich einen Schnupfen holen würde und wollte deshalb schnell zu einem Ende kommen. Ruckzuck war unser Tochter aus ihren Stiefeln raus, dann rein in die Schlafanzughose, die Füße kurz abgewischt vom Waldboden und wieder rein in die Stiefel. Mein Frau hielt schon den Mantel parat und Sekunden später war Susanne wieder korrekt angezogen.
"Das nenne ich Sieg auf der ganzen Linie" sagte ich zu ihr und klopfte ihr stolz auf die Schulter. Jetzt aber nichts wie rein und dann gehst Du noch mal unter die heiße Dusche. Entsetzt schaute sie vor sich und bemerkte erst jetzt dass wir nicht mal 20 Meter vom Waldrand und unserem Gartenzaun entfernt waren. Sie war viel zu aufgeregt um jetzt noch einen schlauen Teenagerspruch los zu werden. Fast im Laufschritt ging sie durch das kleine Gartentürchen, durch das man unser Grundstück vom Wald her betreten kann, in den Garten und wartete schon neben der Haustür als Inge und ich ankamen um ihr aufzuschließen. Beim reingehen fragte ich sie dann "Und, war das jetzt weniger langweilig als sonst?". Zuerst platzte es spontan aus ihr heraus "Na das kannst Du laut sagen Papa, mir schlägt jetzt noch das Herz bis zum Hals. Ich glaube heute brauche ich eine doppelte Portion Abendessen, ich bin total ausgepowert." Aber dann erinnerte sie sich doch noch an ihr eigentliches Ziel und legte schnell nach: "Aber überzeugt hast Du mich noch nicht dass ich in Zukunft freiwillig mit zum Spazieren gehe." Aber ich machte mir da keine Sorgen. Es war erst der erste von vier Sonntagen die ich hatte um sie zu überzeugen. Und auch wenn es ihr selber wahrscheinlich gar nicht aufgefallen war. Sie hatte gesagt "NOCH nicht".
Als sie vom Duschen kam hatte sie ihren dicken Morgenmantel an und ihre gefütterten Daisy Duck Pantoffeln die sie schon seit Monaten mit dem Hinweis nicht mehr an hatte die wären zu kindisch. Offenbar hatte ihre Selbstsicherheit schon erste Fortschritte gemacht. Wir setzten uns ins Wohnzimmer und aßen unser Abendessen vor dem Fernseher, den allerdings kaum jemand beachtete. Unser reges Gespräch kreiste immer wieder um "das hättet ihr nicht gedacht, was?" und darum dass es so "arschkalt" gewesen sei.
Erstaunlicherweise hat Susanne den ganze Abend nicht gefragt was denn nächsten Sonntag auf dem Programm stehen würde. Aber dazu kommen wir im nächsten Teil der Geschichte...
Kommentare
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