Kursfahrtsatire


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23.09.2007
Voyeurismus

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Kursfahrtsatire

 

Ich ging in den Physik-Leistungskurs mit 25 Jungen als einzigstes Mädchen. Die Lehrer hatten beschlossen, dass bei der geplanten Oberstufenfahrt jeder Schüler mit seinem 1. Leistungskurs fahren müsse, damit nicht die eine Gruppe zu groß und die andere aus gruppendynamischem Verhalten zu klein werden würde. Nur mich ließ der Direktor über Lautsprecher zu sich rufen und stellte es mir frei, ob ich es tatsächlich mit dieser „Männergesellschaft“ aufnehmen wollte.

Wir hatten schon seit Monaten intensive Pläne für die Reise geschmiedet und eine sehr attraktive Rundreise organisiert, die neben vielen sehr Interessanten Zielen mit Physikalischem Hintergrund auch Erholung und Kultur beinhalten sollte. Wie hätte ich daran nicht teilnehmen können? All die wichtigen Besichtigungen hätten die Jungs mir im Unterricht vorausgehabt und das konnte ich mir bei meinem durchschnittlichen Notenstand gar nicht erlauben, denn schließlich wollte ich ja mein Abi bestehen. Außerdem schwärmte ich heimlich für einen der mitreisenden Jungs und fand die Vorstellung prickelnd mit ihm zusammen sein zu können außerhalb der Schule.

Hier möchte ich nun aber keinen neuen Erlebnisbericht verfassen, obwohl der aus der Erinnerung heraus sicher auch sehr reizvoll würde, sondern die allererste Geschichte veröffentlichen, die ich jemals geschrieben hab. ES ist eine Satire über unsere Rundreise, die ich ca. ein Jahr danach für die ABI-Zeitung verfasst habe. Als damals die Zeitungen verkauft wurden konnte man schon nach kürzester Zeit sämtliche Abiturienten auf den Fluren stehen sehen, wie sie genau diesen Artikel zuerst lasen, denn es hatte sich herausgestellt, wie brisant er damals doch war. Jeder wollte wissen, ob er gut darin wegkommt.  Nun also die Originalgeschichte für euch:

 

VENEDIG! Stadt der Liebe! Ziel oder vielmehr Höhepunkt unserer Kursfahrt!

Sonne, Süden und Romantik; mehrheitlich angenommen und gegen alle Wiederstände konsequent verteidigt.

So weit schön und gut, wenn da nicht ein entscheidendes Problem bestanden hätte: Liebe, na klar! Doch mit wem? Ohne eine annehmbare weibliche Begleitung war alle geballte Männlichkeit auf ihren Charme und die Gunst des Augenblicks angewiesen. Einer begieriger als der andere verband alle (trotz bestehender Unterschiede) das Eine: Lust und Suche nach dem weiblichen Geschlecht.

 

„Kann ja ganz gut sein jeweils nur einen Tag in der gleichen Stadt zu bleiben.“

„Hier ein kurzer Flirt, und da ein etwas längerer, reißt du wirklich mal eine auf, bist du wenigstens zu nichts verpflichtet.“

„Einfach ex und hopp!“

 

Erstes Allgemeines Vergnügen wurde uns sogar schon auf dem Weg nach München zuteil. Ein ganzer Bus voller amerikanischer „Weiber“: Sie hatten uns bemerkt und zeigten sich freizügig, spielten mit ihren Möpsen vor der Scheibe und machten sich einen Spass dasraus den Jungs einzuheizen. Wohlgeformte Proportionen ließen sogar den „Boxer“ zu einer Äußerung herab: „Mann, ham die Titten!“

Das schon nach vier Stunden. Vielversprechender Anfang!

Auf Ausreichende Entfernung, mit der nötigen Anonymität, durfte es auch ruhig einmal etwas frivoler sein als gewöhnlich. Alle hatten sich verbal so richtig hochgeschaukelt. Aber es sollte noch besser kommen! In bereits leicht geschwollener Stimmung und von entsprechend derben Parolen begleitet, hielten wir unseren ersten Einzug. Ein Hotel in München, preiswert und einfach; Nähe des Bahnhofs. Hierbei war, wie auch bei allen weiteren Einzügen erstmal die Sondierung der nahen Umgebung das Wichtigste. Eifrig wurden die umliegenden Zimmer begutachtet, ob „lohnenswerte Objekte“ greifbar nahe waren. Da hier die Gelegenheit weniger günstig schien, wurde in kleinen „Kampfgruppen“ ausgeschwärmt, um im Zentrum das Glück, sprich ein hübsches, bereitwilliges Mädchen (oder auch gleich mehrere) aufzugabeln und abzuschleppen. Wir mussten an vielen Rotlichtkneipen und einladenden Damen vorbei. Eine zusätzliche Attraktion für die Jungs, die das aus unserer Kleinstadt gar nicht kannten.

 

Individueller Erfolg ihrer Suche bleibt dahingestellt! Doch sollen Augenzeugenberichten zufolge einige an Billardtischen, andere mit großen bayrischen Bierkrügen, weitere mit Blitzlichtern im Englischen Garten und ein kläglicher Rest durch die Straßen irrend, nach einer Disko suchend, gesehen worden sein. Gleichermaßen sexuell frustriert trafen alle mehr oder weniger pünktlich des Nachts im Hotel ein. Je nach Grad des Optimismus und des Bedürfnisses plante ein Teil der Belegschaft, die Suche nach Ausgangssperre fortzusetzen. Hierzu war geplant , aus dem einzigen Fenster im Parterre auszusteigen. Doch schon der Erste, ein großer dunkelhaariger Unbenannter, würde unter „Tante Gerstis“ - Fenster (unserer Lehrerin) vom Nachtportier erwischt. Enttäuscht, aber auch ein wenig feige, zogen die Herren „Drahtzieher“ und „Sprücheklopfer“ sich zurück. Man(n) verlegte sich in der Nacht auf den „Ausgleichssport“ , Türen mit Kleiderbügeln zu verschließen und über „Weiber“ zu tratschen. Wenigstens die Phantasie sollte doch auf ihre Kosten kommen.

Grausamerweise wurden wir alle durch das Physikalische Programm auch am nächsten Vormittag zu absoluter Abstinenz gezwungen. Erst zum Mittag fielen dem aufgestauten Frust dann einige Hühner zum Opfer (gebraten versteht sich).

 

Immer mehr steigerte sich auf der langen unendlichen Fahrt das Problem der mangelnden „weiblichen Unterhaltung“. Schlaf oder überspannte Fensterscheibengeilheit stellte sich ein, bis man(n) sich wahrer Ersatztätigkeiten wie Skat und Rock-Musik besann, welche auch dem Männlichkeitsimage keinen Abbruch taten. Wen wundert es da noch, dass der Lieblingssong aller „Sexmachine“ hieß und laut durch den Bus mitgegrölt wurde, auch nach dem 25. Mal noch!

 

Doch dann Italien: Lago di Garda!

Worte wie amore und dolce vita fallen einem da ein. Obwohl unser eigenes Hotel menschenleer war, hatte man(n) schnell raus, dass es rundherum etliche Busse voll italienischer „ragazze“ gab. Leider nicht allein, sondern mit gleichaltrigen italienischen „machos“.

„In einer Disko wird sich das schon geben!“

Eine Stunde nach der anderen verging, doch alle Spähtrupps meldeten „Keine Disko!“ Man(n) verlegte sich dann auf die kleinen bambinas im Eis-Cafe, oder auf die Suche nach der  flotten Tussy, die im dunklen Wagen vorbeigedüst war. Die fehlende Ausgangssperre fiel nicht mal mehr auf, da ab zwölf ohnehin der Hund begraben war und die „Püppies“ schlafen waren.

So konnte das nun aber nicht weitergehen. Zwei Tage und keine Frauen?!

Verona; die Gelegenheit …

Sicher hunderte von Mädchen und fast immer solo, da fand sich für jeden etwas. Na zumindest für’s Auge (natürlich auch zum flirten und für die Fotolinse)! Da war „Material“ nun endlich in Massen vorhanden…

 

Doch wer hätte das gedacht? Ausgerechnet unser Friedel (begleitender Lehrer) stellt sich quer, wollte der doch tatsächlich auf einen Historien-Trip mit versammelter Mannschaft gehen! Doch wofür hat man(n) schließlich Köpfchen? Je nach Schönheit der Italienerinnen zeigte sich das Interesse an Türmen, Plätzen und Statuen und Museen. Entscheidende Aufenthalte konnten so herausgeschlagen werden und so manches heimliche Gespräch abseits der Gruppen mit den Süßen geführt werden, die auch lieber die Jungs als einen Kulturschock erleben wollten. Es herrschte ausschweifende und sich aufschaukelnde Hochstimmung. Die kleinen Flirts schienen endlich einen Vorgeschmack von den erhofften Ausschweifungen zu verheißen. ZU bemerken bleibt, dass die 13 -16jährigen Mädchen über das deutsche Kauderwelsch der stürmischen Anmacher nur kicherten und tuschelten. Doch in dem Augenblick spielte das keine Rolle. Da war selbst das schon Grund genug, happy zu sein. Alles ließ man(n) an diesem Tag über sich ergehen: sogar zwei Stunden „Warterei vor nem Museum“  waren nicht schwer totzuschlagen. Was für ein wahnsinniger Tag! Nicht einmal die Pleite in der darauf folgenden Nacht konnte da noch erschüttern. Es ging nun deutlich bergauf und dem Höhepunkt der Fahrt, Venedig, immer weiter entgegen. Die Stimmung stieg und Witze machten die Runde, Phantasiegeschichten wurden erzählt, die Musik wurde lauter und der ganze Bus fiel dann mit lautem Gegröle in Trinklieder ein.

 

Da! Endlich Venedig!

Wer hätte das gedacht? Der empfang übertraf alle Hoffnungen. Dutzende von italienischen Mädchen boten winkend einen temperamentvollen Empfang. Nie war der Bus so schnell leer gewesen! Über den riesigen Platz dröhnte „Sexmachine“ und lautes Lachen vermischt mit deutsch-italienischen Wortfetzen. Unsere Lehrerin wurde bleich vor Scham, was ihr da alles zu Ohren kam und der mitreisende Lehrer scheuchte uns zu einem schwimmenden Taxi. Man kann sagen: Wir fielen sehr auf.

Die Rockmusik und unsere Lautstärke waren hier total fehl am Platz. Bald hatten wir uns jedoch dem eigenartigen Rhythmus der Stadt angepasst und keiner vermisste mehr die Juke-Box. Venedig hat ein Flair, das verzaubert. Selbst die größten Draufgänger wurden da romantisch.

        Wer noch nicht verliebt ist, wird es in Venedig ganz bestimmt  -

Wie selbstverständlich besuchten wir alle eine Kirche und ein Museum nach dem anderen. Stundenlang liefen alle über historische Plätze, schmale Gassen und Brücken. Die Zeit vergeht dort scheinbar langsamer. Wären die Anmachen der Jungs nicht so plump gewesen und schon etwas reifer, hier hätte keiner sie bemerkt, denn Flirts, Liebe und Sex waren im Wasser mit enthalten. Die Mädchen waren bisher Problem genug gewesen, doch in Venedig wurde es geradezu grotesk:

Mädchen wurden vom Cafe aus durch die Gardinen beobachtet und allem was weiblich und unter dreißig war, wurde nach gepfiffen. Drei Tage lang verbrachten einige jede freie Minute auf den Stufen des Campanile, bis sie es zum ersten Mal schafften, mit einigen kleinen Mädchen auf Englisch ein paar Worte zu wechseln (wovon dann jedoch die restliche Fahrt über geredet wurde und von denen man die abenteuerlichsten Behauptungen aufstellte, wie weit man in diesem Kontakt dann noch gekommen sein wollte).

Von den phantastischsten Abenteuern wussten so oder so viele bald zu berichten. Ein neues Märchenalter schien angebrochen zu sein. Die Wirklichkeit sah immer anders aus. Da gab es zB. einen, dem eine Süddeutsche aus der Jugendherberge gefiel, doch ohne ein Gespräch (um das er mich heimlich bat) von Frau zu Frau, wäre nicht einmal dieser Kontakt zustande gekommen. Andere Chancen wurden gänzlich vermasselt. So zB. durch eine Demonstration von Stärke an der Campanile-Säule. Schon beim ersten Schlag war ein Polizist zur Stelle und notierte pflichtbewusst die Namen und Adressen.

 

Manchmal kam es sogar zur Flucht: Eine äußerst „zutrauliche“, dicke Italienerin hatte es auf eines der „Hähnchen“ abgesehen und wich uns keinen Schritt von der Seite. „May I take a picture?“

Sie mobilisierte bei seiner Flucht auch sämtliche Freundinnen und trieb ihn so in die Enge, dass die Jungen einen engen Kreis bilden mussten, um sie abzuhalten, denn es war auf jener Insel an ein erfolgreiches Entkommen nicht zu denken. Na ja, wer nicht will der hat schon; alles andere war zu erwarten, nur nicht, dass sie frauenscheu werden.

 

Einmal gingen die Herren der Schöpfung sogar so weit, sich vor dem Schaffner eines Vaporetto als vierzehn jährige Italienerinnen auszugeben. Dies geschah mit Hilfe eines kurzfristig ausgeliehenen Fahrausweises. Da der Betrug allerdings zu offensichtlich war, kam es fast zu einer ernsten Prügelei zwischen einigen deutschen Schülern und einem italienischen Beamten. Gerade noch rechtzeitig legte das schwimmende Taxi jedoch an, eine Eskalation wurde vermieden. Die Diskussion und Beschimpfungsarien auf deutsch-italienisch war aber so komisch , dass wir noch stunden später darüber lachten.

 

Nur ein einziger hat es wohl tatsächlich geschafft, „zarte Bande“ zu knüpfen. An einem malerischen Fleckchen hatte ich mich niedergelassen mit meinem Zeichenblock, als nach zirka einer Stunde ein Pärchen auftauchte, von dem mir zumindest einer bekannt war. Die zwei standen lange eng umschlungen unter einigen Bäumen. Er küsste sie leidenschaftlich und sie ließ es zu , dass er dabei zunächst ihre Brüste durch den leichten Stoff ihres Kleides Streichelte und massierte und nachher seine Hand an der Seite hinunter wandern ließ um den Saum des luftigen Sommerfähnchens zu heben und die Hand auch dort forschend wandern zu lassen. Dann bemerkte er mich. Da diese Geschichte wohl nicht zum allgemeinen Getratsche werde sollte, musste ich ihm hoch und heilig versprechen, den Mund zu halten. Es hätte jedoch ohnehin so unwahrscheinlich geklungen, dass mir nie im Leben einer der anderen geglaubt hätte; also ist es mit nicht schwer gefallen.

 

Nach Venedig ging’s noch nach Genf. Da hörte dann auch das schöne Wetter auf und Regen lämte jede Aktivität für ein paar stunden. Dazu kam erneut ein Tag mit intensivem physikalischem Programm. Des Nachts, nach unserem „arabischen Abschlussessen in der Schweiz“, wurde man(n) im anderen Flügel der Jugendherberge dann aktiv Photos zeigen, wie ein ausgesprochen großer Teil des Physik-LK’s mit dem Fernglas nun endlich seine voyeuristischen Triebe befriedigt (denn auf der anderen Seite lag keineswegs nur der Genfer See). Außer dem Doppelzimmer, dass ich mir mit unserer Lehrerin teilte, waren auch die anderen weiblichen Gäste dort untergebracht und es ist zu hoffen, dass es nicht unser Fenster war, welches sie dermaßen in Atem gehalten hat.

 

Auf der Rückfahrt wurden alle ruhiger und auch die Spanner aus der Nacht schienen wieder an ihre Freundinnen zu Hause zu denken oder die vergangenen Tage Revue passieren zu lassen. Der Abschied war mit Abstand das Leiseste, der ganzen Fahrt, wenn auch „Sexmachine“ zum letzten Mal lief. Ich muss sagen, dass ich bei dieser Reise noch am meisten auf meine Kosten gekommen bin, denn soviel, wie bei dieser Reise habe ich niemals mehr über Männerfantasien, geheime Wünsche und männliches Rudelverhalten  gelernt, da sie mich und meine Anwesenheit bereits nach wenigen Augenblicken völlig vergessen hatten.

 

Es bleibt die Erinnerung an einen sehr erotischen Traum; denn mehr ist es wohl für kaum einen von uns gewesen.

 

 


Kommentare

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