Das Weinbacher Kaiserfest - Kapitel I


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27.08.2014
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Im Jahre 1485 machte Kaiser Friedrich III. auf seiner Reise durch das Reich in dem damals recht bedeutenden und wohlhabenden Städtchen Weinbach Station. Die Bürger bereiteten dem Herrscher einen feierlichen Einzug und hielten prächtige Feierlichkeiten zu seinen Ehren ab, bei denen die weltlichen Genüsse nicht zu kurz kamen. Die Zeitgenossen berichten von opulenten Gelagen, grandios inszenierten Spielen, und natürlich sollte dem Kaiser auch die Schönheit der Weinbacher Jungfrauen Vergnügen bereiten. Wie im Spätmittelalter nicht unüblich, geizte man dabei nicht mit nackter Haut, aber für die Mädchen galt es als große Ehre, den Kaiser in die Stadt geleiten oder in sogenannten "Tableaux Vivantes" - lebenden Bildern, in denen meist Szenen aus antiken Sagen nachgestellt wurden - vor ihm posieren zu dürfen.

Dieses größte festliche Ereignis in ihrer Geschichte feiern die Weinbacher seit fast einem Jahrundert alle fünf Jahre durch eine möglichst originalgetreue Nachstellung der damaligen Ereignisse…

"Schön, Frau Brandmüller. Sie sind wirklich sehr gut vorbereitet." Frau Dr. Richter, die Vorsitzende des Besetzungsausschusses, lächelte Sanne aufmunternd an.

"Danke", sagte Sanne. "Ich bin ja auch schon ein Riesenfan von den Festspielen, seit ich so groß bin." Sie deutete eine Höhe von etwas mehr als einem Meter an. Mit sechs Jahren hatte sie zum ersten Mal den Umzug gesehen, seitdem wollte sie unbedingt dabei sein. Vor fünf Jahren war sie furchtbar enttäuscht gewesen, dass es nicht mit einer Kinderrolle geklappt hatte, aber dieses Jahr wurde sie sechzehn und kam damit schon für die ersten Erwachsenenrollen in Frage. Diesmal musste es unbedingt klappen, wer konnte schon sagen, ob sie mit 21 überhaupt noch in Weinbach wohnen würde.

"Ich denke doch, für jemanden wie Sie werden wir ein schon ein Plätzchen finden." Frau Dr. Richters Lächeln verschwand wieder aus ihrem Gesicht, und sie sprach mit ruhigem Ernst weiter: "Nur noch eine Kleinigkeit... Sie wissen ja, dass wir allen Bewerberinnen, diese Frage stellen, und ich kann Ihnen versichern, es handelt sich nur um eine Formalität. Auch eine negative Antwort hat keinerlei Einfluß auf die Chancen ihrer Bewerbung, da können Sie sicher sein. Gerade Sie!"

Frau Dr. Richter blickte wieder auf den Anmeldebogen. Sie nahm einen Stift zur Hand und stellte die Frage, die Sanne seit Monaten nervös machte.

"Also... wären Sie gegebenenfalls bereit, auch bei den Tableaux Vivantes oder dem Jungfrauenspalier mitzuwirken, falls sich nicht genügend direkte Bewerberinnen dafür finden sollten?"

Sanne hatte diese Situation bestimmt hundertmal im Kopf durchgespielt. Man sagte auf diese Frage nämlich nicht nein. Frau Dr. Richter konnte die offizielle Version erzählen so oft sie wollte, Tatsache war, dass ganz Weinbach wusste, dass man schlicht und einfach keine Rolle bekam, wenn man nein sagte. Gut, es gab wohl ein paar Ausnahmen, aber die konnte man an einer Hand abzählen. Sanne hatte geplant, ganz cool und souverän zu bleiben und mit einem bestimmten "Ja, aber" klar zu machen, dass sie sich um die Aufgabe nicht direkt riss, aber dass sie für die Festspiele jedes Opfer bringen würde.

"Na klar", hörte Sie sich sagen. Etwas zu cool und souverän, dachte sie. "Äh, also, ich meine... meine erste Wahl wäre das sicher nicht, aber ich hätte jetzt auch kein großes Problem damit!"

Sanne hatte sich vorher wesentlich eloquentere Antworten zurechtgelegt, und in ihrer Phantasie hatte auch nie ihre Stimme gezittert, aber angesichts ihrer Nervosität war sie ganz zufrieden mit ihrer Antwort. Frau Dr. Richter aber offenbar nicht. Sie zog eine Augenbraue hoch und sah zu Sanne auf.

"Susanne. Sie müssen das wirklich nicht tun. Wir wissen, was draußen erzählt wird, aber das ist Unsinn. Sie können das wirklich auch ablehnen. Ich meine, Sie haben doch ausgezeichnete Voraussetzungen! Sind sie ganz sicher, dass ich sie wirklich als Freiwillige eintragen soll?"

Natürlich war Sanne alles andere als sicher. Genaugenommen war sie im Gegenteil ziemlich sicher, dass sie vor Peinlichkeit in den Boden versinken würde, wenn sie für das Jungfrauenspalier eingeteilt werden würde und die ganze Stadt sie so sehen konnte. Die Sache war nämlich die: Die einzigen Mitwirkenden des Weinbacher Kaiserfests, die bezahlt wurden, und zwar gar nicht schlecht, waren zwar die Jungfrauen im Spalier und einige der Akteure in den Tableaux Vivantes, und dafür gab es auch ein Freikartenkontingent wie es sonst nur ein paar Hauptdarstellern zustand, aber der große Nachteil war, dass die Organisatoren des Festivals großen Wert auf historische Genauigkeit legten. Vor allem bei den Kostümen. Und über die Jungfrauen Weinbachs, die den Kaiser im Jahre 1485 vor den Toren der Stadt empfangen hatten, hatte ein zeitgenössischer Beobachter geschrieben, sie seien "fast ganz nackt" gewesen, "nur angethan mit einem sehr dünnen und durchsichtigen Gewande.“

Und die Weinbacher hielten sich sehr penibel an das, was in den Quellen stand. Im besten Fall gab es ein knielanges Kleid aus sehr feiner Gaze, aber es hatte auch schon Jahre gegeben, da waren die Jungfrauen nur mit einer Schärpe "bekleidet" aufgetreten. Und bei den Tableaux vivantes war es noch schlimmer, wenn man da beispielsweise die Aphrodite spielte, dann konnte man absolut sicher sein, dass man ohne einen einzigen Fetzen Stoff am Leib in der Altstadt stehen würde.

Sanne riss sich zusammen. "Doch, bitte tragen Sie mich ein. Wenn es wirklich sein muss, dann mache ich das schon." Sie zwang sich ein Lächeln ab.

Sanne wollte sich gar nicht vorstellen, wie schrecklich das wäre, sich komplett nackt der ganzen Stadt zu präsentieren. Den festlichen Einzug ließ sich schließlich kaum jemand entgehen, da würde jeder im Publikum stehen, den sie kannte. Alle Verwandten, alle ihre eigenen Freunde und Bekannten und die ihrer Eltern, und ganz bestimmt jeder einzelne Junge aus ihrer Schule. Und natürlich tausende von Handys und Kameras. Und je nachdem, wie die "Kostüme" ausfielen, müsste sie womöglich absolut alles vor ihnen präsentieren. Eine nackte Brust würde es mit Sicherheit sein. Wahrscheinlich eher beide. Und gar nicht so selten mussten die Mädchen auch untenrum unbedeckt bleiben...

"Na gut, Susanne. Ich trage das mal so ein. Aber ihnen ist klar, dass sie von zukünftigen Aufführungen ausgeschlossen werden können, sollten sie für eine dieser Rollen ausgewählt werden und am Ende doch noch einen Rückzieher machen. Die Leitung des Festspielvereins versteht da keinen Spaß, da könnten unter Umständen sogar hohe Vertragsstrafen fällig werden."

"Das ist mir schon klar, ja. Keine Sorge, ich würde das durchziehen." Sanne hatte das Gefühl, knallrot angelaufen zu sein, aber sie lächelte tapfer und sprach mit fester Stimme. Natürlich wusste sie, dass die Gefahr sehr gering war, tatsächlich für so eine Rolle ausgewählt zu werden. Dank der guten Bezahlung fanden sich immer mehr als genug Bewerber dafür – meistens Frauen, die sowieso als Aktmodelle oder Stripperinnen arbeiteten. Bei wenigstens den letzten fünf Aufführungen war keine einzige Freiwillige herangezogen worden, und davor hatte es in der fast hundertjährigen Geschichte der Festspiele drei oder vier Fälle gegeben. Das Kreuzchen, das Frau Dr. Richter nun endlich auf dem Anmeldebogen eintragen sollte, war praktisch eine reine Formalität. Das Risiko war in Wirklichkeit minimal.

Frau Dr. Richter wirkte immer noch skeptisch und sah Sanne einige unangenehme Sekunden lang in die Augen. Dann lächelte sie wieder und malte ein Kreuz auf das Formular.

"Nun gut, Susanne," sagte sie. "Wenn Sie meinen, dass Sie das schaffen... Bitte entschuldigen Sie, wenn wir da so genau nachfragen. Wir müssen aber gerade bei dieser Frage ganz sicher sein, dass die Bewerberinnen es ernst meinen. Sie sind ja erst fünfzehn, die Mädchen in ihrer Altersgruppe sehen das normalerweise nicht ganz so entspannt wie Sie. Und sie glauben ja gar nicht, in was für eine organisatorische Bredouille wir kommen, wenn uns kurzfristig die Leute abspringen! Gerade dieses Jahr wird es sowieso nicht einfach, das können sie sich ja denken… Also, bittesehr, hier wäre dann ihr Anmeldebogen..."

Sanne wunderte sich einen winzigen Moment lang, was Frau Dr. Richter mit ihrer letzten Bemerkung wohl gemeint hatte, kam aber nicht dazu, länger darüber nachzudenken. Die Ausschussvorsitzende deutete mit einem Kugelschreiber auf eine Linie auf der letzten Seite des Meldebogens.

"Wir brauchen dann Ihre Unterschrift hier und... ihre Eltern müssten bitte noch hier die Einverständniserklärung ausfüllen, da sie ja noch nicht volljährig sind. Die können sie noch bis Ende des Monats per Post oder per Fax nachreichen. Und dann bleibt mir nur noch, Ihnen einen schönen Tag zu wünschen. Glück werden Sie ja wohl nicht brauchen. Ich nehme sehr an, dass wir uns dann bei den Proben sehen."

Sanne unterschrieb, bedankte sich bei den Ausschussmitgliedern und verabschiedete sich. Mit den Meldeunterlagen in der Hand und einem breiten Grinsen im Gesicht trat sie aus dem kleinen Vorsprechzimmer hinaus in den Lichthof des Weinbacher Opernhauses, der noch immer gut gefüllt war mit Festspielbewerbern, die auf ihr Interview warteten. Sarah wartete schon auf sie, offenbar war sie auch schon fertig.

"Sari!" rief Sanne und umarmte ihre beste Freundin. "Ich hab' ein total gutes Gefühl, ich glaub', die wollen mich unbedingt haben! Wie war's bei Dir?"

"Ich weiß nicht... Eigentlich ganz gut, aber..."

"Wie? Was kann denn bei Dir schlecht gelaufen sein? Hey, Du kannst alles was ich auch kann, und das meiste eher besser."

Das stimmte. Sarah war genau wie Sanne im Reitverein und in der Renaissancetanzgruppe, und sie hatten gemeinsam an der Volkshochschule den Kurs für mittelalterliche Instrumentalmusik belegt, wo Sari wirklich glänzen konnte weil sie sowieso schon Geige und Flöte spielte, seit sie ungefähr vier Jahre alt war.

"Ja, danke, nett, dass Du das sagst. Aber, Du weißt schon... ich habe dann doch nein gesagt..."

"Was?" Sanne war entsetzt. "Auf die Nacktfrage?"

"Psst", machte Sarah. "Nicht so laut! Ja. Ich wollte ja zusagen, aber die haben mir alle möglichen Schauergeschichten erzählt, dass dieses Jahr alles ganz anders sein soll als sonst, und dann habe ich mich doch nicht mehr getraut... Scheiße! Dabei will ich doch unbedingt mitmachen!"

"Ach Sari... Sarilein! Kein Streß, die nehmen Dich bestimmt trotzdem! Du bist doch einfach die Beste! Die müssen Dich nehmen! Komm her!"

Sanne umarmte und drückte ihre Freundin. Sie hatte einen Moment lang fragen wollen, was denn da angeblich dieses Jahr anders sein sollte, aber viel wichtiger war es jetzt, die arme Sarah zu trösten, die nun wohl keine Rolle bekommen würde...

***

Sanne und Sarah verbrachten den Rest des Nachmittags in der Weinbacher Altstadt, flanierten durch die Läden und probierten zum Spaß ein paar hübsche Kleider an. Sarah wurde optimistischer und redete sich ein, dass sie bestimmt doch noch eine Chance hätte, im Sommer an den Festspielen teilzunehmen, und Sanne bestärkte sie in diesem Glauben, obwohl sie es besser wusste. Aber was nützte es Sarah, wenn sie jetzt schon unglücklich war, sie würde sich schließlich immer noch genug ärgern, wenn sie die Ablehnung dann im Briefkasten hatte.

Es wurde sieben, bis Sanne wieder zuhause ankam, und ihre Familie war gerade dabei, sich aufs Abendessen vorzubereiten. Sie hängte die Jacke an die Garderobe, verstaute schnell ihren Rucksack in ihrem Zimmer und setzte sich an den Küchentisch, wo ihr Vater und ihr zwölfjähriger Bruder Michael schon dabei waren, Wurstbrote zu belegen und über einen Artikel im aktuellen "Kicker" zu quatschen. Sannes Mutter reichte ihr eine dampfende Tasse Kakao und setzte sich ebenfalls.

"Und, wie war Dein Vorsprechen, Sanni?" fragte sie.

"Es ist super gelaufen! Ich hab' echt ein gutes Gefühl!" sagte Sanne. "Ach ja... da fällt mir ein... ich brauche noch eine Unterschrift von euch!" Sie sprang wieder auf, rannte in ihr Zimmer und kam mit dem Meldebogen zurück. "Hier auf der einzeln Seite, unter meiner Unterschrift" sagte sie zu ihrem Vater, der schon einen Kugelschreiber gezückt hatte und das Dokument oberflächlich durchblätterte.

"Na klar", sagte er grinsend. "Ich lese nur noch das Kleingedruckte, dass hast Du ja vor lauter Begeisterung bestimmt nicht getan." Er rückte sich scherzhaft seine Brille zurecht und tat so, als würde er irgend einen Absatz auf der dritten Seite mit höchstem Interesse studieren. Dann stutzte er.

"Du hast Dich ja für das Jungfrauenspalier gemeldet. Du weißt aber schon, was das heißt, oder?

"Papa! Ich hab' mich nicht gemeldet, ich habe mich nur... bereiterklärt. Falls sich sonst niemand findet. Das passiert doch sowieso nie!" Sanne war etwas genervt, dass ihr Vater jetzt ausgerechnet darüber stolpern musste, und sie hatte eigentlich gar keine Lust, dieses Thema vor Michael zu diskutieren, der gerade in das Alter kam, in dem es für ihn offenbar nichts lustigeres gab, als kindische Anzüglichkeiten vom Stapel zu lassen.

"Wer sagt denn, dass das wirklich nie passiert? Das erzählen die Leute halt so. Und wenn es doch passiert? Warum meldest Du Dich denn überhaupt dafür an, wenn es eh nie passiert?"

"Ach, Papa, Du weißt doch, dass die einen nicht nehmen, wenn man sich da nicht freiwillig meldet! Weiß doch jeder! Jetzt komm schon, das ist doch bloß eine Formalität!"

"Also, ich finde, Du solltest nicht soviel darauf geben, was jeder weiß. Ich muss mir das jedenfalls erst noch überlegen, ob ich das unterschreibe."

"Mensch Papa!", sagte Sanne, der kurzfristig die Argumente ausgegangen waren. Warum musste Papa jetzt so ein Faß aufmachen, das konnte doch gar nicht wahr sein.

"Ja, Mensch, Gerd", mischte sich ihre Mutter ein. "Jetzt unterschreib doch, Sanni hat doch wahrscheinlich recht, dass das nur eine Formalität ist, und sie hat doch so lange auf diese Sache hingearbeitet. Und wenn sie's doch machen muss, ist doch auch nichts dabei, sie ist doch ein hübsches Mädchen, sie kann sich doch zeigen."

"MAMA!!!" rief Sanne entsetzt. "Was soll denn das jetzt bitte heißen? Ich muss mich nicht 'zeigen', das passiert einfach nicht. Das ist seit doch Jahren nicht passiert!"

Einen Moment lang war es ruhig am Küchentisch. Michael hatte bisher nichts gesagt, aber Sanne sah ihm an der Nasenspitze an, dass ihm irgendwas erzblödes und peinliches auf der Zunge lag, das ihrer Sache kaum helfen würde. "Halt bloß Du die Klappe, Zwerg!" fuhr sie in an, bevor er den Mund aufmachen konnte.

Ihr Vater sah sie ernst an.

"Schau, Sanni, das ist doch das Problem." Er deutete auf Michael. "Dir ist das doch jetzt schon peinlich. Meinetwegen kannst Du Dich ja zur Schau stellen, wo und wie Du willst, aber das hier hast Du doch bloß unterschrieben, weil Du glaubst, dass sie Dich sonst nicht nehmen. Und wenn Du's dann doch machen musst, dann springst Du garantiert ab, und dann hast Du den Salat und darfst nie wieder mitmachen. Und zum Gespött machst Du Dich auch. Nein..." - er schob den Meldebogen über den Tisch zurück zu Sanne - "wir machen das ganz einfach: Du gehst da morgen nochmal hin, redest mit den Leuten und nimmst die Anmeldung für das Jungfrauenspalier und die Tableaux vivants zurück. Jetzt müsste das noch problemlos gehen, die Bewerbungsfrist läuft ja noch. Und ich bin sicher, die nehmen dich trotzdem. Und wenn es nicht klappt, dann kannst Du es zumindest beim nächsten Mal nochmal versuchen."

"Papa! Das ist in fünf Jahren! Da bin ich womöglich weiß Gott wo! Wenn ich jetzt nicht mitmache, dann war’s das wahrscheinlich für immer!"

Sanne war den Tränen nahe, aber ihr Vater zuckte nur mit den Schultern. und wandte sich wieder seiner Zeitschrift zu. "Dann tu, was ich gesagt hab. Korrigier das, dann unterschreibe ich’s, und sie werden Dich trotzdem nehmen. Vertrau mir einfach."

Natürlich hatter er überhaupt keine Ahnung, das war völlig klar, aber Sanne kam ein Gedanke. "Du willst das also nicht unterschreiben, weil Du glaubst, ich würde im Ernstfall kneifen?"

Ihr Vater sah sie einigermaßen überrascht an. "Bitte? Na selbstverständlich glaube ich das. Wer ist denn seit Jahren dagegen, nochmal mit den Gräfs nach Kroatien zu fahren? Du gehst ja nicht einmal ohne Badeanzug in den Pool in unserem eigenen Garten. Und unsere Hecke ist fast drei Meter hoch! Seit Deinem zehnten Geburtstag oder so hast Du Dich wahrscheinlich nichtmal vor Deiner Mutter ausgezogen! Und Du willst mir erzählen, dass Du in der Lage bist, splitternackt vor tausenden von Zuschauern durch die Altstadt zu laufen? Entschuldige, aber soviel Phantasie habe ich nicht."

Sanne wären auf Anhieb zwanzig Argumente eingefallen, warum sie keine Lust hatte, mit den doofen Jungs von den Gräfs nochmal zum FKK-Camping zu fahren und warum sie überhaupt nicht auf die Idee gekommen, nackt im Garten herumzulaufen, wenn das schließlich die anderen Familienmitglieder auch fast nie taten, aber sie hatte beschlossen, lieber Taten sprechen zu lassen. Sie stand langsam auf und begann, ihre Bluse aufzuknöpfen. Ihr Vater blickte wieder von seinem Kicker auf und verzog das Gesicht. "Ach komm, jetzt werd’ nicht dramatisch!"

"Ich werde nur Deiner Phantasie etwas auf die Sprünge helfen." Sie warf die Bluse auf den Boden, öffnete ihren Gürtel und zog ihre Jeans und die Socken aus.

"Lass das doch, Sanni", sagte ihre Mutter. "Dein Vater hat doch recht…"

Sanne holte tief Luft, öffnete den BH hinter ihrem Rücken, streifte die Träger von den Schultern und ließ das bunt geblümte Stück fallen. Ihre Brüste waren rund und fest, mit hübschen dunklen Warzenhöfen etwa so groß wie eine Zwei-Euro-Münze. Nur ein bisschen zu klein für Sannes Geschmack, aber das war momentan ihre geringste Sorge. Ihr Mutter redete auf Sie ein, doch bitte vernünftig zu sein, Ihr Vater hatte die Arme verschränkt und eine Augenbraue hochgezogen und sah sie teils missbilligend, teils amüsiert an, und ihr kleiner Bruder starrte mit offenem Mund auf ihren nackten Oberkörper.

Sie merkte, dass sie rot wurde, aber jetzt musste sie die Sache auch durchziehen, wenn Papa sie ernstnehmen sollte. Mit einem Ruck zog sie ihr Höschen nach unten, kickte es mit dem linken Fuß davon und stand völlig nackt vor ihrer Familie, zum ersten Mal, seit sie ein kleines Mädchen war.

Es war schlagartig still in der Küche. Sanne wurde es gleichzeitig heiß und kalt. Sie hatte das Bedürfnis, ihre Blöße mit den Händen zu bedecken, aber sie riss sich zusammen, stemmte den linken Arm in die Hüfte, fuhr sich mit dem rechten durch ihr langes, glattes, rotblond getöntes Haar und gab sich alle Mühe, eine aufrechte, selbstbewusste Pose einzunehmen.

"Ich wusste ja gar nicht, dass Du Dich da unten rasierst", war alles, was ihrer Mutter noch einfiel.

"Ja, mir gefällt das viel besser so. Außerdem machen das die meisten Mädchen jetzt so", sagte Sanne, der es eigentlich gar nicht passte, dass ihr Intimbereich gleich zum Gesprächsthema gemacht wurde.

"Wenn sie Dich nehmen, musst Du Dir die Haare aber wieder wachsen lassen!", platzte Michael heraus.

"Wenn sie mich nehmen, werde ich ein Kleid tragen", entgegnete Sanne und wandte sich ihrem Vater zu. Mit mehr Trotz in der Stimme als beabsichtigt sagte sie: "Und? Unterschreibst Du jetzt? Oder muss ich erst nackt durch die Nachbarschaft joggen, um Dich zu überzeugen?"

Ihr Vater lachte. "Nein, Sanne, ich sehe schon, dass Du es offenbar tatsächlich ernst meinst." Er nahm den Kugelschreiber und setzte seinen Namenszug unter die Einverständniserklärung. "Hier, bitte. Aber bei mir brauchst Du Dich nicht beschweren, wenn sie Dich am Ende doch nackt in die Altstadt schicken. Ich hoffe Dir ist klar, dass das ganz was anderes ist, als hier vor uns einen kleinen Strip hinzulegen."

"Keine Sorge", sagte Sanne. Sie nahm den Meldebogen, sammelte ihre Kleidung ein und verschwand in ihr Zimmer. Sie hatte es geschafft, cool zu wirken, aber in Wahrheit war sie den Tränen nahe. Sie hätte zwar nicht sagen können was denn nun so schlimm daran war, sich vor den eigenen Eltern auszuziehen, aber sie konnte sich in ihrem ganzen Leben an keine beschämendere Situation erinnern. Sie schloss die Tür ab, ließ ihre Klamotten fallen, warf sich aufs Bett, nackt wie sie war, und schluchzte leise in ihr Kissen.


Kommentare

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selena333 schrieb am 04.03.2024 um 22:42 Uhr

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