Vice Versa


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11.07.2013
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Der Mann, der mich gerade mit seinen blau-grauen Augen ansieht und dann auszieht, erzählte mir von seiner Vorliebe für Duftkerzen.

 

„Du kannst dir das so vorstellen: Jede Note weckt in unserem Gehirn Erinnerungen - aber erst im Zusammenspiel mit anderen Komponenten, den Gegenständen, aber auch dem Wetter. Und der

Stimmung. Man muss eine Kerze finden, die genau zu einem passt.“, erklärte er.

 

„In Ordnung“, erwiderte ich, „ich mag den Geruch von Vanilleblüten. Vanille geht immer.“

 

„Ja,“, sagte er, „Vanille riecht süß. Aber du bist nicht süß, sondern eher scharf.“ Ein Grinse-Smilie.

 

Ich wurde rot, aber er sah es nicht. Ein Lächel-Smilie.

 

Der Mann, der mit seinen rauen Händen meine Oberschenkel streichelt, bis ich vor Erregung unwillkürlich zucke, referierte über seine Lieblingswurstsorten.

 

Die Blutwurst, erklärte er, sei gar nicht so eklig, da es ja nur geronnenes Eiweiß sei, als habe man ein Ei kleingehäckselt und mit roter Farbe vermischt. Außerdem sei die Mischung aus festen Stückchen und weicher Masse einzigartig und böte unzählige Möglichkeiten, nicht nur Speck, sondern Innereien und sogar Gemüse!

 

Ich nickte. Ohne, dass er es sehen konnte, schob ich mir ein Stückchen Serrano-Schinken in den Mund und antwortete:

 

„Ich probiere grade vegetarische Würstchen. Schmecken nicht so toll!“

 

„Tofu ist auch keine Wurst“, entrüstete er sich, „Entweder man mag Fleisch und ist bereit, dafür Tiere zu schlachten oder man lässt es und verzichtet auf diese herrlichen Aromen. Aber

ist es besser sich mit Salz und künstlichen Geschmacksstoffen vollzuballern?“

 

„Da hast du recht!“, pflichtete ich ihm bei und übersandte ihm ein Bild meiner Zwischenmahlzeit, „Ganz oder gar nicht.“

 

„Ich bring dir mal eine richtige Wurst vorbei. Aus der Region, natürlich.“, schrieb er. Grinse-Smilie.

 

Ich blickte melancholisch aus dem Fenster und ließ mir die Worte auf der Zunge zergehen. Zungen‑Smilie. Leck mich doch, wenn du dich traust.

 

Der Mann, der mir vorsichtig den Slip nach unten zieht, meine Beckenknochen abfährt und sich mit seiner Zunge den Weg durch meine Härchen bahnt, erzählte mir von seinem Elternhaus.

 

„Es steht am Stadtrand, in einem der Neubaugebiete“, sagte er und schickte mir den Google-Link, „Damals, zur Zeit des Wirtschaftswunders, als es die Menschen wieder in die Natur trieb und ein

eigenes Haus DAS Statussymbol war, wurden meine Eltern Teil einer Baugenossenschaft. Wir haben sogar einen kleinen Garten, den meine Mutter immer noch pflegt, du solltest mal den Salat probieren, den sie aus unseren Tomaten macht!“ Drei  Ausrufezeichen.

 

„Ich lebe im Plattenbau, bei uns wäre es gefährlich, den Schnittlauch am Straßenrand zu essen“, erklärte ich lächelnd, „Dafür muss bei uns nicht mit den Nachbarn plaudern, um

informiert zu sein - wir müssen einfach nur still sein, die Wände reden von allein.“

 

Er lollte. Ich lollte zurück.

 

„Ihr könnt also auch ohne YouPorn. Im Osten ist eben doch alles besser.“, sagte er.

 

„Ja!“, erwiderte ich, „Wenn ich was brauche, finde ich immer jemanden, der es mir gibt. Aber die Zeiten haben sich geändert. Was mal notwendig war, finden viele abstoßend – wir haben die

Wahl. Und die lautet: Lieber einen langen Weg zur Arbeit als Nazis, Nutten und Drogendealer vor der Haustür.“ Lächel-Smilie.

 

„Das meintest du also, als du sagtest, du arbeitest im 'Service-Bereich'“, grinste er.

 

„Du hast mich“, schrieb ich. Ohne Emoticon.

 

Der Mann, der meine Schamlippen ableckt und sie schließlich teilt, um mein Loch herumkreiselt, wie in hungriger Löwe, während die Stoppeln seiner Haare an meinem Kitzler

reiben bis ich kaum noch stehen kann, erzählte mir von seiner Ex-Freundin.

 

„Sie hat mich verlassen.“, er machte einen Absatz, „Drei Jahre ist das her.“, noch ein Absatz und drei Punkte, „Echt schon drei Jahre“, erklärte er.

 

„Das tut mir leid“, erwiderte ich wie gewohnt.

 

„Muss es nicht. Sie war besessen. Von ihrer Karriere. Ich war nur ein Mittel zum Zweck.“, sagte er.

 

„Niemand sollte einen anderen Menschen so ausnutzen!“, empörte ich mich.

 

„Menschen nutzen einander aus, versteh das endlich“, lächelte er, „Aber sie hat es übertrieben.“ Stille. Drei Statusmeldungen zogen vorbei. Dann fuhr er fort: „Als ich mich mit meinem Chef gestritten hatte, weil ich einen Kunden zu nett behandelt hatte, hat sie sich aufgeregt und mir versprochen, mit ihm zu reden. Sie war eine großartige Schauspielerin! Drei Monate später ist sie zu ihm gezogen und ich verlor trotzdem meinen Job.“

 

„Das war wohl Pech“, schrieb ich nach einer Weile. Traurig-Smilie.

 

„Nein, es war eher ein großes Glück. Das hat mir die Augen geöffnet. Menschen sind Egoisten, aber das bedeutet auch, dass wir ein Recht auf unsere Eigenheiten haben. Wir müssen uns nicht verstellen, um vor anderen besser dazustehen. Entweder, sie akzeptieren uns mit unseren wenigen schlechten und den vielen guten Seiten. Oder sie lassen es. Es gibt genügend Menschen, die uns mögen. Man muss sie nur finden.“, sein Vortrag war so spannend, dass ich das Wartesymbol  verfluchte.

 

„Vermutlich hast du recht.“, schrieb ich. Ich stand auf und holte mir einen Tee.

 

Der Mann, der mit seinen kleinen, vollen Lippen, das letzte bisschen Beherrschung aus mir  saugt, während ich mit meiner Hand von seinem Nacken über seine grauen Härchen und wieder

 zurück streiche, erzählte mir von seinem letzten  Date.

 

„Wir waren einem kleinen Restaurant in der Innenstadt, abseits des Getümmels, sehr gemütlich, dunkles Holz und silberne Kerzenständer, und sie trug diese Bluse mit den Blüten am Ausschnitt.

Das hätte dir sicher auch gefallen.“, berichtete er.

 

„Ok“, tippte ich.

 

„Der Goldschmuck! Du weißt ja, dass ich diese Geklimpere nicht mag, aber an ihr sah es echt gut aus: Sie trug zwei Ketten, eine mit Sternzeichen und ein zerbrochenes Herz, was ich verstehen

kann. Ihr wurde auch schon das Herz gebrochen.“

 

„Gut“, erwiderte ich.

 

„Jedenfalls haben wir eine Wurstplatte gegessen und viel Brot. Zwiebelbrot und Walnussbrot, das solltest du mal probieren! Zum Abschluss noch Absinth-Eis. Wie sie sich den kleinen Tropfen von

den Lippen geleckt hat... wow! Dann sind wir noch eine Weile im Park spazieren gewesen. Ich wusste, dass man mit ihr gut reden kann, aber... so gut? Sie denkt oft genauso wie ich: über Putin, und Obama, und dass die Bildung in unserer Gesellschaft total vernachlässigt wird! Hast du schonmal einen Menschen getroffen, der dir so ähnlich ist?“

 

„In Ordnung“, schrieb ich und wollte den Machern des Chats einen Tritt in ihre Weichteile geben, weil es zwar sinnlose Smilies wie „Ich trage eine Brille“ und „Ich zwinkere“ gibt, aber keinen, der ausdrückt „Du überschreitest gerade mehrere, weit entfernte Grenzen und nur eine davon lässt mich darüber nachdenken, ob ich überhaupt noch mit dir reden will! Schon mal was von 'Rücksicht' gehört? Ich bin doch kein Computer, der nur dann Emotionen einschaltet, wenn man es fordert!“ Solche Smilies gibt es nicht. Nur Punkte. Und die haben eine Bandbreite von „Hören“ über „Desinteresse“ oder „Weiß nich, was ich sagen soll“ bis zu „Bitte Themenwechsel!“. Mark sollte nicht von sich auf andere schließen.

 

„Das klingt sehr interessant, aber eine Frau will sowas nicht wissen.“, sagte ich. Und wenn es die Möglichkeit gäbe, hätte ich noch drei große Punkte dahinter gesetzt.

 

„Ich verstehe. Aber... ich musste mich irgendjemandem mitteilen“, erklärte er traurig.

 

„Das leuchtet mir ein. Aber ich bin die falsche Person dafür.“, ich setzte noch einen weinenden Smilie dazu, weil es mir leid tat, ihn bremsen zu müssen, aber wir müssen alle auf uns achten. Um ihn

aufzumuntern, ergänzte ich: „Schreib es in dein Tagebuch“ Lächel-Smilie.

 

„Du bist mein Tagebuch. Auch wenn die Vorstellung, dich mit Farbe vollzuschreiben, ihren Reiz hat“, züngelte er mich an. Obwohl mir in diesem Moment nicht nach Gedanken-Sex war, musste ich

schmunzeln. Kreativität verdient mehr Respekt als mangelndes Feingefühl Wut.

 

„Schlaf schön“, überging ich seinen Vorschlag, „Und träum von ihr. Du hast es verdient, glücklich zu sein!“ Meine Worte waren ehrlich. Und mir nach schlafen. Ich kuschelte mich in meine Decke und war froh, dass er in diesem Kasten eingesperrt war.

 

Der Mann, der mir meinen Orgasmus versagt und mich stattdessen auf seinen kleinen Felsen setzt,

um meinen Körper zu streicheln, während er in mir verharrt, erzählte mir von seinem Beruf.

 

„Ich arbeite in der Werbeabteilung eines großen Verlages.“, sagte er.

 

„Das klingt interessant! Was machst du da?“, fragte ich gespannt.

 

„Werbemaßnahmen ausdenken und koordinieren. Herausfinden, warum der Absatz trotzdem sinkt. Und den Ärger bekommen, wenn wir mit einer Aktion irgendeinen Skandal ausgelöst haben.“, tippte er.

 

„Sehr glamourös!“, schrieb ich und sah Sternchen vor meinen Augen. Wenn ich mal groß bin...

 

„Meistens sitze ich aber nur im Büro und versuche, aus mittelmäßigen Ideen etwas Brauchbares zu machen.“, relativierte er.

 

„Oh“, mehr fiel mir nicht ein.

 

„Aber ich würde es nicht machen, wenn ich es nicht leidenschaftlich gerne tun würde. Es ist extrem spannend, wenn man hofft, dass etwas so klappt, wie man es sich wünscht. Aber man darf

nie vergessen, dass es um Leistung geht. Wenn du die nicht bringst, bist du schnell weg. Nicht nur von deinem Fenster, sondern auch von denen der anderen. Sowas spricht sich rum!“, ergänzte

er.

 

„Das ist nicht gut. Ich bin froh, dass ich dem Druck nicht ausgeliefert bin. Ich hämmere Zahlen in den Computer und ob ich heute damit fertig werde, oder morgen, das ist egal. Ich bekomme

mein Geld, gutes Geld, und kann mir schöne Dinge leisten“ Grinse-Smilie. Irgendwie hatte ich das Bedürfnis, unserem Gespräch die Schwere zu nehmen.

 

„Das ist doch schön!“, schrieb er zurück. Ja, ist es.

 

Der Mann, der jedem Centimenter meines Körpers huldigt, mich vibrieren, weinen, lässt, und nur manchmal zustößt, um mich daran zu erinnern, dass zu normalem Sex eine Vagina gehört, nickte stumm, als ich ihm von meinem Ex-Freund berichtete.

 

„Es ist ok. Es war keine glückliche Beziehung, aber“, meine Tränen versagten mir selbst die drei Punkte, die meine Zweifel verstärken sollen. Ich versuchte die Fassung zu wahren, aber es klappte  nicht.

 

„Das tut mir sehr leid. Heul dich aus.“, schrieb er. Wir waren an dem Punkt, an dem Lächel- Smilies nicht mehr helfen, das ganze vergrabene Elend unter dem Alltag empordringt und wie Lava

jede Fröhlichkeit mit seiner steinernen Kruste bedeckt.

 

„Er hat mir etwas vorgeheuchelt. Er hat mir gesagt, dass er mich liebt, obwohl er es nicht mehr tat. Ich wusste das. Und er hat nichts gesagt. Das ist so erniedrigend!“, wenn es einen

'Weltuntergangs-Smilie' gäbe, hätte ich ihn mindestens dreimal dahintergesetzt.

 

„Es geht vorbei. Alles geht vorbei. Die Liebe. Aber auch der Schmerz“, erklärte er, „Und jetzt nimm dein schönes Köpfchen hoch! Du kannst doch noch mehr als weinen!“

 

„Dinge zertrümmern?“, fragte ich, und obwohl ich kein Emoticon verwandte, wusste er, dass es nicht ganz ernst gemeint war.

 

„Menschen helfen.“, meinte er mit Nachdruck, „Ohne dich wäre mein Text noch nicht fertig!“

 

„Danke, aber mir ist nicht nach helfen. Ich möchte mich verkriechen!“, fünf Minuten brauchte ich für den Satz. Ich war so kraftlos.

 

„Verkriech dich. Aber komm morgen wieder hervorgekrochen. Du hast etwas, was nicht viele haben. Wenn er das nicht haben will, hat er Pech gehabt. Komm schon! Kopf hoch! Los!“, er lächelte. Er

hätte meine  Tränen weglächeln können, aber ich war gefangen in mir. Ich sah seine Worte, aber ich konnte sie nicht greifen. Immerhin: sie leuchteten!

 

„Werde ich. Danke. Schlaf gut“, zwischen jeder Zeilen einen Absatz. Ich klappte den Computer zu und sah erst am nächsten Morgen ein „Schöne Träume“ und einen Grinse-Smilie.

 

Der Mann, dessen Augen nass glänzen als er kommt, dessen Lippen vibrieren, während sein Lächeln festgetackert ist, der Mann, der mich eine ganze Symphonie hören und impressionistische Gemälde

sehen lässt, während mich mein Orgasmus in einer Woge der Glückseligkeit davon treibt, der sich nach hinten fallen lässt und mich mitreißt, ohne sich von mir zu lösen, dieser Mann hat 7 Monate zuvor meine Freundschaftseinladung angenommen.

 

„Hallo“, schrieb ich, „Ich bin Tabea! Ich hab eine Menge von dir gelesen und wollte wissen, ob du mein Freund sein willst“

 

„Ja, will ich“, schrieb Frank zurück.

 

Der Rest ist auf einem Server in der Schweiz gespeichert.


Kommentare

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selena333 schrieb am 04.03.2024 um 22:25 Uhr

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